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Deutsche allgemeine Zeitung : 21.05.1879
- Erscheinungsdatum
- 1879-05-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id799109797-187905212
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id799109797-18790521
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-799109797-18790521
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Deutsche allgemeine Zeitung
-
Jahr
1879
-
Monat
1879-05
- Tag 1879-05-21
-
Monat
1879-05
-
Jahr
1879
- Titel
- Deutsche allgemeine Zeitung : 21.05.1879
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S35 iberale Fr«, , einem sol- i, ja sie wu erung kni«, Gesetze ev». >e. In d» hrcnd, vcoi tzt, nachdem Vorlage, von Hause durch lnd. hingewiesen, Reichstag in lngenommra wolle, und i die Reg« monatelang a Geschäfis- ße», dann, oeimal tider- hnicn lassen nn ein Ge- >ritten Tage und zweite. :n. Ist die och an dem- end die An- lso Wochen l noch fünf der Ansicht, g habe, das end sür die jtungeu zu rsig erhebt. Ich halte Artikeln die ng auf den eg zu errei- haben, ist Angeführten ou der leh rten wegen, ssen, so in ttzteu Ernte l erheblicher s TabackS- len werden, c oben er- ine Sperr- Bedürfniß r Vorlage. Plenum zu zu lassen, interworfen ng werden chluß fasien u alle Ge ier Schärfe biHer in Minder be- der gegen- rrübcr jetzt tzt in allen >ße Heitcr- isher abge- nigen sind,, gen sollen f der See t allgemei ¬ austreten, nehrt wer- w Prüfung ommissiou. mich nicht ); ich will ', nicht für Ungewiß« >e ich nie- f sich der cade wenn von unge- Vcrfaffung strebungen schäftSord- :r ob viel- ng der ein- eise vorzn- n dauern- ungen ge- - und Ge- l jetzt nicht Sogen de» und Gc- all.) tng. Nach Gesetzes er« benso will n, indem »tion de» zu ändern rorher de iner Zeit, erauSkom- telle Zoll- em Taris, l worden, >, Johann Humboldt, n wollen, rst kamen ^Minister, eren Pro sch, dann über den gen oder n braucht so fiege«- W freudig, daß er schon losschlägt, wie im stenographischen I Bericht zu lesen ist. (Ruf: Zur Sache» Ja, meine Herren, M ich wende mich gegen die Theorie, welche die Minorität I nicht hören will, zumal e« sich um einen Entwurf handelt, I »ach welchem die Durchberathung in Einer Sitzung geschehen I soll, wo also dann wahrscheinlich gar kein Redner der Mi- I norität zum Worte kommt. Wenn Sie nicht zu begreifen I im Stande sind, daß da« zur Sache gehört, dann rst da» I doch nicht meine Schuld. Ich habe rin langes parlamen« I »risches Leben hinter mir, ich war oft in der Majorität, I aber auch oft in der Minorität; doch im erster» Falle habe D ich immer so gestimmt und mich benommen, wie ich behan- I delt zu werde» wünsche, wenn ich in der Minorität bin. I Und Sie, meine Herren, haben dazu besonder» Anlaß, Sie I kömien ja sehr bald wieder in der Minoritäten; denn I Sie bilde» keine Partei, Sie sind nur eine Coalition all Koo. I (Ruf: Zur Sache!) Mau soll die Minorität anhören, aber I nicht sie mit Schlägen regalire» wollen. In den Motiven be- I rufen Sie sich auf England. Ja, wenn Sie uns die Macht- I fülle de« englischen Parlament« gewähren wollen, dann I können und wollen wir auch der Regierung solche Zollrechte I zubilligen. Sonst aber nicht. Sonst behalten wir wenigstens I Vorläufig unsere jetzigen verfassungsmäßigen Rechte, und I wenn die Regierung sich hat einen großen Fehler zu Schul- I den kommen lassen, dann wollen wir diese Verschuldung I nicht büßen. Und so verwerfe ich denn die Vorlage saus I xbravo. Präsident des RiichSkanzleramtS, StaatSminister I Hofmann: i Der Zolltarif ist seinerzeit auch in Lauenburg und s Mecklenburg plötzlich blo» infolge eine« BundeSrathsbe- I schlnsse« eingeführt worden. Nun, Aehnliche« soll jetzt ge schehen, cs soll rasch für ganz Deutschland ein Gesetz gege ben werden, welches sich als durchaus nöthig erweist. Was die vielen Ueberraschungen de« Hrn. Braun anlangt, mit denen er allerdings weil vom Thema ahschweifte, so waren den verbündeten Regierungen die Ansichten des Herrn Reichskanzlers immer bekannt, und wurden sie daher durch I den erwäonten Bries also nicht überrascht; die allgemeine I Zoüpflichtigkeit, welche Fürst Bismarck in jenem Schreiben forderte, ist ja auch in dem vorgelegten Zolltarif durchaus nicht verleugnet. Hr. Braun hat den in den Motiven be findlichen Hinweis auf England bemängelt; aber nicht blo« England, sondern auch Amerika und Australien haben, wenn c» ihnen erforderlich schien, ähnliche Maßregeln getroffen, wie sie von nn« intcndirt werden. Ich bitte Sie, die Vor lage ruhig und objoctiv zu betrachten, und Sie werden da« yin geführt werden, eine nützliche Maßregel zu beschließen. I Abg. v. Kardoiff: Ich muß mir zunächst erlauben, sehr wenige Worte dem > Hrn. Abg. Braun zu erwidern. Wenn er sich seinerseit« darauf beruft uud dagegen ankämpft, daß wir gegen den I Grundsatz der Stabilität des alten Zollvereins uns versün- , digeu wollen, so hat er am allerwenigsten das Recht, dar- s auf zurllckzukommen. Wer es fertig gebracht hat mit seinen Bemühungen, die Zollpositionen für Eisen fünf verschiede- I neu Variationen in dem kurzen Zeitraum weniger Jahre zu , unterwerft^, da« war der Hr. Abg. Braun. Wa« seine! Ausführungen gegen den Hru. Abg. Berger-Witten betrifft, i so überlasse ich ihn demselben. Wenn er aber meint, die i Majorität ginge davon aus, die Minorität zu vergewaltigen I und nicht zu hören, so, glaube ich, haben wir den Beweis , I gegeben, daß wir sehr bereit sind, die Ausführungen der > Herren zu hören, wenn sie sich auch durch solche länger» Worte auszeichnen, wie die Ausführungen der Herren Bam- I berger, Richter-Hagen und anderer, die Reden gehalten ha- I ben bi« zu drei Stunden, und wir haben sie ruhig ange- I hört, wie der Hr. Abg. Braun zugeben wird, und mit Ver- I gnügen gehört. (Heiterkeit.) Was nun das Sperrgesetz angeht, so bin ich allcrdings auch der Meinung, nach einer eingehenden Betrachtung de» Gesetzes, daß wir nicht umhin können, es in eine Eommis- I sion zu verweisen. Ich gehe auf das Gesetz selbst nicht ein, I ich stimme in einem großen Theile mit denjenigen Ausfüh- ' rungen überein, die Hr. v. Bennigsen bezüglich des Gesetze« I gemacht hat und auch der Hr. Abg. Windthorst. Ich be- dauere meinestheils sehr, daß uns diese» Gesetz oder ein I . ähnliches nicht gleich zu Anfang der Session vorgelegt wor« ° den ist. Wenn aber, meine Herren, das hohe Haus belie be» sollte, da« Gesetz in eine Commission zu verweisen, so möchte ich dringend bitten, daß wir dazu nicht die Tarif- oommission auswählen. Eine Commission von 28 Mitglie- ! Hern, die schon so überlastet ist, scheint mir in der That nicht geeignet, einen solchen Gesetzentwurf zu berathen. Ich glaube, in einer kleinen Commission würde dieser Gesetz- , entwurf einer viel bessern Berathung unterzogen werden, als in dieser großen und etwas schwerfälligen Commission. Ich würde mir daher gegenüber dem Anträge de» Hrn. Abg. Windthorst den Antrag erlauben, den Gesetzentwurf einer i speciellen Commission von 14 Mitgliedern überweisen zu ' wollen. Abg. Richter-Hagen: Dieser Gesetzentwurf greift nicht nur in die Autonomie de« Reichstage«, sondern anch in die Prärogative der Krone -ein. Wir haben durchaus kein Interesse daran, die mate riellen Rechte de» Reichskanzler« noch zu verstärken, um etwa« wie «inen Hausmeier noch mehr sich ausbilden zu lassen. Was nun den herangezogenen Vergleich mit Eng land anlangt, so handelte es sich dort niemals um Schutz zölle, sondern nur um Finanzzölle. Bei uns soll der über mäßigen Speculation vorgebeugt werden, aber zu gleicher Zeit wird durch da« unerwartete Inkrafttreten des Tarifs in die verschiedensten soliden Geschäfte hineingeschnitten. Hat man denn nur ein Interesse daran, der reellen In dustrie so schnell al« möglich eine Benachtheiligung zuzu fügen? Gerade um sie zu schonen, hat man im alten Zoll- . gesetzt den Termin festgesetzt, daß nach der Verkündigung . eine« neuen Tarifzusatzes derselbe erst nach neun Wochen in Kraft trat. Man wollte damit de» legitimen Beziehungen der Handclswelt Gerechtigkeit widerfahren lassen. Bei Eng land ist eine beschleunigte Zollabänderung nur bei dem veränderlichen Theezoll vorgekommen und auch da erst, wenn bereit» eine Parlamentsmehrheit in einer srühern /Abstimmung den neuen Zollsatz gebilligt hat. Bei uns aber ist der Majoritätsbeschluß ein in zweiter und dritter Lesung »st abweichender, und gerade in dieser Unsicherheit liegt schon eine Hemmung für die Speculation in Kassie, Taback und Petroleum. Kennt doch heute niemand die Resultate der zweiten, geschweige der dritten Lesung. Wir haben in der Zeit de« französischen Kriege« hier Gesetze gemacht an Einem Tage in erster, zweiter und dritter Lesung. Da« aber ist auch heute noch möglich; daß wir ein Gesetz in fünf Tagen machen, da« kann keine Minorität hindern, und ist denn nun die Differenz von vier Tasten so bedeu tend, daß wir deshalb gesetzlich die Autonomie de« Reich«- tage« beschränken sollten? Die Einfuhr namentlich von Roheisen, die für die Nothwendigkeit de» Sperrgesetzes stet« angerufen wird, ist auch gar nicht so bedeutend, wie immer angegeben wird, unsere Eisenausfuhr überragte die Einfuhr im Januar d. I. um mehr als im Vorjahre in den ent sprechenden Monaten. Die Listen vom März habe ich noch nicht gesehen. (Aha! rechts.) Redner plaidirt für die zweite Lesung des Gesetzes im Plenum, die hoffentlich zur Ableh nung führen werde, da es einen panischen Schrecken, weit gehende Bennruhigung erregt habe ohne jeden Grund. Abg. »r. Hammacher: Die Haudelswelt ist nicht durch das Sperrgesetz beun ruhigt, sondern durch die lange Verzögerung dieser Vor lage. Jeder hat es sympathisch begrüßt, daß der auslän dische Import etwas beschränkt werde» solle, namentlich beim Tabacksbau. (Zustimmung.) Das Finanzintereffe er fordert e«, Mittel und Wege zu finden, in denen sich eine beschleunigte Einführung projectirter Zölle ermöglichen läßt, damit nicht ein gesteigerter Import den Zweck der Schutz zölle vereiteln kann. Wenn anch eine dreimalige Lesung natürlich größere Garantien bietet als eine nur ernmalige, so werde ich mich doch eher mit einer einmaligen Lesung begnügen, als das Reich ohne Mittel lassen, dem forcirten Import vorzubeuge». Die zeitigen Sperrmaßregeln sind selbst eine nöthige Voraussetzung der Zoüreform, falls diese rechtzeitig und wirksam in Kraft treten soll. Ich bitte, die Vorlage an die Tarifcommi sion zu verweisen, eventuell sür sie eine Specialcommission von 14 Mitgliedern zu wählen. Abg. S^röder-Lippstadt will auf die allgemeinen WirthfchaftSfragen nicht eingehcn, obwol der Spiel raum heute sehr weit bemessen sei und sich von der „neuen Aera Thüngen" erstrecke bis zu Pipin dem Kleinen. (Heiterkeit.) Der Redner kann die Besorgnisse einzelner Redner nicht theilen und bittet, die Vorlage einer Commission zu überweisen. Die Discussion wird geschloffen. Persönlich spricht Abg. Berger sein Erstaunen ans, wie ihm Abg. Braun das Wort habe in den Mund legen können, die Mehrheit wolle die Minorität nicht mehr hören. Die langen Reden und Debatten der letzten Wochen beweisen das Gegentheil. Das Votum vom 16. Mai inaugurire auch nicht eine „Aera Berger", sondern bedente nur das Aufhören einer kosmopolitischen und den Beginn einer deutschen Handelspolitik. (Beifall.) Die Vorlage wird an die Tarifcommission ver wiesen. Hierauf setzt das HauS die zweite Berathung des Zolltarifs fort. Pos. 7: Erden, Erze und edle Metalle frei, wird debattelos genehmigt. ' " Pos. 8 lautet: Flachs und andere vegetabilische Spinnstoffe außer Baumwolle ... frei. Abg. Frhr. v. Ow-Freudenstadt beantragt einen Zollsatz von 1 M. auf 100 Kilogramm: Er finde es charakteristisch, daß die erste auf das land- wirthschaftliche Gewerbe bezügliche Position des Tarifs nach wie vor zollfrei bleiben solle, und bedauere, daß die Hoff nungen sich nicht erfüllt haben, die die deutsche Landwirth- schaft an das bekannte Schreiben de« Reichskanzlers glaubte anknllpfen zu dürfen. Die Landwirthschaft sei ungünstiger gestellt als die Industrie, denn während bei letzterer die Rohproducte viel höher besteuert werden als die verarbei teten Fabrikate, gehen die Rohproducte der Landwirthschaft zollfrei ein, z. B. Flach», während derselbe, zu Linnen ver arbeitet, hoch versteuert wird. Der Redner bittet um An nahme seines Antrages, denn was nützen ave Schutzzölle, wenn die Landwirthschaft so behandelt wird, daß sie nicht existenz- und zahlungsfähig ist? Au- allen flachsbailenden Theilen des Reiches, aus Braunschweig, Thüringen, Sachsen und der Lausitz sind Wünsche laut geworden, daß dieZoll- freiheit des Flachses aufhören möchte, und es ist von allen Seiten der von mir Ihnen vorgeschlagene Satz al« nöthig und angemessen anerkannt worden. Gerade im Interesse de« kleinen und mittler» Bauernstandes bitte ich Sie, neh men Sie unsern Antrag an. (Lebhafter Beifall.) Abg. v. Ludwig: Nachdem der Vorredner vom Flachs einen äußerst langen Faden gesponnen und aufs gründlichste durchgehcchelt hat, bleibt mir eigentlich nur noch da- Werch übrig! (Große Heiterkeit.) Der Flachsbau ist eine uralte deutsche Einrich tung, die uns erhalten bleiben muß, insbesondere da sie den armen Familien Beschäftigung und Verdienst in einer Zeit gewährt, wo alle übrigen landwirthschastlichen Beschäf tigungen ruhen. Der Verkehr ist überhaupt durch die, deutlich gesagt, wahnsinnige Einrichtung beschränkt worden, die durch die Verlängerung des deutsch-österreichischen Han delsvertrages noch ein Jahr in Geltung bleibt (Lärm), daß Nohleinen frei eingehen, während die Garne einem Zoll unterliegen. Die Baumwolle, die den Flachs verdrängt hat, erzieht nur ein blaßfarbiges Geschlecht, auch der Kriegs minister soll leine Soldaten wieder aus deutscher Leinwand schlafen lassen! (Große Heiterkeit.) Im weitern will Redner noch einige allgemeine Bemerkungen über Landwirthschaft machen. Vicepräsident vr. Lucius erklärt, solche nur inso weit gestatten zu können, als sie innerhalb des Rahmens der Specialdebatte fallen. Abg. v. Ludwig: Die Landwirthschaft wird eben al« Stiefkind behandelt, wie ich schon mehrfach im preußischen Landtage zu erörtern die Ehre hatte — in der Generaldebatte ist die Landwirth schaft nur so nebenbei berührt worden. (Rufe: Zur Sache! Präsident 1)r. Lucius bittet den Redner, sich an die Sache zu halten.) Die Herren, die bisher über Landwirthschaft gesprochen, würden wol nicht nach den Traditionen der alten pr«ußischen Könige da« Zeugniß der Reife in ihrer Kenntniß der Landwirthschaft erhalten haben. (Wiederholte Rufe: Zur SacheI) Redner führt einen Brief de- König« Friedrich Wilhelm I. an, der seinen Sohn, den spätem Friedrich beer Großen, ermahnt, sich recht genau mit der Landwirthschaft vertraut zu machen! Ich möchte auch noch auf die Mit- theilung eine« berliner Blatte» Hinweisen, wonach unser verehrter Präsident, Hr. v. Forckenbeck, sich auf dem Deut schen Städtetag «inen Führer der Antikornliga hat nennen lassen. (Große Unruhe link»; Rufe: Flach»! Der Präsi dent ruft den Redner znm ersten mal formell zu Sache.) Ich stelle anheim, ob eine Antikornliga sich lediglich auf Korn beschränken würde! (Große Heiterkeit.) E« ist doch an der Zeit, die» hier vor dem Lande zu constatirrn! Abg. Richter-Hagen: Unerhört, daß Derartige« im Reichstage gesagt wer den darf! Vicepräsident vr. Lucius: Ich muß den Abg. v. Ludwig bitten, von der Fort setzung seiner Ausführungen in dieser Richtung Abstand zu nehmen. Wenn die Acußerungen wirklich gemacht find, s» sind sie doch in anderer Eigenschaft gemacht, und e« ist nicht in der Ordnung, sie unter ausdrücklichem Hinweis auf den Präsidenten des Reichstages zu citiren. Abg. v. Ludwig: Wie sind denn die Interessen der Landwirthschaft in der Generaldebatte gewahrt worden? Sehen Sie sich doch ein mal Hrn. Richter an. (Stürmische Heiterkeit.) Abg. Richter: Unwürdiges Poffenspiel im Reichstage. (Rufe: Zur Sache! Der Präsident erklärt, daß Redner augenblicklich bei der Sache sei.) Abg. v. Ludwig: Das war einmal eine treffende Bemerkung vom Präsi denten. (Große Heiterkeit.) Redner greift darauf wiederum auf die Generaldebatte zurück und wird vom Präsidenten zum zweiten male zur Sache gerufen. Als er darauf dem Abg. Bamberger seine Unkenntnis landwirthschaftlicher Ber- hältniff« vorzuwerfen beginnt, richtet der Präsident an da« Haus die Frage, ob es den Redner noch weiter hören wolle. Das Haus entscheidet sich dagegen. Hierauf wird die Discussion geschloffen. Zur Geschäftsordnung fragt Abg. Richter-Hagen, ob der Präsident nicht gehört habe, daß Abg. v. Ludwig Bestimmungen des deutsch-österreichischen Handelsver trages, welcher vom Reichstage genehmigt worden, eine wahnsinnige Einrichtung genannt habe, oder ob dieser Ausdruck parlamentarisches Bürgerrecht erlangen solle. Vicepräsident vr. Lucius: Bei der im Hause herrschenden Unruh« bin ich voll ständig außer Stande gewesen, alle Acußerungen des Red ners zu verstehen. I» dem Stenogramm sehe ich soeben, daß er in der That den Ausdruck wahnsinnige Einrichtung mit Bezug aus gültige Reichsgesetze gebraucht hat. Ich rufe hierfür nachträglich den Abgeordneten v. Lubwig zur Ordnung. Abg. v. Kardorff: . .. Während der Rede de» Abg. v. Ludwig ist von drüben (links) der laute Ruf erschollen vom Abg. Richter: „Un würdiges Possenspicl im Deutschen Reichstage!" Ich frage, ob vielleicht dieser Ausdruck für parlamentarisch zu hal ten ist? Vicepräsident vr. Lucius: Ich halte den Ruf natürlich sür durchaus unparla mentarisch. Allein bei der im Hause herrschenden Unruhe ist es unmöglich, jeden Zuruf hier zu vernehmen, und ich kann nur an alle Seiten des Hause« die dringende Bitte richten, derartiger Ausdrücke sich in den Debatten zu ent halten. (Beifall.) Die Anträge v. Ludwig und v. Ow-Freudenstadt werden darauf abgelehnt, die Regierungsvorlage wird angenommen. Nächste Sitzung DienStag 11 Uhr. Tagesord nung: Fortsetzung der zweiten Berathung des Zoll tarifs (Getreide). . Eine Stimme gegen die Getreidezölle. bH.6. Berlin, 16. Mai. In dem Augenblicke, da in Berlin der Städtetag zu einer imposanten Kund gebung gegen die Zölle auf nothwendige Lebensmittel zusammentritt, ist eS von Interesse, aus einer soeben beim Reichstage eingegangenen vortrefflichen Eingabe der kölner Handelskammer die Ausführungen über die Getreidezölle wiederzugeben. ES heißt da: Beim Getreide und bei dm meisten animalischen Nah rungsmitteln findet zwar in eminenter Weise ein Massen verbrauch statt, allein sic eignen sich dennoch nicht zu Finanz zöllen, weil einerseits «in« Einschränkung im Genuss« der selben wenigstens bei den Klassen der Bevölkerung, die ohnedies nur das Allernolhwendigste von Brot und Fleisch sich zu verschaffen vermögen, nicht ohne Nachtheil sür Leben und Gesundheit der Betreffenden bleiben würde, und weil andererseits, wenigstens wa» das Brot anbetrifft, diese« da» hauptsächlichste Nahrungsmittel der weniger Bemittelten bildet, auf diese daher nicht bloS relaiiv, sondern auch ab solut der größte Theil des Eingangszolle«, resp. der dnrch denselben bewirkten Preissteigerung der betreffenden Pro- ducte entfallen würde. Freilich werden in andern europäi schen Staaten, sowie auch von Commune» von den unent behrlichsten Nahrungsmitteln gegenwärtig noch Abgaben erhoben, allein bei den in neuerer Zeit in andern Ländern unter dem Drucke schwererer Finanzcalamitäten, als sie das Deutsche Reich kennt, vorgenommenen Tarifänderungen sind, soweit uns bekannt, nirgend« derartige Zölle erhöht oder, wo sie nicht mehr bestanden, wieder eingesührt worden. Zur Rechtfertigung dieses vereinzelt dastehenden Vergehen der deutschen Reichsregierung wird nun iu dcn Motiven zu der Tarifvorlage unter andern» darauf hingewiesen, daß die Getreidepreise während de« letzten Jahrzehnt« beharrlich zurückgegangen seien. Zur Widerlegung dieses Arguments werden die officiellen Notirungeu der Getreidepreise am kölner Landmarkte wiedergegeben, worauf es weiter heißt:
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