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790 kaffcn, der Volksbanken, der Eisenbahnen, der Assc- curanz- und Sckisfahrt-gesellschaften und der Vor- schußvcreine stehen; ebenso den Directoren jede» Ate lier» oder jeder Werkstatt«, welche wenigsten» zehn Arbeiter beschäftigt. Ferner sind Wähler alle Profes soren und Lehrer, welchen Grade» immer, wenn sie zum öffentlichen oder privaten Unterricht autorisirt sind, ebenso alle Präsidenten, Directoren oder Leiter von UnterrichtSinstitutcn ober Schulen, jeder, der einen ' akademischen Grad an' einer Universität oder einer höhern Lehranstalt des Reiche» erlangt hat, die No tare, die Geometer, die Apotheker, Schiffskapitäne und die concessionirten Wechselagenten und Sensale; jeder, der an irgendeiner Mittelschule oder Fachschule das erste Jahr mit gutem Examen zurllckgelegt, jeder, der Unteroffizier in der Armee gewesen, und jeder, der die vierte Elementarklaffe an einer öffentlichen Schule ab- solvirt hat. So weit die Bestimmungen, welche der „Intelli genz" den Weg zur Wahlurne öffnen. Für die Ge werbe- und Ackerbautreibenden, welche vermöge ihrer Steuerleistung Wähler sind, wenn sie lesen oder schrei ben können, wird der betreffende Steuersatz oder Cen- suS normirt, und zwar folgendermaßen. Das Wahlrecht verleiht eine Miethe in kleinen Orten (mit weniger als 2500 Einwohnern) von 200 Lire, in großen Städten (mit. mehr als 150000 Einwohnern) von 600 Lire, beziehentlich eiue Steuer quote von 40 Lire mit Einschluß der Provinzialsteuern, jedoch mit Ausschluß der Gemeindeumlagen. Nach der Italic würde durch Annahme dieses Gesetze» die Zahl der Wähler in Italien mehr als verdoppelt werden. Gegenwärtig zählt Italien nur 600500 Wähler;,durch die Gesetzvorlage würde ihre Zahl auf 1^/2 Mill, erhöht werben. Bezüglich der passiven Wählbarkeit ändert das Ge setz keine wesentliche Bestimmung des alten Gesetzes ab; cs will auch den von Garibaldi angefochtenen politischen Eid beibehalten wissen. Born Deutschen Reichstage. O Serlin, 28. April. Die nach mehrwöchent licher Vertagung heute wieder eröffnete Sitzung war nur spärlich besetzt. Ein Schreiben des Reichskanzlers übermittelt den Antrag des Staatsanwalts beim ber liner Stadtgericht auf rechtliche Verfolgung des Abg. Hasselmann wegen Üebertretung der HZ. 24 und 25 des Gesetzes vom 21. Oct. 1878 und ersucht den Präsidenten^ eine» Beschluß des Hauses herbeizuführen. DaS Schreiben geht an die GeschäftSordnungScom- Mission. Nachdem das Haus mehrere Wahlprüfungen er ledigt hatte, tritt es in die erste Berathung des Ge setzentwurfes betreffend die Anfechtung von Rechts handlungen eines Schuldners außerhalb des Concurs- verfahren». Der Präsident des Reichs-Justizamtes Staats sekretär vr. Friedberg erklärt es als den dringendsten Wunsch der Reichsregierung, daß der Entwurf noch in dieser Session zu Stande komme. Abg. Mayer-Donauwörth: Auch ich muß das Bedürfnis; als vorhanden anerken nen, die Bestimmungen über die Anfechtungen von Rechts handlungen eine« Schuldners unter einheitlichen Gesichts punkten zusammenzufassen. Gleichwol aber muß ich mein wagen, der eine prächtige vierspännige Carrossc des 16. Jahrhunderts darstellte, in welcher sich 6 Edel fräulein in malerischem Costüm befanden. Auf einer in Holz geschnittenen festlich geschmück ten Tragbahre präsentirte das Gewerbe der Drechsler seine Erzeugnisse in einem Pokal, Kegeln, Schach figuren rc. Es folgte daS Gewerbe der Zimmermeister und die Genossenschaft der Tischler, letztere mit einem sechs spännigen Festwagen, auf dem sich die uralte Meister lade derselben, eine Hobelbank und unter einem Bal dachin ein großer Schrank im deutschen Renaissancestil befanden. Mit einem zwcispännigen Festwagen, auf dem in «inem Glaskasten Fabrikant Lobmeyr mit den präch tigsten Imitationen alter GlaSkrügc paradirte, erschien hierauf da» Gewerbe der Glaser, ihm folgten die Hafner (Töpfer), die ihren Festwagen mit einem alt deutschen Ofen, alten Krügen rc. geschmückt hatten. Auf die Gewerbe der Dachdecker und der Anstrei cher und Lackirer folgte die Gruppe der Binder (Bött cher) mit vierspännigem Festwagen und einem alten 100-Enner-Faß, hierauf die Optiker und die Uhr- macher, letztere auf einer reichdecorirten Bahre eine im Renaissancestil gebaute Uhr tragend. ES schloß sich an das Gewerbe der Mechaniker und Maschinenfabrikanten, da» auf seinem vierspän nigen Festwagen in Mühlrad, Presse und Zahnrad da» Symbol de» Maschinenbauens, in Kubu» und Pla netarium die Embleme der Mechanik verbildlichte. Dem Gewerbe de» Localfuhrwcrk» und der Trödler folgte di« mächtig« Grupp« d«S Handel», denaUf einem Erstaunen über die Borlage au-drücken, die im Widerspruch steht mit dem in den Motiven zur Loncur»ordnung gege- denen Versprechen, daß diese Dinge der Particulargesetz- aebung überlassen bleiben sollen, wir denn der bairische Landtag sich bereits auf eine Vorlage der bairischen Regie rung hin mit einem solchen Gesetze zu beschäftigen hatte, über da» ich selbst Referent war. Hat denn da» bairische Justizministerium von den Intentionen de» Reich»-Justiz- amte» keine Kenntniß gehabt? E» scheint, daß dasselbe in ! Unkenntniß gelaßen worden ist über die hier in Berlin be stehenden Absichten, und ich muß dieses befremdliche Ver fahren al« für uns Baiern höchst verletzend bezeichnen, und in ganz gleichem Sinn« haben sich Stimmen auch im wür- tembergischen Landtage darüber geäußert. E» wäre in der That sehr wünschenSwerth, daß uns hier über diese auf fälligen Thatsachen Klarheit gegeben würde. StaatSsecretär vr. Friedberg: E« ist richtig, daß sich Baiern und WUrtemberg gegen den Entwurf erklärt und im BundeSrathe gegen denselben ge stimmt haben, im übrigen ist aber von allen deutschen Re gierungen der Regelung der Frage durch Reichsrecht statt durch Landesrecht entschieden der Vorzug gegeben worden. Es ist in diesem Falle, was die vorbereitenden Stadien der Vorlage angeht, ebenso verfahren worden wie sonst, und e» kann nicht der Vorwurf erhoben werden, al» habe man über die Intentionen de« Jnstizamte» etwa das bairische Justizministerium absichtlich in Unklarheit lassen wollen. Im BundeSrathe sowie in seinem JustizauSschusse ist allen deutschen Regierungen Gelegenheit gegeben gewesen, ihre Stellung zu der Frage, ob Reichsrecht, ob Landesrecht, zu vertreten, und diese Gelegenheit hat auch Baiern wahrge nommen. Nach dem allen muß ich die Vorwürfe des Vor redners als unberechtigt zurückweisen. Abg. Or. Bähr-Kassel bittet, bei Berathung der Vorlage in der Commission, an welche dieselbe doch jedenfalls gewiesen werden müsse, besonders auch auf den Rückkauf zu achten, der eigentlich daS Gesetz, wel che» die Bestellung von Hypotheken au Mobilien ver biete, umgehe. Abg. v. Schmid-Würtemberg: Da bei Emanation der EoncurSordnung der Landes gesetzgebung das Recht dieser Regelung Vorbehalten wurde, so möchte ich u limins den Vorwurf zurückweisen, als ob Baiern und Würtemberg irgendein Vorwurf des Particula- rismus deswegen treffen könne, weil sie selbständig in dieser Angelegenheit vorgegangen sind. Anders steht es mit der Frage, ob überhaupt die Regelung zur Zeit nothwendig ist. Das ganze Deutsche Privatrecht ist ja Gegenstand der Eodi- fication; letztere mag wol noch einige Zeit auf sich warten lassen. Sollte nicht dieser Moment auch für den in Rede stehenden Entwurf abgewartet werden können und dürfen? Ich wünschte, daß die LomMission, der diese intricate Frage überwiesen wird, eine dilatorische Behandlung des Gesetz entwurfes bi« auf den Moment der Lodification ins Auge faßte. Auch ein politisches Bedenken möchte ich noch aus sprechen: das ganz allgemein hingestellte Motiv, wonach Verschiedenheiten in einer bestimmten Rechtsmaterie ein zu reichender ErwägungSgrunv für. die Erlassung eines Reichs- aesetzes seien, schließt on Möglichkeit nicht au«, daß die Reichsgesetzgebung in der Lage wäre) auch auf andern Ge bieten dergleichen vorläufige Codificätione» eintreten zu lassen. Abg. vr. Wolffson will den Entwurf an dieselbe Commission verweisen, welcher das Gesetz über die Consulargericht-barkeit zugewiesen ist. Diesem Anträge schließt sich das Haus trotz des Widerspruchs des Abg. Frhrn. v. Maltzahn-Gültz an. Hierauf wird in die dritte Berathung des Ent wurfs über den Verkehr mit Nahrungsmitteln rc. ein getreten. Abg. vr. Harnier spricht seine Genugthuung aus über die Wirkung, welche die zweite Lesung des Ent wurfs in den betheiligten Kreisen gefunden hab«. Die Besorgnisse und Befürchtungen seien geschwunden, al» könnten mit diesem Gesetze auch berechtigte Manipula tionen neben schwindlerischem Treiben getroffen werden, riesigen Festwagen mit der lebensgroßen Figur des Merkur «in förmliches Waarenlager aufgestapclt hatte. Wir sehen dann die von dem Oesterreichisch-Un- garischen Lloyd und der Donaudampfschiffahrtsgesell- schaft zu Stande gebrachte Gruppe der Schiffahrt, auf deren Festwagen in der Mitte das reichvergoldete Modell eines Bucentaur die specielle Bedeutung der Abthcilung versinnlicht. Besonder» Eindruck machte die darauffolgende Gruppe der Eisenbahnen, welche auf ihrem achtspän- nigen Triumphwagen durch die Vermählung des Feuer gottes mit der Wassernymphe symbolisch die Entstehung de» Dampfes versinnlichte und in 8 Damen in heral dischen Costümen die Austria, Bohemia, Moravia, Silesia und Styria zur Anschauung brachte. Einem dritten städtischen Musikcorps folgten die Metallgewerbe, auf deren Festwagcn sich als Haupt object eine große im Stil deS 16. Jahrhunderts reich verzierte Fcldschmiede erhob, an der während deS Zuges Meister mid Gehülfen ihre Arbeit verrichteten. Eine ganz specielle Gruppe bildete die Kassenfabrikation, ausgeführt von Wertheim.u. Comp. Der Genossen schaft der Spänglcr (Klempner) schlossen sich an die Gewerbe der Gürtler, Bronzearbeiter und Gießer mit einem vierspännigen Festwagen, auf dem eine Glocke in großen Dimensionen. uicht oft genug ihre eherne Stimme ertönen lassen konnte. Nach der Gruppe der Graveure erschien daS Gewerbe der Goldschmiede, auf dessen sechsspännigem Festwagen «ine Gruppe von wunderschön costümirten Damen den Reichthum und Luxus versinnlichte. Die .sich hieran schließende Gruppe der Buchhändler, Buchdrucker und Buchbinder zeigte auf und man sehe der Wirksamkeit de« neuen Gesetze« mit Vertrauen entgegen. , Abg. 0c. Zimmermann befürwortet die Annqhme der von ihm zu einzelnen Paragraphen gestellten Amendements, die indeß noch nicht gedruckt und ver- theilt sind, um Präventivmaßregeln zu treffen gegen MiSdeutungen oder misbräuchliche Anwendung des Ge setze«. Die Generaldiscussion wird geschlossen und H. 1 debatteloS angenommen. Als der Präsident den H. 2 zur Debatte stellt, bezweifelt Abg. vr. Zimmermann die Beschlußfähig keit deS Hauses. Da diesmal das Bureau nicht übereinstimmend der entgegengesetzten Ansicht ist, er- folgt die Auszählung des Hauses durch Namensauf ruf, der die Anwesenheit von 199 Mitgliedern ergibt) also genau die zur Beschlußfassung erforderliche An zahl von anwesenden Abgeordneten. Die HZ. 2—3 werden nach den Beschlüssen zweiter Lesung genehmigt K. 4 lautet: Die Zuständigkeit der Behörden und Beamten zu den in 88- 2 und 3 bezeichneten Maßnahmen, Revisionen, Unter suchungen rc. richtet sich nach den einschlägigen landesrecht, lichen Bestimmungen. Abg. Ruppert, unterstützt vom Centrum, beantragt einen Zusatz, nach welchem landesrechtliche Bestim mungen, welche der Polizei weiter gehende Befugnisse beilegen, als es diese Vorlage thut, unberührt fort bestehen sollen. Das Haus tritt diesem Anträge bei. HH. 5—9 werden genehmigt.' tz. 10 lautet in der Fassung der zweiten Lesung: Mit Gefängniß bis zu 5 Monaten und mit Geldstrafe bis zu 1500 M. oder mit einer dieser Strafen wird be straft: 1) wer zum Zwecke der Täuschung im Handel und Verkehr Nahrung«- oder Genußmittel nachmacht oder ver fälscht rc. Abg. vr. Schulze-Delitzsch beantragt ack 1 zu fassen: 1) Wer zum Zweck der Täuschung im Händel und Ver- kehr Nahrung«- oder Genußmittel nachmachl oder dadurch verfälscht, daß er dieselben mittels Entnehmens oder Zu setzens von Stoffen verschlechtert oder daß er dieselben den bestehenden Handels- oder Geschäftsgebräuchen entgegen mit dem Scheine einer bester» Beschaffenheit versieht. Abg. Or. Braun-Glogau unterstützt den Antrag deS Abg. vr. Schulze-Delitzsch aus dem Gesichtspunkte, daß auch den Misbräuchen, die mit dem Gesetze ge- trieben wcrden könnten, vorgebeugt werden müsse. ' Der Begriff der Nsancen und Geschäftsgebräuche stehe im HandelSgxsetzbuche und sei also für den Richter, quf diesem Gebiete maßgebend; seine Einführung in das Gesetz könne also keinen Bedenken begegnen. Natür lich seien nur solide Geschäfts- Und Handelsgebräuche gemeint. Redner nimmt insbesondere auf den Nein Bezug; in Frankreich sei es erlaubt, in Jahren, wo die Cresccnz sehr schwach ist, insbesondere bei'den Bordeauxweinen andere als die richtigen Bezeichnungen zu wählen. Abg. Bär-Offenburg: Man müsse doch zwischen berechtigten und unberechtigt GeschäftSgebräuchen, Geschäftskniffen unterscheiden; letztere in Schutz zu nehmen, könne doch nicht Aufgabe des Ge setzes sein. Abg. Windthorst hakt, «S für das Beste, die Re gierungsvorlage anzunehmen mit der Maßgabe, daß hinter „verschlechtert" ein Punkt gemacht wird. Bundescommiffar Geheimrath Or. Meyer spricht gegen die Aufnahme der „bestehenden Geschäfts gebräuche" in den Tenor des Gesetzes; die AtiSfüh- ihrem Festwagen drei weibliche Figuren, den Genius des Fortschritts und der Wissenschaft und die Gestalten der Wissenschaft und Literatur vorstellend, hinter denen an einem Pulte Gutenberg (durch Buchhändler Her mann Manz gegeben) stand, versunken in den Anblick der Pcrgamentblätter, welche die auf dem Wagen be findliche Holzpreffe soeben verlassen hatten. Pie in voller Thätigkeit befindliche Presse druckte eine Chronik, welche auf dem eigentlichen Festplatze vor dem Kaiser- Paare zur Vertheilung kommt. Den würdigen Höhepunkt und Schluß deS costümir- ten Festzuges bildete die allseits mit Spannung erwar tete Gruppe der bildenden Künste, an der sich HqnS Makart persönlich betheiligte. Sie wurde vom Publi kum mit besonderer Auszeichnung begrüßt und von allen Seiten ertönte es begeistert: „Makart hoch, hoch!" Auf dem sechsspännigen, überaus reich vergoldeten Festwagen, an dessen Stirnseite eine silberblinkente Copie ver mediceischen Venus glänzend hetvortrat, war durch eine Gruppe von Frauen, Kindern und Pa gen, die sich um eine auf dem Thronsefsel sitzende Dame scharten, der Einfluß der Frauen auf die Kunst sym bolisch zur Anschauung gebracht. Alle Dame» trugen reiche Spitzenkragen und Krausen und die ganze Gruppt, im CostÜm der Zeit Rubens', bildete einen pünktlich ge wählten Uebergang zu der nun folgenden vierten Al - theilung, der modernen Hochgebirgsjagd, dargestellt durch mehrere hundert Jäger au« allen Gauen de« geseg neten Oesterreich in malerischen Originaltrachten, be gleitet von Jagdwagen und reicher Jagdbeute, worunter auch Bären und Wölfe. Die fünfte Abtheilung und den Schluß de« ganze» imposanten Festzug«« bildete»