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-U- Deutsche Mgemeinc Zeitung. -M '^eit n» «echt, »» «chßl. Telegraphische Depeschen. *Gertin, 2. April. Die gestrige erste Spazier fahrt ist dem Kaiser sehr gut bekomme»; nach seiner Rückkehr empfing er de» Fürsten Bi-marck, welcher für da» Geburtstagsgeschenk seine» Dank abstattrte. — Der ksterreichischeFeldmarschallirutenant Graf Be lle- garde ist au» Men eiugetroffen. (Wiederholt) *H«rU», L. April. Die Tarifcommission über gab heute ihren Bericht dem Bundesrathe, nachdem sie da» Tarifgesetz schon vor Mehrern Tagen abge schlossen und überreicht hatte; derselbe enthält die Motive zu dem Zolltarifgesetze sowie zu den einzelnen Tarif- posttionen. (Wiederholt.) 2. April. Der BundeSrath hat in seiner heutigen Sitzung die Verweisung der Zolltarif- Vorlage an eineu BmedesrathSauSschuß abgelehnt. Die Anträge der einzelnen Regierungen wurden entwickelt. Die Erledigung der ganzen Angelegenheit wird in der nächst«» Sitzung stattfindru. Der wÄrtembergische An trag betreffend die Zusammensetzung der Commission für die Gütertarifvorlage wurde angenommen. SrrUn, 2. April. Der BnndeSrath hat» wie erwartet, gegen die Stimmen der Hanfestädte be schlossen, de» Tariftntwurf nicht an die Ausschüsse zu verweisen. Die Berathung der Vorlage soll be reit» morgen beginnen, obgleich der Bericht der Tarif- commissson erst heute zur VerthrilUng gelangt ist. Demnächst wurde mit großer Majorität, entgegen den Vorschläge» de« Reichakanzler«, der übrigen« heut« nicht zagegen war, beschlossen, einen au» neun Bun- deSrathsmitglieder» bestehenden Ausschuß behuf» AuS- arWtutg eines Gesetzes wegen Regelnng de» Güter- tchApjj^ep« .einzufetzen, in welchem da» Präsidium durch drtt>lBck«rn, Sachsen, Würtemberg, Heffe», Olden- bapK durch je ein Mitglied vertreten sind. Angenom men wurde ferner der Gesetzentwurf betreffend Faust pfändrecht an Eisenbahnen und der AuSschußautrag seinen Antheil an den Kosten zu bezahlen. (Wes.-Z.) * Herlin, 2. April. Zum Präsidenten de». Reichsgerichts ist AppellationSgerichtSpräsident vr. Simson, der frühere R«ich?tagspräsidrnt, designirt. Gerlin, 2. April. Die türkischen Minister sollen dem Sultan gerathen haben, die gemischte Besetzung Ostrttmeliens mit den von England anfänglich ge stellten Bedingungen anzunehmen, wozu bekanntlich die Besetzung der Balkanpässe durch türkische Truppen ge hört hatte. , (Köln. Ztg.) * Herlin, 2. April. Sr. Maj. Glattdeck-cor- vette Medusa, 9 Geschütze, Commandant Corvetten- kapitä» Matthesen, Sr.Maj. Kanonenboot Delphin, 3 Geschütze, Commandant Corvettenkapitän Hoffmann, Sr.Maj. Fregatte Niobe, 10Geschütze, Comman dant Kapitän zur See v. Kall, mid Sr. Maj. Briggs Undine, 6 Geschütz«, Commandant CorvettenkapitSn v.Koppy, und Mulquito, »Geschütze, Commandant Corvettenkapitän Herbig, find am 1. April d. Ä. in Kiel, Sr.Maj. Aviso Falke, 2Geschütze, Cowmau- dant Kapitänlieutenant Dautwitz, und Sr. Maj. Ka nonenboote Drache, S Geschütz«, Commandant Corvettenkapitän Holzhauer, und FuchS, 1 Geschütz, Commandant Lieutenant zur See Laudfermann, sind am 1. April d. I. in Wilhelmshaven in Dienst gestellt. München, 2. April. Se. Maj. der König hat an den Fürsten Bismarck zu dessen gestrigem Ge burtstag ein sehr huldvolles Glückwunschtelegramm ge- richtet. (Ällg. Ztg.) *Hudaprst, 2. April nachmittags. Unterhaus: Dem bisherigen Präsidenten Ghhczh, welcher mit Rück sicht auf sein hohe» Alter sein Amt als Präsident sowie sein Mandat al» Abgeordneter niedergelegt hatte, wurde der Dank de» Hauses für die Leitung der Ge schäfte ausgesprochen. Der Abg. Appotthi beantragte darauf, dem AnSlande für die anläßlich der fzegediner Karastrophe veranstalteten Sammlungen dm Dank de» Hauses zu votiren. * v»vapest, 2. April abmd». Unterhaus (Fort- setzung): Bei der Berathung de» Budget» verthei- digte der Finauzminister Vie Regierung gegen verschie dene Angriffe, indem er darauf hinwie», daß die ver mehrten Ausgaben zumeist für productive Zwecke ge macht worden seien. Ferner gab der Minister sta- tistische Mittheilungrn Über den vermehrten Stener- «rtrag und betonte, daß di« außerordentlichen Ereig nisse die Ordnung de» Staatshaushaltes wol erschweren, aber nicht stören könnt«». Die Regierung strebe alle statthafte» Ersparungen in der Administration wie in der ArÄ« an und hoffe durch die Steuerreform und Sparsamkeit da» finanzielle Gleichgewicht hetbeizu- führrn. * 1. April. Die vom Smat angenommene Vertagung der Debatte übet die Rückkehr de» Par- lameoit» - »ach ^sriü ist als EfffdchcHie^ dir Regien rüng aufzufassen, welche nach den PeulamentSferien Garantiegesetze zum Schutz« der Kammern vorlegen wird und damit d«n Widerspruch de» linken CentrumS in dieser Frage beseitigen zu können glaubt. * London, 2. April. Der Morning Advertiser be richtet, die britische Regierung habe beschlossen, ein 5000 Mann starkes Contingent nach Ostrumelien zu senden. (Wiederholt.) * Wien, 2. April. Meldung der Politischen Corre- spondenz aus Konstantinopel von heute: „Ein hoher türkischer Würdenträger soll sich demnächst nach Italien begeben, um di« Königin von England daselbst zu begrüßen. Der Sultan beabsichtigt, ein eigenhändige« Schreiben an die Königin zu richten." Der oeue Zolltarif. * Leipzig, 3. April. Aus dem neuen Zolltarif, wie er vorläufig al« Entwurf dem BundtSrathe vor liegt und von diesem berathen und festgrstellt, sodann alsbald an den Reichstag gebracht werd«» wird, konnte» wir gestern schon einige wichtige Positionen mittheile». Heute liegt er ganz vor. Wir bemerken zuerst, daß derselbe 37 ganz zollfreie Positionen ent hält — gegen 94, welche der frühere enthielt. Da» bezeichnet allerdings eine wesentliche Abweichung von den Grundsätzen der bisherigen Zollgesetzgebung, an dererseits aber keine konsequente Durchführung de» PrincipS der „allgemeinen Zollpflicht". Der BundeSrath hat inzwischen in seiner gestrigen Sitzung (s. oben Telegraphisch« Depeschen) die Ver weisung des Tarifs an eine Commission abgelehnt, da gegen aber auch nicht (wie man nach einer Notiz der National-Zeitung „in unterrichteten Kreisen" erwartete) den Tarif en Kloo angenommen, vielmehr die Erledi gung der Sache auf heute vertagt. Wir kaffen nun den Tarif folgen. ä. Zollfrei beim Eingang« vom Ausland« sind: Abfälle; rohe Baumwolle; rohe» Blei; bei den Lrogue- rien: rohr Erzeugniffe und chemische Fabrikate für den Gewerbe» und Mrdicinalgebrauch, soweit sie nicht au«drück» lieh ausgenommen sind (Beuzin, Terpentinöl rc.); Ketten und Drahtseile zur Schleppschisfahrt und Lauerei; Erden, Erze und Metalle; roher Flach« und andere vegetabilisch« Spinnstoff«; Erzeugniffe de« Landbaue«, soweit sie nicht ausdrücklich mit Zoll belegt sind (unter da« letztere fällt aber bekanntlich da« ganze Getreide); Pferdehaare und Borsten; Häute und Felle; Brennholz, Holzkohlen, Holz borke oder Gerberlohe, Lohkuchen; Dampfmaschinen und Dampfkessel zur Verwendung zum Schiffbau; See- und Flußschiffe; Kalender; Kautschuk uud Guttapercha, roh und gereinigt; rohe« Kupfer; literarische und Kunpgegenstände; denaturirle« Olivenöl in Fässern; feste Rückstände von der Fabrikation fetter Oele; Papier, ungebleichte« oder ge bleichte« Halbzeug; ungefärbte Seide; rohe oder bla« be» hauen« Steine, Mühlsteine, polirte Schieferplatten, Schleif» und Wetzsteine, grobe Steinmetzarbeiten; Steinkohlen, Brauntohleo^Lorf;. Lheer-PM. Har^e aller Lrt> alle le» benvtn Thserr, für welche kein Tarifsatz au«geworf«n ist (be kanntlich soll aber da« zur allgemeinen Nahrung dienende Vieh mit Ausnahme der Ziegen einem hohen Zoll unter» liegen); Thönwaare» zu baultchen Zwecken, Thonröhren, gemeine« Töpfergeschirr; rohe Wolle, grobe unbedruckte' Filze und Tuchleisten; rohe« Zink; rohe« Zinn. L. Zollpflichtig sind zu nachstehenden Sätzen, jedesmal für 100 Kilo — 2 Ctr.: Baumwolle und Baumwollwaaren: (». Baumwolle, rohe, kardätscht«, gekämmte, gesärbt«: zollfrei); b) Baumwollwatte 1 M. bv Pf.; e) Baumwollgarn, ungemischt oder g«mischt mit Leinen, Seid«, Wolle oder andern vegetabilischen oder animalischen Stoffen: 1) eindrähtiges, roh bi» zu Rr. 19 englisch 12 M., über Nr. 19-45 18, über Nr. 45—59 24, über 59—79 30, über 79 36 M.; 2) zweidrähtige«, roh bi» zur Nr. 19 englisch 15 M., über Nr. 19—45 21, über 45-59 27, über 59—79 33, über 79 89 M.; 3) ein» und zweidrähtige«, gebleicht oder gesärbt: bi« zu Rr. 19 englisch 24 M., über Nr. 19-45 30, über 45-59 3b, über 59—79 42, über 79 48 M.; 4) drei» und mchrdräh» tige«, roh, gebleicht, gesärbt 48 M.; 5) mehrfach gezwirnter Die letzte Geburtstagsfeier deS Prinzen Waldemar. (Au« der National-Zeitung.) Am 10. Febr. d. I. feiert« der Prinz Waldemar feinen 11. Geburtstag, Die Gelegenheit war nicht so srierlich wie da« Jahr vorher, wo er von seinem kaiserlich«» Großvater zum Offizier ernannt worden «ar. Damals waren der Kaiser und die Prinzen und di« directen Vorgesetzten de« neuen SecondelieutenantS, vom Commaudcur der Leibcompagnie bi» zum com- niandirenden General de« Corps, alle im krvnprinz- lichen PalaiS erschienen, hatte» die erste militärische Meldung entgegengenommen und mit ihren Glückwün schen .erwidert. Die Sitte, daß die Prinzen unser- königlich«» Hause« mit dem 10. Jahre zu Offizieren ernannt werden, stammt noch au» der Zeit, als wirk lich die „Junker" mit 11 und 12 Jahren in die Ar mee eintraten und sogar mit ins Feld zogen. Jetzt beschränkt sich die militärische Thätigkeit der prinzlichen Offiziere bi» zum 18. Jahre darauf, daß sie ein- oder zweimal im Jahre bei einer Parade „eintreten" und an ihrem Platze in der Compagnie den Vorbeimarsch mitmachen. Prinz Waldemar hat diesen stolzen Tag jedoch nie erlebt. Im Mai de» vorigen Jahre», al» die große Frühjahr-Parade stattfand, befand er sich mit seinen Aeltern und Geschwistern in England, und al« im Herbst vor dem König von Holland, bei der Hoch zeit de« Prinzen Heinrich und der Prinzeß Marie, da» 1. Garderegiment paradirte, ließ der Kronprinz seinen Sohn nicht rintreten, damit er seine erste Pa rade einmal vor seinem eigenen und nicht vor einem fremden König thue. So hatte der junge Prinz in seinen! 10. Lebensjahre die Uniform nicht oft angelegt und man konnte sehen, daß er tüchtig gewachsen war, denn sie fing schon an etwa» knapp zu sitzen, als er sie am Morgen de« 22. März d. I. zum letzten mal anlegte, um dem Großvater seinen GrbürtstagS-Glück- wunsch zu bringen. Der 11 Geburtstag also war ohne da» Gepränge, da« den wichtigen 10. Geburtstag ausgezeichnet hatte, aber dafür auch ohne jene gewiss« Bänglichkeit, Vie das erste Auftreten in der Oeffentlichkeit mit sich bringt. Am Morgen war die Geburtstagsbescherung vor dem Frühstück, wo der Kuchen mit den 11 Lichtern und dem Lebenslicht in der Mitte nicht fehlte. Selbstver» stündlich fallen die Stunden an diesem Tage anS und der Prinz bittet sogar, heut« von dem gemeinschaft lichen Diner mit den Aeltern und Geschwistern um 5 Uhr dispenfirt zu sein- um den ganzen Nachmittag der eigentlichen Geburtstagsfeier widmen zu können. Er speist also mit seinem Erzieher schon um 1 Uhr voran», denn um 2 Uhr sängt die Festvorstellung im Victoria-Theater an. Hierher sind zunächst die Freunde geladen: die Söhne der Herren Hofmarschall Graf Eulenburg, Oberst v. Winterfeldt, Profeffor Peters, Lord Odo Ruffell, Geheimrath Hassel, Profeffor Joachim, StaatSminister v. Bülow, Geheimrath Du Bois-Reymond, Geheimrath Hoffmann rc. In der untern Seitenloge sitzt Prinz Waldemar mit seinem Vetter, dem zwei Jahre älter» Prinzen Friedrich Leopold, und den Begleitern; die da- nebenliegrnden Logen find für die Freunde genommen. Oben sitzen die jungen Prinzessinnen mit ihre« Damen. Auch an Kinder der Dienerschaft des kronprinzlichen Hauses sind Billet« vertheilt. Der Gedanke der Nach mittagsvorstellung hat überhaupt Beifall gefunden im Publikum, daS HauS ist gedrängt voll. Nachdem die Vorstellung — „Dornröschen" — vorüber ist, begibt sich die ganze Gesellschaft in kronprinzlicken Wagen in« Palais, wo in Prinz Waldemar'S Zimmer schon die Chocolade wartet. Der Prinz bewohnte im PalaiS mit seinem Er zieher drei Zimmer in der ober» Etage. Da« größte liegt nach vorn heraus und diente al« Schulzimmer. ES nimmt gerade die Breite des großen Balkons ein, über dem Säulenperron gegenüber dem Zeughause, von wo man heraustretend nach link« die Linden herunter da« Brandenburger Thor sieht, rechts die Schloßbrücke und den Lustgarten. Die beiden ander» Zimmer liegen über dem Flur, der zugleich al» Au», hülfsspielplatz dient, nach dem Hofe und sind still uud sonnig. Die- ist da- Schlafzimmer und daneben da« Zimmer de- ErjiehtrS. Die Mahlzeiten nimmt der Prinz, der bis dahin durchaus in der Familie erzogen wurde, alle mit den Aeltern und den Geschwistern. Link- neben den Zimmern des Prinzen Waldemar in der Ecke nach den Linden liegen die Zimmer de« Prinzen Wilhelin. Die Prinzessinnen wohnen eine Etage tiefer in dem Flügel nach der Oberwallstraße. Wir haben oben da» große Balkonzimmer da» Schulzimmer genannt. I» der That sieht man darin eine große Wandtafel, eine Wandkarte von Deutsch land — noch au» der Zeit de« Norddeutschen Bund«« stammend, aber die Grenze» deS neuen Deutschen Reich«» sind eigenhändig von dem kleinen Schüler