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Ü54 Zulug betreffenden Angelegenheiten zu gestatten, al« die Sicherheit der Colonien erheische. * London, 23. März. Nach au« der Capstadt hier cingegangcnen Meldungen vom 5. März hat seit den letzten Nachrichten ein einziger und unerheblicher Zusammenstoß der englischen Truppen mit den Zulu« stattgefundcn, wobei die letztem neun Mann an Todte» verloren. Dagegen hat sich der Häuptling der Basutos, Moirosi, gegen die Engländer erhoben und letztere bereiten sich vor, demselben entgegcn- zutreten, * Petersburg, 23. März. Das gestrige Festmahl der hiesigen deutschen Colonie zu Ehren des Ge- burtSfesteS Sr. Maj. dcsDeutschenKaisers verlief in der gewohnten glänzenden und feierlichen Weise. Der deutsche Botschafter, General v. Schweinitz, welcher sich direct von der im Winterpalais zu Ehren des Kaiser» Wilhelm stattgehabten Festtafel in die Fest versammlung begeben hatte, brachte, wie herkömm lich, den ersten Toast auf den Kaiser von Ruß land aus, der folgendermaßen lautete: Je langer ich daö ehrenvolle Amt verwalte, als dessen Träger ich auch heute in Ihrer Mitte erscheine, um so mehr wächst meine Verehrung siir den erhabenen Monarchen dieses großen Reiches. Ich wünschte, daß meine Bered samkeit in gleicher Weise zunähme, um dieser Verehrung vollendet Ausdruck zu geben, und ich wünschte, daß meine Stimme laut genug wäre, um auch draußen von jenen vernommen zu werden, die sich vennessen, an der Freund schaft zu rütteln, welche den Kaiser, dessen Wohl ich jetzt auszubringen die Ehre habe, mit dem unserigen verbindet. Jene würden dann einsehen, daß ihr Beginnen ein vergeb liches und daß diese Freundschaft so fest ist wie immer, ja fester als je! Se. Maj. der Kaiser Alexander lebe hoch! An diesen enthusiastisch aufgenommeuen Toast schloß sich die ebenso begeistert aufgenommene Festrede auf den Kaiser Wilhelm, welcher weitere Toaste auf den Kronprinzen, den Fürsten Bismarck, den Grafen Moltke und auf das deutsche Heer folgten. * Petersburg, 22. März. Wie cs zur Zeit heißt, dürfte die Abreise des kaiserlichen HofeS nach Livadia am 19- April erfolgen. * Petersburg, 22. März. Wie es heißt, würde beabsichtigt, behufs Verbindung der transkaspischen Ge genden mit dem gesammten Telegraphennetze Rußlands in diesem Jahre ein Telegraphenkabel zwischen Baku und Krasnowodsk zu versenken. Zum Zwecke der nothwendigcn Forschungen würden Tele graphentechniker dorthin abgesendet werden. * Sukarrst^ 21. März. Der Sqnat hat in sei ner heutigen/ Sitzung den Antrag auf Bildung eine« Fusionsministeriums mit 32 gegen 20 Stimmen ab gelehnt, nachdem der Ministerpräsident Bratiano eben falls die Versicherung erthcilt hatte, daß die Wahlen für die constituirende Versammlung auch unter dem gegenwärtigen Cabinet vollständig frei sein würden. Im weitern Verlause der Sitzung wurde die Vorlage über Abänderung der Verfassung in zweiter Lesung mit 45 gegen 3 Stimmen angenommen. * Konstantinopel, 22. März. Mukhtar-Pascha hat den Befehl erhalten, demnächst nach Konstanti nopel zurückzukehren. Wie verlautet, soll die Pforte sich weigern, die Art. 16 — 22 der bulgarischen Ver fassung zu genehmigen. Leipzig, 24. März. Die vergangene Woche schloß mit einem Ehren- und Festtage der deutschen Nation: dem 82. Geburts tage unsers geliebten Kaisers. Recht sichtbar hat sich Gottes Segen an diesem ehrwürdigen Haupte unserS jungen Reiches bewährt; nicht blos die zerstörende Macht der Zeit hat er bis in ein selten hohes Alter von ihm abgewehrt, sondern auch von den Streichen, die von verruchten Frevlerhänden gegen dasselbe ge führt wurden, hat er den einen völlig unschädlich da von abgleiten lasten, den andern wenigstens ohne blei benden Nachtheil, und so steht der kräftige Hohen- zollernstamm, den Deutschland sich zum Halt und Hort erkoren, noch fest und ungebeugt als solcher da, trotz der 82 Jahre, die darüber hinweggcgangen. Möge der Himmel ihn auch ferner in seinen heiligen Schutz nehmen! Den Deutschen Reichstag beschäftigte ein Antrag der elsässer sogenannten Autonomisten (d. h. derjenigen elsäffer Abgeordneten, welche zwar Deutsche, aber vor allem doch Elsässer sein wollen) auf Herstellung einer größern politischen und administrativen Selbständigkeit (Autonomie) der Reichslande. Der Reichskanzler selbst verhielt sich zu diesem Anträge nicht grundsätzlich ab lehnend. An eine Commission verwiesen ward sodann ein Antrag der Deutschconservativen auf Wicderein- schränkung verschiedener durch die ReichS-Gewerbeord- nung gewährter Freiheiten im Gewerbebetriebe, der Theaterfreiheit, Schankfreiheit, der Wanderlager rc. Wenn irgendwo, dürfte allerdings gerade in diesen Punkten, besonders im Schankgewerbe, eine Correctur deS MiSbrauchS, der vielfach mit der Freiheit getrie ben worden, unbeschadet des allgemeinen PrincipS der Gewerbefreihcit, angezeigt sein. Eine dritte Verhandlung, über den kleinen Be lagerungszustand in Berlin, ward dadurch wichtig, daß sie den Beweis lieferte, wie eine straffe Handhabung der Präsidialbefugniffe, unterstützt von der kräftigen Zustimmung einer überwiegenden Majorität des Hauses, schon jetzt im Stande ist, Ausschreitungen einzelner Redner wirksam zu begegnen, ja auch deren beabsich tigten Erfolg nach außen zu neutralisiren und in sein Gegentheil zu verkehren. Der Abg. Liebknecht war e«, der durch seinen jedenfalls wohlberechncten Versuch einer solchen Ausschreitung es dahin brachte, daß an ihm dieses Experiment mit bester Wirkung vollzogen ward. Die Nachrichten aus Szegedin, wo die WafferS- noth zwar nicht mehr im Wachsen, vielmehr im Ab nehmen ist, aber gerade nun erst die ganze Größe des Unglücks sich übersehen läßt, lauten wahrhaft furcht bar. Der zuerst für Uebertreibung gehaltene SchreckenS- ruf „Szegedin ist vernichtet!" scheint in der That nahe daran, sich zu bewahrheiten, wenn, wie berichtet wird, von mehr als 6000 Häusern kaum noch ein paar Hundert stehen und bewohnbar sind. Auch die Zahl der verunglückten Menschen ist eine furchtbar große: sie geht jedenfalls ins zweite Tausend! Die Mildthätigkeit ist allerseits geschäftig, von der unge heuer« Noth zu lindern, was überhaupt zu lindern ist. Der Kaiser Franz Joseph ist mit leuchtendem Beispiel vorangegangen; außer der eigenen reichen Gabe, die er den Unglücklichen gesandt, und dem Trost seiner persönlichen Gegenwart, den er ihnen alsbald hat zutheil werden lassen, hat er auch den Wunsch aus gesprochen, daß alle für die bevorstehende Silberne Hochzeit des Kaiserpaares bestimmten Gaben in Liebes gaben für das arme Szegedin verwandelt werden möchten. Der Deutsche Kaiser hat 10000 M., König Albert von Sachsen 3000 M. nach der Unglücksstätte entsandt. Allerorten wird eifrig gesammelt. Und diese Mildthätigkeit, deren es hier so sehr bedarf, wird sicherlich auch nicht ermatten. Die Nachrichten aus den Pestgegenden lauten fort während beruhigend; die Seuche scheint wesentlich im Verschwinden zu sein. Die griechischen Commissarien haben, wie es heißt, den Conferenzort Prevesä verlassen, nachdem sie er klärt, sie könnten auf keine Vorschläge eingehen, die nicht dem Berliner Vertrage entsprächen. Im übrigen hat sich im Orient nichts geändert. In Frankreich scheint eine starke und erfolgverhei ßende Agitation zu Gunsten, der. Handelsverträge zu beginnen. 'V '7)! . DaS neue Unterrichtsgesetz, welches gegen den kle rikalen Einfluß sich kehrt, ist einer Commission der Deputirtenkammer übergeben worden. Diese Com mission besteht fast lediglich aus Anhängern des Gesetzes. Das italienische Ministerium wird den Kammern ein Wahlreformgesetz vorlegen, nach welchem das Wahl recht an eine gewisse Schulbildung gebunden, das Alter der Wählbarkeit auf 21 Jahre festgesetzt werden soll. Dem Cabinetswechsel in Spanien ist eine Auf lösung der Cortes gefolgt. Am 1. Juni sollen die neuen Cortes zusammentreten. Gleichzeitig wird viel leicht, um anzudeuten, daß der Ministerwechsel keinen Shstemwechsel, keine Reaction bedeute, eine Amnestie für die wegen Preßvergehen verurtheilten Journale verkündet. Für Canada ist die Einführung eines höher» Schutzzolllarifs vom dortigen Hause der Gemeinen beschlossen worden. In Dresden ward eine von fortschrittlicher Seite einberufene öffentliche Versammlung, in welcher das Reichstagsmitglied Günther-Nürnberg sprechen sollte, von den Socialisten gesprengt, weil die Leiter der Ver sammlung keine DiScussion nach dem Bortrage zu- lassen wollten. Fürst Bismarck und die Liberalen. Sertin, 22. März. In der abgelaufenen Woche hat ein Artikel der Times über den Fürsten Bismarck die Runde durch die deutsche Presse gemacht. Unzweifelhaft enthielten die Auslassungen des Welt- blatteS manche für uns Deutsche beherzigenSwerthe Wahrheit. In dem verwirrenden Jntereffenkampfe, der heute unser Vaterland durchwogt, kann selbstver ständlich die Objectivität des Urtheils nicht ungetrübt bleiben. Da mag es gut sein, zuweilen die Stimme ruhiger Beobachter zu hören, die, außerhalb der uns bedrückenden Atmosphäre stehend, den Gang unserer innern Dinge betrachten. Eine eigenthümliche Erschei nung freilich ist eS, daß der Artikel des englischen Blattes mit ganz besonderm Nachdruck von der Seite hervorgehoben wurde, welche in der ganzen letzten Zeil sich in Angriffen auf England und die englische Presse uicht genugthun konnte und selbst vor der niedrigsten Verdächtigung angesehener deutscher Männer wegen ihres freundschaftlichen Umgangs mit englischen BolkS- wirthen nicht zurückschreckte. Die Times darf mit Recht darin die vollst? Huldigung vor der überlegenen Unbe fangenheit ihres Standpunktes erblicken. Fraglich bleibt indeß doch, ob die Ansicht des londoner Blattes in allen Punkten als zutreffend gelten kann. DerGruud- zug de« Artikel« scheint un« gleichbedeutend mit der Beschuldigung der deutschen Nation, daß sie zur Zeit die Bedeutung und da« Verdienst de« Fürsten Bis marck verkenne. Weiter noch geht ein hervorragender deutscher Publicist, Heinrich v Treitschkc, indem er der Gegen wart den Anschein nachsagt, als ob das deutsche Volk die Dankbarkeit gegen den Begründer unser« natio nalen Staate« vergessen habe. Wäre dieser „Anschein" begründet — wir wüßten nicht, wie ein traurigeres Zeichen für die bisherige wie für die zukünftige Ent wickelung der innern Zustände de« Reiches denkbar wäre. Aber ist er denn wirklich begründet? Hr. v. Treitschke verweist auf die „geringschätzige" und „höh nische" Weise, mit welcher das wirthschaftliche Programm de« Reichskanzlers in der liberalen Presse behandelt werde. Gewiß, eine Anzahl von Blättern hat die« Programm, statt mit einer ernsthaften Kritik, mit un würdigem Spott bedacht. Die ungeheuere Mehrheit der anständigen liberalen Presse ist dem Schreiben vom 15. Dec. mit derjenigen Achtung gegenübergetreten, welche einem Vorschläge des ersten Beamten de« Reiche« unter allen Umständen gebührt. Weder dieser Achtung aber noch dem Gefühle der Dankbarkeit gegen den Fürsten Bismarck widerstreitet es, wenn die gewissenhafte Prüfung seines Programm« zu einer unumwundenen Verurtheilung desselben führt. Auch Hr. v. Treitschke, getreu seiner freihändlerischen Vergangenheit, stimmt mannhaft ein in die Verurthei lung. Er kann sie also andern nicht zum Vorwurfe machen wollen. Vielleicht niisfällt ihm der starke Ton, mit dem die Verurtheilenden sich hier und da Gehör zu verschaffen suchen. Aber man sollte billigerweise nicht vergessen, daß Fürst Bismarck selbst in einer neulichen Rede den Gebrauch der Artillerie zu Signal- schllsicn am Beginn des Kampfes gerechtfertigt hat. Man sollte billigerweise ferner nicht vergessen, daß der Kampf der die bisherige Handelspolitik vcrtheidigenden Blätter zum größten Theile geführt wird nicht unmit telbar gegen den Reichskanzler, sondern gegen eine Presse, die seit der Unterdrückung der socialdemokra» tischen Hetzliteratur an Cynismus und Perfidie in Deutschland ohnegleichen dasteht, eine Presse, der Hr. v. Treitschke leider viel zu wenig Aufmerksamkeit zu schenken scheint. Andererseits aber fragen wir: Ist, von handels politischen Fragen abgesehen, auch nur da» geringste ZrWiN ' vorhanden, dckß die" deutschen Liberalen ein schließlich der Presse, soweit sie den Fürsten Bismarck bisher unterstützt hat, ihm fortan die Treue versagen? Ist nicht vielmehr die unumwundene Erklärung der Bereitwilligkeit, mit ihm sich über eine die finanzielle Selbständigkeit des Reiches sichernde Steuerreform zu verständigen, der bündigste Beweis für die Fortdauer dieser Treue? Und solchen Thatsachen gegenüber könn ten die mehr oder weniger unpassenden Sarkasmen einer Hand voll Preßorgane, die allezeit ihren Witz an der mächtigen Erscheinung des Fürsten Bismarck erprobt haben, einen Zweifel an der Dankbarkeit de« deutschen Volkes gegen seinen großen Staatsmann recht fertigen? DaS kann doch kaum ernstlich gemeint sein! Aber in der heutigen Situation sind derartige über triebene Selbstanschuldigungen keineswegs ohne Be denken. Die Norddeutsche Allgemeine Zeitung hat vor we nigen Tagen ans einer hingeworfenen Bemerkung der Danziger Zeitung mit unerhörter Frivolität einen voll ständigen Verschwörungsplan der liberalen FractivnS- führer gegen dön Reichskanzler, einen Plan, in welchem sogar die Minister- und Rathsstellen bereits vertheilt sein sollten, zurechtconstruirt. Beschuldigungen von so plumper Tendenz würdigt man natürlich keiner Wi derlegung. Aber aufs höchste zu beklagen ist es, wenn eine im ganzen Lande mit Recht verehrte Stimme aus gemäßigt liberalem Lager im Unmuth über den Gang der Dinge unrichtige Vorstellungen hervorruft, auf Grund deren dann selbst jene wenn auch noch so ver logenen Anschwärzungen hier und da Eingang finden. Dringende Pflicht der ehrlich nationalgesinnten libe ralen Presse dünkt eS uns, jeden Schatten deS Ver dachtes zurückzuweisen, al« ob wir in dem beklagens - werthen Jnteressenkampfe, den wir führen werden ein jeder nach seiner Einsicht und Ueberzeugung, jemals vergessen könnten, , was Fürst Bismarck für die deutsche Nation gethan. Wie immer dieser Kampf enden werde, der Name des Einiger« unserS Volkes wird uns alle zeit in dankbarem Gedächtniß leben; und mehr: wir werden niemals die Hoffnung aufgeben, auch in Zu kunft noch an der Seite des Fürsten Bismarck für die Befestigung und die Weiterentwickelung unser« na tionalen StaatSwesenS zu wirken. Deutschland und Dänemark. Die Neue Freie Presse schreibt: „Bon den vielen «Fragen», die Europa in den letzten 15 Jahren beunruhigten, ist nun eine endgültig todt und begraben. Die »ordschleSwigsche Frage, über