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L78 Wiederholung gestattende Einzahlung eine- bestimmten Betrage« (von 5 M.) den Anspruch auf ein mit einem bestimmten Zeitpunkt (z. B- mit dem 55. oder 60. Le bensjahre) fällig werdende« Kapital oder eine von einem bestimmten Zeitpunkt an laufende leben-läng liche Rente (bi« zu höchstens 1000 M.) zu erwerben; 2) mit der Maßgabe, daß Renten, sowol unter Vorbehalt der etwaigen Rückgewähr der Einlagen al- auch unter Verzicht darauf, versichert werden können; 3) daß, wenn vor dem festgesetzten Zeitpunkt In validität eintritt, die Rente sofort beginnen kann, Naturgemäß unter Verringerung nach Verhältniß der fehlenden Jahre. Eine solche Einrichtung gestattet dem Arbeiter, in Zeiten guten Verdienstes mehrfache Einzahlungen zu machen, in schlechten Zeiten aber solche einzustellen, ohne daß er Gefahr läuft, von den bereit- erworbenen Ansprüchen etwas zu verlieren. 4) Diese Einrichtung läßt sich weiter damit ver binden, daß die unter Vorbehalt der Rückgewähr ge machten Einlagen nach vorheriger halbjähriger Kündi gung zu einem beliebigen Zeitpunkt und unter Zu schlag eines bestimmten Zinssatzes (2 Proc.) zurück gezogen werden können, um sie im Hinblick auf veränderte persönliche pder Familienverhältnifse zu einem andern Zweck zu verwenden; 5) daß auf dergleichen Einlagen Vorschüsse in Höhe von 90 Proc. auf längstens 12 Monate, zu L Proc. verzinslich, aus der Kaste entnommen wer den können. Zur Beschaffung des für eine solche Kaffe erfor derlichen Garantiekapitals ist der Ertrag der Wilhelms- Spende ausreichend und mit den Zinsen desselben kön nen die Verwaltungskosten wenigstens auf eine längere Zeit hinaus gedeckt werden. Die Begründung einer solchen Anstalt, welche dem Arbeiter die Möglichkeit gewährt, sich für sein Alter oder für den etwa früher eintretenden Zustand der Invalidität eine Versorgung oder doch erhebliche Hülfe zu sichern, darf gewiß als die Befriedigung eines vor handenen nationalen Bedürfnisses und somit als eine würdige Verwendung einer nationalen Stiftung wie die Wilhelms-Spende gelten. Vom Deutschen Reichstage. cg Serbin, 26. März. Dem Reichstage ist vom Reichskanzler ein Schreiben vom 25. März zugegangen, in welchem die UebprseA der beide». Enquetecommissionen über die Lage der Eisenindustrie (mit Rücksicht auf die durch Aufhebung der Eisenzölle veränderte Sachlage) sowie der Baumwollindustrie (mit Rücksicht auf die durch den Hinzutritt der Reichslande zum Zollgebiet veränderte Sachlage) angezcigt wird. Da- HauS setzt die zweite Berathung deS Etats der Justizverwaltung fort. Die am Montag noch nicht erledigten Positionen für persönliche Ausgaben des höchsten Reichsgerichts 107170 M. sowie die sachlichen Ausgaben 54584 M. werden ohne Debatte genehmigt. Bei dem Extraordinarium Tit. 1: Für die innere "Einrichtung des Treppenhauses und der Repräsenta tionsräume der Dienstwohnung des StaatSsecretärS im Reichs-Justizamt 60000 M., hat die Budgetcom mission 40000 M. gestrichen. motivirt erscheint, hat schon keinen Anspruch auf unser volles Interesse mehr. Uebrigens ist eigentlich Oliver Lasar der Held dieses Schauspiels. Denn in ihm gehen doch bei wei tem mehr Seelenbewegungen vor sich, wie er auch durch seine vom Dichter trefflich gezeichnete Persönlich keit unser wärmstes Interesse in Anspruch nimmt. Die übrigen Personen treten gegenüber diesen beiden Haupt figuren bei weitem zurück, doch sind auch die erster» mit wenigen, aber markanten und charakteristischen Zügen, wie z. B. Arnsdorf, Frau Delberg und Maler Alberti, als lebensfähige, wahrscheinliche moderne Ge stalten hingestellt. Die andern, wie z. B. die beiden unglücklichen Bewerber um GabrielenS Hand, Rosrck und Weiden, zeigen nirgends einen über die Schablone hinausgehenden individuellen Zug. Wie wir schon früher bei den „Adoptirten" her vorgehoben haben, handhabt Bürger den modernen ge bildeten GesprächSton durchaus gewandt und natür lich, wenn er auch ein UeberMaß von conversationellem Geist freilich nirgends verräth. Seine Sprache hat etwa« geschäftsmäßig Präciscs; übrigen« würde hier salop-geistreiche« Plaudern schon durch den Ernst und den gedrungenen Gang der Handlung sich verbieten. Suchen wir die obigen Ausführungen zu einem Schlußresultat über die Novität zusammenzufassen, so glauben wir, daß „Gabriele", ein in seinem Stoff wie in seinen Motiven wesentlich modernes GesellschaftS- bild, einzelne Momente von interessanter psychologischer Entwickelung, die auch der Wirkung nicht entbehren, aufzrigt, als Ganze- aber kaum die Garantie für eine Lauernde Einbürgerung auf dem Repertoire darbietet. Die Abg. Staudy und v. Colmar beantragen statt 20000'M. 30800-M. zu -bewilligen. Der Antrag Staudy wird genehmigt, ebenso die übrigen Titel dc« Extraordinarium«. , Ueber das Extraordinarium de« Auswärtigen Amt« referirt Abg. Frhr. v. Maltzahn-Gültz. Tit. 1: Fünfte Rate für die Ausgrabungen in Olympia 150000 M., Tit. 2: Vierte Rate zum Bau de« Botschaftshotel- in Wien 100000 M., und Tit. 3: Zur inner» Einrichtung der RepräsentatiouSräume de- Hotels in 120000 M., werden ohne Debatte be willigt. * Tit. 4: Zum Ankauf und Ausbau der Casa Zuc cari in Rom als „Künstlerheim" 325000 M., bean tragt die Budgetcommission zu streichen. Abg. v. Miller (Erzgießer in München) bittet die sem Anträge nicht Folge zu geben: Er sei schmerzlich berührt davon, daß die Hoffnung der deutschen Künstler auf ein eigene« Heim in der Ewigen Stadt vielleicht auf Jahre hinaus vereitelt werden könne. Die Hauptsache für den Künstler sei die lebendige An schauung; in bewußter, verständiger Anschauung liege der Ker» seme« ganzen Studium«. Darum pilgern die Künst ler in da» Gelobte Land der Kunst, nach Italien, wo Kunst schätze aufgehäuft seien wie nirgend» sonst in der Welt. Der Verkehr der Künstler untereinander, der Austausch der Meinungen über das Gesehene, mache diese Anschauung erst fruchtbar, und besonder» wünschenSwerth sei ein nationale» Heim auch darum, weil die englischen und französischen Künstler ein solches längst besitzen. StaatSsecretär v. Bülow bittet ebenfalls, den Com missionsantrag abzulehnen: Es handle sich darum, den deutschen Künstlern in Rom eine Heimat zu schaffen; wenn die geforderte Summe be willigt werde, so würde das der deutschen Kunst zum Segen gereichen, die Künstler werden dankbar sein, die deutsche Kunst noch mehr. - Abg. Or. Reichensperger-Crefeld tritt für den Com missionsantrag ein: Er habe gewiß ein warmes Herz für die Kunst und die Künstler, indeß wenn man die 325000 M. erst bewil ligt habe, dann sei nicht abzusehcn, wie viel noch nachher gefordert werden würde. Im übrigen sei es sehr zu be klagen, wenn die deutschen Künstler immer mehr veranlaßt werden, ihre Ausbildung in Welschland, statt in Deutsch land zu suchen, das würde kein Gewinn für die deutsche Kunst sein, sondern zu einer Schädigung derselben führen. Abg. Frhr. Schenk v. Stauffenberg: Wenn e« sich um deutsche Interessen, um die Vertretung und Förderung deutscher Kunst im Auslande handelt, so ist e« lediglich Sache des Reiches und auch das Reich allein dazu im Stande, diese Interessen zu vertreten. Es handelt sich aber nicht darum, eine Schule, eine Akademie für an gehende Künstler zu errichten, sondern um die Fortbildung ..vorpKÜNsilern, weM auf diesen Namen bereit» Anspruch zu machen' Haven. Di« in^Her LLsa HrsiNdUchew^FrMen, welche von allen Seiten al» werthvoll anerkannt sind, wollen auch alle Gegner dieser Position gern erhalten wissen; das ist aber unmöglich, wenn man nicht die ganze Casa Zuccari erwirbt, da der Eigenthümer sich nicht von ihnen trennen würde, zumal sie dein Gebäude den Haupt- Werth verleihen. Redner bittet schließlich um Ablehnung de« Lommissionsantrages. Hierauf wird der CommissionSantrag angenommen, also der Ankauf der Casa Zuccari abgelehnt. Abg. v. Benda berichtet darauf namens der Bud getcommission über den Etat der Reichsschuld. Das Ordinarium Kap. 72 (Verwaltung 42500 M ) wird unverändert bewilligt. Bei Kap. 73 (Verzinsung) hat die Commission den Zinsbetrag für die 4proc. Reichs schuld von 6 Mill. M. auf 5 V, Mill, und den Zins betrag für die Schatzanweisungen auf 1879/80 von 600000 M. auf 500000 M. reducirt. Von neuem hat Hugo Bürger feine Begabung für die Bühnenschriftstellerei vollständig documentirt; aber daß seine Producte auch eine Bereicherung unserer werthvollern dramatischen Literatur seien, dazu fehlt ihnen zunächst noch bei einer gewissen Vertiefung seiner Probleme das Poetische in der Ausführung. Vorläufig erscheinen sie uns nur noch als Resultat eines wenn auch ungewöhnlichen und feinen Sinnes für das Büh nenwirksame und das theatralisch Angemessene. Die Titelrolle spielte Frl. Wessely mit verständ- nißvollem Eingehen auf den Geist ihrer Aufgabe. Der psychologisch bedenkliche Moment zum Schluß des zwei ten Actes, wie wir oben gesehen der schwächste Punkt des Stückes, konnte auch in der Darstellung nicht ver wischt werden. Einzelne« hätten wir gern seelischer vertieft und schärfer herausgearbeitct gesehen. Hierher gehört z. B. jene Scene des ersten ActeS, wo Gabriele Lasar das Geständniß der liefern Empfindung, die sie für ihn in sich getragen, offenbart. Hier durfte sie sich mit viel mehr Wärme und Innigkeit geben, als eS geschehen. Wir bemerkten eine durch die Situation gar nicht ge botene Rcservirtheit. Gut gelang ihr der Ausdruck deS kalten Stolze-, deS bittern Hohnes, den sie in wechselnder Stimmung ihrem Manne gegenüber zu beobachten hat; nicht minder aber auch waren dann die folgenden warmen Töne der versöhnenden Liebe von sympathischer Wirkung. Eine in künstlerischer Hinsicht höchst bemerkenS- werthe Leistung war die Darstellung de- Oliver Lasar durch Hrn. Senger. Der selbstbewußte und männliche Grundton de« Charakters wird im Laufe de« Dra mas durch die verschiedensten Stimmungen durchbrochen, Direktor im Reich-kanzleramte vr. Michäeli-1 Wa« die von der Budgeteommisston angenommene Zin senredaction angeht, so habe dieselbe ihr große» Bedenke«, nameatlich angesichts de« nahen Beginn« der Banperiade, wo die Ausgaben sich häufen. Die Regierung erkläre sich gegen den Antrag der Budgetcommission, der nur ungenü gende Mittel zur Verfügung stelle. Das Haus nimmt gleichwol den Commissionsan trag an. Ebenso wird das Extraordinarium deS Rechnungs hof«- (für Revision der KriegSkostenrechnungen von 1870/71 10000 M.) und de« MünzwcsenS (Aus gaben und Verluste bei Durchführung der Münzreform 22,700000 M.) bewilligt. Bei deni letzter» Etat erklärte Director vr. Mi chaelis und Generalpostmeister Or. Stephan auf eine Anfrage des Abg Grafen Ballestrem, daß die Mühwal- tung der Einziehung der alten Münzen für die Post beamten gegen die Vorjahre bedeutend geringer gewor den sei und daß infolge dessen besondere Remunera tionen nicht mehr gezahlt würden. Die Postverwaltung wird aber nach Abschluß der ganzen Münzeneinziehung wieder Remunerationen beantragen, im einzelnen lohnt sich da- jetzt noch nicht. ES folgen die der Budgetcommission überwiesenen Theile des OrdinariumS des Militäretats. Die Com mission hat am Etat der Brot- und Fourrageverwal- tung Abstriche gemacht und zwar für Preußen 1,824582 M., für Sachsen und Würtemberg je 50000 M. Die Gesammtaufwendung für die Naturalverpflegung des Reichsheeres beläuft sich auf 71,725488 M. Auf den Vortrag deS Referenten, Abg. v. Schmid- Würtemberg, tritt da« Haus den Anträgen seiner Commission bei. Gleichfalls werden die Kap. 26 (Bekleidung und Ausrüstung der Truppen), 27 (Gar- nisonverwaltnngs- und Serviswesen), 29, Tit. 16 (Militärmedicinalwesen), 37, Tit. 18—20 (Artilleric- und Waffenwesen) und 38 (technische Institute der Artillerie) ohne Debatte bewilligt und im Anschluß an letztere Position folgende Resolution genehmigt: Die Militärverwaltung aufzufordern, im Etat des näch sten Jahres in Betreff der sachlichen Ausgaben für Artil lerie- und Waffenwesen und der Betriebsausgaben der tech» Nischen Institute ein« derartige Ausstellung herbeiznführeu, daß die wirklichen Ausgaben, für Beschaffung von Waffen und Munition in den Jahresrechnungen zur Erscheinung gelangen und die Abführung von Ersparnissen an Deposi- tialbeständen irgendwelcher Art ausgeschlossen bleibt. Die Einnahmen der Militärverwaltung in Summa von 4,498166 M. werden genehmigt nach Abzug von 38500 M., welche als Erlös für das alte Dienst- wohngebäude der Fortifieation in Torgau von feiten der Regierung in den Etat eingestellt wäre», des gleichen die Einnahmen deS königlich sächsischen Mr- litärcontingents im Betrage von 204818 und de« würtembergischen ContingentS von 245440 M., ebenso Kap. 9a: Einnahmen der FestungSbauverwaltuug an Grundstückseilösen, 688223 M. Die einmaligen Ausgaben infolge des Krieges gegen Frankreich, Kap. 14: Landarmee 3,584369 M„ Kap. 15: Vergütungen für Kriegsleistuugen 2000 M„ Kap. 16: Eisenbahnverwaltung in Elsaß-Lothringen bis Ende 1871 mit 24706, Kap. 17: Ersatz von Kriegsschäden 16739 M., Kap. 18: Außerordentlicher Bedarf der Reichs-Eisenbahnen 111575 M., Kap. 19: Retablissement der Landarmce 1,519483 M., werden unbeanstct genehmigt. Der Etat des Deutschen Reichstages schließt ab die in feiner und verständnißvollster Durcharbeitung zum Ausdruck gelangten. DaS Bewußtsein, von der ihn erdrückenden Last ungerechter Verleumdung sich nicht befreien zu können, gibt sich in den schmerzlichsten Tönen kund, und hier erzielte der Darsteller eine oft wirklich ergreifende Wirkung. Die im einzelnen durch dachte Durchführung dieser nicht leichten Aufgabe do cumentirt die ungemeinen Fortschritte, die Hr. Senger seit seiner Angehörigkeit an der hiesigen Bühne" in sei ner künstlerischen Entwickelung gemacht hat. Ta« Publikum anerkannte die Leistung durch wiederholten Beifall. Von den übrigen Personen nennen wir Hrn. Löwe als Arnsdorf und Frl. Forrest als Frau Delberg. Die letztgenannte junge Darstellerin, obwol wir die merklichen Spuren ihrer Entwickelung seit ihrem kurzen Aufenthalte hier nicht verkennen wollen, zeigte sich doch der schwierigen Partie nicht ganz gewachsen. Frau Del berg ist die Seele dieser raffinirten Jntrigue, sie muß durch eine gewisse unheimliche geistige Bedeutsamkeit über ihre ganze Umgebung hinausragen. Ihre Koketterie durfte auch faScinirender, siegesgewisser sein, als Frl. Forrest sie zu zeichnen vermochte. Wir denken uns den Er folg des Schauspiels viel größer, wenn dieser weibliche Charakter in den Händen einer bedeutender» Dar stellerin gewesen wäre. Hr. Stöckel (Alberti) war eine frische, burschikose Erscheinung. Frl. Hartmann durfte allenfalls al« Martha genügen, während die Herren Conrad und Prechtler (Roseck und Melden) sich mit ihren wenig glücklichen Bewerbern um die Hand Gabriele'« noch leidlich abfanden. Der Badearzt vr. Jung (Hr. Broda),