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Deutsche Allgemeine Zeitung 8-hrhtU ut «echt, Freiheit „tz «esetzl. Mittwsch, 19. Mrz 187». I»ser«1e ßu» « vt« t» M st»»«» 2>srtt»„,r»itze w» »st «»«»«uU»« W PU» «u« »« Pß. Ar. es. : Lippis stachst»« -utcr S»»««»,» «»««». Preis ^n-lUt-lich 7«. »o«. »»e st»»« Telegraphische Depeschen. * Perlin, 17. März. Die Besserung im Befinden des Kaiser- ist in den letzten Tagen erfreulich fort geschritten; um dies aber noch mehr zu fördern, soll quf Anratheu der Aerzte jede Veranlassung zu größern körperlichen Anstrengungen in der nächsten Zeit noch vermieden werden. AuS dieser Rücksicht wird zur Feier de- Geburtstages des Kaisers eine größere Abend festlichkeit wie sonst im königlichen Schlosse diesmal nicht stattfinden. * Stettin, 17. März. Gestern Abend sind die ersten Dampfer von Swinemünde hier eingetroffen. Die Titania ist von hier nach Kopenhagen abgegangen. *tviea, 17. März. Die Wiener Abendpost mel det, die Kaiserin habe infolge der Katastrophe in Szegedin die sofortige Rückkehr beschlossen, werde nach Vollendung der Reisevorbereitungen Arland verlassen und am 26. März hier eintreffen. * Wren, 17. März. Der Kaiser ist 8'/« Uhr abends mit Gefolge, worunter Tisza und Wenckheim, nach Szegedin abgereist. Nach szegediner Berichten der Neuen Freien Presse sind von 10000 Baulich- keitcn SzegedinS bisher 8200, darunter ungefähr 4800 Wohnhäuser, eingestürzt; soweit bekannt sind 1900 Menschen umgekommen. (Wiederholt.) * Szegedin, 17. März. Der Kaiser ist heute Vormittag hier eingetroffen und von der hier zurück gebliebenen Bevölkerung begeistert empfangen worden. Derselbe begab sich sofort zu Schiff, um die Trümmer der Stadt zu besichtigen. Bisjetzt sind 23000 Per- fouen von hier weiter befördert worden. An Lebens- Mitteln herrscht kein Mangel. *Sudaprst, 17. März. Die Rettungsmaß regeln werden energisch fortgesetzt; die Theiß ist um L0 Centimeter gesunken, auch der Wafferstand in den Nebenflüssen ist sinkend. Di« beschädigten Dämme bei Csongrad sind hergestellt; die Erhaltung der Dämme tn HstytzS, woran 1500 Mann unausgesetzt arbeiten, (Wiederholt.) erschreckend gewachsen: Der Wafferstand beträgt heute nahezu 7 Meter über dem normalen. Die Bewohner vieler längs deS Strome- liegenden Orte flüchten. Dit Ebene Jelasovo Polje mit allen auf derselben liegenden Dörfern ist überschwemmt. Es herrscht da selbst großes Elend. BoSnisch-Brod ist in Gefahr * vom, 17. März. Der Popolo romano meldet, der Ministerrath habe die Vorlage über die Wahl reform genehmigt. Der Entwurf, welcher demnächst in die Deputirtenkammer eingebracht wird, besteht aus LOS Artikeln und ist im allgemeinen put dem von Zanardelli formulirteu übereinstimmend. Das für die Wählbarkeit vorgeschriebene Alter ist auf 21 Jahre festgesetzt und die erforderliche Schulbildung auf die höher« Stufen des ElemeotarunterricktS reducirt. Bei den Wahlen wird das Listensystem zur Anwendung ge langen.— Demselben Blatte zufolge hat der Mini- sterrath in der Frage de- bereit- in der Convention vom Jahre 1873 vereinbarten Rückkaufs der römi schen Bahnen beschlossen, den der Regierung von dem VerwaltungSrathe der gedachten Bahnen vorge legten Entwurf als principielle Basis anzunehmen. — Das turiner Wahlcollegium hat Thomas Lamar mora zum Deputirten gewählt. * Petersburg, 17. März. Der diesseitige Bot- schafter in London, Graf Schuwalow, wurde ge stern vom Kaiser und von dem Reichskanzler Fürsten Gortschakow empfangen. * Aiga, 17. März. Infolge der Kälte der letzten Tage ist die Passage bei DomrSnäß wieder vollständig gesperrt; der Hafen von Libau ist dagegen unver ändert offen. * Lonflantiuopel, 17. März. AuS Philippopel wird gemeldet, daß der Finanzdirector Schmidt in Be gleitung deS französischen Commissars Coutouly vor gestern von dort abgereist ist, um den Bezirk Silva zu inspiciren. Der General Stolipine hatte sich schon früher dorthin begeben, um Unruhen zu verhüten. * Konstantinopel, 17. März. Die Pforte hat an Mukhtar-Pascha nach Prevesa ausführliche Instruc tionen gesandt. — - Nach weitern Meldungen »ns Philippopel sind der General Stolpin, der fran zösische Commiffar Coutouly Und der Finanzdirector Schmidt in Jamboli eingetroffen. General Stolipin hielt eine Revue über die Milizen und die Freiwil- ligen ab, welche auf den Kaiser Alexander, den Ge neral Stolipin, auf Bulgarien und Fraykreich Hoch rufe ausbrachten. Die Stadt war Abends festlich er- lenchtet. * Wien, 17. März. Der Politischen Correspondenz wird aus Athen vom 16. März gemeldet, die grie- chische Regierung hake ihre Commiffare in Prevesa angewiesen, di« neuesten Instructionen für die türki schen Commiffare abzuwarten. Fall- diese Instruc tionen mit dem Berliner Vertrage nicht übereinstimm- trn, sollte« die Commiffare daS Protokoll unterzeichnen »ub abreisM- D«Älkd»ist« des Auswärtigen, De- lyanni-, htbe sich bereits jetzt wegen Vermittelung an die Mächte gewendet, gleichzeitig die Weigerung der Türkei constatirend. "Neupork, 17. März. Der New-York Herald meldet aus Taschkent» von gesttrn, der in Samarkand wohnende und ein« russische Pension beziehende afgha nische Thronprätendent Abdur-Rhaman sei in Taschkend eingetroffen, um mit dem General Kaufmann zu conferixen. Bsm Deutschen Reichstage. C) Berlin, 17. März. Der erste Gegenstand der Tagesordnung ist die Berathung der Darstellung der Anordnungen, welche von der königlich preußischen StaatSregierung mit Genehmigung des BundeSrathes zufolge der Bestimmung in ff. 28, Absatz S, de-Ge setze- gegen die gemeingefäbrlichen Bestrebungen der Socialdemokratie vom 21. Oct. 1878 getroffen wor den sind — in Verbindung damit der mündliche Bericht der Commission für Petitionen über Petitionen be treffend die Wiederaufhebung des auf Grund des ff. 28 des Gesetze- vom 21. Oct. 1878 über Berlin uni» Umgegend verfügten Belagerungszustände-. Auf eine Anfrage des Abg. Or. Hänel constatirt der Präsident, daß, wenn auch der Reichstag mit Zu stimmung deS BundeSrathes die Vorlage in einmaliger Berathung erledigen sollte, dennoch in jedem Stadium der Debatte der Antrag möglich und zulässig sein werde, die Vorlage an eine Commission zur Bericht erstattung zu überweisen. Abg. Melbeck: Namen« der Petitionscommissiön habe ich Ihnen Be richt zu erstatten über eine Reihe Petitionen, die im engsten Zusammenhänge stehe» mit dem in der vorgelegten Denk schrift behandelten Gegenstände. Es sind das die Petitionen de« Verstcherungsinspectors Karl Schramm, gegenwärtig zu Hottingen-Zürich, des Schankwirths Julius Hahn, de« Maurerpolier« Wilhelm Körner, desselben und 14 Genossen, de« Schuhmacher« Karl Wölky — au« Berlin, gegenwärtig zu Hamburg —, de« Restaurateurs Karl Graßnick au» Weißens« und der Ehefrau Ve« Restaurateur« Karl Graß nick, Amalie geborene Kulmick, zu Weißensee. Die PeteuteUs- sämmtlich au« Berlin ausgewiesen, bemühen sich, ihre Nicht gefährlichkeit für die öffentliche Ordnung darzuthun. G» führt unter ryderm der Restaurateur Graßnick an, daß rv wol den Socialdemokrateu sein Local zu Verhandlungen hergegeben, die« aber stet« polizeilich qngemeldet, also durch aus correct gehandelt habe. Der Petent Iuliu« Hab», Gatte der Frau „Präsidentin" Hahn, constatirt, daß er nach Emanation de« SocialistengesetzcS sich streng an Hessen Vor schriften gehalten habe ic. Alle Petitionen haben den In halt gemeinsam, daß sie um eine generelle Aushebung des Belagerungszustandes sowie um Zurücknahme der ihnen zu gegangenen AnsweisungSvrdre« insbesondere bitten. Der Versicherungsagent Schramm erhebt außerdem noch Ent schädigungsansprüche und hat mich at« Referenten schriftlich ersucht, ihm anzugeben, welche Schritte er zur Aufhebung seiner Ausweisung thun könne. Ich habe ihn Kieserhalh nur an das Polizeipräsidium verweisen können. Ihre Eom- mission stellt den Antrag, die Petitionen, insoweit sie sich aus die Wiederaufhebung de» ans Grund des Z. 28 de» Gesetze« vom" 21. Oct. 1878 verfügte» Belagerungszustandes beziehen, durch die Plenarberathung über den Rechenschaft«- bericht für erledigt zu erklären, insoweit sie aber, unab hängig hiervon, sich auf die Wiederaufhebung der verfügte« Ausweisung der Petenten beziehe», wegen nicht innegehal« tenen Jnstanzrlizuges über dieselben zur Tagesordnung über- zugeheu. In Bezug auf diesen letzten Theil de- Antrages her Kommission bemerke ich, daß derselbe dem parlamenta rische» Usu« entspricht; den ersten Antrag stellt die Tom- mifsion, weil sie der Entscheidung des Plenums nicht glaubte vorgreisrn zu sollen. ' Abg. Liebknecht: Ich hätte doch erwartet, daß uns zunächst vom Regie- rungStisch au« eine Begründung der über Berlin verhängtet» außerordentlichen Maßregel zutheil geworden wäre, da ich in dem uns zugegängenen Bericht diese Begründung voll- ständig vermisse. Z. 28 des Gesetzes vom 21. Oct. 1878 bestimmt, daß unter Zustimmung de« BundeSrathes für ge wisse Eventualitäten die Verhängung de« sogenannten kleinen Leipziger Stadttheatrr. S-sek. Leipzig, 17. März. Die durch den Abgang ««M jüngerer weiblicher Mitglieder des darstellenden § Personal- drohenden Lücken sollen durch neue Rekru-! sirungen auSgefüllts werden, und zwar ist es dies-' mal da» Fach der jugendlich muntern Liebhaberinnen, um daS ei» Wettlauf eröffnet wurde, in dem al» erste Concurrentiu Frl. HrabowSkä vom königlichen Schau- spielhause in Berlin gestern im Alten Theater auftrqt. Die Eva in Lindau'S „Erfolg" erfordert bei aller jugendlichen Unbefangenheit die Fähigkeit für den Aus druck de« liefern und eigenartiger» Empfinden». Fritz Marlow hqt diesmal ganz recht: Eva ist wirklich «,em ganz eigenthümliches Mädchen", jedenfalls von den mancherlei Backfischgestalteu Lindau'« die interessan teste und anziehendste. Wir haben diese Rolle einmal untex der Haase'schen Direction von Frl. Zipfer mit der ganzen naive» Grazie, über die diese Künstlerin verfügt, darstellen sehen. Seitdem ist uu» an all de« später« Evas der Geschmack vergangen. Auch Frl. Hrabow-ka konnte uns in keiner Weise befriedigen. ES ist allerdings hart, aber eS muß gesagt werden: der jungen Dame fehlt jede Eleganz und Anmuth der Bewegung und der Haltung, das erste Requisit für da» »veibliche jugendliche Salonfach. Ihre Auffassung der Partie war eine ganz äußerliche, die interessantesten Momente derselben (wie z. B. die Scene mit Fabro im dritten Act) gingen ganz spurlos vorüber. Die Dar stellerin schien den Sinn der Scene, di« doch ein feine res und diScretereS Spiel erfordert, gar nicht verstan den zu Habe». DaS hastige, unmotivirte Bewegen von Kopf und Armen ist häßlich und wird schließlich für den Zuschauer ermüdend. Die einzige Scene, die ihr einigermaßen gelang, war die im Foyer. ES fehlte der Gästin zwar nicht an Beifall; doch können wir diesen bei einem so gutgelaunten Publikum, wie eS Sonntags im Alten Theater sich zu versammeln pflegt, nicht als Ausdruck der öffentlichen Meinung in Kunstsachen au- fehen. ES wäre immerhin wünschenSwerth, daß Gäste möglichst im Neuen Theater zuerst aufträten. Fritz Marlyw, der joviale und geistreiche Jour nalist, gebührt unzweifelhaft dem Vertreter der soge nannten BouvivantS, Hrn. Senger. Statt deS letz ter» spielte ihn Hr. Johanne«, ein Künstler, den wir sonst in jeder Beziehung schätzen, dessen Alter jedoch und schwere und gediegene Tonart ihn vor derartigen ein flottere» Temperament erforderlichen Figuren schützen sollten. Doch gelang dem intelligenten Darsteller, ge wiß nach schwerer Selbstüberwindung, manche humo ristische Scene recht gut, z. B. (im ersten Act) die Probe jene» Experiment«, mit dem er die Mädchen herzen zu gewiuurn pflegt. Von den übrigen Mitwirkend«» dürfte noch die Herunne Drossen der Fra« Schubert hervorzuheben sein. Die „alte Schraube", die wir allerdings älter und blanstrumpfiger gewünscht hätten, ward ohne jede (hier nahe liegende) Outrirung gespielt. Eine treffliche, wenn auch nur episodische Figur war der Or. Claus deS Hrn. Stöckel, in Maske und Haltung ein einge bildeter Narr vom Scheitel bi» zur Sohle. Auch Frau Western (als Frau v. Harper) verdient Erwäh nung. Ihre Josephine hatte in der Scene mit Har- der (im fünften Acte) einige recht interessante Mo ¬ mente. Baron Fabro fand in Hrn. Conrad einen guten Repräsentanten, wen» derselbe auch zuweilen in der saloppen Vornehmheit diese» adeligen Jndustrie- ritters etwas zu weit ging. In Bezug auf die Aus stattung wollen wir noch bemerken, daß die Foyersrepe eine größere Mannichfaltigkeit von Promemrenden uup Conversirenden erfordert. Musikalisches auS Leipzig. ** Leipzig, 17. März. In einer verhältnißmäßig kurzen Reihe von Jahren find bereit« hier sämmtliche größere Requiem» von Mozart, Cherubini, Schumann Kiel, Lachner, Brahm» und Verdi zu wiederholten malen zur Aufführung gekommen, und es ist dem Publikum dadurch Gelegenheit gegeben worden, sich ein Urtheil über die eigenthümlichen AuffaffungSrpeiftn der genannten Componisten zu bilden, sodaß man mit Fug und Recht sagen kann: „Mein Leipzig lob' ich mir, e» bildet seine Leute." Vorige Mittwoch gelangte nun durch den Riedel'- schen Verein Luigi Cherubini'» Requiem in 0-mnIl für gemischten Chor und Orchester in der hiesigen ThomaStirche zu Gehör, welche» vor nicht langer Zeit, und zwar im vorigen Jahre im 16. Gewandhaus- concert am 10. Febr., hier aufgcführt wurde. Dasselbe ist ein» der stimmungSrcichsten, edelsten Werke der ükumva suera und kann seinen tiefe» nachhaltigen Eindruck nicht verfehlen, sobald e» in so exacter, ab gerundeter und geistiger Weise vorgesührt wird wie in dem fraglichen Concert des Riedel'schen Verein». Vor und nach Cherubini'« Requiem nannte da»-;