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2303 ^gangen waren und ohne directe Antwort blieben, konnte man annehuien, daß die ganze Angelegenheit vorläufig auf sich beruhen würde. Die Anfragen sind indessen erneuert worden und e» soll jetzt namentlich pon Hamburg au- eine Rückäußcrung erfolgt sein, welche annehmen läßt, daß der Sache nunmehr näher getreten wird." Dagegen schreibt man der Weser-Zeitung aus Berlin vom 7- Dec.: „Die Mittheilungen, daß die Fragt de» Anschlusses von Hamburg und Bremen an da« Zollgebiet wieder in den Vordergrund treten solle, bedürfen sehr der Bestätigung. Die erste Anregung der Frage seitens des Reichskanzler» ist bekanntlich im Frühjahr, nach der Beschlußfassung deS Bundesrache» über den neuen Zolltarif, erfolgt, und damals von Hamburg wie von Bremen ablehnend beantwortet worden, aber mit dem Anerbieten zu commifsarischen Verhandlungen, welche dem Vertreter der beiden Hanse- städte Gelegenheit geben würden, den Beweis zu füh ren, daß die Interessen derselben zur Zeit den Eintritt in da» Zollgebiet unthunlich machten. Bis vor ganz kurzer Zeit war diese Erklärung seitens deS Reichs kanzlers nicht berücksichtigt worden. Wenn das seit dem geschehen ist, so kann zunächst höchsten» die Ein- leitung der seitens der Senate von Hamburg und Bremen angebotenen kommissarischen Verhandlungen in Frage kommen." — Auf Grund deö ReichSgesetzeS vom 21. Oct» 1878 ist da» Verbot der vom communistischen Arbeiterbil dungsverein in London herausgegebenen periodischen Druckschrift „Freiheit" auch auf diejenigen Nummern diese» Blatte» erstreckt worden, welche unter der Auf schrift „Die Geißel" zur Ausgabe gelangen. Das von der königlich sächsischen Kreishauptmannschaft zu Zwickau unterm 6. Sept. d. 3. ausgesprochene Verbot der Beilage zum Chemnitzer Tageblatt und Anzeiger, Nr. 214, Freitag, 5. Sept. 1879, ist durch Entschei dung der Reichscommission vom 28. Nov. aufgehoben worden. ' Preußen. X Vertin, 8. Dec. Heute Mittag 2 Uhr trat das Sta atSministerium zu einer Sitzung zusammen. Das Publikum erwartet mit großer Span nung die morgige Plenarverhandlung des Abgeordneten hauses über den Ankauf der Privateisenbahnen. Man sagt, daß das Centrum dagegen stimmen werde. — Nach der «Tribüne» soll die preußische Regierung bemüht sein,.die Noürung derjenigen Cpnfol»« welche sic für die an den Staat übergehenden Privateisen bahnen an die Actionäre derselben geben will, in Paris und London an der Börse zu betreiben. In den maß gebenden Kreisen ist von einer solchen Absicht der Re gierung nichts bekannt. — In Gemäßheit der Bestim mungen der AZ. 29 und 30 de» AuSführungSgesetzes vom 10. März zu dem Gerichtskostengesetze vom 18. Juni 1878 ist die Einzahlung der Gerichtskosten auf daS Finanzministerium übergegangen. Infolge dessen müssen die Gesuche, bei denen es sich um die Niederschlagung der Transport- und Detentionskosten handelt, an den Finanzminister gerichtet werden. In den Fällen, wo eS sich um Begnadigung eines Ver- urtheilten in Betreff der ihm durch ein Strafurtheil auferlegten Kosten handelt, verbleibt eS bei den früher» Bestimmungen, da hier eine Ressortveränderung nicht eingetreten ist. ** Vertin, 8. Dec. Während man bisher der Mei nung gewesen, die vorliegenden gesetzgeberischen Arbeiten würden einen frühzeitigen Schluß der Landtagssession ermöglichen, hat sich in den letzten Tagen die parla mentarische Geschäftslage wesentlich verändert. Die soeben eingegangenen Vorlagen auS dem Mini sterium deS Innern sind von einem Umfang und einer Wichtigkeit, wie eS vorher nicht erwartet gewesen, und zudem steht mit großer Wahrscheinlichkeit noch eine uene Eisenbahnvorlage bevor. In den knappen zwei Wochen, die vor der Weihnachtsvertagung noch zur Verfügung stehen, wird außer der ersten Eisenbahn vorlage nicht viel erledigt werden können. Auch die EtätSberathung wird vor Weihnachten nicht völlig zu Ende gebracht werden können. Wie dann in den vier Wochen von Neujahr bis zur Reichstagseröffnung die große Summe der rückständigen Arbeiten erledigt werden soll, ist schwer einzusehen, wenn nicht eben vieles liegen bleibt. Und dabei kann man dem Abge- ordnetenhause wahrhaftig nicht den Vorwurf machen, mit seiner Zeit nicht aufs haushälterischste zu Rathe gegangen zu sein. Auf conservativer Seite ist eS eine beliebte Anklage gegen den Liberalismus, eine allzu große legislatorische Productivität zu entwickeln. Die erste Session der conservativen Aera stellt aber in dieser Hinsicht alle früher» Sessionen in Schatten. Wir sagen dies nicht, uni einen Vorwurf zu erheben, sondern nur um zu zeigen, daß die „Gesetzmachtrei" eine in den Verhältnissen liegende Notwendigkeit war und ist, und keineswegs ein besonderes Vergnügen der Liberalen. ' ' . s: > kl.l.,0. Vertin, 8. Dec. Die Vorlagen au» dem Ministerium des Innern- sind dem Ab» -georduetenhause jetzt zugegangen. Sie bestehen irr den Entwürfen eines Gesetzes über die Organisation der allgemeinen LaudeSverwaltnng, eine» Gesetzes über die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden und der Ber- waltungSgerichte, eine« Gesetze» zur Abänderung und Ergänzung de» Gesetze» betreffend die Verfassung der BerwaltuugSgerichte und da» BerwaltungSstreitverfahren vom 3. Juli 1875 und Einführung desselben in den gesammten Umfang der Monarchie, und eines Gesetzes betreffend die Abänderung und Ergänzung von Be stimmungen der KrciSordnung von, 13. Dec. 1872. Ueber den Gesetzgebungsplan, der im allgemeinen diesen Vorlagen zu Grunde liegt, entnehmen wir der amt lichen „Begründung" im Folgenden einige Gesichts punkte: Bei der Durchführung der begonnenen Berwaltungs- reform handelt es sich um die Reform der allgemeinen Landesverwaltung und der Verfassung der Gemeinden höhe rer »nb niederer Ordnung. Diese Aufgabe ist eine zu große, al« daß der Versuch Erfolg verheißen könnte, die Lösung ditseiben ungetheilt in Angriff zu nehmen. Al« die nächste und dringendste Aufgabe der Gesetzgebung erscheint der Er laß de« an mehrer» Stellen der Reformgesetzc vorbehaltenen Gesetze« betreffend die Organisation der allgemeinen Landes verwaltung, welchem sodann aber die Weiterführung der Reform auf dem Gebiete der Kreis- und Provinzialverfas sungen unmittelbar zu folgen haben wird. Die Priorität der Reform der allgemeinen Landesverwaltung ist um so mehr begründet, als die Unzuträglichkeiten und Nachtheile, welche der gegenwärtige unfertige Zustand der Organisation auf diesem Gebiete mit sich führt, sich immer mehr fühlbar machen. Der Abschluß der Organisation der allgemeinen Landesverwaltung ist ferner unerläßlich, um für die Fort entwickelung der Gesetzgebung auf den Einzelgebieten der Verwaltung (Unterrichtsgesetz, Wegeordnung re.) eine sichere Grundlage zu gewinnen und die für einen einheitlichen Staat unentbehrliche Gleichmäßigkeit seiner Verwaltungs einrichtungen der Hauptsache nach herzustcllen. Um diese« Ziel zu erreichen, ist e« nothwendig, diejenigen organisato rischen Bestimmungen, welche für die östlichen Provinzen der Monarchie bereit« in Kraft getreten sind, vor ihrer Ausdehnung auf das übrige Staatsgebiet einer Revision zu unterziehen, um die bei ihrer Handhabung hervorgetretenen Mängel zu beseitigen. Es bedarf ferner einer systematischen Zusammenstellung dieser in den verschiedenen Resormgesetzen, insbesondere in der Provinzialordnung vom 29. Juni 1875 und in dem Zuständigkeitsgesetze vom 26. Juli 1876 zer streuten Bestimmungen. Diese Gegenstände bilden neben den Abänderungen in der Einrichtung der höher» Verwal tungsbehörden sowie einer Anzahl von Vorschriften, welche erforderlich sind, um die Organisation in dem gesammten Umfange der Monarchie in Kraft treten zu lassen, den In halt des Gesetzentwurf«, betreffend die Organisation der allgemeinen LandeSverwaltung. Es bedarf gleichzeitig eine« Gesetzes, welche», im Anschlusse an den fünften Titel de« ZustLndigkeitSgesetze» unter Revision und Ergänzung der Bestimmungen desselben, die sachliche Zuständigkeit der Ver waltungsbehörden, insbesondere der Beschlußbehörden (KreiS- sStadt-jAuSschuß, BezirkSrath, Provinzialrath) und der Ver waltungsgerichte (Kreis-sStadt-Musschuß, Bezirksverwal tungsgericht, Oberverwaltungsgericht) für den ganzen Um fang der Monarchie regelt. Außerdem sind nothwendig einige Ergänzungen, beziehungsweise Abänderungen der in dem Gesetze vom 3. Juli 1875 enthaltenen Vorschriften über die Verfassung und das Verfahren der Verwaltungs« gerichte, sowie die Ausdehnung dieses Gesetzes auf diejeni gen Provinzen, in welchen es zur Zeit noch nicht gilt. Das ist der Inhalt der beiden auf die Verwal tungsbehörden und Verwaltungsgerichte bezüglichen Vor lagen. In dem ferner eingebrachten Entwurf einer Novelle zur Kreisordnung sind neben einigen andern ergänzenden Vorschlägen diejenigen Bestimmungen des Zuständigkeitsgesetzes ausgenommen worden, welche sich lediglich auf die Angelegenheiten der Amtsverbände und der Kreise in den KreisordnungSprovinzen beziehen. Da hiernach der gesammte Inhalt des Zuständigkeits- gesetzes vom 26. Juli 1876 theilS in die vorbezeich neten Entwürfe übergegangen, theilS durch entsprechende Bestimmungen derselben ersetzt ist, wird die Aufhebung dieses Gesetzes zu erfolgen haben. Indem wir mit unserm Urtheil über diese schwierigen und umfassenden Vorlagen zurückhalten, sprechen wir vorerst nur das Bedenken auS, ob e» möglich sein wird, in einer na» mentlich durch die Eisenbahnvorlagen so stark über lasteten und schon so weit vorgeschrittenen Session ein so großes gesetzgeberisches Werk noch mit Erfolg in Angriff zu nehmen. — Der National-Zeitung wird aus dem Regierungs bezirk Oppeln geschrieben: „Die Nachricht, daß der Minister v. Puttkamer denjenigen Geistlichen, welchen seit 1873 die Ertheilung und Leitung des Religions unterrichts entzogen ist, diese Leitung wieder zurück geben will, bestätigt sich in vollem Umfange. Der Minister hat von den Regierungen schleunigen Bericht darüber erfordert, welchen Geistlichen diese entzogene Leitung des Religionsunterrichts wieder übergeben werden soll. Als Zeichen der Zeit kann eS gelten, daß die Regierung in Oppeln nicht die KreiSschulinspectoren, zu deren Ressort diese Angelegenheit gehört, sondern die Landräthe mit Abfassung des betreffenden Berichts betraut hat." — Nach einer Mittheilung der VokkS-Zeitung hat Stadtrath Holthoff in Frankfurt«. M. gegen die Wahl Miquel'S zum Oberbürgermeister genannter Stadt wegen eines Formfehlers Protest eingelegt und ist dieser Protest vom Ministerium deS Innern für gültig er klärt worden. ES werde infolge deffen eine Neuwahl stattfinden müssen. Thüringische Staaten. 1 Meiningen, 7. Dec. Nach vorhergegangenem Gottesdienste wurde heute der LandlLH feierlich eröffnet und zwar, da rin Land- tagShau» noch nicht wieder errichtet ist, im Schwur- gerichtSsaale des LandgerichtSgebäudeS. Die A bgeordneten sahen untereinander meist alte Bekannte, eS sind deren nur sieben neu eingetreten. Erhebliche Vorlagen sind dies mal nicht zu brrathen; eS wird sich hauptsächlich um die Constituirung handeln. Nachdem daher morgen unter dem Vorsitze des Alterspräsidenten die Legiti- mationScommission gewählt sein wird, erfolgt später die Wahl des Präsidiums und der Ausschüsse. — Wenn thüringische Localblätter recht haben, kommt nach dem Städtchen Ostheim v. d.Rhön (weima- risch) heidenmäßig viel Geld; es soll nämlich ein dor tiger Tagelöhner Ott 4 Mill. Fl. von einem wiener Juwelier Ott erben. — Ein meininger Kaufmann Dommrich hat 334 Stück Werrabahnactien der Schützengesellschaft hier mit der Verfügung gestiftet, drei Viertel der Rente davon für diese Gesellschaft und ein Viertel dem Vereine für Pomologie und Gar tenbau zu verwenden. — In Jena waren gestern 43 Anwälte deS OberlandeSgerichtSbezirkS versam melt und haben den Verstand der thüringischen An waltskammer gewählt. Freie Städte. „Die Zahlungseinstellung der Firma I. G. Godeffroy u. Sohn in Ham burg", schreibt die National-Zeitung, „wurde in eini gen Blättern auf politische Motive, nämlich auf die Absicht zurückgeführt, die auf den Samoainseln rc. liegenden Besitzungen, welche früher dieser Firma an gehörten und vor etwa einem Jahre an eine Actien- gesellschaft übergegangen sind, in englische oder ame rikanische Hände zu spielen. Das Fallissement ist in der That durch die Kündigung des Credits seitens eines londoner HauseS veranlaßt worden." Die Ham burger Börsen Halle enthält, jene Version indirect be stätigend, Folgendes: Anläßlich der Zahlungseinstellung der Firma I. G. Godeffroy u. Sohn hat sich die Aufmerksamkeit besonder« den ausgedehnten Beziehungen derselben zu den Südsee inseln und den Folgen zugewendet, welche diese Zahlungs einstellung für die so kräftig aufblühende» deutschen Hau- delsintereffen in jenen Gegenden haben würden. Wir er innern deshalb daran, daß die große» Beziehungen de« Hauses Godeffroy auf den Samoainseln ,c. vor etwa einem Jahre an die Actiengesellschaft Deutsche Handels-und Plan« tagengesellschast der Südsee übertragen wurden, in deren Namen seitdem die Handelsoperationen von den früher» Godeffroy'schen Factoreien au« betrieben sind. Die Deutsche Handels« und Plantagengesellschaft der Südsee ist bisjetzt durch die Zahlungseinstellung de« Hause- Godeffroy nicht berührt und e« ist gegründete Hoffnung vorhanden, daß e« möglich sein werde, die Geschäfte dieser Gesellschaft in un gestörter Weise fortzuführen, wenn es gelingt, in nächster Zeit die dazu nöthigen flüssigen Mittel aufmbringen, für welche die Besitzungen der Gesellschaft als völlig genügende Sicher heit um so mehr zu dienen vermöchten, als durch den Ver trag de« Reiches mit den Samoainselu das dortige Ejgen- thum der deutschen Unterthanen vollständig gesichert ist. Bei der großen Bedeutung, welche der deutsche Handels verkehr in der Südsee nicht nur für unsere commerziellen, sondern auch für nufere Politischen Interessen in den dor tigen Gegenden besitzt, ist um so mehr auf einen Erfolg der dahin gehenden Bestrebungen zu hoffen, als bei einem MiSlingen derselben das Uebergehen der Actien der Gesell schaft und damit auch de« gesammten Eigenthums derselben in englische oder amerikanische Hände sich nicht würde ver« melden lassen, was nicht ohne den nachtheiligsten Einfluß auch auf die übrigen deutschen Besitzungen der Slldsee blei ben könnte. Frankreich. * Paris, 7. Dec. „Wenn", schreibt das Journal des Debats, daS Cab inet fest im Sattel sitzt, wenn niemand Lust hat dasselbe zu stürzen, so wird doch wol endlich die Kammer begreifen, daß es ungeschickt und unpolitisch ist, eS fortwährend zu schwächen. Sie wird doch endlich aufhören, dem Lande das Schau spiel zu geben von ihrer Unschlüssigkeit ihrer Em pfindlichkeit und zuguterletzt ihrer Machtlosigkeit. Trotz allem werden doch die Vorfälle vom verwichcnen Donnerstag zu etwas gedient habe», wenn sie die Kammer veranlassen, diese Ueberlegung zu wahren und da« Ministerium, welches handelt, aufzümuntern, statt die Enthaltenden zu billigen, welche weiter nicht» thun als krilisiren, und auch sonst nichts thun können." Die Republique fran;aise macht die Bemerkung, daß zu zwei verschiedenen malen der Conseilpräsident während seines Vortrags auf die seiner Ansicht nach Un geheuern Schwierigkeiten gedeutet hat, welche auf der Aufgabe deS Ministeriums lasteten, als e« da» Ruder in die Hände nahni. „Jetzt aber sind doch", meint die Republique francaise, „diese Schwierigkeiten meisten» gehoben und die Situation dermaßen gestaltet, daß die am wenigsten Entschlossenen damit zufrieden sein kön nen. Man hat keine Minister vom 16. Mai mehr in Schutz zu nehmen gegen Maßregeln der Strenge von feiten der Kammer, und selbst die Amnestiefrage, die wir noch für schwebend ansehen, ist in den Augen de» Conseilpräsidenten erledigt. Wo ist also da« Hindcrniß, das die segensreiche Thätigkcit der Mini ster vom 5. Febr. aufhalten könnte? Wir suchen ver gebens danach und man muß gestehen, daß eS un möglich wäre, ein anderes zu entdecken, das aus einer andern Quelle entspränge, als aus einem übertriebe nen Mistrauen in ihre -eigenen Kräfte und in die Kräfte der weitumgreifenden Partei, die sie unterstützt."