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Rabenauer Anzeiger : 01.01.1910
- Erscheinungsdatum
- 1910-01-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- Deutsches Stuhlbaumuseum Rabenau
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id178001192X-191001014
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id178001192X-19100101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-178001192X-19100101
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Bestände des Deutschen Stuhlbaumuseums Rabenau
- Bemerkung
- Vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Rabenauer Anzeiger
-
Jahr
1910
-
Monat
1910-01
- Tag 1910-01-01
-
Monat
1910-01
-
Jahr
1910
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zahlte Muff die 5000 Francs und andere Schulden. In seinem Wohnhaus in Ruswil wurden die verkohlten Reste von Wertpapieren gefunden, die dem ermordeten Bisang gehörten. Ferner sand man noch etwa 1800t« Francs in (hold und Banknoten, von dem geraubten Gelbe. Der Mörder ist der Todesstrafe, die im Kanton Luzern noch besteht, sicher. Er hatte Bisang in die Scheune hinausgelockt und ihn dort erschossen. Frau Bisang und die beiden Knechte brachte er ebenfalls um, weil sic von seinem Besuche wußten und mit ihm in der Wohnung zusammen gewesen waren. D>e Uebcrschwemmnngen in Portugal und Spanien. 80 Millionen Mark beträgt der Schaden, den die Ucbcrschwcmmung des Duero im Gebiete von Oporto in Portugal ungerichtet hat. Mehr als 700 Barken und kleinere Schiffe wurden von ihren Verankerungen losgerissen und ins Meer hinausgctricbcn, ivo sie verloren gingen. Ans den schäumenden Fluten treiben Waren aller Art, die Eisenbahndämmc sind unterspült, der Telegraph ist auf absehbare Zeit, gestört. König Manuel und seine Minister sind persönlich an der Stätte der furchtbaren Katastrophe anwesend. Sehr groß sind die Ver luste an Menschenleben. Ganze Stadtteile Oportos wurden überflutet, teilweise erreichte der Stand des Wassers in den Straßen eine Höhe von 4 Pietern. Alle Beleuchtungswcrkc sind zerstört, so daß Oporto völlig im Dunkeln liegt. Von dem gestrandeten deutschen Dampfer „Zintra" ertranken 4 Mann der Besatzung und der Ka pitän, nur 8 Mann konnten sich retten, dagegen wurde die Besatzung des gleichfalls gestrandeten deutschen Dampfers „Nestor" glücklicherweise vollzählich gerettet. Kaum minder furchtbare Ver heerungen sind durch die Ucbcrschwcmmungen in Spanien angcrichtct worden. In der Provinz Galicien wurden 21 Dörfer gänzlich zerstört. Hunderte von Orten wurden schwer beschädigt. In der Provinz Zamora gingen etwa 100 Fischerboote unter. Auch Alt- und Neu-Kastilien haben schrecklich gelitten. Ucbcrall sind die Saaten fortgcspült, so daß der augenblicklichen Not eine langwierige Teuerung folgen wird. -- Das diesjährige Weihnachtsunglück in Portugal und Spanien erinnert an das vorjährige in Italien, das allerdings noch weit schwerer war. 12jährjge Liebes-Rivalen. Das kleine Städt chen Brenna in Italien war dieser Tage der Schauplatz eines blutigen Rekontres um die Liebe der elfjährigen Pis Semplici. Zu ihren Hauptanbetern gehörten zwei Schüler, der 12- jährige Sani Averardo und der elf Jahre alte Vittorio Catana. Da die schöne Maid sich zu keinem der beide« Anbeter bekennen wollte, er klärte sie sich für den entscheiden zu wollen, der aus einem Duell als Sieger hervorgehen würde. Am andern Tage trafen die beiden Rivalen zum Zweikampf zusammen, bei dem eine große An zahl gleichaltriger Kinder und der „Siegcspreis" die Zuschauer markierten. Die Duellanten ent ledigten sich des Rockes und der Weste und stürzten dann mit kurzen Messern aufeinander los. Schon im ersten Augenblick war der Kampf ent schieden, denn der 11jährigc Vittorio Cataua er hielt einen Stich in den Unterleib, an dessen Folgen er jetzt hoffnungslos darniederliegt. Der « „Sieger" nahm aber nicht die „Braut", sondern suchte sein Heil in der Flucht. Mord. Der Kapellmeister des Etablissements Eldorado in Nancy, der 41jährigc Samuel Fischer, deutscher Herkunft, ist das Opfer seiner Geliebten, der 31jährigen Jeanne Dnbant ge worden. Als kurz vor Beginn der Vorstellung Fischer nicht auf seinem Posten war, schickte man in seine Wohnung, die man verschlossen fand. Nachdem die Tür gewaltsam geöffnet morden war, fand man Fischer in seinem Blute schwim mend tot vor. Neben ihm lag seine Geliebte, die' sich gleichfalls verschiedene Nevolverkugcln bcigebracht hatte, in den letzten Zügen. Auf dem Tisch fand mau Abschicdsbriefc der Dubaut, in denen sic mittcilte, daß ihre Trennung mit Fischer bevorgcstandcn habe, nud daß sic ihn daher im Schlafe erschossen habe, «veil sic ohne ihn nicht leben zu können glaube. D'e Bestie jm Menschen. Aus Macou wird gemeldet, der Holzansladcr Henri Geraud kam dieser Tage abends aus verschiedenen Tingel tangeln nach Hause und begann dann sofort mit seiner Frau Streit. Diese ließ ihn ruhig ge währen, um ihn nicht noch mehr zu reizen. Dies versetzte Geraud jedoch in die größte Wut, er nahm einen Stuhl und schlug damit auf die wehrlose Frau los. Auf das Geschrei derselben wachten die Kinder auf und nun bearbeitete der Vater dieselben in der gleichen Weise. Es gelang den drei Kindern im Alter von 6—10 Jahren schließlich aus dem Fenster zu springen und Hilfe zu holen. Als endlich die Polizei eintraf, fi-md man Frau Geraud bewußtlos am Boden, das jüngste Kind hatte der bestialische Vater in zwischen in einem Wasserkübcl ertränkt. Jm Osten der Vereinigten Staaten hat zwei Tage lang ein Schneesturm gewütet, wie er so heftig seit zwanzig Jahren dort nicht aufgetreten ist. In Ehclsea (Massachusetts) sind durch eine Sturmflut drei Personen gelötet, 1500 sind ob dachlos geworden. Die größte Schneehöhe, die aus Philadelphia gemeldet wird, betrug 23 Zoll. In Ncwyork sind nach den bisherigen Feststellungen ungefähr 30 Menschen dem Sturm zum Opfer gefallen. Der Gesamtverlust an Menschen leben ist noch nicht zu übersehen. Eisenbahn, Telephon- und Telegraphenverkehr ist gestört. Die Diebstähle italienischer Bahnbeamter häufen sich. In Novi Lcgarc wurden ein höherer Beamter und mehrere Bahnarbeiter verhaftet, die fortgesetzt Güterwagen geplündert hatten. Bei dem Versuch, ein Pferd zu verkaufen, kamen die Gaunereien ans Tageslicht. -n der Küste von Shigegahi in der Pro vinz Nagasaki (Japan) ist kürzlich eine Korallen- Jnsel entdeckt worden. Zufolge der Nachrichten hat die Insel einen Umfang von 9 Meilen und wird auf einen Wert von drei Millionen Ben geschätzt. Der Marktpreis ist infolgedessen um 30 Prozent gefallen. E'N karger Finderlohn ! Eine Berliner Dame verlor die Summe von 48000 Mark in preu ßischen Konsols. En junger Mann fand das schöne Paket und stellte cs der Eigentümerin zn. Die Freude bei letzterer war so groß, daß sie dem ehrlichen Finder die fürstliche Belohnung von 10 Mark zuteil werden ließ! Das meistgelesene Buch ist noch immer die Nbcl. Es werden alljährlich nach der „Franks. Ztg." mehr als 17 Millionen Exemplare von ihr gedruckt und auch verkauft. Diese Ziffer be zieht sich natürlich ans den Bibcldruck aller Länder. Wie man 100 Jahre alt wird! Frau Maric-ffathcrinc Monzon in Voulogue-sur-Sciuc wird mit der Jahreswende ihren 100. Geburts- ag feiern können. Da sic selten rüstig ist, hat ich ein Reparier ausgemacht, um von ihr die Zcheimnissc zur Erreichung eines hohen Alters zu erfahren. Lassen wir Frau Monzon selber sprechen: „Sic wundern sich über meine Frische und Behendigkeit, und sic wollen wissen, wie ich cs augcstcllt habe noch keine Runzeln zu haben", so sühne die Matrone aus, „sehen Sie, das ist sehr einfach. Wir werden nicht alt, son dern wir lasseu uns alt werden. Meine Lebens weisheit gipfelt darin, daß ich mit allen Kräften versuche, das zu machen, was ich schon vor 80 Jahren tat. Wenn ein Trompeter vor unserem Hause bläst, so hebe ich noch immer meinen Nock und versuche, ob ich in der Quadrille noch mit kann. Das tut mir nud meinem Organismus stets sehr gut. Ich esse wie früher und lasse meinen Magen durch nichts aus seiner alten Ge wohnheit kommen, daß ich mir cinbildc, „ich alte Frau" könne so etwas nichts mehr vertra gen. Vor allen Dingen versuche ich getreulich mein Arbeitspensum in der Wirtschaft genau so wie früher zu machen. Ich lese die Zeitung bis zur letzten Zeile und nehme an allem Anteil. Vor allen Dingen gehe ich regelmäßig ins The ater und lese lustige Sachen, denn nach meiner Ansicht ist ein Mensch abgelebt, wenn er nicht mehr aus vollem Halse lachen kann. Lachen halte ich für sehr gesund. Vor allen Dingen sehe ich darauf, daß mich eine Sorge nicht länger quält, als bis sie erledigt ist. Viele Leute werden vor zeitig alt, weil sie immer noch über längst Ver gangenes nachgrübeln. Atan soll den Or ganismus nicht abnutzen mit unnötiger Quälerei aus vergangenen Tagen. Das ist eigentlich alles, und wenn Sic schließlich noch etwas wissen wollen, so beherzigen Sie stets meine Warnung. Lassen Sic ihre Nachbarn nicht ihr Alter wissen, denn sonst zählt man Ihnen die Tage zu und bemitleidet Sie, daß Sie armer alter Mann noch immer auf Erden wandeln müssen. Der Nachbar wird Ihnen Ihr Alter nämlich nie gönnen. Französischer Besuch. Eine Anzahl Franzosen traf in Berlin ein, um im Auftrage ihrer Re gierung die Einrichtungen der Berliner städtischen Krankenhäuser zu studieren. Die Erfahrungen sollen in Frankreich verwertet werden. Die Strafkammer in Würzburg verurteilte wegen Weinfälschung die Händler Philipp und Anton Goeßwcin aus Thüngersheim zu sechs Wochen Gefängnis und 2000 Mk. Geldstrafe bezw. drei Wochen Gefängnis und 1000 Mark Geldstrafe. Der Tod der „Roten Wolke". Einen der letzten Indianerhäuptlinge, de ren Abenteuer und KrieMaten uns an die romantischen Kapitel des „Lcderstrumps" und des „Letzten der Mohikaner" erinnern, ist in dem fast 90 Jahre alten früheren Häuptling «er Siouxindianer, der „Noten Wolke", da- hingegangen. Die greise Rothaut starb in einem Hause, das die amerikanische Regierung dem Siouxhäuptling in Pine Ridge im Staate Norddakota einem Jndianerreservatorium, hatte errichten lasseu. Obwohl die „Rme Wolke" in früheren Zeilen Beherrscher von ganz Kansas, Nebraska und Teilen von Ja va Minnesota, Wyom »g nnd Montana war, starb der alte Häuptling, der seit drei Jah ren schwer krank nnd zwetzt vollständig er blindet war, nahezu besitzlos. Der Vater der „Noten Wolke" war ein gewöhnlicher indianischer Krieger und keiner der Häupt linge, dem sein Sohn hätte Nachfolgen kön nen. Allein durch seine zähe Energie, seine Intelligenz und Tapferkeit stieg die „Note Wolke" Stufe um Stute auf der Leiter der indianischen Krieacrlaufbahn, bis er der An führer des größten kriegerischsten und klügsun Stammes der uordamrrikanischeu Indianer wurde. Gegen die verhaßten Bleichgesichter führte der Häuptling der Siouxindianer einen dreißigjährigen Krieg ; bei den der amerika nischen Bundesregierung ergebenen Indianern war er als der kühnste und mächtigste aller Siouxhänptlinge gefürchtet. Der erste große Sieg, deu die „Role Wolke gegen die Wei ßen errang, ist in der Geschichte der Jndia- nerkämpfer als das Massaker von Fort Phil Kearney bekannt. In diesem Kampf vertrieb der Indianerhäuptling die gesamte Regie rungsbesatzung von dem kleinen Fort, wobei er selbst Hunderte von Kriegern verlor. Da bei war die „Note Wolke" auch ein Diplo mat von seltener Geschicklichkeit. Jm Rare seiner Stammesgcnosscn regierte er mit eiser ner Hand; er selbst sprach wenig, sonder» ließ seine Ansichten durch einen geschulten Redner vertreten, den er bei solchen Gelegen heiten anznwerben pflegte- So verhaßt ihm auch die weißen Eindringlinge waren, so hielt er auch ihnen gegenüber sein Wort. Als die „Rote Wolke" den ersten Friedensvertrag unterschrieben hatte, vergrub der Siouxhäupt ling seinen Tomahawk, und dieser Friede wurde seitdem nie gebrochen. MATA Herbstgefühl. WWrijüder Glanz der Sonne! A'sH BIEeS Himmelsblau! Von verklungener Wonne Träumet still die An. An der letzten Rose , Löset, lebeusmtt, Sich das letzte lose Bleiche Blumenblatt. Goldenes Entfärben Schleicht sich durch den Hain ; Auch Vergehn nnd Sterben Deucht mir süß zu sein. tritt nur an das kleine Fenster in der Nwlwthet. Dn hast von dort einen Blick in den Saal." Christine fühlte ihr Herz heftig schlagen. Horst ungesehen beobachten, in seiner Nähe weilen zu können — der Gedanke erfüllte sie mit Entzücken. Ksnnte sie ihn auch nicht sprechen, so war ihr doch diese Aussicht ein Ersatz. Eilig legte sie den Weg nach der Bibliothek zurück. Es herrschte vollständig Dunkelheit in dein großen Raum, als sie eintrat; nebenan jedoch mußte eine Flut von Lickst sein, da der das kleine Fenster verhüllende Vorhang grell erleuchtet war. Tastend ging Christine dorthin und schob vorsichtig die Hülle etwas bei Seile, neugierig hindurch spähend. Noch mochten nicht alle Gäste anwesend sein, denn die Baronin, sowie Horst standen in der Mitte des Saals, fort während Verbeugungen und Händedrücke anstanschend. Christines Augen waren zuerst wie geblendet von der Lichtfülle in die der Saal getaucht war, allmählich aber gewohnten sie sich daran und aufmerksam musterte sie jetzt ihre Umgebung. Zwischen dem Saal und der Bibliothek lag der Wintergarten, dessen Prächtige Palmen und Blattpflanzen das kleine Fenster, an dem Christine Posto gefaßt hatte, theilweise verhüllten. Ohne gesehen zu werden, konnte sie selbst Alles genan beobachten, so weit es die weitgeöffneten Glasthüren, die beide Räume mit einander verbanden, erlaubten. Bor ihrem Blick tauchten aus dem angenehmen Halbdunkel deS von bunten Glasampeln erleuchteten Wintergartens, zwischen künstlichen Hecken und Lauben von Lorbeer verborgen, kleine Ruheplätze, einzelne Sissel, zierliche Sophas auf, vor denen niedere Tische mir Fruchtkörbchen zur Erfrischung und Vasen voll duftender Blumen standen. Jm Gesellschastssaal schien jetzt das Kommen nnd Wogen der Gäue seinen Höhepunkt erreicht zu haben. Frau von Tolsting stand in eifriger Unterhaltung inmitten eines Kreises älterer Herren, während Horst gemüthllch plaudernd mit einem jungen Offizier auf uud ab wandelte. Dieser eilte jetzt auf zwei junge Damen zu, von denen Christine im ersten Augenblick nichts weiter sehen konnte als die schimmernden, bauschigen Seiden- roben und das dnftige Spitzengeriesel, das sich in reicher Fülle über die schmiegsamen Gestalten ergoß. Nach einigen Minuten erst wandten sich die Damen so, daß Christine ihre Gesichtszüge erblickte. War es eine Täuschung, oder hatte sie die eine nicht .schon früher gesehen? Ganz gewiß war es so. Aber wo? Plötzlich fiel es ihr ein. Mit sonderbarer Unruhe betrachtete sie das Mädchen. Das war die Dame, neben der Horst neulich im Schlitten gesessen hatte. Ob er wohl auch heute nur aus Pflichtgefühl so artig gegen sie war? Eben bot er ihr mit liebenswürdigem Lächeln seinen Arm und entfernte sich mit ihr, während daS andere Paar in anscheinend zärtlichem Geplauder der Baronin rntgesen schritt. .1 Mit Horst Gehen war für Christine das Interesse an der Gesellschaft geschwunden. In Gedanken versunken, blickte sie gleichgittig in das Treiben hinein. Einmal bemerkte sie den ältcu Baron im Gespräch mit einem hohen Offizier. Sie kannte ihn, es war der Oberst von Rmtcnau, ein intimer Freund des Barons. Beide Herren waren mehrmals zusammen in der Bibliothek des Großvaters gewesen. Ab und zu traten einzelne Paare in den Wintergarten, ohne aber länger zu verweilen, als es eine kurze Umschau erfordert. Eben wollte sie den Vorhang fallen lassen, als sie Horst, die Dame ans dem Schlitten am Arm, langsam dem Gewächs- Hans zuschreiten sah. Wie liebenswürdig er sich unterhielt — fast zu liebens- würdig. War es denn nöthig, sich einer Anderen so zu widmen, da er doch nur ihr augehörte? Eifersüchtige Qual erfaßte sie, unruhig folgten ihre Angen dem Paare, das jetzt in der geöffneten Thür des Saales stand. Horst brach einen blühenden Zweig nud überreichte ihu seiner Begleiterin, indem er zugleich deren Hand an die Lippen zog. „O, könnte ich doch Horen, was sie sprechen," flüsterte Christine zitternd vor Erregung. Mehrmals promemrte das Paar im Wintergarten auf und ab, dann schienen sie sich nach einem passenden Ruhesitz umzu sehen. Die Hand der Dame deutete direkt aus die Stelle, wo Christine stand, so daß diese zurückfuhr in der Meinung, daß sie entdeckt sei, das war aber nicht der Fall. Unter dem Fenstcrchen mußte sich ein Rnh-plätzchen befinden, denn Horst schritt mit seiner Dame dorthin. SeLen konnte Christine n»n Nichts mehr von ihnen, viel leicht aber hören, wenn es ihr gelang, das Fenster zu öffnen. Mit bebenden Fingern schob sie den Riegel zur Seite, vor sichtig das Fenster etwas öffnend. Wirklich vermochte sie Horsts Stimme ziemlich deutlich zu verstehen. „Sie wollen mir wieder entweichen. Komtesse. So oft ich versuchte, mich Ihnen zu nähern, wiesen Sie mich schroff zurück. Können Sie denn unsere Kinüerfeindschast nicht vergessen? Meine Gedanken weilen, auch wenn Sie mich fliehe», immer bei Ihnen und heute müssen Sie mich hören. Lassen Sic mich aussprechen, was mich bewcg.L- „Die Frage die ich jetzt stellen will, soll aber das Wohl und Wehe meines ganzen Lebens enipheiden. Ich liebe Sie unsäglich, Erna, und trotz Allem hoffe ich immer noch, daß ich Ihnen nicht gleichgiltig bin, wenn mir das eitle Herz nichts vorgaukelt. Erna, wollen Sie mir znm Bunde für's Leben Ihre Hand reichen, in Schloß Hochfeld als Herrin einzuziehen?" Unvermittelt waren diese Worte von seinen Lippen ge kommen. Mit tiefem Errölhen blickte die Komtesse ans ihren Fächer. Obgleich sie durch die Baronin längst aus einen Antrag Horsts vorbereitet war, suhlte sie doch im Augenblick der Ent scheidung ein ängstliches Klopsen ihres Herzens. Würde eine Verbindung mit Horst wirklich ihr Glück sein? Neigung zu ihm empfand sie nicht und daß auch seine scheinbar so warmen Worre nur eine allerdings meisterhaft vargetrageue Komudien- scene darstellten, wußte sie auch nur zu gur. Sw gmg an seiner Seite einem glänzenden, aber lieblosen Dafein entgegen. „Cvmtcßc, haben Sie leine Antwort für mich?" Erna faßte sich. Wozu die Sentimentalität? Weshalb sollte sie sich lange besinnen? Die Stellung als Horsts Gattin entsprach ihren Wünschen vollkommen; an der Parthie war Nichts ansznsetzen. Lius Neigung zu wählen, war den wenigsten Mädchen ihres Standes beschieden. Ohne Beben der Stimme, nur etwas leiser als sonst sprach Erna, Horst seft anblickend mit einer leichten Beimischung von Sarkasmus: „Ihr Antrag ehrt mich, Baron. Wenn ich anch nicht ganz überzeugt bin von Ihrer Erklärnng " „Aber Comtefie", fiel ihr Horst gekränkt in's Wort, „Sie werden mir doch kein Mißtrauen entgegen bringen?" Sie suhr fort: „Vielmehr vermuthe ich, daß Sie einem Herzenswunsch Ihrer verehrten Mutter Rechnung trugen, als Sie um meine Hand warben. Wie dcni aber auch sei, ich nehme Ihre Wer bung an nnd gelobe, Ihnen jederzeit tren zur Seile zu stehen." Horst athmete erleichtert aus. Gottlob, das war vovbei! Eruas Hand erfassend und fest umschließenü sprach Horst: „Ich danke Ihnen, Erna! Lassen Sie mich diese kleine Hand fest halten für's Leben und feien Sie versichert, daß ich Alles thnn will, Sie glücklich zu machen. Darf ich jetzt meiner lieben Braut den Verlobungskuß geben?" Diesmal verlor die Comtesse doch für einen Augenblick die Fassung. Waren Horsts warme Liebesworte von vorhin doch mehr gewesen, als eine gnt hergesagte Lektion? Sollte er wirklich etwas von der Liebe, von der er sprach, für sie empfinden. Erna fühlte ,.ch eigenthümlich berührt und ihre Sicherheit mehr und mehr schwinden. „Herr Baron", stotterte sie, verlegen die Blicke senkend und Miene machend, sich zn erheben, „ist es nicht besser, wir kehren zur Gesellschaft zurück?" „Sofort, Erna! Ich muß Sie aber herzlich bitten, mich nicht mehr Herr Baron zu nennen. Zwischen Brautleuten ist Wohl eine weniger konventionelle Ansprache Sitte. Und anch Ihre Lippen dürfen Sie mir jetzt nicht versagen. Das Recht sie zu berühre», gäbe» Sic mir durch Ihr Wort." Ehe sich Erna abzuwcnden vermochte, hatte Horst seinen Mund auf den ihren gepreßt, mit Vergnügen wahrnehmend, wie das spröde, unnahbare Mädchen unter seinem Kusse er schauerte. Dann reichte er ihr lächelnd den Arm und führte sie an? dem Gewächshaus. Wenige Schritte hatten sie erst gelhan, als Erna Hrrn Fächer vermißte. Horst.eilte sosort zurück, ihn zu holen- lFottfctzung solgl.)
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