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das imperialistische Blatt cS nicht unterlassen kann, dem Hauptorgan eine derbe Abfertigung zu geben. Die Nachrichten, die uns hier theilS durch Zeitungen, theils auf privatem Wege aus Italien zugehen, sowie das Bekanntwerden der Briefe, welche von italienischen Freiwilligen unter Garibaldi nach der Heimat ge schrieben wurden, bestätigen mehr und mehr die Nach richt, die mir aus Florenz zuging und von der ich in meinem vorletzten Bericht Mittheilung machte. Ich must wiederum des Morning Advertiser erwähnen, der gestern und heute, was oommon sonss anbetrifft, alle seine Collegen übertrifft. Bezüglich der Ueber- gabe von Metz sagt das Blatt, dast nun bald wieder das Geschrei nach der Grostmuth des Siegers begin nen würde. Die Franzosen könnten sich über Härte von deutscher Seile gar nicht beklagen, denn seit 60 Jahren seien sie durch Arndt'S Gesänge gewarnt worden, und die Deutschen hätten nie aufgehört, diese Gesänge zu singen und damit Frankreich gedroht, daß, wenn es einst zwischen ihnen zum Kampfe käme, sie sich das einst geraubte Gut wiederholen würden; auch könne nur ein Wahnsinniger einem Volke wie den Deutschen zumuthcn, Festungen wieder herauszugeben, die mit dem Blut von Tausenden erkauft seien. Ueber die letzte Note Lord Granville's an Graf Bernstorff spricht daS Blatt gleichfalls äußerst vernünftig. Es gesteht ganz offen, daß der deutsche Gesandte von seinem Standpunkte aus ganz recht habe, und räth dem Minister des Aeußern, doch nur ganz offen zu gestehen, dast die englischen Municipalgesetze nicht auf der Höhe dcS Jahrhunderts ständen, er aber keine Macht besitze sie zu ändern; natürlich setzt das Blatt echt kaufmännisch hinzu, es begreife nicht, warum England, wenn Deutschland und Frankreich sich in den Haaren lägen, nicht wie im Frieden fortfahren solle, bei den Kriegführenden alles das zu verkaufen, was es ihnen bislang verkauft, denn England sei doch nicht am Kriege schuld, und nichtsdestoweniger leive sein Handel gewaltig unter der Calamität, gleichwie er durch den amerikanischen Krieg gelitten, der Tausende von Ar beitern des Landes dem Hungcrtode nahe gebracht hätte. -j- London, 3. Nov. Die Verhandlungen über den Waffenstillstand werden hier wie anderwärts mit dem gespanntesten Interesse verfolgt, allein die Er wartungen, welche unsere Blätter an dieselben knüpfen, sind im ganzen gering. Die Times äußert unter anderm: Wir alle lieben an Thiers seinen Witz, seine Lebendig keit, seine Verve und seine Thatkcaft. Jedoch sind zwei Punkte bei ihm besonders bemerkenSwerlh. Einmal ist sein Jdeenkreis nicht mehr ausdehnbar. Er ist heute derselbe wie vor 20 Jahren. Sedan änderte bekanntlich seine An sichten nicht und wahrscheinlich macht der Fall von Metz ebenso wenig Eindruck auf ihn. Der zweite Punkt ist, daß, falls wir nach dem Manne suchen wollten, der mehr als alle andern die ursprüngliche Ursache der heutigen Schicksale Frankreichs ist, so müssen wir, so bart diese Erklärung scheinen mag, auf Thiers deuten- Die Thatsache, daß dieser Mini ster gerade nach Versailles, dem Tempel alles französischen Ruhm«, kommen sollte, um einen Waffenstillstand mit dem Oberhaupte einer deutschen Armee abzuschließen, muß den humoristischen Sinn des Grafen Bismarck beinahe über alle Begriffe gekitzelt haben. ES wird uns durchaus nicht schwer, zu verstehen, wie ihn der Bundeskanzler drei Stunden lang plaudern lassen konnte und Thier« sich hernach höchlich be friedigt mit dem ihm zutheil gewordenen Empfange erklärte. Möglich ist es, daß sich aus diesen Unterredungen ein Waffen- fiillstand entwickelt und auf den Waffenstillstand ter Friede folgt, aber wir müssen wiederholen, es ist auch möglich, daß der Graf mit seinem interessanten Besucher nur gespielt hat, während er schon fest entschlossen war, seine Mission im rechten Augenblicke mit einer überraschenden summarischen Depesche abzuschneiden. Königreich Sachsen. ^Leipzig, 5. Nov. An das Bureau der Handels kammer wandten sich in jüngster Zeit viele Arbeiter, welche auf die Nachricht hin, daß in Strasburg großer Bedarf an Arbeitskräften zum Wieder aufbau der zerstörten Häuser rc. sei, dort lohnende Arbeit zu finden hofften und Empfehlung zu freier Fahrt begehrten. Um sicher zu gehen, hat ersteres vorgestern beim Maire von Strasburg telegraphisch angefragt, ob jetzt noch Arbeiter gebraucht würden, und von welcher Gattung vorzugsweise. Darauf ist heute früh folgende telegraphische Antwort eingegangen: „Handelskammer zu Leipzig. An Arbeitskräften ist kein Mangel mehr. Der Maire Küß." Die öffent lichen Blätter werden um Weiterverbreitung dieser Mittheilung ersucht. A LHcmnitz, 3. Nov. Der Bau der indircct- directen Bahnlinie Chemnitz-Leipzig ist leider so gut als sistirt zu betrachten. Und das ist doppelt zu beklagen. Die Beamten machen darüber die verschie densten Angaben. Daß es nicht nur an Schienen, sondern auch an ausreichende» Geldmitteln fehlt, wird wohl kaum jemand bestreiten. Es sprechen dafür Thatsachen. Die Angabe, daß eine bestimmte Geld summe für den Bau von Anhaltestellen und Bahn höfen diSponirt sei und derselbe fortgesetzt werde, darf wohl als eine ziemlich schwache Entgegnung gelten. — Im Publikum macht sich mancher MiSton über die Weiberherrschaft in der hiesigen Lazarethverpfle- 2382 gung laut. Obwol uns viele Einzelheiten zu Ge bote stehen, wollen wir um der guten Sache willen doch nur obige flüchtige Andeutung geben. — Die Versammlung des dritten hier tagenden Bezirks des Verbandes sächsischer Consumvereine war gut besucht, obgleich die lebhafte Discussion über Ein- kaufSgcnoffenschaft und Gcnoffenschaftögesctz nicht we sentlich Neues bot. ? Leipzig, 5. Nov. Einen glänzenden Beweis von den großartigen Erfolgen unserer siegreichen deutschen Waffen gebe» die in dieser Nacht und heute früh hier durchgegan genen Transporte französischer Gefangener. Der erste in der Nacht um 12 Uhr auf der Thüringischen Bahn hier eingetroffene und um 2'/, Uhr weiter aus der Dresdner Bahn nach Glogau abgegangene Zug war mit circa 2000 Soldaten, der spätere von 55ern eScortirte Zug, welcher um 6 Uhr über Baiern hier ankam und nach 8 Uhr eben falls weiter nach Glogau ging, dagegen mit 903 Offizieren und gegen 600 Offiziersdienern besetzt. Die Offiziere wur- den theils aus dem Dresdner, theils auf dem Thüringischen Bahnhose, theils in der Eldorado-Restauration in der Pfafsen- dorfer Straße beköstigt; sie mußten sich zum größten Theil mit Packwagen begnügen, doch waren sie durchgängig guter Dinge. Einige trugen den Degen, andere hatten denselben beim Aussteigen in den Eisenbahnwagen zurilckgelaffen; Or- denSdecorationen waren zahlreich vertreten. Es werden heute noch zwei Gefangenenzüge erwartet. — Nachts 1 Uhr ist wie der ei» Zug mit 300 kranken und verwundeten Sold aten hier durchgekommen. y Leipzig, 5. Nov. Einer der noch erwarteten weitern Gefangenentransporte ist bereits heute früh nach 6 Uhr auf der Magdeburger Bahn hier eingeiroffen; er brachte nicht weniger als 2400 französische Soldaten, dieselben gingen nach mehrstündiger Rast aus der Dresdner Bahn weiter; wie es hieß, werden sie in Torgau internirt. * Leipzig, 5. Nov. Heute morgen gegen 8 Uhr bot das vor kurzem hier eröffnete Lafe Sedan ein «igenthümlich lebendiges und bunte» Bild. Eine große Anzahl der zur Beförderung nach Glogau hier durchpassirenden französi schen Offiziere (von der zu Metz gefangen genommenen Armee) war erschienen, um hier ihren Frühtrunk einzu nehmen — in einem Lass, das seinen Namen nach jenem großen Siege der Deutschen über den andern Theil der französischen Feldarmee hat! Welche Selbstironie! Wir sahen nur wenig feiner geformte Gesichter, die etwa aus einen höhern Bildungsgrad hätten Hinweisen können. Das waren meist rohe Gesellen, wie es schien aus der nied rigsten Schicht der Gesellschaft aufgegrifsen. Die« also sind die Leute, gegen die unsere Landwehrmänner und Freiwil ligen ihr Leben einsetzen; diesen traut Gambetta den Ent schluß zu, ohne Noth für das Vaterland in den sichern Opsertod zu gehen! Telegraphische Depeschen. * Äugsburg, 5. Nov. Ein aus Bern an die augS- bnrger Allgemeine Zeitung gerichtetes Telegramm be richtet: „Laut Meldung deS Commandanten der schwei zerischen Grenzlruppen wird Belfort von den Deut schen eingeschloffen. Die Franzosen wurden über Montbeliard zurückgeschlagen. Es kommen massen haft Flüchtlinge an." * Stuttgart, 4. Nov. Der Staats-Anzeiger für Wllrtemberg veröffentlicht eine Ministerialverfügung betreffend die Vornahme von Neuwahlen zur II. Kammer am 5. Dec. * Wien, 4. Nov. Der «Presse» wird aus Li vorno berichtet: „Die Regierung verfügte die Aus schiffung von 80 nach Marseille eingeschifften Frei willigen trotz deS Protestes des französischen Kapi täns.— Tegethoff ist genesen." Mailand, 3. Nov. Nicciotti Garibaldi hat hierher berichtet, daß sein Vater von den Zuständen in Frankreich sehr verstimmt sei. Garibaldi, so soll es in dem Briefe heißen, finde nirgends Unterstützung, welcher er zur Durchführung seiner Plane bedürfe. Der Klerus wiegle gegen ihn auf, ebenso viele Be hörden. (N. Wien. Tgbl.) Rom, 1. Nov. Es werden von preußischer Seite eifrige Verhandlungen geführt, um den Papst zu bewegen, seinen Sitz in Deutschland aufzuschlagen. Graf Bismarck hat dem Papste sowie dem Cardinals collegium große Versprechungen gemacht und die Vor theile einer temporären Uebersiedelung nach Deutsch land in glänzendem Lichte dargestellt. Doch glaubt man hier, daß, wenn der Papst sich entschließen sollte, Rom zu verlassen, er nach Malta gehen wird, nachdem die Anerbietungen des Kaisers Franz Joseph, dem Heiligen Vater in seinen Staaten einen wür digen Aufenthalt zu gewähren, abgelehnt worden sind. (N. Wien. Tgbl.) * Tours, 4. Nov. Ein Decret der Regierung verfügt, cS solle jedes Departement auf seine Kosten eine Batterie auf je 100000 Einwohner ausrüstcn. Jedes Corps Francs-Tircurs, das vor dem Feinde sich muihlos zeigt, wird entwaffnet und vor ein Kriegsgericht gestellt. — In St.-Etienne brachen anlaßlick der Nachricht der Capitulation von Mey Unruhen auS, es wurde jedoch von der National garde die Ruhe wiederhergestellt. * London, 3. Nov. Daily News meldet: „Wir erfahren aus glaubwürdiger Quelle, daß die Deutschen in den Magazinen und Arsenalen von Metz Muni tion und Vcrräthe vorfanden, welche für die Garnison bis März hingercicht hätten. — Ueber Verlangen Ame rikas wurde stipulirt, daß die französischen und deutschen Kriegsschiffe in den chinesischen und japanischen Gewässern sich der Feindseligkeiten ent- ! halten werden.— Italienische Freiwillige, vor- züglich Genueser, schließen sich der Armee Gari- baldi'S an." Ärüsscl, 3. Nov. In diplomatischen Kreisen will man von ernsten Zerwürfnissen wissen, die zwischen der Mehrzahl der Regierungsmitglieder in TourS und Hrn. Gambetta ausgebrochen sind. Die Diffe renzen werden als sehr bedenklich bezeichnet, so zwar, daß in den letzten Proclamationen Gambetta's nur seine Ansicht, nicht aber die der andern Mitglieder der provisorischen Regierung Ausdruck erhalten haben soll. (N. Wien. Tgbl.) * Srüsscl, 4. Nov. Bazaine protestirt in einem Schreiben an den «Nord» gegen den Vorwurf deS Berraths. Die National-Zeitung schreibt: „Aus zuverlässiger Quelle wird uns mitgetheilt, daß die Ankunft der Kaiserin Eugenie in WilhelmShöhe ganz un erwartet und unangekündigt stattfand. Erst nachdem die Kaiserin, bald nach ihrer Ankunft, sich zum Kai ser in das Schloß begeben hatte, wurden zwei neben der Wohnung des letzter» gelegene und bis dahin von der Begleitung benutzte Zimmer, so gut es anging, zur Aufnahme der Kaiserin eingerichtet. Es ist also unrichtig, daß für die Anwesenheit der Kaiserin, die für jedermann überraschend war, schon tags zuvor weibliche Dienerschast hingesandt oder auf allerhöch sten Befehl überhaupt Fürsorge getroffen werden konnte." Handel und Industrie. Scrlin, 4.Nov. Die Börse zeigte anfangs infolge der neuen Waffenstillstandsnachrichten große Aufregung, die sich aber später legte, und trat Realisationslust ein, wodurch die Haltung ermattete, trotzdem die Lurse besser wrren. Dann befestigte sich die Haltung wieder, und so war sie heute im ganzen schwankend. Belebt waren Lombarden und Türken. Banken und Eisenbahnen blieben ziemlich fest, aber still; Lentral-Bodencredit gingen in Posten um und wurden heute auch zum ersten mal die 5proc. kündbaren Pfandbriefe der selben al pari gehandelt und blieben begehrt. Inländische und deutsche Fonds waren fest, BundeSanlcihe sowie die beiden bairischen belebt. Oesterreichische in gutem Verkehr; von russischen Bodencredit, ! 862er und 1870er englische be lebt und Nikolai in mäßigem Verkehr, die andern still. Prioritäten fest, inländische still, russische weniger angeregt als in der letzten Zeit; österreichische behauptet und lebhaft. Sehr belebt und steigend waren heute Rumänen. Unter den Bahnen sind noch Nordwestbahn als in regem Verkehr her vorzuheben. Von amerikanischen Prioritäten waren Oregon sehr beliebt und erwartete man günstige Berichte. * Leipzig, 5. Nov. Infolge der von uns in Nr. 257 wie dergegebenen Aufforderung des Berliner Fremdenblattes zu Sammlungen für die deutschen Feldpoftbeamten erhielten wir heute 3 Thlr. vom Hrn. BundeS-OberhandelS- gerichtSrath vr. Voigt hier, die wir an obige Adresse seit- den werden. Möge das dankenswerihe Beispiel Nachahmung finden! London, 6. Nov. Auf die Fondsbörse übte die Signa- lisirung einer neuen spanischen Anletheemission einen drückenden Einfluß; nur sranzösische Reute und neue französische Anleihe war steigend, die letztere erzielte eine Prämie von 3'/, Proc. (B. B.-Cour.) «Liverpool, 4. Nov. Baumwolle: Muthmaßlicher Umsatz 15000 Ballen. Stimmung: sehr fest. Preise: themer. Heutiger Import 7000 Ballen, davon 1000 Ballen Ameri kanische und 5000 Ballen Indische. Notirungen: Middling Upland 9'/«, middling Orleans 9'/g, Aegyplian (neue Tara) 9'/,, fair Dhollerah 7'/», fair Broach—, new fair Oomra—, fair Madras —, fair Bengal 6'/,, fair Smyrna 7'/,, fair Pern am 9 V-, middling Dhollerah 6'/g—6'/«, middling fair Dhollerah 6, good fair Oomra 7'/,. «Liverpool, 4. Nov. (Baumwolle.) Wochenbericht: Wochenumsatz HOOOO Ballen, dgl. von amerikanischer 34000, davon für Speculation 11000, dgl. für Export 25000, dgl. für wirkt. Lonsum 74000, wirkl. Export —, Import der Woche 48000, Vorrath 463000, dgl. von amerikautscher 64000 Ballen. Börsenberichte. * Frankfurt a. M., 4. Nov. Schlußcurse. Preuß. Kaffenanweisungen und Wechsel Berlin 1O4'/g; Hamburg 88)^; London 119; Paris —; Wien 97'/,; 6pc. Verein.- Staaten-Anl. pr. 1882 95'/,; Oesterr. Lrebitactien 248; 1860er Lose 78°/»; Oesterr. Silberrente —; StaatSbahn 377')«; Galiz. Eisenbahnact. 242'/,; Darmstädter Bankact. 325; Lombarden 173'/«; Bundesanleihe 97'/»; Sachs. Hypotheken - Pfandbriefe 35 '/,; Bair. Militäranleihe 96'«/. Tendenz: fest. «Wien, 4-Nov. (Asbendbörse.) Oesterr. StaatSbahn 386.50; Lrebitactien 255.60; Lombarden 175.—; 1860er Lose 93; 1864er Lose 117.80; Galizier 247.50; Franco« Austr.-Bank 102.—; Anglo-Austrian-Bank—; Napoleon», dor 9.78'/,; Unionbauk —. Tendenz: Schluß matt. * London, 4. Nov. nachmittags. (Schlußcursc.) Lon« sols 92"/,»; Neue Spanier 3l'/,; Italiener 56'/.; Lom barden 14'/'s; Mexikaner—; Russen von 1822—; do. von 1862 — Silberrente 6O'/g; Türken 47'/,; Amerikaner pr. 1882 89V,». Wechsel aus Hamburg 13. 10'/,, auf Berlin 6. 27, auf Wien 12. 40, Wechsel auf Petersburg 40, auf Frankfurt 120'/«. Tendenz: matt. * London, 4. Nov. EröffnnngScurse. Lonsols93'Zs; Italiener 56'/«; Lombarden 14'/,; Türken 47'/,; Ameri- aner89'/,; Silberrente—; Neue Spanier—.Tendenz:—.