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Mittelung der englischen Regierung geschehen soll. — In Niederbaiern wird ein großartiges Freudenfeuer vorbereitet, welches am Tage der Einnahme von Paris auf dem sogenannten Gäuboden, einer BergeShöhe zwi schen Ittling, Amselfing, Atterhofen und Burgstall, lodern soll. Würtemberg. Dem Schwäbischen Merkur be richtet man aus Plieningen a. d. Fildern vom 1. Nov.: Am 29. Oct. fand hier eine Versammlung statt, welche im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen den Zweck hatte, die Theilnehmer über die gegenwärtige Lage unseiS engern und weitern Vaterlandes auszuklären und zugleich deren Stimmung und Ansichten kennen zu lernen. Es stellten sich außer vielen hiesigen Bürgern auch noch manche Gäste au« den Nachbarorten Bernhausen, Kemnath, Echterdingen ein, welche sich durch die Wichtigkeit der zu berathenden Fragen angezogen fühlten. Nach eingehender Besprechung wurden von der Versammlung als Grundlage für die Wahl nachstehende sünf Punkte einstimmig und un ter großem Beifall angenommen: ,,1) die Einheit Deutsch land« Hal sich unter der erprobten Führung Preußens vor erst im Kriege zum Ruhm und Heil des Vaterlandes be währt. 2) Es scheint hierdurch die Zeit gekommen, da einem jeden, auch vor dem Frieden, die Herstellung des einigen deutschen Bundesstaats unter Preußens Führung da« wichtigste politische Ziel sein muß, wodurch auch für das engere Vaterland allein gesorgt ist. 3) Es gilt nun, die ses große Ziel in dieser großen Zeit mit Hintansetzung klei nerer Bedenken und Befürchtungen zu erfassen und zu ver folgen, damit dieser für Deutschland so günstige Augenblick nicht, wie 1814 und 1848, nun zum drillen male fruchtlos vorübergebe. 4) Keins der vermeintlichen Opfer, die wir dem neuen Deutschland zu bringen haben, iü in der That, so wie viele meinen, zu fürchten, denn der Segen für un sere materielle Wohlfahrt, politische Sicherheit und insbe sondere für die geistige und religiöse Entwickelung unser« Volk« ist größer, als daß unsere Opfer auch nur dagegen in Betracht kämen. 5) Endlich ist wohl zu bedenken: die Ausnahmen, welche Würtemberg etwa für sich beansprucht, dürfen nur die selbständige innere Verwaltung betreffen, nicht aber unsere sogenannten Opfer an Steuern, militäri scher Leistung u. dgl., denn wer die Leistungen nicht auf bringen will, welche doch Preußen schon seit 50 Jahren ohne Schaden gebracht hat, der wird auch nicht für einen wahren deutschen Patrioten gelten können." Baden. Behufs Gründung eines badischen Zweigvereins der Deutschen Jnvalidenstif- lung fand am 30. Oct. nach einer von Karlsruhe und Manheim erfolgten Einladung eine Zusammen kunft von Vertretern der Kreise und Kreishauptstädte in Karlsruhe statt. Die Versammlung war der Karls ruher Zeitung zufolge in folgenden Punkten ein stimmig : 1) Der badische Zweigverein muß sich an einen allge mein deutschen Jnvalidenverein in irgendeiner Weise an schließen; 2) die Hauptkrast des Vereins muß in den Be zirks , beziehungsweise Kreisvereinen liegen; 3) zur Ver mittelung der Ungleicharligkeiten der Interessen in unserm Lande soll eine Eentralleitung in Karlsruhe eingesetzt wer den, auf welche eine wol alljährlich zusammenzuberufende Versammlung von Vertretern der Bezirksvereine ihren Ein fluß üben wird; 4) im allgemeinen wurden die Gründzüge angenommen, welche der Ausschuß der Victoria-National- Jnvalidenstistung in Berlin festgestellt hat; 5) vorausgesetzt wurde, daß der Staat den wesentlichen Theil der Unter stützung bieten müsse, daß aber dessenungeachtet einem Ver eine immer noch ein großes Feld der Thätigkeit offen bleibe, indem derselbe ausgleichend zu wirken hätte, weil der Staat nicht im Stande sei, die persönlichen Verhältnisse der ein zelnen zu kennen und zu würdigen. Nebenbei bleibt dem Vereine noch die Aufgabe übrig, überall fördernd und hel fend einzugreifen, wo es sich darum handelt, den Juvaliren einen geeigneten Wirkungskreis und entsprechenden Verdienst zu verschaffen. Italien. Der wiener «Presse» berichtet man aus Flo renz vom 3- Nov.: „Heute wird in Turin die Ent scheidung in Betreff der Reise des Königs nach Rom und der Garantien für den Papst getroffen. Der König soll zwischen dem 15. und 20. d. M. nach Rom gehen. — Der Finanzminister soll mit dem Hause Erlanger wegen der Emission von 60 Mil lionen consolidirter Staatsschuld unterhan deln. — Lobbias' Dimission wurde angenommen; ein Rundschreiben schärft den Präfecten Strenge gegen den heimlichen Eintritt in französische Kriegsdienste ein." — AuS Rom vom 3. Nov. meldet man der wiener «Presse»: „Es sollen dem Papste folgende ProPo sitionen vorgelegt werden: Die päpstliche GebictS- souveränetät hat aufgehört; der Papst wird als frem der Souverän geehrt und erhält mit dem Exterrito- rialitätSrccht den Vatican, den Lateran, Maria-Mag- giore und wahrscheinlich auch den Quirinal, dann Castelgandolfo; die Tobte Hand der geistlichen Orden wird aufgehoben, die Ordcnsgeneralate rc. werden fortbestehen; die Negierung übernimmt die Kosten.— Die Giunta nahm alle Leichensteine der bei Men- tana gefallenen Zuavcn weg. — Antonelli confe- rirt fortwährend mit den Gesandten." — Auö Rom meldet der Correspondent der Daily News, daß er bei einem Besuche im Vatican eine Schar schmuziger, elend gekleideter Leute in Unter redung mit mehrern anständig ausschenden Personen sah. Es stellte sich später heraus, daß die schmuzige Gesellschaft aus ehemaligen päpstlichen Soldaten und Offizieren bestand, welche eben aus der Kriegsgefan genschaft zurückkehrlen. General Kantzler, der im Va- tican seine Wohnung hat, ist instruirt, den genannten Leuten reichlich Geld zu geben, und dieselben erhalten alle zwei bi- drei Tage jeder einen goldenen Napo leon, die Offiziere natürlich mehr. General Kantzler erklärt ihnen außerdem, sie müßten jeden Tag zur Verwendung bereit sein, da eine ReactionSbewegung organisirt wird. Frankreich. Die Correspondance de Tours schildert die Be stürzung, die der Fall von Metz sowol in Tours als in Marseille und an andern Orten hervorgerufen habe, als eine unbeschreibliche; gleichwol sei der Ent schluß zum Widerstande dadurch nicht gebrochen, habe vielmehr durch das Verlangen, die unerhörte Schmach zu rächen, neue Nahrung erhalten. (?) Mit dieser Auffassung harmoniren aber die Aeußerungen sehr vieler anderer französischer Blätter über dasselbe Er- eigniß nur schlecht. So sagt der FrancaiS: Mit tiefem Schmerz registriren wir diese Katastrophe. Aber ehe wir urtheilen und brandmarken, glaube» wir ab warten zu müssen, bis die grausamen Nothwendigkeiten, die den Marschall Bazaine zu jenem Act getrieben haben, uns in ihrem Detail bekannt sind. Der Unstern von Sedan hatte uns nur niedergeschlagen; der von Metz vernichtet un« (der französische Ausdruck ist stärker: oous eersse)! Jetzt ist der Augenblick gekommen, wo wir flehentlich und mit thränenersülltem Auge sagen müssen: „Gott schütze Frankreich!" Die Gazette de France sagt: Man kann diese Nachricht nicht hinschreiben, ohne daß einen das Herz blutet. Welch ein Fluch lastet doch auf Frankreich! 150000 Mann reichten nicht hin, um Siege gegen 400000 Feinde zu erringen, heute dienen sie nur dazu, um einen Platz schneller zur Uebergabe reif zu ma chen! Welch eine schmerzensreiche Geschichte! Strasburg unterliegt, weil e« nicht genug Vertheidiger zur Hand hat, und Metz fällt ohne eine Bresche, weil es ihrer zu viele hat. Die Union tadelt Gambetta gleichfalls wegen des vorschnellen und ganz unerwiesenen Verdammungs urtheils, das er gegen Bazaine geschleudert: Um sich die Uebergabe dieses Platze« zu erklären, muß man voraussetzen, daß die absolute Unmöglichkeit eines län- gern Widerstandes klar am Tage lag, und bedenken, daß in der Lage, in der Frankreich jetzt ist, einige Tage mehr in diesem vergeblichen Widerstande immer theuerer und theue- rer zu stehen kommen. Die bonapartistische «Situation» sagt über diese Anklage: Wie? Diese Männer (Trochu, Gambettarc.) danken ihre Macht nur dem kecksten Verrath und tragen keine Scheu, die Armee anzuklagen, die ihre Usurpation verrathen hat, daß sie sich an Preußen verkauft habe! Aber gesetzt, Ba zaine hätte Verrath üben wollen, so hätte er es nicht kön nen. War CosstniereS nicht da? War Eanrobert nicht da? War Lhangarnier, den wir achten, ohne ihn zu lieben, nicht da? Das sind doch mindestens auch Männer wie Cremieux, Gambetta, Glais-Bizoin, die den unglücklichen Opfern in Metz zuzurufen wagen: „Ihr alle, 150000 Mann, seid Verrälher!" — In dem im übrigen übereinstimmenden Tele gramm, das die Independance belge aus Tours über die Unruhen bringt, die am 31. Oct. in Paris statt fanden, ist folgende Abweichung von dem Wortlaute des heute früh von uns gebrachten Telegramms bemer- kenswerth. Der Schluß des Regierungsberichts lautet nämlich dort: „An den heute vorgeschlagenen Waffen- stillstand schließen sich noch «andere Vortheile-an, von denen Paris sich leicht Rechenschaft geben kann, ohne daß es nöthig wäre, sie aufzuzählen." Hierin liegt wol eine ziemlich verständliche Hindentung auf die Rüstungen, die man in Frankreich auch während der Waffenruhe fortzusetzen gedenkt, oder die fortsetzen zu wollen man sich dem Pöbel gegenüber wenigstens den Anschein gibt. — Gegenüber der prahlenden Erklärung Gambetta'S, nach welcher Paris noch bis zum 15. Dec. mit fri schem Fleische und auf weit längere Zeit mit andern Nahrungsmitteln versorgt sein sollte, stellt die Berli ner Bvrsen-Zeuung folgendes Rechenexempel an: Ein am 30. Sept, vom Adjuncten des Maire von Pa ris, Hrn. Mamargan, abgefaßter Bericht über die vorhan denen Vorräthe hat indeß ergeben, daß die Stadt an jenem Tage 24000 Ochsen, 150000 Hammel und 6000 Schweine beherbergte. Eine Verordnung des Ackerbauministers ver ordnete, daß, vom 28. Sept, angefangen, täglich 500 Ochsen und 4000Schase geschlachtet werden. Nehmen wir nun an, daß auch in den 8 Tagen vom 20. bis 28. Sept, nur ein gleiches Quantum consumirt wäre, so war Paris vom 28. Sept, ab mit Ochse» noch aus 40 Tage, mit Hammeln auf 30 Tage versehen. Seither sink 37 Tage vergangen, Paris hat somit nur noch für 3 Tage Ochsenfleisch, und die Hammel sind längst, in den letzten Tagen aber wahrschein lich auch die Schweine, bereits verzehrt worden. An Mehl und Getreide sollen zu Ende September an 500000 Ltr. oder 50 Mill. Pfo. vorhanden gewesen sein, was für eine Bevölkerung von 2 Millionen, mit täglich 1 Pfd. per Kops berechnet, einen Vorrath für 25 Tage gibt. Mit ihren Mehl- vorräthen müssen die Pariser somit auch schon ziemlich zu Ende sein. Das ist in unserm Hauprquartier genau bekannt; Gras Bismarck kann also den Parisern in aller Seelenruhe einen langen Waffenstillstand aus dem StatuSquo bewilligen, ohne daß wir daraus eine Befürchtung für die deutschen Interessen zu entnehmen haben. — Die Negierung in Tours veröffentlicht folgenden natürlich zum Theil erdichteten Militärbericht vom 28. Oct.: „Der General Bellemare hat des Morgens mit Francs-TireurS, die den Feind ver trieben haben, einen Ueberfall in Bourget auSgeführt. Während des TagS griffen die Preußen mit bedeu ¬ tenden Streitkräften an und zogen sich abends zurück. Unsere Truppen haben das Dorf in VertheidigungS- stand gesetzt und auch Drancy in Besitz genommen." — Der bekannte Romanschriftsteller Ponson du Terail organisirt um Gien und MontargiS (Loiret) ein Bataillon „Francs-TireurS von Orleans". Er fordert in einem Aufrufe vom 28. Oct. alle Jäger, Wilddiebe und Bauern auf, sich im Walde von Orleans zu sammeln. — Von der Marne schreibt man der Kölnischen Zeitung unterm 26. Oct.: Ich war in den letzten Tagen wieder in Rheim«, ChälonS, Epernay, Chateau-Thierry und Nogent, dem Endpunkte, bis wohin wir größtentheilS die Eisenbahnlinie nach Paris benutzen, hatte Gelegenheit, viel mit Bauern und Bürgern zu verkehren, und kann versichern, daß alle den Frieden wünschen und die Hartnäckigkeit der pariser Regierung verfluchen. Das Laud leidet entsetzlich, hat in diesem Jahre eine MiSernte gehabt, die Rinderpest greift mit erschreckender Rapidität immer Weiler um sich, die Re- quisitioneu unserer Truppen mehren sich täglich, je mehr wir in den Winter hineinkommeu (da» kleine Städtchen Lhäteau-Thierry hat seit dem 10. Sept an requiririen Sachen, Cvntributionen und gegebenen Quartieren mit Naturalverpflegung allein 3 Mill. FrS. verausgabt) und der Krieg nimmt einen immer grausamem» Charakter an. Die »ndisciplinirten Francs-Tireursbanden machen kleine Ueberfälle, heben Eisenbahnschienen aus, schießen auf ein zelne Posten und erbittern dadurch unsere Soldaten so sehr, daß diese wieder Häuser niederbrenneu, aufgegriffene Per sonen (gewöhnlich Unschuldige) ohne weiteres zusammen- schießen und oft sehr brutal auftreten. Es sind theilweise schreckliche Zustände und Frankreich muß jetzt für seinen früher» .Uebermuth sehr, sehr hart büßen und wird auf Jahrzehnte gebrochen. -Barsche, Justizminister und Großsiegelbewahrer vor dem Ministerium Ollivier, dann Vicepräsident des Senats, ist auf der Insel Jersey, wohin er sich vor einem Monate geflüchtet hatte, gestorben. Er war 68 Jahre alt. Nach der Revolution von 1848 ward er Vicepräsident der legislativen Versammlung. Er hielt von da an zur Napoleonischen Partei, ward 1850 Minister des Innern, 1851 auf kurze Zeit Minister des Auswärtigen, später, nach dem Staats streiche, Vicepräsident und Präsident des StaatsratHS, interimistischer Minister des Auswärtigen rc. Im Jahre 1863 wurde er Justiz- und Cultusminister. Großbritannien. **LonHon, 2. Nov. Wir haben uns noch nicht vollständig erholt von den Eindrücken, welche die große Nachricht von der Uebergabe von Metz auf uns ge macht; sie bildet noch immer das Gespräch in allen Cirkeln und unsere Blätter vergessen darüber fast alle andern Dinge. In gewissen politischen Onanieren herrscht vollständige Rathlosigkeit über die ferner zu befolgende Politik; in militärischen Kreisen aber kann man sich noch immer nicht darüber zurechtfinden, daß eine nur um einen kleinen Bruchtheil stärkere Armee cs vermochte, eine andere unter dem Schutze der Ka nonen einer der stärksten Festungen der Welt so ein zuschließen, daß ihr nichts anderes übrigblieb als oapituler ü ls ckisoretion. Der Correspondent der Daily News, derselbe, der vor einiger Zeit die Eloge über die Landwehr schrieb, hat allen andern hiesigen Cor- respondenten wiederum den Rang mit seiner detaillir- ten telegraphischen Nachricht abgelaufen, die eine wahr haft intelligente Schilderung von der Uebergabe der Festung enthält; sein gegenwärtiger Bericht macht wie damals die Runde durch alle Blätter, und die Times kann sich nicht enthalten, dem Correspondenten das größte Lob zu spenden. AuS diesem Berichte nun geht deutlich hervor, daß die hier in französischen Kreisen verbreiteten Nachrichten, über die ich unterm 19. Oct. berichtete, richtig waren, nämlich, daß der gefährliche Stand der DiSciplin Bazaine mehr dränge als der Mangel an Lebensmitteln; es waren bei der Uebergabe noch nahe an zehn Tagesrationen vorhanden. Wenn ich Ihnen früher sagte, Metz begräbt die trügerische Republik, so kann ich heute dem noch hinzufügen, daß sie hier gänzlich ausgespielt hat. Nur ein Schrei der Entrüstung und des Ekels begegnet den beiden bettel- haft marktschreierischen Proklamationen Gambetta'S. Die Angriffe auf Uhrich wurden schon sehr übel aus genommen; doch diese gingen wenigstens nicht von der Regierung aus; nun aber Bazaine, der, wenn auch nicht mit Geschick, so doch mit Ausdauer und Muth seine Truppen führte, von einem Mann, der niemals Pulver gerochen, offen des Verraths beschul digt wird, da wendet sich die öffentliche Meinung Englands, die allezeit Herz und reges Gefühl für Muth und Unglück hat, mit Recht von einer Regie rung ab, wie ihr Leben nur der Anarchie und der innern Zerfahrenheit des Landes verdankt. Die mehr liberalen Blätter, die Daily News und Daily Tele graph, die immerhin der republikanischen Regierung recht wohl wollten und bisjetzt nur ihre unsinnigen Maßregeln tadelten, verhüllen sich vor Scham und Schmerz das Angesicht; man fühlt es ihren Artikeln an, wie tief sie trauern darüber, daß die neue Re gierung, die Republik, noch gesunkener ist als das Kaiserthum. Die Toryblätter, besonders der Stan dard, fangen zum Schrecken der «Situation» an, sich zur deutschen Sache zu bekehren und zwar so, daß