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Daily News einen Brief, welchen dieser unterm 16. Aug. an einen Freund gerichtet hat, und auS welchem wir die wesentlichsten Stellen in Folgendem hervorheben: ... Auf eine schreckliche Weise büßt das französische Volk den Jrrlhum, den eS an sich selbst begangen hat, in dem e» sich an Einen Mann verschrieb. . . . Wie ist dieser tragische Jrrthum wieder gut zu machen? ... Es ist Zeit, daß die Nation ihre Wahl treffe zwischen dem Kaiserreich und der Nation. Aber es thut noth, daß die Franzosen gemeinschastlich handeln. Bürgerliche Zerklüftungen würden das gegen sich selbst gewappnete Frankreich dem Feinde ausliefern. Im Geiste nur Einen Gedanken: Frankreich! Im Herzen nur Eine Liebe: da» Vaterland! Auf den öffentlichen Straßen die Ruhe, welche die Majestät der Macht bildet — das ist es, was uns nolhthut. ... Ich meinerseits brenne vor Verlangen, abzureisen, in Paris zu sein. Aber meiner Ansicht nach ist sitr diejenigen, deren Anwesenheit daselbst nur eine revolutionäre Bedeutung haben kann, der Zeitpunkt, hinzugehen, noch nicht gekommen, weil alles, was eine Spaltung bcrbcifiihren oder herbeizu führen scheinen würde, die Gefahren, welche unser theue- re» Land bedrohen, verhundertfältigen würde. Und dann frage ich mich, mjt einer schmerzhafter» Beängstigung, als ich sie ausdrücken kann, ob es im Interesse der Republik liege, die Erbschaft der schrecklichen Situation, welche das Kaiserreich uns vermacht hat, anzutreten, ehe der Friede nothwendig oder möglich geworden ist. . . . Ich kenne nur Einen Ausgang der Krise — und zwar den, daß Frankreich wieder von sich selbst Besitz ergreift, und daß es Deutsch land, der Welt sagt, daß die Stunde gekommen ist, auszu rufen: Der eigentliche Krieg war ein Krieg zweier Män ner, nicht zweier Völker. Um ihn zu verdammen, hat das Frankreich der freien Männer nicht erst gewartet, bis er erklärt worden ist. Frankreich, welches wiederum die Herrin seines Geschicks geworden, weist den Krieg von sich ab, und ist entschlossen, eine Frage nationaler Eigenliebe seinem großen Princip hintanzustellen, dem Princip der Brüder lichkeit der Völker, d. h. dem Frieden, unter der Bedin gung, daß er für alle ehrenvoll und von allen geehrt sei. Die Welt wird diese Sprache verstehen. Deutschland wird sie verstehen. Und sollte Preußen, irregeleitet oder fort gerissen von seiner Regierung, sich weigern, sie zu ver stehen, so werden die lhätigen Sympathien Europas als dann auf feiten Frankreichs sein, welches nicht mehr für, die Interessen Eines Mannes oder Einer Familie kämpft, sondern im Interesse des Rechts, der Gerechtigkeit, der Menschlichkeit.... Sehr schön gesagt! Aber dieses französische Volk, welches jetzt von unö verlangt, daß wir alles Ge schehene vergessen, hat sich von der Negierung, die eS jetzt verleugnet, in den Krieg mit uns treiben lasten und würde sich vielleicht in 2, 3 oder in 5, 6 Jahren, d. h. sobald es sich erholt hatte, wieder in den Krieg gegen uns treiben lasten. Nein, so dumm sind wir nicht, auf diesen Leim zu gehen. Königreich Sachsen. Dresden, 24. Aug. Das Dresdner Journal berichtet: „Se. Maj. der König sind heute Vormittag von Pillnitz hier eingetroffen und haben sich nach dem Leipziger Bahnhofe begeben, um daselbst die nach dem Rheine heute abrückenden sächsischen Land wehrbataillone zu begrüßen. Se. Maj. wurden von den Truppen mit lebhaften Hurrahrufen em pfangen, welche sich beim Abgänge des Zugs vielfach wiederholten, und kehrten nach Abfahrt der Truppen nach Pillnitz zurück." * Leipzig, 25. Aug. Ueber die Thätigkeit der hie sigen Vereine zur Linderung der Kricgsnoth ist Folgendes zu melden: Der Internationale Verein hat wegen der stets großer werdenden BerwundetentranSporte sein zum Empfange und zur Verpflegung aus den Bahnhöfen constituirteS Comite ver stärkt, damit stets die genügende Zahl in Bereitschaft sei. Die Ablösung erfolgt morgens um 7, mittags um 12 und abends um 8 Uhr. Der Leipziger Hitlfsverein für die An gehörigen einberufener Reservisten und Landwehrleute hat bisjetzt eine Einnahme von nahezu 30000 Thlrn. zu ver- zeichnen. Freilich sind auch seine Ausgaben beträchtlich: er zahlt, wie wir hören, etwa 1000 Thlr. pro Woche für Frauen und Kinder der von hier ins Feld gerückten Krieger aus, wobei die Frau durchschnittlich 1 Thlr., ein Kind 10 Ngr. bekommt. Diese ausgiebige und namentlich auch rasche Hülfe ist um so wohlthätigcr, als für die öffentliche Unterstützung der betreffenden Angehörigen durch das Gesetz vom 24. Dec. 1866 «ine ziemlich weitläufige Procedur vor geschrieben ist, infolge, deren der Bezug der überhaupt nur monatlichen Unterstützungen leicht Verzögerungen eifahren kann. Leipzig, 25. Aug. Die erste Stelle in der gestrigen Stadtverordnetensitzung nahm der Beschluß deS Raths ein, zu Unterstützung der von den unmittelbaren Folgen des Kriegs so schwer ge troffenen Städte in Rheinhessen und der Rheinpfalz 6000, und der Städte in Rheinpreußen 4000 Thlr. zu verwilligen, auch die übrigen Gemeinden im Lande öffentlich zu ähnlichen Schritten aufzufordern. Vice- vorstcher Näser empfahl diesen Beschluß in warmen Worten und ohne weitere Debatte trat die Versamm lung einstimmig bei. Gleiches geschah bei dem An trag des VicevorstehcrS, der Nath möge die von der Universität bereitwillig angebotenen, bis 15. Oct. leer stehenden Räume des Augusteums zu Unterbrin gung der Kinder der Dritten Bürgerschule benutzen. Der vom Nath im allgemeinen bereits genehmigte Bebauungsplan für den Keil'schen (Löhr'S) Garten fand keinen Widerspruch, desto mehr aber der vom Nath vorgelegte Plan zur Errichtung eines Hauses mit Freiwohuungen für Arbeiter, zu welchem bekannt ¬ lich ein ungenannter Mitbürger im vorigen Jahre die Summe von 20000 Thlrn. geschenkt hat; man fand Verschiedenes an dem Plane unzweckmäßig und er suchte den Nath um Vorlage anderweitcr Plane. Ä Grimma, 23. Aug.*) Daß in unserer Stadt nicht allseitig die nationale Idee über particula- ristische Wünsche und traditionelle Abneigung gegen den zur Führung und Verjüngung Deutschlands be rufenen Staat gestellt wird, ist ja leider wahr; daß für die durchziehenden Truppen auf unserui Bahnhofe gar nichts gethan war, hat vielfach Befremden er regt, und der Einwand, daß von Döbeln, wo die meisten der hier durchpassirenden Truppencorps die Züge bestiegen, die Entfernung bis hierher nur kurz sei, ist gewiß nicht stichhaltig; Theilnahme und Sym pathie legt an ihre Kundgebungen doch nicht den Maßstab der Meilen und Stunden. Aber hochver- rätherische Handlungen, wie die in der berührten Correspondenz vorgerückten, sind unS nicht bekannt geworden, und warum daS Schwarze noch schwärzer malen? Was sonst der Correspondent des Tageblattes zu berichten weiß von franzosenfreundlichen Bierbank- redereicn, ist doch zu gering gegenüber dem Ernst der Zeiten; gibt es wirklich bornirte Geister, die solch albernes Gewäsch zu Tage fördern, so kann man sie der Lächerlichkeit im engern Kreise überlasten, die Blätter der Publicistik sind zu gut für derartige Expectorationen. -j- Vstrau, 20. Aug. Wenn ich Ihnen schon früher schrieb von einer hier in Gang gebrachten Samm lung patriotischer Beiträge, die sich auf das Kirchspiel Johna, zu welchem Ostrau gehört, aus dehnen sollte, so kann ich darüber weiter berichten, daß sich in Ostrau, das ganze Kirchspiel umfassend, ein internationaler Zweigverein gebildet hat, und er gibt die erste Sammlung 127 Thlr. monatliche und 17 Thlr. einmalige Beiträge. Hiervon sind 14 Re servistenfamilien mit monatlich 54 Thlrn. zu unter stützen und wird der Ueberschuß nacb Dresden an den Albcrtverein eingeschickt werden. Eine kürzlich hier veranstaltete Gesangsausführung patriotischer Lieder, dirigirt von dem Wackern Cantor Sachse in Zschochan und von dem 0c. MöbiuS hier durch eine patriotische Ansprache zweckentsprechend und feierlich eingeleitet, war ein neues Zeichen patriotischer Kundgebung. Die trotz des ungünstigen Wetters auch von aus wärts zahlreich besuchte Versammlung zeigte eine ge hobene Stimmung. Mehrere dieser Lieder mußten wiederholt gesungen werden, und in Schiller's feu riges „Neiterlied", das im Abdruck vertheilt war, stimmte die ganze Versammlung begeistert ein. Der Parteihadcr ist hier ganz geschwunden, und Jammer- Menschen, die den Franzosen den Sieg wünschen, gibt eS hier gar nicht! Die 18 Thlr. starke Einnahme jenes TagS wurde dem Kassirer des Internationalen Zweigvereins hier, Hrn. Apotheker Stark, überwiesen. Eine in dem benachbarten Kirchspiele Schrebitz von Hrn. Ehlemann-Görlitz angeregte Sammlung ergibt 120 Thlr., allerdings einmalige, nicht monatliche Beiträge. Möge man diesen Beispielen auch ander wärts auf dem Lande folgen! — Aus Dresden vom 25. Ang. berichten die Dresdner Nachrichten: „Gestern erschoß sich kurz vor Abgang der Truppen ein Landwehrmann auf dem Bahnhofe mit seinem Dienstgewehr." *) An der Spitze der obigen Correspondenz stand eine Berichtigung der Mittheilung im Leipziger Tageblatte in Bezug aus die darin angeführten Worte aus der Predigt des Superintendenten vr. Großmann. Da diese Berichii- gung inzwischen durch letzter» selbst erfolgt ist, so glaubten wir diesen Theil der obigen Correspondenz weglaffen zu können. D. Red. Telegraphische Depeschen. * Dresden, 25. Aug., 11^/4 Uhr vormittags. Ein Extrablatt der Constitutionellen Zeitung bringt einen ausführlichen Bericht von gutuntcrrichteter Stelle über die Betheiligung der Sachsen an der Schlacht bei Rczonville. Danach haben dieselben neben der preußischen Garde die alte Tüchtigkeit bewährt. Ein stimmig ist auch das Urthcil über die musterhafte Füh rung, wodurch es möglich geworden, der Schlacht eine noch am Abend des SchlachttagS anerkannte entschei dende Wendung zu geben. *Löln, 24. Aug. Die Kölnische Zeitung meldet von der algerisch-marokkanischen Grenze vom 17. Aug., daß die Nachricht von den Siegen der Preußen bis zu den nomadisirenden Tribus der Kleinen Sahara und des TelS gedrungen ist, und daß eine allgemeine Erhebung der Araber zur Abschüttelung des französischen Jochs nicht unwahrscheinlich sei- — Dasselbe Blatt meldet ferner, daß gestern Abend wie der 13 Wagen aus Paris vertriebener deutscher Arbeiter mit Weib und Kind in Köln eingetroffen ind, großentheils aus Hessen und aus dem Regie rungsbezirk Trier. "Hamburg, 24. Aug. Die vereinigten Hülfs- comit^S für Verwundete senden morgen aber mals einen Extrazug mit ErfrischungS- und Verbands ¬ gegenständen, unter anderm 100000 Pfd. Ei», nach Nancy. "Paris, 24. Aug. Im Gesetzgebenden Kör- per bringt die Regierung einen Gesetzentwurf ein, wonach alle ehemaligen Soldaten zwischen 25 und 35 Jahren, verheirathet oder nicht, cinberufen werden, ferner alle ehemaligen Offiziere bis 60 Jahre, alle tauglichen Generale bis 70 Jahre. Die Dringlich keit wird angenommen. Die Jnitiativcommission schlägt die Verwerfung des Antrags Fcrry's wegen Aufhebung des Waffengesetzes vor. Palikao kündigt an, die Regierung habe gestern 40000 Gewehre in England angckauft (!), abzuliefern in drei und acht Tagen. Pelletan schlägt vor, aus allen mit Jagd scheinen versehenen Jägern Freicorps zu bilden. Der Minister des Innern erklärt, die FreicorpSbildung sei gestattet; die mit Erlaubnißscheinen deS Kriegs ministers versehenen FrcicorpS seien als Soldaten zu behandeln. Thiers schlägt namens der Commission die Verwerfung des Antrags Keratry's (Zuwahl einer Anzahl von Deputirtcn zum VertheidigungScomile) vor, da ein Einverständnis; mit der Regierung nicht erzielbar sei. Der Kriegsminister erklärt, um seine Versöhnlichkeit zu beweisen, drei Deputirte zu Mit gliedern des Vertheidigungscomitc zu ernennen und der Kammer einen Vertrauensbeweis zu geben. "Paris, 25. Aug. Das Journal officiel kündigt an, daß die Anleihe von 750 Millionen gedeckt und die Subscription geschlossen sei. " London, 25. Aug. Die Times erklärt, daß ein Briefwechsel Eugenie's und Victoria'S bezüglich einer Vermittelung nicht stattfand. Die angeblichen Meinungsäußerungen des britischen Cabinels bezüg lich der Friedensbedingungen seien unwahr; die angeblichen Aeußerungen Gladstone's, England müsse sorgen, daß der Eroberer nicht allzu mächtig werde, seien unwahr. Brüssel, 24. Aug. Die Regierung hat den Transport von Verwundeten durch Belgien gestattet, jedoch unter dem Vorbehalt, daß die krieg führenden Mächte ihre Zustimmung erlheilen. (Franks. I.) Schließlich lesen wir in einem Extrablatte der Leipziger Nachrichten folgende unS anderweit noch nicht zu Gesicht gekommene Depeschen, deren Quelle uns unbekannt, deren Bestätigung daher abzuwar ten ist: Sasel, 23. Aug. Da» Bombardement von Stras burg dauert fort. Sonntag wurde die Grande Rue durch Bomben und eine Feuersbrunst zerstört. Alle jungen Leute der Umgebung werden zur Arbeit an de» Laufgräben her- beigezogen. Scrlin, 23. Aug. Der Kaiser von Rußland schickte an den König Wilhelm ein Telegramm, in welchem er zu den Siegen Glück wünscht. "Stuttgart, 23. Aug. Der fKönig von Preußen bat seiner Antwort auf die BeglllckwünschungSdepesche des Königs von Würtemberg die Worte beigesügt: „Die Ver luste der letzte» Schlacht wie der vorhergehenden find so bedeutend, daß die SiegeSfreuve sehr getrübt wird. Bis hierher ha« Gott geholfen, möge er uns ferner segnen." Pari«, 22. Aug. Eine Depesche aus Alexandria mel det die Wegnahme der preußischen Fregatte Hertha durch französische Schiffe. Srüsscl, 23. Aug. Angesichts der bevorstehenden Ver- theidigung von Paris verlaffen viele Frauen und Kinder Paris. — Fürst Orlow, der russische FriedenScommiffar, ist in Pari» eingelroffen. Handel und Industrie. "Scrlin, 24. Aug. Die Börse war auch heute matt, das Geschäft im allgemeinen sehr beschränkt, die CurSrich- tung für fremde Speculationspapiere weichend; es machte sich sehr fühlbar, daß jede Anregung von außen fehlt. Selbst inländische Fonds und BundcSanleihe litten bei mäßigem Geschäft unter der allgemein herrschenden Verstimmung. Banken waren tendenzlos und still; Eisenbahnen matter und geschästlos. Auch Prioritäten, in- und ausländische, waren matt und unbelebt. Russische Fonds waren in schwachem Verkehr, Prämienanleihen wurden für Petersburger Rech nung ziemlich viel gekauft und hielten sich fest, Eisenbahnen waren mehr offerirt, Bodencredit durch große Offerten ge drückt. Börsenberichte. Wien, 24. Ang. Schlußcurse: Papierrente 55.20; Silberrente 64.70; 1860er Lose 89. 75; 1864er Lose 118. 25; Bankactien 681; Lreditact. 242-75; Anglo-Austr.- Bank 217; London 126.50; Silberagio 124; Dukaten 6; Napoleondor 10.9; Galizier 233; Staatsbahn 349; Lombar den 193.50; Reichend--Pardub. 164; Unionsbank 184.50. Tendenz: flau. "Wien, 25. Aug. Vorbörse: Vormittags 10 Uhr 30 Min. Oesterr. StaatSbahn 350; Oesterr. Creditact. 244.50; Lomb. 193.75; Oesterr. 1860er Lose 90. —; Franco-Austr.- Bank92.50; Anglo-Austr.«Bank 2l7.—; Napolconsdor 10.7; Galizier241.25; Unionsbank 195. Tendenz: fest. * Frankfurt a. M., 24. Ang. (Abendbörse.) Staats bahn 323; Creditact. 227; 1860er Lose—; Steuerfreie Aul. —; National. Aul. —; Amerik. 6pc. Anl. pr. 1882 91',; Lombarden 178'/«; Silberrente —; Galiz. —. Tendenz:sehr malt. "Paris, 24. Aug. 1 Uhr mittags. Rente 62.20; Jtal. Rente 49.40; Oesterr. StaatSbahn 675; Lombarden 392. Tendenz: —. "London, 24. Aug. nachmittags. (Sschlußcurse.) Lon- ols 91'/,; Neue Spanier—; Jtal. 48'/,; Lomb. 15"/,,; Türk. 43'/,; Amerik. pr. 1882 88; do. pr. 1885—; Sil ber 60-/s,.