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KONZERT FÜR LEHRLINGE Dienstag, 21. April 1987, 19.00 Uhr im Festsaal des Kulturpalastes Dresdner Philharmonie Leitung und Einführung: Volker Rohde, Dresden Solist: Petra Georgi, Dresden Robert Schumann (1810-1856) Konzert für Klavier und Orchester a-Moll op. 54 Allegro affettuoso Intermezzo (Andantino grazioso) Allegro vivace - Pause - Ludwig van Beethoven (1770-1827) Sinfonie Nr. 5, c-Moll, op. 67 Allegro con brio Andante con moto Allegro Allegro Herausgeber: Rat der Stadt Dresden - Abt. Berufsbildung und -Beratung Text: Eberhard Steindorf, Dieter Hartwig Redaktion und Gestaltung : Heinz Linke III 9 28 It 1048/87 252 Wohl kaum ein anderes Werk aus dem schier un übersehbaren Reichtum sinfonischer Literatur besitzt ähnliche Popularität wie die 5. Sinfonie Ludwig van Beethovens. Allein schon der ihr oft beigegebene Untertitel „Schicksalssinfonie“ ist allgemein bekannt, und das klopfende Hauptmotiv des ersten Satzes ist fast jedem, auch dem weniger mit sinfonischer Musik Vertrauten, geläufig. Bis auf den heutigen Tag fesselt mit unverminderter Kraft gerade hier Beethovens Tonsprache. Die außerordentlich große Volkstümlichkeit des Wer kes liegt sicher zum einen in seiner Allgemeinver ständlichkeit begründet. Material und Ausdrucksmittel sind bei aller meisterhaften Arbeit denkbar einfach: kurze, plastische, prägnante Motive und Themen, elementare Wucht des Rhythmischen, mitreißender Elan einer zielgerichteten, im Kampf der Gegensätze vorangetriebenen Entwicklung. Zum anderen ist es die Allgemeingültigkeit der Aussage, die in Beethovens musikalischer Gestaltung über die Zeiten hinweg ihre Aktualität bewahrt. Erste Skizzen zur 5. Sinfonie sind für das Jahr 1800 nachweisbar, vollendet und uraufgeführt wurde sie 1808. Die lange Beschäftigung mit dem Werk allein schon läßt ahnen, daß es sich für Beethoven hier um ein Bekenntnis handeln mußte, das ihm beson ders am Herzen lag. Seine eigene, das Anfangsmotiv umschreibende Bemerkung „So klopft das Schicksal an die Pforte!“ mag dazu geführt haben, daß ver sucht wurde, die problemerfüllte, dramatische Aus einandersetzung mit dem obenerwähnten Untertitel zu fassen. Selbstverständlich weist ein solcher Begriff zunächst in biographische Bereiche: Beethovens Ringen mit dem eigenen Schicksal, sein Wille, ihm zu trotzen, die Gewißheit, es kraft seines kämpferischen schöp ferischen Geistes überwinden zu können. Aber Beethoven wußte, daß „der einzelne Mensch ebenso das Gesamtleben der Gesellschaft“ repräsen tiere. Und so erhebt seine Kunst das Persönliche zum Allgemeinen, die ethische dee - in dem bekannten Wort zusammengefaßt: „Ich will dem Schicksal in den Rachen greifen, niederzwingen soll es mich ge wiß nicht“ -, diese ethische Idee wächst über die bloße Widerspiegelung von Biographischem hinaus. In einer Zeit, in der die fortschrittlichen Errungen schaften der Französischen Revolution von 1789 durch feudale Reaktion und die Begleiterscheinungen der napoleonischen Kriege immer stärker überschattet wurden, erkannte ein Künstler wie Beethoven die Notwendigkeit, strenger als je zuvor zwischen „Gut und Böse“, zwischen „Nacht und Licht“ zu unterschei den, die Notwendigkeit, sich zu den humanistischen Zielen der Revolution, zu Freiheit, Gleichheit, Brüder lichkeit, zur Würde des Menschen zu bekennen. (Der französische Schriftsteller Romain Rolland nannte die 5. Sinfonie „wirklich aus der Revolution geborene Musik“.) So erfaßt die Klarheit, die bedingungslose Konsequenz, die heroische Kraft, mit denen Beethoven den sittlichen Gedanken „Durch Nacht zum Licht“ gestaltet, eigenes Erleben mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit in untrennbarer Einheit. J ohann Wolfgang von Goethe nannte Beethoven gegen über seinem Freund und musikalischen Berater Johann Friedrich Zelter „eine ungebändigte Persönlichkeit“ und berichtete andererseits seiner Gattin: zu ¬ sammengeraffter, inniger, konzentrierter habe ich noch keinen Künstler gesehen“ - beides gemeinsam charak terisiert ungemein treffend auch den Beethoven der 5. Sinfonie. Als Goethe 1830 durch den jungen Felix Mendelssohn Bartholdy mit diesem Werk bekannt gemacht wurde, reagierte er spontan: „Das ist sehr groß, ganz toll, man möchte fürchten, das Haus fiele ein: und wenn das erst alle Menschen zusammen spielen!“ Er spürte wohl den mitreißenden Elan dieser Sinfonie und ihre großartige Vision vom Sieg der Menschlichkeit. Volker Rohde Geb. 1939 Greifswald. Studium in Berlin. Solorepe titor, Chordirektor und Kapellmeister in Altenburg, Zwickau, Halle, Berlin und Dresden. Seit 1982 Ho norardozent für Dirigieren und Leiter des Sinfonie orchesters an der Musikhochschule Dresden. Seit 1985 freischaffender Dirigent; am Rundfunk ständiger Gast der Sinfonieorchester in Berlin und Leipzig. Auslandsgastspiele (Oper, Konzert, Liedbegleiter) in vielen Ländern. Petra Georgi Geb. 1963 Schwerin. Klavierunterricht ab 9. Lebens jahr (Bezirksmusikschule Plauen); 1975-80 Spezial schule für Musik Dresden, Ehrendiplom beim Kla vierwettbewerb in Usti nad Labem (CSSR); seit 1981 Studium bei Prof. Eva Ander Dresden. Teil nahme an den Internationalen Musikseminaren in Weimar, 1981 und 85 am Robert-Schumann-Wett bewerb in Zwickau. Teilnahme an weiteren inter nationalen Wettbewerben. Konzerte in der DDR, Hochschulkonzerte in Leningrad und Wroclaw; Rundfunkproduktionen und Fernsehaufzeichnungen.