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zahlreiche Orchester- und Kammermusikwer ke, aber auch Opern und Kantaten. Im Bereich der Kammermusik wird er als Begründer des Bläserquintetts betrachtet, eine Gattung, die er mit 25 Werken bedachte. Ruth Zechlin studierte in den Jahren 1943 bis 1949 an der Musikhochschule ihrer Heimatstadt Leipzig bei A. Rohden und R. Fischer (Klavier), K. Straube und G. Ramin (Orgel) sowie bei J. N. David, W. Weismann und P. Schenk (Komposition und Theorie). Seit 1950 lehrt sie als Dozentin für Tonsatz an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler" in Ber lin, seit 1969 als Professor für Komposition am gleichen Institut. 1984 wurde sie hier zum Or dentlichen Professor berufen. Seit 1970 ist sie ferner Mitglied der Akademie der Künste der DDR und Leiter einer Meisterklasse für Kom position. Ihr vielfältiges Wirken als Komponi stin, Cembalistin und Pädagogin wurde ver schiedentlich hoch geehrt. 1962 erhielt sie den Goethepreis der Stadt Berlin, 1965 den Kunst preis der DDR, 1968 den Hanns-Eisler-Preis, 1975 und 1982 den Nationalpreis der DDR. Ihr re’ches kompositorisches Werk umfaßt die großen Formen der Orchestermusik (u. a. 3 Sinfonien, mehrere Solokonzerte), vielfältige kammermusikalische Besetzungen, Klavier-, Cembalo- und Orgelmusik, Bühnen- und Vo kalwerke, Schauspiel- und Hörspielmusiken. Die Komposition „Erwartungen" für Flöte und Fagott wurde 1984 für die Veranstaltung „Klanghaus" der Dresdner Mu sikfestspiele geschrieben und in diesem Rah men am 27. Mai 1985 uraufgeführt. Das Stück kann beliebig oft wiederholt werden und bie tet darüber hinaus die Möglichkeit des Aus tausches von Kompositionsteilen, nachdem die Originalfassung einmal erklungen ist. „Es ist immer eine gute, warme, innerliche Musik, wie der Mensch, der sie gemacht hat" — äußerte einmal zutreffend Ernst Krenek über die Tonsprache des französischen Komponisten Darius Milhaud, der, einst neben Ar thur Honegger wohl die kraftvollste Erschei nung der „Groupe des Six", über seine Her kunft sagte: „Meine musikalische Bildung ist ausschließlich durch den lateinisch-mittellän dischen Kulturkreis bestimmt, was sich schon daraus erklärt, daß ich aus einer sehr alten jüdischen Familie der Provence stamme. Die südländische, besonders auch die italienische Musik hat mir immer sehr viel gesagt." 1939 emigrierte Milhaud vor dem Faschismus in die USA und kehrte 1948 wieder in seine Heimat zurück, neben ausgedehnter kompositorischer Arbeit auch pädagogische Ämter überneh mend. Von seiner immensen schöpferischen Fruchtbarkeit und Vielseitigkeit zeugt die Tat sache, daß seine Werkliste weit über 400 Ti tel sämtlicher Genres umfaßt, die stilistisch kaum auf einen Nenner zu bringen sind. Der Komponist, in Wesen und Werk ein typischer Franzose und einer der markantesten Vertre ter der zeitgenössischen Musik seines Lan ^B besaß einen ausgeprägten Klangsinn, der i^n zur Polytonalität führte, die es ihm entspre chend seiner lyrischen Veranlagung ermög lichte, die Ausdruckskraft seiner eingängigen, gefälligen Melodik zu intensivieren. Auch ei ne überaus differenzierte Rhythmik gehört zum Bild seiner Musik. Einem provenzalischen Thema wandte sich Milhaud wie so oft in seinem Schaffen auch mit der Suite für Bläserquintett „La Cheminee du Roi Rene" (Der Kamin des Königs Rene) zu, die 1939 entstand. König Rene aus Aix-en-Provence (1409—1480) war einer der berühmtesten südfranzösischen Minnesänger: ein Troubadour also> dessen Name noch heute in seiner Heimat lebendig ist. Ein Fleckchen, sehr sonnig und im Winter windstill, wohin er täglich zu gehen pflegte, jetzt eine Art Hauptstraße, heißt „Der Kamin des Königs Rene“. Die Sätze der Suite ge stalten im einzelnen folgendes: I. Cortege — Feierlicher Zug, II. Aubade — Morgenständ chen, III. Jongleurs — Gaukler, IV. La Maou- singlade — Name einer Gegend im Gebiet von Aix-en-Provence, wo Milhaud wohnte (wörtlich: schlecht eingerichtet), V. Joutes ^B L’Arc — Wasserspiele (der Arc ist ein Fli^^ chen bei Aix-en-Provence, wo Cezanne sein berühmtes Bild „Badende Mädchen" malte; die Joutes sind Wasserturniere, die in alter Zeit auf dem Fluß stattfanden), VI. Chasse ä Valabre — Jagd in Valabre (ein altes Schlöß chen bei Aix-en-Provence, wo König Rene sei ne Jagdpartien abzuhalten pflegte), VII. Ma drigal — Nocturne: Ausklang der Suite in poe tischer, müd-nächtlicher Stimmung. Programmblätter der Dresdner Philharmonie Redaktion: Prof. Dr. habil. Dieter Hartwig Chefdirigent: Jörg-Peter Weigle — Spielzeit 1986/87 Druck: GGV, BT Heidenau 111-25-16 0,15 JtG 009-23-87 EVP -25 M