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Sonnabend. — Nr. 266. 13. November 1858. Leipzig. Dir Aelmmg «r, schrint mit lutnahme de« Sonntag« ttglich nachmittag« für den folgende» Tag. Preis für da« Vierteljahr lThlr.; jede einzelne Nummer 4 Sigr. MM MlMilic ZcitW. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Lu deziede» durch alle P»ft» amter de« In- und Auslände« sowie durch die Älvedltion in Leipzig lOuergrafic Nr. 8). Lnsertionsgebühr für den Raum einer Aelle 2 Ngr Deutschland. Preußen. ^Serbin, 11. Nov. Von den entlassenen Ministern hat biSjetzt erst der Ministerpräsident a. D. v. Manteuffel die Stadt ver lassen. Der KrtegSminister Graf v. Waldersee verweilt noch hier, hat im übrigen jedoch seine Wohnung im Kriegsministerium bereits seit einigen Tagen.geräumt. Die HH. v. Bodelschwingh und v. Naumer werden ihre Dienstwohnungen erst zu Ende dieser Woche verlassen. Im übrigen beschäf tigt man sich in amtlichen Kreisen viel mit den bevorstehenden weitern Per sonalveränderungen und Beamtenernennungen, auf welche wir im allgemeinen bereits hingewiesen haben. Ob eS richtig, daß, wie man wissen will, auch für Hrn. v. Zedtlitz ein neuer Polizeipräsident von Berlin werde ernannt und dieser Posten dem ehemaligen Landrath DeliuS, dem bekannten Mitglieve deS Hauses der Abgeordneten, werde übertragen werden, muß, wie vieles andere, was in diese Kategorie gehört, dahingestellt bleiben. Die Haupt stadt beschäftigt sich mit den Wahlen, und zwar in des Wortes ausschließ lichster Bedeutung. Die ganze Woche über fanden täglich 20 — 30 — 40 und noch mehr Wahlversammlungen statt. Neber die Stimmung, welche allgemein herrscht, haben wir bereits berichtet; man will keine Demokraten und auch ebenso wenig Neactionäre und sonstige Kreuzzeitungsleute, sonder» nur solch« Leute wählen, welche die neue Regierung ehrlich und entschieden unterstützen. Zu verkennen ist nicht, daß von der Kreuzzeitungspartei alles Mögliche aufgeboten wird, nm wenigstens hier und da noch die Majorität zu erlangen. Der „Treubund" hat wieder ein Lebenszeiten von sich ge geben und einen Aufruf an die „geliebten Bundesbrüder" erlassen. In den jenigen Wahlbezirken, wo die „Partei" nur einigermaßen vertreten ist, er scheint sie förmlich organisirt mit ihren Truppen auf dem Kampfplatz. Das ist indessen eben nur ausnahmsweise in einigen Wahlbezirken der Fall und es ist ein nachtheiliges Resultat davon bei den später» Abgeordnetenwahlen nicht zu befürchten. Ebenso wenig ist auch von dem unnennbaren Weh, welches das liebe Herz der Kreuzzeitung jetzt zerdrückt, eine Trübung der herrschenden Stimmung zu befürchten. Heute spricht das fromme Blatt mit verbissener Wuth, dann wieder mit scheinbarer Resignation, dann wieder mit jenem „loyalen" CynismuS, welcher eben nur das Eigenthum der Kreuz- zcitung ist. Besonders muß eine gewisse crtravagante Wahlansprache aus Königsberg herhalten, um, in der Perspective, gewissermaßen auf die Folgen hinzuweisen, welche der eingetretenc Umschwung der Dinge herbeiführe» könne. Mag die Kreuzzeitung sich beruhigen. Auch wir erkennen in jener demokratischen Doctrin Ertravaganzen, aber eben nur Extravaganzen und sonst nichts, und obendrein noch solche Extravaganzen, welche durchaus ver einzelt dastehen. DaS preußische Volk will von alledem nichts wissen; cs schart sich einmüthig um den Prinz-Regenten und das neue Ministerium. Das Resultat der Wahlen wird hierauf die beste Antwort geben. Uebrigcnö sind solche Ertravaganzen bei einer freien Wahlagitation, wie sie uns jetzt durch den erleuchteten Willen des Prinz-Regenten wieder zurückgegcben ist, niemals zu vermeiden. Solche Auswüchse sind von einem gesunden Volks leben nun einmal nicht zu trennen, und so wenig wir unsererseits an diesen Auswüchsen an und für sich uns erfreuen können, so müssen wir der Kreuz- zettung doch sagen, daß auch eine zehnfach verbreitetere Erscheinung dieser Auswüchse uns bei weitem nicht so schlimm erscheinen würde, als auch nur ein einziger Tag deS wiüs Gott nun ein für allemal abgcthancn gesetz losen KreuzzeitungSregiments. Die Kreuzzeitung ist wahrlich die letzte, die Ursache hätte, jetzt den Mund so voll zu nehmen. Jene vereinzelten demo kratischen Wahlkundgebungen haben wenigstens daS Gute, daß sic offen sind, während auf einer gewissen andern Seite unter der MaSke der Loyalität das Banner der Schamlosigkeit aufgestellt wird. Steht an der Spitze eines demokratischen Wahlprogramms „Ehrfurcht vor dem Staatsoberhaupt", so ist das, insofern man ans vcm Worte „Staatsoberhaupt" allenfalls auch etwas Anderes als „monarchisches Staatsoberhaupt" herauSdcuten kann, in unserm Preußen nicht gefährlich, sonder» «ur lächerlich, währenb es doch in der That einen ganz andern Charakter hat, wen» man das zukünftige Staatsoberhaupt von den gemeinsten Spionen verfolgen läßt. Jedoch — liabeat sibil Die Kreuzzcitung hat allerdings Ursache, sich zu ärgern, und so ärgere sie sich denn in Gottesname». Der Auögang der Wahlen in der Hauptstadt wird ihr aufs neue Veranlassung dazu geben. Nicht einen einzigen ihrer Eandidaten wird sie durchsetzen, und selbst auch nicht einmal einen von jene» Halben, welche sich bloS aus Gutgcsinntheit der herrschen den Richtung anzubequcmen gewohnt sind. Klar, wie die Situation ist, so werden auch die Wahle» auöfallen. ? Gorlin, 11- Nov. Wie wir andeuten hören, wird die Fran Prin- zesin von Prenßen am 18. Nov. hier erwartet. Bekanntlich feiert die Fran Prinzessin Friedrich Wilhelm am 21. Nov. ihren Geburtstag. — Die Angabe, daß daS Haupt des gegenwärtigen Ministeriums, der Fürst zu Hohcnzollern-Sigmartngcn, das Commando über daS 7. Armce- corps erhalten werde, scheint immer fester» Halt zu gewinnen. In diesem j Falle wurde derselbe aber, wie man versichert, in Düsseldorf rcsidtren. An der Bestätigung dieser Angabe würde die Schlußfolgerung mit einiger Si cherheit gezogen werden können, daß der genannte Fürst an der Spitze deS StaatsministcriumS nur noch etwa bis zur Eröffnung deS allgemeinen Land tags bleiben und dann daS Commando deS 7. ArmeccorpS übernehmen werde. Derselbe würde sich in jedem Falle daS hohe Verdienst uni daS preu ßische Vaterland erworben haben, daß er zur Einführung des neuen Mi nisteriums und zur festen Grundlegung für dasselbe das Seinige beige tragen habe; »in Verdienst, wodurch sein Name in die Jahrbücher der Preußischen Geschichte auf das ehrenvollste eingetragen ist. Worauf aber ganz besonderer Werth zu legen ist, das liegt in dem Umstande, daß unter dem Banner des Fürsten die echt conscrvative Richtung deS gesammten StaatSministeriumS sich vor aller Welt entfaltet bat und er dieser in demselben leitenden Richtung die Weihe gegeben und daS Siegel aufgedrückt hat. — Der Geh. LegationSrath v. Gruner, welcher wol mit Bestimmtheit als künftiger Untcrstaatssecretär im auswärtigen Mi nisterium zu bezeichnen ist, dürfte diese Stellung vielleicht schon binnen kur zem übernehmen. Die Entscheidung darüber, mit welchem GesandtschaftS- Posten der Wirk!. Geh. LegationSrath Balan betraut werden wird, scheint nahe bevorzustehcn. In Betreff der erledigten Gesandtschaftsposten sollen noch keine Bestimmungen getroffen sein, da dieser Gegenstand in vielerlei Beziehung noch mannichfacher Erwägungen unterliege. Natürlich ist auf diese Wiederbesetzung die Aufmerksamkeit in hohem Grade gerichtet. — Wie man wissen will, habe der bisherige Directör im hiesigen Eultusministe- rium, Wirkt. Geh. Obcrrcgierungsrath vr. Johannes Schulze, dessen so hohe Verdienste um Preußen bekanntlich bei Gelegenheit seines fünfzigjähri gen DienstjubelfestcS in diesem Sommer vom Staate wie von allen Seiten die ehrendste Anerkennung gefunden haben, den Wunsch kund gegeben, bei seinen vorgerückten Jahren sich in den Ruhestand begeben zu dürfen. Mit Sicherheit möchte anzunehmen sein, daß der gegenwärtige CustuSminister bei seiner so vollen Würdigung deS gefeierten Staatsmanns nnr mit dem größten Widerstreben diesem Wunsch desselben schließlich Folge geben werde. — Di« Preußische Correspondenz bringt folgende» Artikel „Zu de» Wahlen": In den nächsten Tagen soll aus den Wahlurnen eine Neugestaltung der hohen Versammlung hcrvorgehen, welche durch die Landesverfassung berufen ist, an dem Ausbau unserer Gesetzgebung einen wichtigen Antheil zu nehmen. Die preußische Nation, in ihrer Treue für das angestammte Fürstenhaus und in ihrer Hingebung für das Wohl des Vaterlandes, wird nicht verkennen, wie ernste Pflichten mit den politischen Rechten verbunden sind, welche das Staatsgrundgcsctz auf so weite Kreise ausgedehnt hat, um der Landesvertrctung eine wahrhaft volksthümliche Grundlage zu geben. Um so ruhiger darf man den Ergebnissen des WahlactS entgegenschcn, als derselbe durch, glückliche Fügung gerade in einen Zeitpunkt fällt, wo das ganze Volk in freudiger Begeisterung sich um den Prinzen schart, welcher mit fester Hand die Zügel der Regierung ergriffen und in seiner ersten Ansprache an die versam melte Landesvertretung die Aufforderung an dieselbe gerichtet hat, in gewissenhafter Pflichterfüllung, in gegenseitigem Vertrauen und in Einigkeit die Fahne Preußens hoch zu tragen. In der That, das einträchtige Zusammenwirken zwischen der StaatS- rcgierung und der Landcsvcrtretung bildet eine wesentliche Bedingung für das Ge deihen de« preußischen Staats in seiner inner» Entwickelung, wie für das Erstarken seiner Machtstellung nach außen, und die bevorstehenden Wahlen richten daher an alle Vaterlandsfrcunde die dringende Mahnung, für ein solches Zusammenwirken nach Kräften thätig zu sein. Die patriotische Bewegung, welche mit der Einrich tung der Regentschaft durch das ganze Land geht, bürgt dafür, daß alle Klassen der Bevölkerung mit aufrichtigem Vertrauen den Männern cntgcgcnkommen wer den, welche der erlauchte Regent zu Organen seines hohen Willens und zu Voll streckern seiner landcsväterlichcn Absichten gewählt hat. Das Streben der Regie rung kann auf kein anderes Ziel gerichtet sein als auf dasjenige, welches der echt hchenzollcrnschc Geist unserer Fürsten sich immer vorgesetzt hat: das Wohl des ganzen Volks, die Vermehrung seiner materiellen Hülfsqucllen, die Wahrung und Ausbreitung seiner geistigen und sittlichen Güter, die Befestigung aller Bürgschaften für die Ehre und Macht der preußischen Krone. Aber damit diese Aufgabe nach allen Seiten hin ihre Er füllung finde, ist es ganz besonders im Hinblick auf die Wahlen an der Zeit, daß alle bcsonncncrn Vaterlandßfreundc voreilige Forderungen zum Schweigen bringen und jeder Bewegung cntgcgcntrctcn, welche über das erreichbare Ziel hinaußgehen und dem Lande die Früchte eines gedeihlichen Fortschritts verkümmern möchte. Die Staatsrcgicrung — im ganzen Lande erhebt sich dagegen keine Stimme des Zwei fel« — ist fest entschlossen, die Bahnen der Verfassung gewissenhaft innczuhalten und die gesunde Entwickelung des Volkslebens mit aller Kraft zu fördern; aber der Weg dahin darf nur mit Vorsicht beschritten weiden und auf ein bestimmtes, durch wirkliche Bedürfnisse vorgczeichnetcs Ziel gerichtet sein. Vor allen, hat die Regierung für da« Recht und die Initiative der monarchischen Autorität cinustehcn, welche unser Vaterland auf die Höhe seiner Macht und seines Ruhms emporgcho- ben hat und welch:r jedes wahrhafte Prcußcnhcrz aufrichtig huldigt. Ehrfurcht für die monarchische Autorität und deren Träger, aufrichtiger Anschluß an die Verfas sung urkd innige Hingebung an die Gcsanimtintcressen des Landes, das sind daher die Grundsätze, deren Verein bei den Wahlen in da« Auge zu fassen sein würde. Möge» alle patriotischen Wähler dahin Mitwirken, daß Männer von bewährter Treue für die angedcuteten Ucberzeugungcn zur Thcilnahmc an der Leitung der öffentlichen Angelegenheiten berufen werken und die Regierung in dem Streben un- telstützcn, überall da« Wohl des Landes nach den hochherzigen Absichten des Re genten zu wahren und zu fördern. Man sicht diesen Artikel als ein« halbosficielle Erläuterung der be»