Volltext Seite (XML)
Donnerstag. Ltiplig. Di« Z-Uuug «r- sch«in» mU Auinahmc de« konntag« »«glich nachmittag« für den folgenden Tag. Preis für da« Vierteljahr 1^ THIr. j jede einzelne Nummer 2 Ngr — Nr. 299. — S3. December 1858. Witscht AIlMi«t -kitW. »Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Zu beziehen durch alle Post ämter de« Zn- und Ausland««, sowie durch die ttlpttuwn in Leipzig lOuerftrahe Nr. S) Tusertionsgebühr für den Raum einer Zeile 2 Ngr. Zur schleswig-holsteinischen Frage. ---Leipzig, 22. Dec. Gibt es noch eine schleswig-holsteinische Frage? In den officiellen Verhandlungen und Beschlußfassungen des Bundestags freilich nicht (denn selbst von der feierlichen Anerkennung des NechtS Hol steins auf die untrennbare Verbindung mit Schleswig, welche der alte Bun destag 1846 aussprach, ist längst nicht mehr die Rede); allein in der öf fentlichen Meinung Deutschlands, in dem Denken und Empfinden der Na tion besteht dieselbe fort wie eine Naturnothwcndigkeit, wie ein politisches und sittliches Postulat, allen gegentheiligen Anstrengungen der Diplomatie zum Trotz. Die Bevölkerung der beiden Herzogthümer selbst hält an ihrer Untrennbarkeit um so zäher fest, je gewaltsamer man sie auseinander zu rei ßen sucht. „Gibt es einen Gedanken, den alle Holsteiner mit der Mutter milch eingcsogen haben, so ist es die Nothwendigkeit der Verbindung mit Schleswig. Ihnen zu sagen, waS angesichts des unter dänischer Herrschaft gemiöhandelten Schleswig Menschlichkeit und Ehre ihnen zu thun gebieten, wäre so überflüssig als unangemessen." Mit Recht hat daher Beseler, dessen neuester Schrift*) wir die eben- angeführten Worte entnehmen, nicht die holsteinische oder die holstein-lauen- churgischc (wie daS officielle bundeötägliche Rubrum dafür jetzt lautet), son dern die schleswig-holsteinische Sache zum Thema seiner staatsrechtlichen und politischen Betrachtungen gemacht. Und wer wäre mehr dazu berufen, an diese brennende Frage Hand anzulegen, als das ehemalige Mitglied der Pro visorischen Regierung und der Statthalterschaft der vereinigten Länder Schles wig-Holstein? Schwer allerdings wird eS sein, „die Fehler von 1851 und 1852 wieder gut zu machen". Die günstige Gelegenheit, die der orientalische Krieg bot, daS Londoner Protokoll zu zerreißen, hat daS Ministerium Manteuffel, wie natürlich, versäumt. Aber verloren geben darf man darum, waS an sich so berechtigt, so nothwendig ist, dennoch nicht. Vieles in den allgemei nen europäischen Verhältnissen ist doch heutzutage für solche Hoffnungen mehr angethan als früher. Rußland, mit innern Verbesserungen beschäftigt und noch an den Wunden deS letzten Kriegs blutend, wird schwerlich Däne mark durch die Hoffnung auf seine thatkräftige Dazwischenkunft in seinem Trotz bestärken. In England hat die öffentliche Meinung wenigstens eini germaßen die wahre Bedeutung und Tragweite der Herzogthümerfrage und die iin Hintergründe derselben lauernden Absichten Rußlands begreifen und würdigen gelernt; vor allem aber ist der Mann dort nicht mehr am Ru der, dessen kurzsichtige oder leichtsinnige Politik damals der russischen Diplo matie in die Hände arbeitete. Oesterreich, welches Preußens und Deutsch lands anderwärts bedarf, wird sich bereiter finden lassen, beider Interessen hier zu unterstützen. Was aber weitaus die Hauptsache, in Preußen selbst ist jene unselige Politik von Olmütz, deren erstes Bußopfcr das unglück liche Schleswig-Holstein war, hoffentlich für immer hinwcggetilgt, und die an ihre Stelle getreten, wird gewiß beeifert sein, nach Kräften gut zu ma chen, was noch gur zu machen ist. Vorderhand freilich scheint kaum etwas Anderes möglich, als die Ein verleibung der deutschen Landestheile, nicht blos Holsteins, sondern auch Schleswigs, in die dänische Monarchie zu verhindern, ebenso die Herab drückung derselben zu dienstbaren und tributären Provinzen des Königreichs. Unter Beibehaltung der Gesammtvcrfaffung würde dies (den Nachweis da für hat Beseler in der gedachten Schrift mit Schärfe geführt) auf die Länge unmöglich sein. Nach dem modernen StaatSbegriff ist „provinzielle" oder „landschaftliche" Selbständigkeit der einzelnen Theile in einem Gesammtstaat «in Widerspruch. Theorie und Praxis verlangen Unterordnung der Theile unter daS Ganze. Dies um so mehr da, wo die Theile so disparat sind wie hier dänische unv deutsche Bevölkerungen, wo daher die einfachste Pflicht der Selbsterhaltung dem auf daS eine Volkselement basirtcn Staate die Un terdrückung des andern zu gebieten scheinen würde, wo ferner „die auSfüh- renden Organe der Verfassung, die Minister für die gemeinschaftlichen und die bcsondern Angelegenheiten, alle vom Könige von Dänemark nach deut scher Convenienz ernannt werden, in Kopenhagen ihren Wohnsitz haben und sich dein Einfluß der dänischen Absichten und Stimmungen gegen die Her- zogthümer nicht entziehen können, während die Vertreter der letzter» in dem gemeinschaftlichen repräsentativen Körper immer in der Minderzahl bleiben werden, und die vereinzelten Ständeversammlungen der deutschen Lande im Kampf mit dem ganzen Regierungsapparat und dem sich allenthalben gel tend machenden Uebergewicht der ihnen in gesammelter Einheit feindlich ge- genüberstehenden dänischen Nation ohnmächtig bleiben müssen". ES gibt daher, nach Beseler's Meinung, für die deutschen Länder, welche dem dänischen Königshause angchören, keine andere Rettung ihrer »yssonalen und historisch berechtigten Selbständigkeit als die Herstellung der rtlffj^Personalunion zwischen ihnen und dem Königreich. Aber nicht völlig " schleswig-holsteinischen Sache im November 1858. Bon Wilhelm Bc- seler" (Bbaunschweig, Schwetschkc u. Sohn). in derselben Weise, wie solche vor 1848 bestand. Durch die Evnstitutio- nalisirung deS Königreichs ist dieS unmöglich gemacht. Der König von Dänemark kann nicht als solcher constitutionell und zugleich als Herzog von Schleswig, Holstein und Lauenburg absolut sein. Unausbleiblich würde der dänische Reichstag dann einen maßgebenden Einfluß auch auf die Verwal tung der Herzogthümer gewinnen. Vielmehr müssen den constitutionell organisirten dänischen Landestheilen die deutschen in der gleichen politischen Verfassung gegenüberstehen; und zwar nicht getrennt, sondern unter einer und derselben Verfassung. Den» eine gemeinsame Gesetzgebung und Ver waltung, wie sie Schleswig und Holstein vor 1848 hatten, ist zwar wol mit einer Zweiheit beratheudcr, nicht aber beschließender Ständeversamm- lungen vereinbarlich. „Die Dänen selbst haben die vollständige Wieder herstellung des Status quo anto unmöglich gemacht — zum Vorthcil der Schleswig-Holsteiner; die dänische Verfassung führte niit Nothwendigkeit zu einer schleswig-holsteinischen — zu der Form des StaatSlebens, welche zu gleich die beste Gewähr für die Aufrechthaltung der reinen Personalunion gegen etwaige Uebergriffe deS dänischen Königs und deS dänischen Volks ist, in welcher allein, wenn solches überhaupt für die Dauer möglich ist, Schleswig Holsteiner und Dänen in Frieden nebeneinander leben können." Sache der holsteinischen Stände wird eS zunächst sein, diese Wahrheit geltend zu machen und sie durch Gründe der StaatSvcrnnnfi wie der Er fahrung zu unterstützen. Mögen sic den Rath eineS ManneS wohl beherzi gen, der für SchleSwig-Holstein so viel gethan hat und demselben noch im merfort, auch in der Verbannung, sein ganzes Interesse und alle seine Geisteskräfte widmet. Deutschland. Die Ermäßigung der Elbzölle, über welche in der letzten Elbschiff- fahrtscommisston kein Einverständniß erzielt werden konnte, soll jetzt auf diplomatischem Wege herbeigeführt werden. Die Mecklenburgische Zeitung meldet auö Schwerin unterm 20. Dec.: „Dem Vernehmen nach sind seitens Preußens und Oesterreichs mit den Negierungen von Hannover, Mecklen burg und Dänen,ark in Bezug auf die Ermäßigung der Elbzölle diploma tische Unterhandlungen angeknüpft worden. Wie man aus Berlin schreibt, ist in dortigen politischen Kreisen, nachdem die jüngst in Hamburg abge- haltene Elbschiffahrtsconferenz wieder nicht daS erwünschte Resultat erlangt hat, die Hoffnung noch nicht aufgegeben, in Hannover, Schwerin und Ko penhagen einen dem Interesse des gesammten Elbverkehrö günstigen Erfolg herbeizuführen." Preußen. Durch Verordnung vom 18. Dec. werden die beiden Häuser des Landtags der Monarchie auf den 12. Ian. k. I. in die Haupt- und Residenzstadt Berlin zusammenberufe». r Berlin, 21. Dec. In mehreren Blättern ist angedeutet worden, die jüngste Anwesenheit des Cardinal-Erzbischofs v. Geissel habe sich auch auf das dem Landtage vorzulegende EhescheidungSgesctz bezogen. Es ist dies eine durchaus unbegründete Angabe. Wie wir hören, waren cs zwei An gelegenheiten, welche bei dem Hiersein deö genannten Kirchenfürsten zur Sprache gekommen sind: die Angelegenheit wegen deö Priesterseminars zu Köln in Beziehung auf den daselbst zu bauenden Centralbahnhof und eine kirchliche Angelegenheit, deren nähere Bezeichnung nicht in unserer Besugniß steht. — Nach hier angekommeucn Briefen auö Florenz ist es noch nicht entschieden, ob der König und die Königin sich später von Rom nach Palermo oder Nizza begeben werden. Der längere oder kürzere Aufenthalt in Rom soll lediglich von dem Befinden deö Königs abhängen. Die Fürstin v. Liegnitz sott bereits srüher die Absicht gehegt haben, diesen Winter in Rom zuzubringcn. Die Briefe sollen sich über den Gesundheitszustand deS Königs in befriedigenderer Weise als bisher aussprechen. Derselbe soll eS auch selbst ausgesprochen haben, daß er sich Wohler fühle. Ein Fernhalten von jeder anstrengenden geistigen Thätigkcit werde indessen streng von, Kö nige beobachtet. — Es ist in den Blättern vielfach von einer beabsichtigten Umbildung des gegenwärtigen Landwehrsystems gesprochen worden. Es hat, wie wir erfahren, allerdings seine Richtigkeit, daß dieser Gegenstand zur Sprache gekommen ist. Bei der tiefcingreifcnden Natur desselben in die verschiedensten Verhältnisse der preußischen Bevölkerung und auf der an dern Seite bei der außerordentlichen Bedeutung desselben für die Wehrkraft Preußens möchte jedoch anzunehmcn sein, daß in der Sache in keiner Weise schon in naher Zeit eine Entschließung bcvorstehen werde, vielmehr die ticf- eingchendfien Erwägungen auS allen dabei in Betracht kommenden Gesichts punkten jeder Beschlußfassung über den Gegenstand vorangehcn dürften, so bald überhaupt seststehen wird, daß in der Sache nunmehr ein Schritt zu thun sei. Von der Wahrheit der Worte deö Prinz-Regenten: „Preußens Heer muß mächtig und angesehen sein, um, wenn es gilt, ein schwer wie gendes polnisches Gewicht in die Wagschale legen zu können", ist jeder