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Mittwoch. — Nr 292. - 15. December 1858. tnPNg. Di» Leitung er- (Leiai m» »«« Lonnr-z» ttzliH nachmiuoq« für den folgende» Tag. Pkti» für da« DieNelfahr >'/, Thlr.; jede einzelne Sr»nmer I Ngr DcMt AllgkMM Ztilmg. «Wahrheit uud Recht, Freiheit und Tesch!» Zu dezlede» durch alle Posi- Lmler de« In- und iluilande«, sowie durch »le Älptduion in Teipsig (Querstraße Sir. S) Änsertionrgebühr für den Raum einer Zelle 2 Ngr. Deutschland und Dänemark, n. — Leipzig, 14. Dec. Wir haben neulich bei Besprechung der Schrift „Deutschland und Dänemark von einem gewesenen Minister" (Nr. 290) unS eine Auseinandersetzung mit dem Verfasser Vorbehalten in Betreff der Erwartungen, welche derselbe von einer glücklichen Lösung deS Conflicts mit Dänemark für dir innern Zustände Deutschlands hegt, Erwar tungen, welchen zu widersprechen wir uns gedrungen fühlen. Der Verfasser nämlich scheint in einem „Politischen Erfolge", den der Deutsche Bund in dem Eonflict mit Dänemark davontrüge, zugleich eine Niederlage, eine cke- äuolio sck sdsurckum deS „Liberalismus" zu erblicken und mit Freuden zu begrüßen, deS Liberalismus, „dessen Hauptstichwort und allgemeinster Par- teiruf eben die Ohnmacht des Bundes, der mangelhafte Schutz verdeutschen Interessen ic. ist". Er meint, wenn der Bund da Erfolge erringe, wo die liherale Partei, „als ste wirklich 1848 eine Zeit lang die Macht in Hände» hatte und von der Paulskirche aus die Lage der Dinge beherrschte, den ebenso beschämenden als endgültigen Beweis geliefert, daß ste der Aufgabe nicht gewachsen sei" — daß dann die Lebensfähigkeit und Zureichendheit des bestehenden Bundessystems schlagend erwiesen und der liberalen Opposition dagegen ihre Waffe auS den Händen genommen sei. UnS, wie gesagt, er scheint die Sache etwas anders. Wir finden im Gegentheil, daß der Bund immer nur dann und nur so lange energisch und erfolgreich in der Streit sache mit Dänemark vorgeschritten ist, wann und wie lange er unter dem Einflüsse liberaler und nationaler Strömungen stand, daß aber mit dem Zurücktrcten dieser jedesmal auch die Thätigkeit des Bundes für die Sache der Herzogtümer und den „Schutz der deutschen Interessen" an jenem so wichtigen Punkte erlahmte. Als der Bundestag vom März 1848 an unter dem Einflüsse deS Vorparlaments, des Funfzigerausschuffes und der durch weg von liberalen Regierungen entsendeten Vertrauensmänner handelte, er folgten jene energischen Schritte gegen Dänemark, die sich unter der vom Parlament eingesetzten Centralgewalt bis zu dem Einrücken der BundeS- truppen in Jütland steigerten. Wenn diese Erfolge leider wieder nachließen und sich zuerst im Waffenstillstände von Malmö, dann im Frieden des Jahres 1850 schmählich im Sande verliefen, so weiß man, welche Einflüsse dies bewirkten— just dieselben, welche auch im Innern Deutschlands den Rückschlag der großen nationalen Bewegung in Particularismus und Neac- tion erst vorbereiteten und später in vollstem Maße verwirklichten. Der Tag von Olmütz, die Wiederherstellung des allen Bundestags, die Auf rechterhaltung deS Staatsstreichs in Kurhessen durch Bundcserecutionstrnp- pen — diese traurigsten Triumphe der Reaetion fallen mähe zusammen und stehe» in einem unleugbaren innern Verhältniß mit dem, was der Ver fasser jener Schrift selbst — in der Behandlung der Herzogthümerfrage sei tens des Bundes — „die Fehler von 1852" nennt. Und will cs der Ver- - faffer etwa als bloßen Zufall hinstcllen, daß die erste etwas energischere Wiederaufnahme jener Frage am Bundestage im Oktober vorigen Jah res genau mit dem Hervortreten eines neuen Geistes in Preußen — in der Person deS jetzigen Prinz-Regenten, damals noch als bloßer Stellver treter des Königs — und daß die endliche Durchsetzung der Forderungen des Bundes genau mit der zweiten, entschiedenern Wendung ehcndort, mit der Einsetzung der Regentschaft in Preußen und der Umgestaltung der Re gierung im liberalen und deutschen Sinne, zusammenfiel? Aber der Bund würde, wenn Dänemark nicht nachgegeben hätte, die Erccution beschlossen haben. Nach den nachträglich bekannt gewordenen An trägen des Ausschusses ist dies allerdings wahrscheinlich. Aber, zuerst, find nicht auch diese Anträge schon unter dem Einflüsse des neuen Geistes in Preußen zu Stande gekommen? Und sodann, würde wol — ohne die trei bende Kraft dieses Geistes — der Bundestag auch noch den letzten, erst alles entscheidenden Schritt gethan, würde er bewaffnete Erecution gegen die dä nisch-holsteinische Regierung wirklich vollzogen haben? Die Frankfurter Postzeitung freilich wird uns diesen Zweifel sehr übel nehmen. Sie hat es uns schon sehr übel genommen, daß wir gesagt: ohne ein energisches Vorgehen Preußens scheine die andere deutsche Großmacht entweder nicht in der Lage oder nicht geneigt, entscheidende Schritte zu thun. Gleichwol haben wir Hierin nur eine Thatsache formulirt, welche die öster reichische Regierung selbst auf die allerofficiellste Weise constatirt und öffent lich dargelegt hat. Und zwar in einer Angelegenheit, welche noch weit mehr eine specifisch österreichische als eine gemeinsame deutsche war, wo also für Oesterreich die Veranlassung und der Antrieb zum energischen Vorgehen weit näher lag als in der Frage der nordalbingischen Herzogthümer. Wer erinnert sich nicht, welche Mühe sich während deS orientalischen Krieges das wiener Cabinet gab, Preußen und mit ihm das übrige Deutschland in eine entscheidendere Stellung zu de» kriegführenden Mächten hineinzudrängen, und wie es das MiSlingen aller dieser Versuche als Grund den West mächten gegenüber geltend machte, weshalb cö selbst keinen activcn Antheil am Kriege nehmen könne? Wir schließen nun, und gewiß mit gutem Fug' so: wenn Oesterreich damals, wo eine active Bctheiligung am Kriege ihm selbst so bedeutende Vortheile versprach, dennoch nicht wagte, einen derar tigen Schritt zu thun, ohne der energischen Mitwirkung Preußens versichert zu sein, so dürste es doch wol doppelt zweifelhaft gewesen sein, ob, wenn z. B. Dänemärk der bewaffneten Erecution sich nicht gutwillig gefügt, wenn es Widerstand versucht, vielleicht den Beistand der Großmächte angerufen hätte, ob Oesterreich dann dabei beharrt sein würde, activ gegen Däne mark vorzugehen, wenn und solange es der entschiedenen und ausharrenden Mitwirkung Preußens nicht versichert war, wie es dies unter dem Mini sterium Manteuffel in der That niemals sein konnte. Daß dies so ist, davon liegt der Grund in bekannten Verhältnissen der innern Lage deS Kaiserstaats. Daß wir diese notorische Thatsache aus sprechen, kann so wenig für Oesterreich als eine Verletzung gedeutet wer den, als eS für Preußen hoffentlich eine sein sollte, wenn österreichische Organe — und gerade eben jenes frankfurter Blatt, welches sich über jene unsere Bemerkung so "fahr ereifert — von demselben ausfagten: cs sei sei nen natürlichen Verhältnissen, seiner Größe und BcvölkerungSzahl nach „eigentlich gar keine Großmacht". In jenem wie in diesem Falle ward eben 'nur etwas Thatsächliches ausgesprochen und anerkannt, um daran — so nehmen wir von der Frankfurter Postzeitung an und so können wir we nigstens von uns versichern — nur durchaus wohlmeinende Schlußfolge rungen zu knüpfen. Unsere Schlußfolgerung in dem gedachten Falle würde etwa so lauten: Weil Oesterreich durch seine innern Verhältnisse gehindert ist, mit voller Freiheit zu handeln, wenn es nicht an Preußen und Deutsch land einen entschiedenen Rückhalt hat, so erfordert das eigene Interesse Oesterreichs, Preußen und Deutschland möglichst stark und einig sein zu lassen, wie andererseits Preußen und Deutschland die Pflicht und daS In teresse haben, daS stamm- und bunteSverwandte Oesterreich gegen Angriffe von Osten und von Westen zu schützen? Ist die Frankfurter Postzeitung mit dieser Erklärung zufrieden? Deutschland. LI Frankfurt a. M., 12. Dec. Es geht hier in den letzten Tagen daS Gerücht, daß der König von Dänemark dem hiesigen holsiein-lauen- burg-dänischen Gesandten beim Bundestage, Kammerherrn v. Bülow, daS Portefeuille des Ministeriums für die Herzogthümer angetragen habe. Diese Ernennung wäre vielleicht keine so ganz unpassende, da Hr. v. Bülow kei neswegs ein Anhänger der radikalen dänischen Partei und außerdem eine sehr beliebte Persönlichkeit in diplomatischen Kreisen ist. — Bekanntlich ist die Aufhebung der Durchfuhrzölle in der Zoll con seren z zu Hannover an dem Widerspruche Badens gescheitert. Doch soll, wie der Kölnischen Zeitung aus Mainz geschrieben wird, ein Com- promiß durch Vermittelung Oesterreichs und Preußens angebahnt sein, dem Vernehmen nach dahin gehend: daß Bade» an dem Maße seiner Forde rung (Ermäßigung des Zolles auf nachläßt und einen größern Bruchtheil substituirt, jedoch unter der Bedingung^ daß die weitere Ermä ßigung im Laufe eines genau voraus zu bestimmenden Zeitraums erfolge. Nehmen Nassau und Hessen diesen Compromiß an, so wird Baden der Aufhebung der Durchfuhrzölle zustimmen. Preußen. Die Preußische Zeitung sagt: „Das lebhafte Interesse, wel ches sich an die berliner Wahlen knüpft, wendet sich auch den Nachwahlen im dritten und vierten Wahlbezirk zu. Die nach längern Vorbcrathungen im erstern erfolgte Wahl des Hrn. Diesterweg weicht im wesentlichen nicht von dem Charakter ab, der die Wahlen der Hauptstadt in so befriedigender Weise bezeichnet hat. Keineswegs dagegen befand sich damit die Kandidatur des Hrn. v. Kirchmann in Uebereinstimmung, der, im Widerspruch mit dem hierin befolgten Verfahren seiner namhaftesten politischen Gesinnungsge nossen, sich' angelegentlichst um ein Mandat für das Abgeordnetenhaus be warb. Jene traten bekanntlich von der Candidatur zurück, weil sie von ihrer Anwesenheit in der Landesvcrtretung weder eine Förderung ihrer politischen Bestrebungen erwarteten, »och dafür hielten, daß dieselbe mit der gegen wärtigen Situation im Einklang sei. Wir glauben nicht, daß die Stellung, welche Hr. v. Kirchmann, mit Hinblick auf die Vorgänge der Epoche, in welcher er und seine Partei eine thätige Rolle spielten, einnimmt, ihn irgendwie mehr als einen seiner politischen Freunde für eine Wirksamkeit im Abgeordnetenhause geeignet erscheinen läßt. Ja eher dürfte in dieser Be ziehung die entgegengesetzte Auffassung am Platze sein. Der Ausfall der Abstimmung, bei welcher die Candidatur des Hrn. v. Kirchmann gänzlich von der des Hrn. Diesterweg verdrängt wurde, ist nur ein Beleg für die richtige Erkcnntniß der Thatsache seitens der Wählerschaft, daß die Wahl des erstern zum Abgeordneten von der Negierung durchaus nicht als eine solche hätte betrachtet werden können, durch die man ihr habe Vertrauen oder Unterstützung bezeigen wollen."