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3. Kapitel Paul und Peter ungerührt, grad, als wäre nichts passiert, ruhn in ihrem Schlafgemach; denn was fragen sie danach. Ein und aus durch ihre Nasen säuselt ein gelindes Blasen. Plisch und Plum hingegen scheinen noch nicht recht mit sich im reinen in betreff der Lagerstätte, schließlich gehn auch sie zu Bette. Unser Plisch gewohnterweise dreht sich dreimal erst im Kreise. Unser Plum dagegen zeigt sich zur Zärtlichkeit geneigt. Denen, die der Ruhe pflegen, kommen manche ungelegen. „Marsch!" mit diesem barschen Wort stößt man sie nach außen fort. — Kühle weckt die Tätigkeit; Tätigkeit verkürzt die Zeit. Sehr willkommen sind dazu hier die Hose, da der Schuh, welche, eh' der Tag beginnt, auch bereits verändert sind. Für den Vater, welch ein Schrecken, als er kam und wollte wecken. Der Gedanke macht ihn blaß, wenn er fragt: „Was kostet das?" Schon will er die Knaben strafen, welche tun, als ob sie schlafen. Doch die Mutter fleht: „Ich bitt dich, sei nicht grausam, bester Fittig!“ Diese Worte liebevoll schmelzen seinen Vatergroll. Paul und Peter ist’s egal. Peter geht vorerst einmal in zwei Schlapp-Pantoffeln los, Paul in seiner Zackenhos’. Plisch und Plum, weil ohne Sitte, kommen in die Hundehütte. „Ist fatal!“ bemerkte Schlich, „Hehe! aber nicht für mich!" 4. Endlich fing im Drahtgehäuse sich die frechste aller Mäuse, welche Mama Fittig immer, bald im Keller, bald im Zimmer, und besonders bei der Nacht fürchterlich nervös gemacht. Dieses gibt für Plisch und Plum ein erwünschtes Gaudium; denn jetzt heißt es: „Mal heraus, alte, böse Knuspermaus!“ Husch, des Peters Hosenbein, denkt sie, soll ihr Schutz verleihn. Plisch verfolgt sie in das Rohr, Plum steht andrerseits davor. Knipp! in sein Geruchsorgan bohrt die Maus den Nagezahn. Plisch will sie am Schwänze ziehn Knipp! am Ohre hat sie ihn. Siehst du wohl, da läuft sie hin in das Beet der Nachbarin. Kritzekratze, wehe dir, du geliebte Blumenzier! Madam Kümmel will soeben Kapitel öl auf ihre Lampe geben. Fast wär’ ihr das Herz geknickt, als sie in den Garten blickt. Sie beflügelt ihren Schritt, und die Kanne bringt sie mit. Zornig, aber mit Genuß, gibt sie jedem einen Guß; erst dem Plisch und dann dem Plum. Scharf ist das Petroleum; und die Wirkung, die es macht, hat Frau Kümmel nicht bedacht. Aber, was sich nun begibt, macht Frau Kümmel so betrübt, daß sie, wie von Wahn umfächelt ihre Augen schließt und lächelt. Mit dem Seufzerhauche: Uh! stößt ihr eine Ohnmacht zu. Paul und Peter, frech und kühl, zeigen wenig Mitgefühl; fremder Leute Seelenschmerzen nehmen sie sich nicht zu Herzen. „Ist fatal!" bemerkte Schlich. „Hehe! aber nicht für mich!“ 5. Zugereist in diese Gegend, noch viel mehr als sehr vermögend, in der Hand das Perspektiv, kam ein Mister namens Pief. Kapitel „Warum soll ich nicht beim Gehen", sprach er, „in die weite Ferne sehen. Schön ist es auch anderswo, und hier bin ich sowieso." Hierbei aber stolpert er in den Teich und sieht nichts mehr. „Paul und Peter, meine Lieben, wo ist denn der Herr geblieben?" fragte Fittig, der mit ihnen hier spazierenging im Grünen. Doch, wo er geblieben war, wird ihm ohne dieses klar. Ohne Perspektiv und Hut steigt er ruhig aus der Flut. „Alleh, Plisch und Plum, Apport!" tönte das Kommandowort. Nun gewöhnt an das Parieren, tauchen sie und apportieren das Vermißte prompt und schnell. Mister Pief sprach: „Weriwell! Diese zwei gefallen mir! Wollt ihr Hundert Mark dafür?" Drauf erwidert Papa Fittig ohne weitres: „Ei, da bitt ich!“ Er fühlt sich wie neu gestärkt, als er soviel Geld bemerkt. „Also, Plisch und Plum, ihr beiden, lebet wohl, wir müssen scheiden, ach, an dieser Stelle hier, wo vor einem Jahr wir vier in so schmerzlich süßer Stunde uns vereint zum schönen Bunde. Lebt vergnügt und ohne Not, Beefsteak sei euer täglich Brot!“ Schlich, der auch herbeigekommen, hat dies alles wahrgenommen. Fremdes Glück ist ihm zu schwer. „Recht erfreulich!" murmelt er, „aber leider nicht für mich!" Plötzlich fühlt er einen Stich! kriegt vor Neid den Seelenkrampf, macht geschwind noch etwas Dampf, fällt ins Wasser, daß es zischt, und der Lebensdocht erlischt. — Einst belebt von seinem Hauche, jetzt mit spärlich mattem Rauche glimmt die Pfeife noch so weiter und verzehrt die letzten Kräuter. Noch ein Wölkchen blau und kraus - Phüüüüüüttt! ist die Geschichte aus. Johann Sebastian Text: Picander Bach — Kaffeekantate BWV 211 Rezitativ Tenor: Schweigt stille, plaudert nicht und höret, was jetzund geschieht: Da kömmt Herr Schlendrian mit seiner Tochter Lieschen her; er brummt ja wie ein Zeidelbär; hört selber, was sie ihm getan! Arie Bass (Schlendrian): Hat man nicht mit seinen Kindern hunderttausend Hudelei! Was ich immer alle Tage meiner Tochter Lieschen sage, gehet ohne Frucht vorbei. Rezitativ Bass und Sopran (Schlendrian und Lieschen): Du böses Kind, du loses Mädchen! Ach, wenn erlang ich meinen Zweck: tu mir den Coffee weg! Herr Vater, seid doch nicht so scharf! Wenn ich des Tages nicht dreimal mein Schälchen Coffee trinken darf, so werd’ ich ja zu meiner Qual wie ein verdorrtes Ziegenbrätchen. Arie Sopran (Lieschen): Ei! Wie schmeckt der Coffee süße, lieblicher als tausend Küsse, milder als Muskatenwein. Coffee, Coffee, Coffee muß ich haben, und wenn jemand mich will laben, ach, so schenkt mir Coffee ein! Rezitativ Bass und Sopran (Schlendrian und Lieschen): Wenn du mir nicht den Coffee läßt, so sollst du auf kein Hochzeitsfest, auch nicht spazieren gehn.