DRESDNER PHILHARMONIE Mittwoch, den 12. April 1978, 20.00 Uhr Donnerstag, den 13. April 1978, 20.00 Uhr Festsaal des Kulturpalastes 9. ZYKLUS-KONZERT und 9. KONZERT IM ANRECHT C Valentin Rathgeber 1682-1750 Rolf Lukowsky geb. 1926 Wolfgang Amadeus Mozart 1756-1791 Johann Sebastian Bach 1685-1750 HEITERE MUSIK AUS DREI JAHRHUNDERTEN Dirigent: Johannes Winkler Solisten: Helga Termer, Dresden, Sopran Peter Menzel, Dresden/Berlin, Tenor Wolfgang Hellmich, Dresden, Baß Chöre: Philharmonischer Kammerchor Dresden Leitung: Herwig Saffert Kinderchor der Dresdner Philharmonie Leitung: Wolfgang Berger Klavier: Ingeborg Friedrich Zwei Quodlibets aus „Ohrenvergnügendes und Gemüthergötzendes Tafel-Confect“ für Solo, Chor und Basso continuo Von der Solmisation in der Music Fratres exultate, was hilft uns traurig seyn Plisch und Plum — Eine vergnügliche Geschichte von Wilhelm Busch für Kinderchor und Instrumente Uraufführung PAUSE Ein musikalischer Spaß F-Dur KV 522 Allegro Menuett (Maestoso) Adagio cantabile Presto Schweigt stille, plaudert nicht - Kantate für Sopran, Tenor, Baß, Orchester und Basso continuo BWV 211 (Kaffeekantate) Rezitativ Tenor: Schweigt stille, plaudert nicht Arie Baß (Schlendrian): Hat man nicht mit seinen Kindern hunderttausend Hudelei Rezitativ Baß/Sopran (Schlendrian/Lieschen): Du böses Kind Arie Sopran (Lieschen): Ei! Wie schmeckt der Coffee süße Rezitativ Baß/Sopran (Schlendrian/Lieschen): Wenn du mir nicht den Coffee läßt Arie Baß (Schlendrian): Mädchen, die von harten Sinnen Rezitativ Baß/Sopran (Schlendrian/Lieschen): Nun folge, was dein Vater spricht Arie Sopran (Lieschen): Heute noch, lieber Vater, tut es doch Rezitativ Tenor: Nun geht und sucht der alte Schlendrian Terzett Sopran, Tenor, Baß: Die Katze läßt das Mausen nicht ZUR EINFÜHRUNG Das Quodlibet (lat., was beliebt) war eine von den Meistern des 16.—18. Jahr hunderts gern gepflegte, lockere Form der Vokalmusik. Durch die beliebige Verknüpfung absichtlich unzusammenhängender Texte, Liedmelodien, Liedan fänge oder Liedzitate wurden spaßhafte, humoristische Wirkungen hervorge bracht. Besonders bei den Scholaren und Studenten war dieses gesellige Mu sizieren überaus beliebt. Bereits ein Spätstadium der Gattung repräsentieren die in Kantaten-, ja Singspiel-Nähe stehenden Quodlibets von Valentin Rathgeber, der 1733 in Augsburg sein „O h r e n - v e r g n ü g e n d e s und Gemüth-ergötzendes Tafel-Confect... Zur angeneh men Zeit-Vertreib und Aufmunterung melancholischen Humeurs aufgetragen und vorgesetzt von einem recht gut-meinenden Liebhaber" anonym zu veröffentli chen begann. Seine vornehmlich auf lustigen Texten und Textkombinationen be ruhenden Quodlibets haben nur noch eine humoristische Tendenz, besitzen nicht mehr das Sprunghafte, Buntscheckige des alten Zitaten-Quodlibets. Rathgeber war Benediktiner, hatte aber zur Zeit des „Tafel-Confects", dem unsere beiden Quodlibets „Von der Solmisation in der Music" und „Fratres exultate, was hilft uns traurig seyn" entstam men, das Kloster ohne Erlaubnis verlassen, um ganz Süddeutschland jahrelang zu bereisen. Die Solmisation, der schulmäßige Gesang auf Tonsilben, hat die Komponisten immer wieder zu scherzhafter Auseinandersetzung angeregt. Auch Telemanns ironische „Schulmeister-Kantate“ gehört dazu. Rathgeber schrieb eine Art von Couplet mit solmisierten Fugenteilen. Rolf Lukowsky wurde 1926 in Berlin geboren. Nach dem zweiten Welt krieg war er zunächst Landarbeiter, dann Fotograf und schließlich Lehrer. 1954 bis 1956 studierte er Musikerziehung an der Martin-Luther-Universität Halle, absolvierte anschließend eine Aspirantur an der Humboldt-Universität Berlin, wo er danach bis 1964 als Dozent und Universitätsmusikdirektor wirkte. Hier promovierte er 1959 und habilitierte sich 1961. Seit 1964 ist er als freischaffen der Komponist und Dirigent tätig, mit vielen Laien-Chören und -ensembles ständig zusammenarbeitend. Als musikalischer Leiter der AURORA-Reihe des VEB Deutsche Schallplatten wirkte er mit Ernst Busch eng zusammen. Außer dem ist er Leiter des Studio-Chores Berlin. Rolf Lukowsky erhielt für sein künst lerisches Wirken zahlreiche staatliche und gesellschaftliche Auszeichnungen. Sein kompositorisches Oeuvre umfaßt hauptsächlich Vokalmusik, etwa 500 Lieder, Chorzyklen, Kantaten, A-cappella-Poeme, aber auch einige Instrumentalkom positionen. Mit der reizvollen Vertonung der vergnüglichen Wilhelm-Busch-Ge schichte „Plisch und Plum" für Kinderchor und Instru mente wollte er die heitere Kinderchorliteratur bereichern. Das kammermu sikalische Instrumentarium besteht aus Flöte, Oboe, Klarinette, Fagott, Horn, Klavier und Kontrabaß. Ein musikalischerSpaß, KV 522, ist der Titel eines humoristischen Werkes, das Wolfgang Amadeus Mozart 1787 schrieb. Es handelt sich dabei um eine kleine viersätzige Sinfonie mit Menuett für Streichorchester und zwei Hörner, in der Mozart die Arbeit eines Dilettanten, eines komponie renden Stümpers in geistreicher Weise aufs Korn nimmt und karikiert. Dieses ergötzliche Erzeugnis Mozartschen Humors wird oft unter der nicht der Ab sicht des Komponisten entsprechenden Bezeichnung „Dorfmusikanten-Sextett" kammermusikalisch aufgeführt. Doch ist — das geht auch aus der doppelt ge schriebenen Stimme der 2. Violine des Autographs hervor — Orchesterbeset zung für das Werk gefordert. „In einer, insbesondere für den Sachkenner, un glaublich komischen Weise wird der Kompositionsversuch eines Stümpers per sifliert: durch leere, kurze, wiederholte Themen, oft nur durch Begleitungsfigu-