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5. September 1858 Nr 207. — DkiWt Allgtmm -kitmg Wahrheit >»b Recht, Freiheit uud Ersetz!» Zu beyebrn durch alle Peft- amier des 2n- und Auslände«, sowie durch die Brpetnivn iw Leipsig sOucrstraße Nr. V). Inscrlionogedühr ür den Raum einer Zeile 2 Ngr. prei» fiir da« Vierteljahr l'/, Thlr.; jede einzelne Nummer i Ngr. Sonntag. t»iplig. ^Pie Zeitung rr- stheint mit Ausnahme de« Senntug« täglich nachmillag« für d»N folgenden Tag Deutschland. Die officielle Ne.ue Hannoversche Zeitung enthält unter Hannover vom 2. Sept, folgenden Artikel über die Durchgangszölle vor der Gene- ralzoltconferenz: „In verschiedenen preußischen Blättern und Korrespon denzen auS -Bcxlin findet sich die Nachricht, daß von feiten Preußens die Aufhebung der Durchgangs^ölle bei der Generalzollconferenz in Antrag ge bracht sei und lebhaft befnrwortet werde. Diese, unsers Wissens biSjetzt nirgends angefochtene Nachricht beruht leider auf einem Jrrthum. Denn wenn wir recht unterrichtet sind, ist eS nicht Preußen, sondern Hannover, welches die allgemeine Beseitigung der Durchgangsabgaben in Antrgg gebracht hat und dabei zwar von mehreren Vereinsregierungen, aber nicht von Preußen unterstützt wird. Letzteres will allerdings unter Umständen wol eine Ermä ßigung der Dprchgangszöllc zugestehen, glaubt aber für jetzt dem vielseitig ausgesprochenen und sicherlich wohlbegründeten Verlangen nach einer gänz lichen Entfesselung de» unter der Cqncurrenz der Nachbarstaaten so schwer leidenden zollvereinSlqndischen Transitverkehrs noch nicht stattgeben zu kön nen. Inwieweit auch andere Vereinsregierungen einer befriedigenden Ver ständigung über diese wichtige Angelegenheit Hindernisse in den Weg legen, vermögen wir mit Sicherheit nicht zu sagen. Indessen scheint allerdings die von einigen Zeitungen gemachte Mittheilung nicht allen GrundeS zu ent behren, daß von gewisser Seite die Aufhebung oder Ermäßigung der Durch- gangSzölle von einer gleichzeitigen Aufhebung resp. entsprechenden Ermäßi gung der Rhcinzölle abhängig gemacht werden wolle. Es wäre dieses sehr zu beklagen, weil damit das Mindeste, waS man zu erwarten berechtigt ist, eine Herabsetzung der Durchgangszölle, leicht wieder in Frage gestellt wer den könnte." Preußen. ^Posen, 3. Sept. Die Aufregung infolge deö Jesui- tenskandalS in Graudenz hatte kaum etwas nachgelassen, als man in der klerikalen Augsburger Postzeitung den Hirtenbrief des Hrn. v. Marwitz, Bischofs von Kulm, las, wodurch mitten in einem evangelischen Lande einem Acte der offenbaren Verhöhnung deS Protestantismus das bischöfliche Sie gel aufgedrückt wird- (Nr. 204.) Die Entrüstung darüber hat unter den Aka- tholiken den höchsten Grad erreicht, und selbst alle besonnenen Katholiken schütteln den Kopf zu einer Encyklika, welche die konfessionelle Zwietracht im höchsten.Grade aufstachelt und gleichzeitig sich das Ansehen gibt, Liebe und Eintracht zu verkündigen. Nur der bildungslose niedere Volkshaufe sowie die protestantischen Jxsuiten können ein solches Verfahren in der Ordnung fin den. Ob die Negierung einschreiten werde, darüber erfährt man noch nichts. — Der Landwehrmann, dessen Verwundung neulich berichtet worden ist (Nr. 202), lebt und wird auch am Aben erhalten werden, da seine Wunde sich njcht als lebensgefährlich hcrauSgestcllt hat. — Von Wahlbewegun gen ist bisher hier noch nichts wahrnehmbar; die verschiedenen Parteien verhalten sich noch ganz theilnahmlos. Zunächst steht uns freilich eine neue Oberbürgermeisterwahl bevor, die im Laufe dieses Monats statthaben muß, da die Dienstzeit deö jetzigen Hberbürgermcisters bis zum 1. April 1859 abläuft. Kurhessen. Marburg, 31. Aug. Die hier schon längere Zeit be stehende Jrvingianergcmeinde, welcher die Ausübung des öffentlichen Gottesdienstes untersagt war, hat nun seit kurzem die Erlaubniß hierzu erhalten, und wohnte demselben vorgestern Hr. Pochhammer auS Magde burg bei, welcher gegenwärtig Noch hier verweilt. (Frkf. I.) Thüringische Stgaten. Koth«, 2. Sept. Die hiesige Polizei hat in Bezug auf das während des gegenwärtigen Vogelschießens stattfindende Hazardspiel auf dem Schützenhofc eine Verordnung erlassen, nach wel cher Almosenempfänger und Unmündige zum Spielzimmer nicht zugelaffen werden, der städtische Kommissar sowie die untern Polizeibeamten aber stets freien Zutritt haben und für das übrige Publikum die Lösung einer (mit dem stadträthlichen Stempel versehenen) Karte im Preise zu 1 Thlr. nöthig ist, um diesen Zutritt zu erlangen. Für die, welche aus dem Spielzimmer sich entfernen wollen, werden RetourbilletS nicht gegeben, sodaß jeder Rück- kehrende von neuem 1 Thlr. bezahlen muß. Zugleich ist, um dem Andrangc Unbemittelter zu begegnen, das sogenannte Damenroulette verboten, bei welchem der Einsatz nur 5 Sgr, betrug., Man hat bemerkt, daß die Fre quenz heS Spielzimmers in diesem Jahre weit geringer ist als in den Vor jahren. -, . (Weim. Z.) Schleswig-Holstein. aufFöhr, 28. Ang. Von diesem nor dischen Seebade wird der Spener'schen Zeitung nachstehender Vorfall erzählt, der einen neuen Beweis von dänischer Arroganz liefert: „Am 24. Aug. wollte der preußische Rittergutsbesitzer Hr. v. Rochow, ein älterer und durchaus ruhiger Herr, mit einer kleinen, lediglich ans Preußen bestehenden Gesellschaft eine Segelfahrt machen, hatte ein größeres Boot gemicthet und eine aus einem schwarzen und einem weißen Streifen bestehende Flagge mit- gcbracht, die er auf dem großen Maste aufhiffcn ließ. Das Boot war un gefähr 50 Schritte vom Strande entfernt, als es der dänische Landvogt, der mit zwei andern dänischen Beamten auf dem Sandwall promenirte, an sichtig wurde und trotz deS ihm von den letzter» ertheilten RatHS, die Gache gehen zu lassen, herabstürzte und in der brutalsten Weise der Gesellschaft zuschrie: «Herunter, herunter mit der Flagge — herauf mit der LandeS- flagge!» (der dänischen). Da der Schiffer dieser Weisung gehorchen mußte, mußte man sich natürlich fügen; aber als Hr. v. Rochow zurückgekehrt war, beschwerte er sich sofort über dieses Benehmen bet dem hiesigen preußischen Konsul, Hrn. Heymann; derselbe, sonst gern und überall bereit, den an wesenden Preußen mit Rath und That zu Diensten zu stehen, erklärte je doch, daß er sich unter den jetzigen Verhältnissen in diese delicate Ange legenheit um so weniger mischen wolle, als der preußische Generalconsul, vr. N. Ouehl, aus Kopenhagen am 26. Aug. auf einer Dienstreise Föhr berühren werde und sie ihm die Sache vortragen könnten. So mußten sich denn die Preußen gedulden mit dem freilich sehr unbehaglichen Gefühl, auf diese Weise ihre Farben verletzt zu sehen. Hr. Ouehl traf richtig am 26. Aug. mit dem Dampfschiffe von Husum ein; er erwiderte dem Beschwerde führer, der sich sogleich bei ihm eingefunden, daß allerdings nach denLan- desgesetzcn (waS die hier anwesenden Fremden nicht wissen konnten, da eS nirgends angeschlagen steht oder bekannt gemacht ist) nur die fremden Con- snlarbeamten das Vorrecht hätten, auf von ihnen gemietheten Fahrzeugen ihre Nationalflagge zu führen, daß er aber über die höchst unpassende und verletzende Weise, in welcher der Landvogt gehandelt, in Kopenhagen Be schwerde führen werde und der MiSbiüigung dieses Verfahrens gewiß sei ; daß fernerhin die Flagge, welcher der Ruf «herunter, heruntcrl» gegolten, nicht die Landesflagge gewesen sei, daß er aber zeigen werde, daß man die letztere respectiren müsse und werde, und daher den Beschwerdeführer sowie die Preußen, welche er dazu auffordern wolle, einlade, den nächsten Tag mit ihm, dem Generalconsul, unter preußischer Flagge eine Seetour zu machen. Diese Einladung wurde mit Freuden angenommen; man war über dach sehr neugierig, wie die Sache ablaufen werde, da der Landvogt alle Bootführer am 25. Aug. hatte kommen lassen und ihnen eröffnete, daß sie unter keinen Umständen je eine fremde Flagge hissen sollten. Wirk lich soll auch am nächsten Morgen der Schiffsführcr, den der Generalkonsul kommen ließ, mit Bezug hierauf sich anfänglich geweigert haben, worauf ihn Hr. Ouehl zum Landvogt mit der Frage sandte, ob eS in seiner Absicht liege, auch dem preußischen Generalconsul zu verwehren, unter seiner Flagge zu fahren; der Landvogt bestellte den Schiffsführer in vier Stunden wieder und erklärte ihm sodann, daß selbstverständlich der Generalconsul dieses Recht habe. Er hatte aber zugleich mit der Weisung', davon nicht zu spre chen, dem Bootsführer gesagt, er solle dabei die dänische Flagge an der Gaffel führen. Daraus wurde indessen nichts; denn zu unserer größten Freude fuhr, kurz nach 4 Uhr, mit einer aus preußischen Damen und Herren bestehenden Gesellschaft der Generalconsul aus dem Hafen unter preußischer Flagge an der Gaffel. Die ganze Vadegesellschaft war auf dein Sandwall versammelt und begrüßte sie mit Wehen der Tücher. Als das Boot die Flagge beim Kreuzzollinspector passirte, ließ der Generalconsul die dänische Flagge schicklicherweise salutiren, indem er den Danebrog wäh rend der Passage beim Krcuzzollinspectorat auf dem großen Maste auf- und niederhissen ließ. Nach einer Stunde kehrte die Gesellschaft in den Hafen zurück, an dessen Eingänge inzwischen seitens der Badegesellschaft die Musik stallonirt war, welche die sich Ausschiffenden mit «Ich bin ein Preuße» willkommen hieß. An die Stelle der unangenehmen war nun eine sehr freudige Aufregung in die Badegesellschaft gekommen, und man war Hrn. Quehl sehr dankbar, daß er uns diese Genugthuung gegeben; ob eS ihm aber gelingen wird, Föhr vor den Ausschreitungen des Landvogts zu be wahren, ist uns doch eine zweifelhafte Frage." Oesterreich. ^Wien, 2. Sept. Der in den laufenden diploma tischen Verhandlungen cingetrctene Ruhepunkt wird allfr Wahrscheinlich keit nach längere Zeit dauern, wenn anders nicht etwa unvorhergesehene und störende Ereignisse eintreten, wie es bei den immer prekärer sich ge staltenden Zuständen des türkischen Reichs leider nur zu sehr zu be sorgen steht, das förmlich zum Pivot der Rivalitäten der europäischen Groß mächte geworden ist. In der That biften die offenen und verdeckten An griffe, welche in diesem Augenblick nicht blos von den Jntriguen eines Theiles der auswärtigen Diplomatie, sondern auch wieder von der alttürkischen und reformfeindlichen Partei gegen dieselbe versucht und geführt werden, wenig beruhigende Aussichten in die Zukunft. In Betreff der erster» haben, wie verläßliche Mitthcilungcn aus Konstantinopel berichten, der französische und der russische Gesandte in diesem Moment unstreitig an Terrain gewonnen; besonders entwickelt Hr. v. Thouvcncl eine auffällige Thätigkeit, um in der gegenwärtigen Konjunktur mindestens einen Theil des Einflusses zu erlan gen, welchen der von der europäischen Diplomatie so gefürchtete Lord Strat ford de Redcliffe auf die Pforte ausübte. Diese Bemühungen sind ihm aber auch in letzter Zeit ungemein erleichtert worden, da Sir Henrv Bulwer