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D R E S D 7. Z Y K L 7. KONZERT Witold Lutostawski geb. 1913 Peter Tschaikowski 1840-1893 Igor Strawinsky 1882-1971 N E R PHILHARMONIE Sonnabend, den 18. Februar 1978, 20.00 Uhr Sonntag, den 19. Februar 1978, 20.00 Uhr Festsaal des Kulturpalastes US-KONZERT und I M ANRECHT C HEITERE MUSIK AUS DREI JAHRHUNDERTEN Dirigent: Herbert Kegel Solist: Miklös Perenyi, Ungarische VR, Violoncello Kleine Suite für Orchester (1951) Fujarka (Allegretto) Hurra-Polka (Vivace) Lied (Andante molto sostenuto) Tanz (Allegro molto) Variationen über ein Rokoko-Thema für Violoncello und Orchester op. 33 Moderato quasi Andante-Thema (Moderato semplice) Variation I (Tempo del Tema) Variation II (Tempo del Tema) Variation III (Andante sostenuto) Variation IV (Andante grazioso) Variation V (Allegro moderato) Variation VI (Andante) Variation VII (Allegro vivo) Petruschka - Burleske Szenen in vier Teilen I. Fastnacht und Jahrmarktstreiben - Russischer Tanz II. Petruschka III. Der Mohr - Walzer IV. Fastnacht und Jahrmarktstreiben - Tanz der Ammen - Der Bauer und der Bär — Zigeuner und Kaufmann - Tanz der Kutscher - Tanz der Masken - Streit des Mohren mit Petruschka - Petruschkas Tod — Polizei und der Gaukler — Petruschkas Geist Miklös Perenyi, 1948 geboren, gab bereits mit neun Jahren sein erstes öffentliches Konzert in Budapest und konzertierte als 11jähriger bei den Salzburger Festspielen. Der Vater, ein Kodaly-Schüler, sorgte dafür, daß sein Sohn schon seit dem siebenten Lebensjahr eine gründliche Ausbildung auf seinem Instrument erhielt (bei M. Zsamboki und E. Banda). En rico Mainardi lud ihn zu Meisterkursen nach Luzern und Salzburg ein. Nach zweijährigem Studium erwarb er 1962 an der Accademia Santa Cecilia in Rom mit Auszeichnung sein Künstlerdiplom und legte 1964 — ebenfalls mit Auszeichnung - sein Staatsexamen an der Musikakademie in Budapest ab. 1965 und 1966 veranlaßte Pablo Casals seine Teilnahme an Meisterkursen in Zermatt und Puerto Rico, nachdem er 1964 den 2. Preis beim Internatio nalen Casals-Wettbewerb gewonnen hatte. Seitdem hat Perenyi eine überaus erfolgreiche internationale Karriere angetreten, die ihn u. a. nach Italien, Österreich (Wiener Fest wochen, Salzburger Festspiele), der Schweiz, den Niederlanden, in die DDR, BRD, nach Frankreich, Jugoslawien, Dänemark, Finnland, in die UdSSR, CSSR (Prager Frühling), VR Polen, SR Rumänien, VR Bulgarien, nach Schweden, Großbritannien und in die USA führte. 1970 wurde ihm der Franz-Liszt-Preis verliehen; seit 1974 unterrichtet er als Professor an der Budapester Franz-Liszt-Akademie. Bei der Dresdner Philharmonie gastierte er bereits 1975. ZUR EINFÜHRUNG Der am 25. Januar 1913 in Warschau geborene Witold Lutostawski ist neben Krzysztof Penderecki der bedeutendste zeitgenössische polnische Komponist, darüber hinaus gehört er zu den profiliertesten heutigen Kompo nistenpersönlichkeiten Europas. Die Werke des aktiv im polnischen Komponi stenverband wirkenden Komponisten erklingen in den Konzert- und Rundfunk programmen der ganzen Welt und sind verschiedentlich auf Schallplatten auf genommen worden. Jede neue Komposition Lutostawskis wird in seinem Hei matland mit großer Spannung erwartet. Für sein Schaffen erhielt er zahlreiche polnische und internationale Preise; er ist mehrfacher Ehrendoktor und Mit glied verschiedener Kunstakademien (seit 1970 auch der Akademie der Künste der DDR). Lutostawskis Mutter war eine Ärztin, sein Onkel Wincenty Lutostawski einer der hervorragendsten Philosophen Polens. Schon in früher Kindheit wurde er im Klavier- und Violinspiel unterrichtet, im Alter von neun Jahren begann er bereits zu komponieren. Von 1924 bis 1927 studierte er Klavier bei J. Smido- wicz, von 1927 bis 1932 Violine, dann wieder Klavier (bei Jerzy Lefeld) und Komposition (bei Witold Maliszewski, einem Schüler Rimski-Korsakows und Glasunows) am Warschauer Konservatorium. Gleichzeitig studierte er von 1929 bis 1931 Mathematik an der Universität Warschau, 1936 und 1937 erhielt er die Diplome für Klavier und Komposition. Lutostawski lebt in Warschau und ist als Komponist sowie — seit 1963 — auch als Dirigent seiner Werke tätig. Besonders nach der Befreiung Polens vom Hitlerfaschismus entfaltete sich sein kompositorisches Schaffen verstärkt. Lutostawskis Kompositionen nehmen in der polnischen Gegenwartsmusik durch ihr eigenes, individuelles Gepräge eine besondere Stellung ein. Der Kompo nist, der sich vielen Gattungen, mit Ausnahme der Oper, zuwandte, arbeitet sehr langsam und genau. Er durchdenkt auch das geringfügigste Detail in der kleinsten Komposition höchst exakt. Betonte Konzentration der Aussage und Präzision der Form sind ihm ungemein wichtig. In den Jahren 1945 bis 1954 zeigte Lutostawski starkes Interesse für die polnische Folklore, deren Elemente er zu einer originellen Synthese mit einem neuartigen harmonischen und or chestralen Stil führte. Bartöks Einfluß war zu dieser Zeit besonders spürbar in seinem Schaffen, das seitdem eine beträchtliche stilistische Wandlung durch das Einbeziehen neuer Kompositionstechniken erlebt hat. Die unser heutiges Konzert eröffnende Kleine Suite für Orchester entstand 1950 — also in Lutostawskis folkloristischer Schaffensperiode — zu nächst für kammermusikalische Besetzung und wurde 1951 für großes Orche ster instrumentiert. Das Werk weist den Einfluß von Tänzen und Volksweisen aus dem Bezirk Rzeszow auf, mit denen der Komponist auf einem Volksmusik fest bekannt wurde. Die Suite hat vier Sätze: „Fujarka", „Hurra-Polka", „Lied" und „Tanz". „Die verwendeten Votksmelodien werden nur geringfügig ver ändert," stellte die polnische Musikologin Zofia Lissa fest. „Feiner Humor so wie eine sehr transparente Orchesterbehandlung sind hier verbunden mit poly rhythmischen und polytonalen Effekten. Jeder Satz ist ein in sich geschlossenes musikalisches Bild, das sich deutlich von dem der Nachbarsätze abhebt. So steht z. B. das zarte, lyrische Lied (Andante molto sostenuto) in starkem Kon trast zu den rhythmisch scharf akzentuierten Sätzen Hurra-Polka und Tanz."