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Ganz eigenes Gepräge besitzen Peter Tschaikowskis Variatio nen überein Rokoko-Thema f'ürVioloncellound Orchester o p. 3 3. Die bezaubernde, heitere Komposition legt — ähnlich der Orchestersuite „Mozartiana" und dem ersten Satz der Streicherserenade — ein Bekenntnis zur Musik der frühen Wiener Klassik ab, die dem Komponisten in ihrer Klarheit und Schönheit stets besonders am Herzen lag. Gleich ihr besitzen die Variatio nen eine Ausgeglichenheit der musikalischen Haltung und Volkstümlichkeit der melodischen Erfindung. Das Werk entstand im Jahre 1876 für den deutschen Cellisten Wilhelm Fitzhagen, den Konzertmeister der Russischen Musikgesell schaft in Moskau, mit dem Tschaikowski eine herzliche Freundschaft verband. Bevor das Soloinstrument das wirklich klassisch erfundene Thema über zartem Streicherklang vorsingt, wird das Werk mit einer kleinen Einleitung des Orche sters, dem die Blechbläser ganz fehlen, eröffnet. Nach dem Vortrag des The mas leitet ein coupletartiger Nachsatz, der auch zwischen den einzelnen Ver änderungen steht, zur ersten Variation über. Bei der ersten Veränderung kann man eigentlich nur von einer Figuration durch den Solisten sprechen, in der zweiten Variation spielen sich Solocello und Violinen die melodischen Floskeln zu. In mildem C-Dur stehend, trägt die dritte Variation kantable Züge. Wechsel zwischen tänzerischen und virtuosen Elementen bringt das anschließende An dante grazioso, das wieder in der Haupttonart A-Dur gehalten ist. Im folgen den Allegro moderato liegt das Thema in der Flöte, wozu das Soloinstrument kontrapunktisch geführt wird. Ganz lyrische Züge weist auch ein in d-Moll ste hendes Andante auf. Eine Klarinette wirft hierbei einige Gedanken ein. Die siebente Variation schließlich bildet im Allegro vivo den dahinhuschenden, fröh lichen, gegen Ende strettaartig gesteigerten Abschluß des ungemein reizvollen Werkes. Eines der meisterlichsten, ja genialsten Werke Igor Strawinskys ist das gemeinsam mit Alexander Benois geschaffene Ballett Petruschka, das 1911 in Paris uraufgeführt wurde und 1947 von Komponisten nochmals über arbeitet, in der Instrumentation aufgelichtet, in der rhythmischen Notierung ver einfacht wurde. Diese revidierte Fassung der Partitur bildet den Schlußteil un seres heutigen Konzerts. Ursprünglich hatte; Strawinsky eine Art Klavierkonzert schreiben wollen (erst in der Fassung von 1947 wurde die Verwendung des Klaviers ausgeglichen und überzeugender in das bisherige Klangbild eingefügt). Dabei war die Assoziation einer entfesselten Puppe entstanden, die „durch ihre diabolischen Sprünge das Orchester zur Verzweiflung bringt, das nun seiner seits ihr mit drohenden Fanfaren antwortet". Dank des Interesses Djagilews an dem Werk nahm es bald Gestalt an als „choreographisches Schauspiel", des sen Handlung uns in den Faschingstrubel eines Petersburger Jahrmarktes ver setzt. Ein Gaukler, ein Schausteller, führt seine Puppen vor, eine Ballerina, einen Mohren und den russischen Kasper Petruschka. Sein magisches Flöten spiel bringt die Puppen zum Leben und Tanzen. Petruschka, der fast mensch liche Züge besitzt, liebt die Ballerina, der jedoch menschliche Wärme fehlt. Sie hat sich ihrerseits in den grotesk und farbenfreudig aufgeputzten Mohren ver liebt, der in unbeherrschter Eifersucht Petruschka mit einem Schwert verfolgt und ihn schließlich tötet. Diese Tragödie der Puppen spielt sich vor einem kon trastreichen, farbenprächtigen Hintergrund ab, der plastischen Schilderung ei nes Volksfestes. „Petruschka — das ist das Leben selbst! Seine ganze Musik ist von solch einem Schwung, solcher Frische, solchem Geist, solcher gesunden, ech ten Fröhlichkeit, solcher unaufhaltsamen Kühnheit erfüllt..." — äußerte Nikolai Mjaskowski einmal, und Sergej Prokofjew stellte fest: „Petruschka ist in höch stem Grade unterhaltsam, lebensvoll, heiter, witzig und interessant". Diesen Urteilen ist kaum etwas hinzuzufügen. Die Verwurzelung der burlesken Szenen „Petruschka" im russischen Mutterboden ist offensichtlich und überall spürbar — im Musikalischen wie in der ganzen „Atmosphäre", die das Werk be sitzt. Mitreißende Vitalität und gestische Schlagkraft sind nicht die geringsten Vorzüge der längst populär gewordenen Partitur, deren bekanntestes Stück wohl der kraftvolle und schwungvolle Russische Tanz ist. Groteske Sprünge und marionettenhafte Bewegungen kennzeichnen Petruschka (das Klavier ist bedeutsam an der Charakteristik dieser Puppe beteiligt). Als unberechenbar und aufbrausend wird der Mohr geschildert. Der Walzer ist parodistisch den „Steirischen Tänzen" von Josef Lanner nachgebildet. Das bunte Jahrmarktstrei ben ist durch eine flirrende, turbulente Musik stimmungsvoll wiedergegeben. Russische Volkslied- bzw. Volkstanzthemen prägen den Tanz der Ammen und Kutscher. Ihre Melodien vermischen sich im Jahrmarktswirbel, bei dem auch Maskenaufzüge nicht fehlen. Am Schluß intoniert die Trompete ein letztes Mal — wie im „ Till Eulenspiegel" von Richard Strauss — das „neckende" Thema des Helden. „Ich wollte, daß der Trompetendialog in zwei Tonalitäten am Schluß zeigt, daß Petruschkas Geist immer noch protestiert . . . Auf diese letzten Seiten war ich und bin ich noch jetzt stolz, mehr als auf irgendwelche andere Stellen der Partitur", bekannte Strawinsky. VORANKÜNDIGUNGEN: Donnerstag, den 2. März 1978, 20.00 Uhr (AK/J) Freitag, den 3. März 1978, 20.00 Uhr (Freiverkauf) Festsaal des Kulturpalastes 7. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Herbert Kegel Solist: Vaclav Hudecek, CSSR, Violine Werke von Dessau, Brahms, Hindemith Sonnabend, den 25. März 1978, 20.00 Uhr (B) Sonntag, den 26. März 1978, 20.00 Uhr (C 2) Einführungsvorträge jeweils 19.00 Uhr Festsaal des Kulturpalastes 8. ZYKLUS-KONZERT und 8. KONZERT IM ANRECHT C Dirigent: Herbert Kegel Solist: Dan Grigore, SR Rumänien, Klavier Werke von Blacher, Strauss, Schtschedrin, Kodäly Programmblätter der Dresdner Philharmonie - Spielzeit 1977/78 - Chefdirigent: Prof. Herbert Kegel Redaktion: Dr. habil. Dieter Härtwig Druck: GGV, Produktionsstätte Pirna - 111-25-12 2.85 T. ItG 009-10-78 EVP —,25 M »hillnamooniio 7. ZYKLUS-KONZERT UND 7. KONZERT IM ANRECHT C 1977/78