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Dienstag. — Nr. 154. — 6. Juli 1858. Lttpjig. Di« Zeitung er scheint mit Autnahme te» Sonntag« täglich nachmittag« für den fotzenden Tag. Preis für da« Vierteljahr l'/, Thlr.i jede einjelne Nummer S Ngr. Dmtslhk Mmilic Mmg. -Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» Zu dezlehen durch alle Post ämter de« In - und Ausland,«, sowie durch die Erpcdition in Leipzig (Querstraße Sir. 8). Insertionsgebühr für den Raum eZoj« iner S Ngr. Deutschland. Frankfurt a. M., 2. Juli. In der gestern stattgehabten Sitzung der Bundesversammlung wurde von dem Gesandten des Königs von Dä nemark für Holstein und Lauenburg, dem Hrn. v. Bülow, noch keine Er klärung in Erwiverung auf den Bundesbeschluß vom 20. Mai abgegeben. Wie verlautet, nimmt man dänischerseits den in diesem Bundesbeschlusse ge stellten sechSwöchcntlichcn Termin als von dem Tage der schriftlichen Insi nuation desselben laufend an. ES liegen für diese Ansicht in der That Präcedenzfällc vor. ES ist PrariS, daß bei einem Bundesbeschlusse, wel cher eine der Bundesregierungen speciell angeht, dem betreffenden BundeS- tagSgesandten ein schriftlicher Auszug ans dent Sitzungsprotokollc, noch be vor dieses gedruckt ist, behufs der'Mittheilung an seine Regierung com- municirt wird, und daß man bei Tcrminstellungen den Tag dieser schrift- 'lichrn Insinuation als den Beginn dieses Termins betrachtet. ES handelt sich in solchen Fällen nur um eine Differenz von einigen Tagen.— Die rastadter Besatzungsfragc kam in der gestrigen Sitzung noch nicht zu wei terer Erörterung; es sind, wie man versichert, zwischen Preußen einerseits und Oesterreich und Baden andererseits noch Zwischenverhandlungen in Be zug auf diesen Gegenstand in der Schwebe. — Es wurde der Ausschuß bericht über den Antrag Bgierns bezüglich der Auswanderungsangelegenhcit erstattet. Der Ausschuß hat gutem Vernehmen nach die Gesichtspunkte Baierns vollständig adoptirt. Es handelt sich nämlich um möglichst fortge setzten und wirksamen Schutz der Auswanderer aus deutschen Bundesstaaten, um gemeine Bestimmungen über die AuswanderungSbcdingnngen, um wirk same schirmende Verfügungen an den Einschiffungsorten, um Wahrung der Interessen der Auswanderer in überseeischen Ländern durch Konsulate deut scher Staaten, um Leitung der Auswanderung nach Ländern, welche Ga rantien gesicherter Unterkunft bieten, um Verhinderung der geheimen Aus wanderungen. Die Bundesversammlung beraumte einen achtwöchcntlichen Ter min für die Entscheidung über die betreffenden Ausschußanträge an. (Lpz. Z) Der «Zeit» schreibt man aus Frankfurt a. M. vom 2. Juli: „Es ist zu bedauern, daß österreichische Stimmen in der Presse den rastadter Con- flict benutzen, um das gegenwärtige Verhalten Preußens in der holstei nischen Angelegenheit zu verdächtigen. So läßt sich der Nürnberger Correspondent in einem officiösen Bericht vom Main am 29. Juni schrei ben: «In Berlin zeigte sich bisher solche Geneigtheit zu gemeinsamer Stel lung mit Oesterreich in dieser Frage, daß sich nicht annehmen ließ, diese Stellung könnte noch verschoben werden, wie eifrig man auch von Paris und Kopenhagen aus bemüht sein mag, für weitern Aufschub entscheidender Maßnahmen des Deutschen Bundes Boden zu gewinnen.» In ähnlicher Weise entwickelt die Frankfurter Postzeitung vom 30. Juni, daß die holsteinische Angelegenheit nur dann befriedigend gelöst werden könne, wenn Preußen seine Gegenstellung zu der deutschen und auswärtigen Politik Oesterreichs aufgebe und in allen, «nicht hlos in einer oder einigen» Fragen sich dem österreichischen Votum anschlösse. ES könnte hiernach scheinen, als wenn die österreichische Presse als Kaufpreis für ein Vorgehen Oesterreichs gegen Dä nemark ganz besondere Concefstonen von feiten Preußens verlangte. Ein solches Handelsgeschäft mit Politischen Fragen, Welche gar keinen inner» Zu sammenhang haben, hat jedoch, soweit bekannt, bisher nicht daS wiener Ca- binet, sondern nur seine Advocatur in der Presse angeboten. Der Versuch einer derartigen Ausbeutung der nationalen Herzogthümcrfrage zu Gunsten specifisch-österreichischer Interessen bekundet seitens ihrer Vertreter ebenso viel deutsche Gesinnung als politische Logik. Oder fällt denn den Autoritäten des Nürnberger Korrespondenten und der Frankfurter Postzeitung nicht ein, daß Preußen den ihm von Oesterreich cntgegcngehaltencn Spieß umwcnden und mit demselben Recht in allen übrigen Fragen den Anschluß Oesterreichs an die preußische Politik verlangen kann?" Der augsburger Allgemeinen Zeitung schreibt man aus Wien vom 1. Juli: „Man spricht heule davon, daß eintretendenfalls die BundeS- erecution gegen Dänemark nicht durch österreichische oder preußische Trup pen würde ausgeführt werden; man werde es eventuell vorziehen, dazu ent weder sächsische oder wol gar Truppen deS 10. ArmeecorpS, zu welchem das holsteinische Bundeöcontingent im Divisionsvcrbande steht, zu commandiren. Die Sache macht hier viel Aufsehen." — Die Ost-Deutsche Post vervollständigt den Notenwechsel in der rastad ter Frage durch Mittheilung einer Weisung der österreichischen Regierung an den Gesandten in Berlin, Frhrn. v. Koller, eines Actenstücks, das mit hin der bereits bekannten preußischen Depesche vom 29. April voranging. Die Ost-Deutsche Post begleitet diese Veröffentlichung mit einer Einleitung, nach welcher durch dieselbe von österreichischer Seite die Polemik nicht fort gesponnen, nicht erweitert, nicht erbittert werden solle. Es handle sich um eine rv8 ckaws8tioa Deutschlands, und das Ausland möge wissen, daß Mei nungsverschiedenheiten über einzelne Punkte die gegenseitige Achtung, die unveränderte BundeStreue der deutschen Höfe nicht entfernt berühren oder schwächen. Die Veröffentlichung geschehe lediglich in der Absicht, sowol den Nechtsstandpunkt zu bezeichnen, .von welchem daö kaiserliche Cabinet die viel- erwähnte Frage auffaßt, als um durch den Augenschein darzuthun, daß die österreichische Negierung niemals weder die sachlichen, noch die formellen Rücksichten außer Acht lasse, die sie einem mächtigen und nahe befreundeten Bundesgenossen schuldet und freudig cintreten lasse. — Das Frankfurter Journal sagt: „In unterrichteten politischen Kreisen ist von einer Depesche des Grafen Walewski, welche gegen angeblich geflis sentlich verbreitete «Gerüchte» über Absichten Frankreichs, den Frieden Eu ropas zu stören, «protestire» und welche nach einer telegraphischen frankfur ter Depesche deS Nord vom 30. Juni an den französischen Gesandten zur Mittheilung an den Bund gelangt sein sollte (Nr. 153), nichts bekannt." — Die in Hambnrg tagende Konferenz zur Regelung des Seehandels rechts für daS gesammtc Deutschland hat, wie die Preußische Korrespon denz meldet, die Verathung über die beiden ersten Theile des vorliegenden - Entwurfs beendigt. Es besteht, wie die Preußische Korrespondenz weiter meldet, die Absicht, die Arbeiten im Hochsommer durch zweimonatliche Fe rien zu unterbrechen. Preußen, r Berlin, 4. Juli. In deutschen Blättern wird die Besorgniß ausgesprochen, daß die MeinuntzSverschiedenheit, welche zwischen den beiden deutschen Großmächten in der rastadter Angelegenheit obwalte, einen nach theiligen Einfluß auf daS Einvernehmen derselben in der deutsch-däni schen Streitfrage ausüben könne. Wir hören diese Besorgniß erfreulicher weise als eine durchaus unbegründete bezeichnen, indem die thatsächliche Auffassung der deutsch-dänischen Streitfrage seitens deS hiesigen und des wiener Cabinets einer Befürchtung der Art entgegenstchc. Das Zusammen gehen Preußens und Oesterreichs ist angesichts der Folgen und Gefahren, welche eine Dcmüthigung Deutschlands in dieser nationalen Frage herbei führen könnte, durch die Nothwcndigkeit geboten Was Preußen im Be- sondern anbetrifft, so ist mit Nachdruck darauf hiüjnwcifen, daß sein Auf treten in Bezug auf die rastadter Angelegenheit ja gerade auch auf einer deutsch-nationalen Grundlage beruht, indem es für Rastadt die Eigenschaft als wirkliche Bundesfestung gewahrt wissen will, um zu verhüten, daß diese Festung sich nicht thatsächlich zu einer österreichischen gestalte. Hinsichtlich dieser Angelegenheit glaube ich Sie aus gewissen Gründen auf folgenden Ausspruch des neuesten Preußischen Wochenblatt aufmerksam machen zu müssen: „Mit Ruhe sehen wir der schließlichen Entscheidung entgegen. Wir schöpfen diese Ruhe aus der Zuversicht, daß in Preußen in dieser Ange legenheit ein fester Wille herrsche; das im entscheidenden Augenblick nicht der Geist der Unentschlossenheit und des Zagens die Oberhand gewinnen werde; daß endlich dieömal dem Ernst der Erklärungen der Epnst der Hand lungen folgen werde. Mit Freude aber begrüßen wir diese neueste Hal tung Preußens auch noch aus einem andern Grunde. Die Zurückberufung des preußischen Armeecorps aus Baden und die Räumung von Rastadt im Herbste 1850 bildeten das erste Glied in der langen Reihe von moralischen Einbußen,, welche Preußen während der letzten sieben Jahre infolge der neuen, damals von ihm adoptirten Politik erlitten hat; das Verlangen Preußens aber, an dem Besatzungsrecht RastadtS und an den für dasselbe erforderlichen Opfern im Interesse der Bewachung und Vertheidigmig des südwestlichen Deutschland thcilzunehmen, begrüßen wir als den ersten Schritt zur Umkehr auf der Bahn eines knappen und ängstlichen ParticularismuS und zur endlichen Rückkehr zu den Principie» derselben nationalen Politik, der Rastadt seine Existenz als Bundesfestung verdankt." Wir haben Ver anlassung, diesen Worten des Preußischen Wochenblatt Bedeutsamkeit bei zumessen. — Die äußerste Rechte und ein Theil der Rechten scheinen ihre Hoffnungen in Bezug auf den Ausfall der im Herbst bevorstehenden Wah len auf den Umstand zu setzen, daß zwischen den verschiedenen Fractionen deS CentrumS und der Linken kein gemeinsames Programm biSjetzt erzielt worden ist. Es läßt sich diese Thatsache allerdings nicht in Abrede stellen. Auf der andern Seite möchte cs aber ebenso zweifellos sein, daß bei den Wahlen selbst diese verschiedenen Fractionen das ste Trennende in den Hin tergrund treten lassen und das sic Vereinigende als Grundlage gemeinsa men Zusammenwirkens mit ziemlicher Einhelligkeit aufstellen werden. Es ist diese Uebereinstimmung der in Rede stehenden Fractionen ein so offenes Geheimniß, daß die Hervorhebung dieses thatsächlichen Sachverhalts keiner Beanstandung unterliegen kann. Mit gleicher Sicherheit ist übrigens anzu- nehmcn, daß die äußerste Rechte und derjenige Theil der Rechten, welcher sich durch seine politischen Auffassungen mehr zur äußersten Rechten als zum kentrum hingezogen fühlt, eine gleiche Gemeinsamkeit des Wirkens beiden Wahlen beobachten werden. — Die «Zeit» berichtet auS Berlin vom 3. Juli: „Wie wir vernehmen, ist hier die Nachricht eingegangen, daß die Königin von Großbritan nien zum Besuch ihrer Tochter, der Frau Prinzessin Friedrich Wilhelm,