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— Nr 149. — MW AllMim Zkitmg. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!« 30. Juni 1858. Zu beziehen durch alle Post ämter de« In - und ÄuSlande«, sowie durch die Srpedition in Leipzig (Querstraße Sir. 8). Änsertionsgebühr für den Raum einer Zeile « Ngr. Mittwoch. Leipzig. Die Zeitung er schein« mU Ausnahme de« Sonntag« täglich nachmittag« für den folgenden Tag. Prei» für da« Vierteljahr l'/, Thlr., jede einzelne Nummer r Rgr. Deutschland. ^7 Herlin, 28. Juni. Ueber den eigentlichen Stand der Dinge in der Pariser Konferenz schwebt'noch immer das Dunkel des „diplomatischen Geheimnisses"; wir glauben indessen, daß da» Licht der Thatsachtn diesen diplomatischen Geheimnißncbel bald zerstreuen wird. Inzwischen ist eS in unterrichteten Kreisen gar kein Geheimntß mehr, daß der Stand der Dinge in der Konferenz, soweit eS sich um die eigentliche Hauptsache, resp. um die Frage in Betreff der Organisation der Donaufürstenthümer handelt, der allerübelste ist. Eine Aussicht auf eine etwaige Verständigung ist auch noch nicht im allerentferntesten vorhanden. Die Details lassen wir auf sich beruhen; in Betreff der eigentlichen Hauptsache glauben wir indessen in der Lage zu sein, die zur Oricntirung nöthigen Andeutungen geben zu können. Mit dem Projekt, welches man französtschttseitS in Vorschlag ge bracht hat und auf dessen Ausführung man hartnäckig besteht, ist es im allgemeinen folgcndcrmaß^ beschaffen: Wie früher, so soll auch jetzt für jedes der beiden Fürstenthnmer ein besonderer HoSpodar ernannt werden. Diese Concession ist indessen nur «ine scheinbare, da neben den beiden Hos podaren noch ein für beide Fürsteuthümer gemeinsames „Centralcomits" er nannt werden soll. Die Mitglieder dieses Centralr-mite sollen dem Sultan in Vorschlag gebracht und von diesem ernannt, resp. bestätigt werden. Schon der Umstand, daß neben den beiden HoSPodaren noch ein besonderes Cen- tralcomit^ bestehen soll, macht ein Zusammenwirken dieser drei Factoren un möglich. ES tritt aber noch hinzu, daß die Stellung des Eentralcomit^ durchaus keine den Hospodaren untergeordnete, sondern vielmehr eine über denselben stehende, weil daS Ganze und Gemeinsame controlirende rind beauf sichtigende sein soll, woraus vollends folgt, daß die Hospodare eigentlich nur noch dem Namen nach eristiren und in Betreff ihrer Autorität ganz und gar in den Schatten gestellt sein würden, mit andern Worten, daß die eigentliche Regierung nicht bei den Hospodaren, sondern bet dem sogenann ten Eenträlcomite sein würde. Bei einer so vielköpfigen Regierung aber, welche Einflüsse würde man da nicht geltend machen können! Man würde daher, wenn man das Project zur Ausführung brächte, nicht nur selbst auch in der RegierungSform das Unionsplincip im allgemeinen aufrecht er halten, sondern sich zugleich auch ein entsprechendes Mittel geschaffen haben, um daS, waS man in Betreff der factischen Union für jetzt noch nicht er reichen kann, bei geeigneter Gelegenheit bestens betreiben zu können. Go weit von dem betreffenden Project, an welchem Frankreich, wie gesagt, mit allem Nachdruck bisjetzt noch fcstzuhalten bemüht ist. Daß die Stellung der Hohen Pforte und Oesterreichs zu demselben eine absolut negirende ist und fein muß, darf wol nicht noch näher versichert und auSeinandergesctzt zu werden. WaS nun beginnen? Die Herren von der Konferenz kommen zu sammen und gehen immer wieder auseinander, wie sie gekommen, in der selben Uneinigkeit. Die Dinge stehen denn auch noch heute gerade so wie Mm Beginn der Konferenz. Bon einer Einigung oder auch nur von der -entferntesten Aussicht auf eine solche ist nicht die Rede; nicht um einen Schritt, nicht um einen Finger breit hat man sich bisjetzt genähert. Nehmen Sie dieö im schärfsten Sinne, wie -wir es sagen. Hiernach ist nun die Sachlage zu beurtheilen. In Betreff der Donauschiffahrtsacte wird man sich einigen, weil hier, nach den von Oesterreich abgegebenen Erklärungen, keine beson der«»-Schwierigkeiten mehr bbwklttn; was indessen die Frage tn Betreff der den Donaufürstenthümern zu gebenden Orgäütsation betrifft, so wird mqn für den Fall, daß man französtscherseitS auf dem besprochenen Project nach wie vor bestehen sollte, wohl thun, sich mit dem Gedanken an eine absolute Resultatlosigkeit der Konferenz bereits vertraut zu machen. In wohlunter richteten Kreisen bespricht man diese Eventualität denn auch bereits allen Ernstes. Das Weitere wollen wir abwarten. Preußen. Hersi«, 28. Juni. Die Arußcrungen der Patrie über die holsteinische Frage hgben hier, wje wol überall in Deutschland, einen wahrhaft widerlichen Eindruck gemacht. Dänemark, sagt das fran zösische Blatt, habe alles gethan, wqs mit seiner Würde vereinbar sei. Was ist denn die „Würde" Dänemarks? Besteht st« jn dem, was die kopenhage- ner Staatsmänner wünschen, oder besteht sie nicht vielmehr in der genauen Erfüllung dessen, wozu Dänemark «ach den Verträgen verpflichtet ist? Wenn ich das nehme, was einem andern gehört und wozu ich nicht vas entfern teste Recht habe, ist das „Würde"? Izu.gemeinen Leben hat man dafür eine ganz andere Bezeichnung. Richtig sei es, sagt das Blatt weiter, daß die deutsche Bundesacte einen integrsrenden Theil der Wiener-kongreßacte bilde—folglich sei es aber auch eben Sache der Unterzeichner des Wiener Ver trags, in letzter Instanz zu untersuchen, ob die Auslegung, welche die Bun desversammlung in der deutsch-dänischen Angelegenheit geltend machen wolle, dcin Geist jenes Vertrags entsprechend sei oder nicht. Folglich? Folglich ist gerade das Entgegengesetzte der Fall; denn wenn die Patrie die Verträge von 1815 und die BundeSacte nur lesen wollte, so würde fie finden, daß der Bund seine inner» Angelegenheiten selbst ordnet und daß keine auStvär- tige Macht in einer innern Angelegenheit deS Bundes auch nur im aller- entferntesten mltzureden hat; und es handelt sich hier eben um eine solche rein innere Angelegenheit deS Bundes; denn der Bund hat eS nicht mit dem König von Dänemark, sondern mit dem Herzog von Holstein und Lauenburg zu thun. ES ist indessen nichts überflüssiger, als der Patrie deutsches Bundesrecht lehren und sie auf den Inhalt der Verträge und daS unzweifelhafte Recht Hinweisen zu wollen. DteS find Dinge, diz, wenn die französische Unwissenheit in deutschen Angelegenheiten auch nicht so groß wäre, als sie wirklich ist, der Patrie gegenüber ohnehin kein Gewicht haben würden. Was man tn Pari- will und wünscht, das weiß man, und man müßte eine gewisse Neigung nicht so keNnen, wie man sie eben kennt, um nicht zu wissen, daß man in der Phraseologie der Patrie eben nichts als «inen Ausdruck für dieses stille Wollen und Wünschen vor sich habe. Wie sehr man sich übrigens bei diesem stillen Wollen und Wünschen verfährt, dieS geht am besten aus dem Umstande hervor, daß, wenn auf die Ver träge von 1815 tn dem von der Patrie bevorworteten Sinne wirklich recurrirt würde, die nächste Folge davon nothwendig die Annullirung deS Londoner Protokolls von 1852 sein müßte; denn dieses Protokoll steht zu jenen Verträgen in dem allerunverträglichsten Verhältniß. Mögen die Dä nen sich dafür bei der Patrie bedanken und sich für die Zukunft einen bes sern Advocate« suchen, wenn sie nicht gerade durch ihre guten Freunde die ganze Fäulniß ihrer Sache aufgedeckt haben wollen. —Die Nachricht, daß in dem Hafen vott Brest allein gegenwärtig 6000 Arbeiter mehr als gewöhnlich beschäftigt seien, ist sehr übel geeignet, der neulichen Ver sicherung deS Moniteur, daß keine außergewöhnlichen Rüstungen stattfänden, noch eine neue Stütze zu gebe». — Die «Zeit» berichtet über die Reise deS Königs von Preußen Fol gendes untern» 28. Juni: „Der König und die Königin werden morgen nachmittags 5 Uhr per Eisenbahn-Ertrazug im königlichen Salonwagen die Reise nach Tegernsee antreten. Am ersten Tage wird dir Reise von Ber lin aus über Rödcrau nach Leipzig gehen, wo im Hötel de Baviere Nacht lager genommen werden wird. Am 30. Juni soll die Reise um 8 Uhr morgens fortgesetzt und nach Aufenthalt von einige» Stunden in Hof in dein Salonwagen der königlich bairischen StaatSbahn bis Bamberg ausge dehnt werden, wo daS Nachtlager im Gasthof «Zum deutschen Hause» Ge stimmt ist. Für den vritten Reisetage den 1. Juli, ist ein mehrstündiger Aufenthalt in Nürnberg beabsichtigt; das Nachtlager soll in Augsburg im Gasthofe zu den «Drei Mohren» genommen werden. Am vierten Tage Hird die Reise von Augsburg über München bis Holzkirchen und von da un mittelbar per Ertrapost bis Tegernsee fortgesetzt werden. II. MM. Hachen sich bei dieser Reise jede Art von Empfang oder Begleitung auf das znt- schicdepste verbeten und werden daher auch keinerlei Meldungen annehy^z». Dieselben reisen im Auslande in» allerstrengsten Jncognito als Hr. und Frau Gräfin von Zollern und werden es demnach als eine besondere Rücksicht ansehen, wenn auch in» AuSlande die vorhin gegebenen Andeu tungen als maßgebend erachtet werden. Der König reist in Eivilkleidung." — Durch CabinetSordre vom 6. Mai d. I. ist bestimmt worden, daß auch der im Jahre 1849 zur Untervrückung des Aufstandes im Königreich Sach sen stattgefundene Kampf den preußischen Militärpersüne», welche die Ge fechte t» Dresden mitgemacht haben, bei Berechnung der Dienstzeit M-ein KriegSjahr in Anrechnung gebracht werden soll, insofern sie nicht bereits aus der Thellnahme an den spätem kriegerischen Operationen des Jcthrcs 1849 ein Anrecht auf die Doppelrechnung desselben besitzen. Baiern. München, 27. Juni. Wegen des Ablasses u«d ^«r Feier deS Jubiläums einer Brüderschaft sollte gestern abeydS die erste Pre digt unter freiem Hiinmel im Hofe deS HeiligengeisthoSPitalS durch Jesui ten stätthaben. Das in großer Anzahl herbcigeströmtc Publikum fand ssch jedoch getäuscht, indem ein Kapuziner statt eines Jesuiten die Kanzel be stieg und eine wahre Kapuzinade hielt. — Die Einnahmen der bairische» Staatseisenbahnen haben in» Mai dieses JahreS um 67640 Fl. we niger betragen als in» Mai vorigen JahreS, ein Ausfall, der von dem verminderten Güterverkehr herrührt. Die Gründe dieser Verkehrsmindc- dunikGegen nahe. Hannover. "V Hannover, 26. Juni. Der Meinungswechsel vpn.den neun Abgeordneten, welche erst gegen, dann für die 220000 Thlr. zum Bau der Jnfanteriekaserne stimmten (Nr. 147), macht um so mehr von sich reden, als Abg. Adickes auf „Zwischenereigniffe" .und Abg. v. Bennigsen auf „äußere Einflüsse" hindeuteten. Im allgemeinen jedoch bedarf die Regierung solcher bei den Ständen sicherlich nicht. Davon zeugt der Sieg, welche» sie in der II. Kammer in der Frage über das Gehalt des Generalpostmeisters davontrug. Hr. v. BrandiS, der Bruder des Kriegsministers, war bis zu feinet Anstellung als Generalpostmeister Gendarmeriemajor gewesen. DeS-