Volltext Seite (XML)
8S2 dir Haltung der französischen Politik in den au«wärttgen Kragen; diese erscheint namentlich in Beziehung auf die Angelegenheiten der italienischen Halbinsel offenbar alb »ine mindestens unklare und zweifelhafte, wenn nicht, zweideutige, die schwerlich geeignet ist, besonderes Vertrauen zu dem Gange derselben einzuflößen. In der That scheinen sich seither die Beziehungen Oesterreichs zu dem Tuilcrienrablnet wesentlich modificirt zu habm, brsondrr- mußtc die Veröffentlichung der beiden Orstnischen Briefe, von welchen der letztere, wie in wohlunterrichteten Kreisen behauptet wird, durch Vermitte lung deS kaiserlichen Leibarztes vr. Conneau in dir Piemontestsche Presse gelangt sein soll, hier wie begreiflich empfindlich berühren, und unzweifel haft mehr noch die in der bekannten Cavour'schen Rede veröffentlichten Auf- Närungen, welche auf eine gewisse Uebcreinstimmung und beinahe auf eine Solidarität der pirmonteflschen und französischen Politik htndeuten und bis zur Stunde noch immer nicht in der französischen officiellen Presse deS- avouirt worden. Die von einem norddeutschen Blatt gebrachte Nachricht, daß Baron Hübner angewiesen worden, von dem Grafen Malewski hier über Aufklärungen zu verlangen, entbehrt jedoch einer Begründung; eine derartige Anfrage über die Aeußerungen eines MininistcrS eines fremden StaatS würde, als gegen die üblichen diplomatischen Nsanzen verstoßend, für unstatthaft betrachtet werden. Baron Bourqueney, dessen Rückkunft zwischen dem 12. und 13. Mat erwartet ist, wird übrigens die Verhältnisse und daö Terrain bedeutend verändert finden und sich bald überzeugen können, daß die von seiner Regierung in der auswärtigen Politik und namentlich ln Bezug auf Italien eingenommene Richtung nicht wohl als die conforme zu betrachten sein möchte, um die wechselseitigen Beziehungen wieder freund licher zu gestalten, sondern vielmehr nur geeignet sein würde, die Schwie rigkeiten der Situation zu vergrößern. Diese Ansicht spricht sich auch in der Presse aus. Ein in der Oesterreichischen Zeitung erschienener und ge gen die französische Presse gerichteter Artikel ist insofern hierfür bezeichnend, weil er einer Feder entflossen, welche es sich seit dem Ereigniß vom 14. Jan. zur wenig beneidenSwerthen Aufgabe gestellt hat, der nunmehrigen innern und äußern Politik Frankreichs unbedingt das Wort zu reden und England und seine FreiheitSinstitutionen in ekelerregender Weise zu verunglinrpfen; ein Ziel, welches fie jedoch, wie wir guten Grund haben zu glauben, wenn auch mit Widerstreben, schwerlich mehr geeignet und gerathen finden mag, unter den bestehenden Verhältnissen noch weiter zu verfolgen. Uebrigens sollen, den erwähnten Berichten zufolge, die Rüstungen zwar im Stillen, aber ununterbrochen fortgesetzt werden und in den Arsenalen und Werften große Thätigkeit herrschen. — Ein hier vielverbreitetes Journal brachte vor einigen Tagen die Mittheilung, daß Graf Gyulay, Commandant der in Ita lien befindlichen zweiten Armee, den es befremdlicherweisc als Generalgou- verneur des Lombardisch-Venetianischcn Königreichs bezeichnet (bekanntlich bekleidet der Erzherzog Maximilian Ferdinand diese hohe Stelle)^ bezüglich einer Mission an einige italienische Höfe telegraphisch hierher berufen worden sei. Diese Nachricht ist bereits in auswärtige Blätter mit dem ausdrücklichen Bemerken gelangt, daß Graf Gyulay zum Empfange seiner Instructionen bereits hier angekommen. Diese Neuigkeit möchte dahin zu berichtigen sein, daß der genannte General, der vorläufig sein gewöhnliches Standquartier in Italien bisher nicht verlassen hat und daher füglich auch nicht in Wien angekommen ist, wie verlautet, einen mehrwöchentlichen Urlaub nachgesucht, den er in ausschließlich persönlichen Angelegenheiten in Florenz zuzubringen gedenken dürste. Wie man vernimmt, soll der Erzherzog Marimilian Fer dinand, dessen gerüchtweise mehrfach in Frage gestellte Rückkehr auf seinen hohen Posten in Italien außer Zweifel zu stehen scheint, vorher beabsichti gen, mit seiner Gemahlin, der Erzherzogin Charlotte, ihrem Vater einen kurzen Besuch in Brüssel abzustatten. -- Die Oesterreichische Zeitung enthält einen Aufsatz gegen di« franzö sische Presse, in dem sie sich darüber beklagt, daß die Pariser Zeitungen die zarte und freundschaftliche Beurtheilung, welche die neuere Sicherhcits- gesetzgebung Frankreichs in den österreichischen Blättern, namentlich in ihr, der Oesterreichischen Zeitung, gefunden hat, mit Undank belohnt. Sie schreibt: „Die französische Presse hat während der letzten Zeit einen bedauernswerthen Mangel an politischem Takt an den Tag gelegt. Sowol Patrie wie Eonstitutionnel haben ihre wohlbekannten Sympathien für Sar dinien kundgcgeben, indem sie gleichzeitig einen mitleidigen Seitenblick auf das nicht sardinisch «geknechtete Italien» richten. Solche Reflexionen sind eine directc Aufforderung zur Vergleichung der Politischen Verhältnisse je ner Theile von Italien mit Frankreich selbst, und es will unS bedünkcn, daß die Presse des letztem Landes in diesem Momente etwas Klügeres thun könnte, als hier die Kritik und die Gegenüberstellung muthwillig herbeizu- ; führen. Falls die österreichische Regierung in Italien daS französische Prin- ! cip deS SicherhettSgesctzes adoptiren wollte, so würden allerdings ihre Ver- ! legenheiten mit einem Schlage geendet sein. Es mag sein, daß Patrie ! und Eonstitutionnel uns hierauf die Antwort geben werden, daß die fran- zöflsche Politik eine klügere sei als die österreichische, daß solche Personen, ' welche auf Meuterei und Blutvergießen sinnen, welche, während sie sich hinter ihrem Rang, ihrer Verschmitztheit, ihrer Vorsicht verschanzen, an der« in ihr Verderben zu Hetzen suchen, wol ein Cayenne verdienen—; aber, wenn dem auch so wäre, so können wir der imperialistischen Presse nur erlauben, uns Vorwürfe zu machen wegen der «Schwäche», welche Milde auch gegen erklärte Gegner übt." — Aus Wien vom 2. Mai wird der Allgemeinen Zeitung geschrieben: Graf V. Esterhazy ist um Enthebung von seinem Gesandtschaftsposten in Petersburg etngekommen. Derselbe reist nächstens nach Wien, um diese An gelegenheit persönlich zu betreiben. Als sein Nachfolger wird Kürst Ri- . chard Metternich genannt. Lr hatte bereit« vor einigen Tagen nebst Gemahlin, sowie auch Hr. v. Wydrnbruck, welchem letztem ebenfalls ein» neue diplomatische Bestimmung bevorsteht, die Ehre, zur kaiserlichen Taftl gezogen zu werden." — Nachrichten auS Triest vom 4. Mat zufolge ist Fuad-Pascha, ms der Reise nach Wien begriffen, daselbst «»gekommen. — Dem Pester Lloyd wird auS Arad vom 2. Mai telegraphisch berich tet: „Tine Feuersbrunst verzehrte heute Sz.-Anna undKomloS, wo bei 900 Häuser sammt der Kirche, Vorräthe aller Art, Vieh ,c. ein Raub der Flammen wurden; auch in Szederlak war rin großer Brand." Schweiz. Die Baseler Zeitung, das Hauptorgan der consrrvatlven Partei in der Schweiz, spricht sich über den Entscheid des BundeSrathS in der Eonsu- latfrage folgendermaßen auS: Damit ist natürlich die Sache principiell entschieden und auch dem Exequatur für Basel wird kein Hinderniß im Wege stehen, sobald nur «in Mann hingestellt wird, von dem nichts NachtheiligeS bekannt ist. Die Neue Züricher Zeitung meint, mit diesem Entscheid werde der viele Lärm um nicht« aufhören und in einem Mo nat werde kein Mensch mehr davon sprechen. ES ist die« leicht möglich; eil ist aber auch möglich, daß man schon nach Jahren den Beschluß bitter bereuen könnte. Der «Bund» scheint zu fürchten, daß durch die Consulate die Sympathien für Frankreich leiden könnten. Es wäre die« unser« Erachten« da« geringste Uebel. Wir besorgen vielmehr, daß unter veränderten Umständen die Sympathien gewisser Leute für Frankreich durch solche Consulate nur zu handgreiflich auSgebeutet wer- den möchten. Deshalb glauben wir, der Bundetrath habe die Ruhe de« Augen blick« durch Gefahren der Zukunft erkauft. Frankreich. LI Paris, 4. Mai. Man spricht von häufigen Unterredungen, wrlche zwischen dem Grafen Walcwski, dem Minister der äußern Angelegenheiten, und dem Marschall Villamarina, dem Vertreter Sardiniens am hiesige» Hofe, stattstndcn und deren Inhalt mit ungewöhnlicher Sorgfalt geheim- gehalten wird. Dem Vernehmen nach zeigt sich das turiner Cabinet in der Cagliariangelegenheit von einer Unbeugsamkeit, die über alle Voraussetzung geht; es soll jede schiedsrichterliche Entscheidung mit dem Bedeuten zurück weisen, daß ein Recht, welches so sonnenklar sei wie das Sardiniens, von keinem Urtheil abhängig gemacht zu werden brauche. (Vergleiche jedoch die telegraphische Depesche unter Großbritannien. D. Ned.) Infolge dieser Erkü rungen sind von. London an Hrn. Lions neue Weisungen abgegangen, durch welche der englische Agent beauftragt wird, der neapolitanischen Re gierung die eindringlichsten Vorstellungen zu machen, um sie von der Un rechtmäßigkeit einer länger» Zurückhaltung des sardinischen Schiffes und der Mannschaft und von der Nothwendigkeit eines Zugeständnisses in der Sache von sciten des Königs Ferdinand zu überzeugen. Von Wien soll eine Note, in gleichem Sinne abgefaßt, an den österreichischen Gesandten in Neapel abgegangen sein. Jedenfalls eine seltsame politische Verwickelung, welche die österreichische Regierung zur Unterstützung Sardiniens Neapel gegenüber veranlaßt; und doch ist diese Wirkung ganz und gar folgerichtig und ein leuchtend. Wie empfindlich die Organ« der österreichischen Regierung für das Wehen jedes politischen Lüftchens in Italien sein müssen, geht auS der Sachlage im Westen von Europa so unwiderlegbar hervor, als daß hier über weiter ein Wort zu verlieren wäre. Man, kann es sich zu Wien un möglich verhehlen, was ein Krieg zwischen den kleinern Mächten Piemont und Neapel für eine große Bedeutung gewinnen, was er für unabsehbare Verlegenheiten und Verwirrungen nach sich ziehen könnte. Man muß in Wien sehr wohl einsehen, daß es im Fall eines Ausbruchs dieses Kampfes für Oesterreich ebenso gefährlich wäre, demselben ruhig zuzuschen, als sich in denselben zu mischen, daß man zu Turin nichts sehnlicher als dieses Ereigniß herbeiwünscht und alles aufbietcn wird, um cS hcrbeizusühren, und daß also unter den gegebenen Umständen auf die Nachgiebigkeit Sar diniens nicht zu rechnen sei, selbst wenn daS Recht nicht so entschieden auf seiner Seite wäre. Dies erklärt zur Genüge den Schritt, welcher angeblich von der österreichischen Regierung geschehen sein soll. Obgleich die Aufre gung in Italien in der letzten Zeit zu einem normalen Zustand geworden zu sein scheint, haben sich doch, wie versichert wird, Agenten der verschie denen Regierungen, welche die Dinge in dem hcimgesuchten Lande zu be obachten die Aufgabe haben, veranlaßt gefunden, von der lebhaften und tiefen Wirkung zu berichten, welche die Verhandlungen in der turiner Kam mer, die auf das Verhältniß Frankreichs zu Sardinien Bezug haben und die auS denselben hervorgegangenen Erörterungen der HH. Lamartine und Bastide mit dem amtlichen Blatt der piemontesischen Regierung auf die Gei ster und Gemüther allzumal hervorgebracht haben. — lieber die Verände rung, welche in der Administration von Algerien vor sich gehen soll, verlautet noch nichts Entschiedenes; doch hält man die Erhebung deS Prin zen Napoleon an die Spitze der dortigen Geschäfte, sei eö nun mit mehr oder minder beschränkter Vollmacht, für wahrscheinlich; denn der Kaiser soll der Idee sehr günstig fein. Eine Commission, welche mit dem General Palles alS Präsidenten zur Prüfung dieses Gegenstandes ernannt wurde, hat der Kaiser in besonderer Audienz empfangen, um sie mit den Gesichts punkten bekannt zu machen, von welchen auS er die Sache betrachtet und erwogen wünscht. Von der Abberufung des Marschalls Randon von sei nem Posten in Afrika spricht man als von einer Sache, die auch in dem Fall erfolgen würde, wenn der Prinz Napoleon nicht die ihm zugedachte Stellung einnehmen sollte, da der Marschall Randon zum Nachfolger deS Marschalls BoSquet bestimmt ist, dessen Gesundheitszustand eben nicht seh« beruhigend ist.