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< 740 zu geben Hätten und welche darin bestände, daß fie ihre Lossagung von jeder Kandidatur erklärten, welche eine directe oder indirekte Protestatio» gegen die Verfassung und folglich ein Hemmniß der mäßigen Freiheit wäre. Dieser Artikel wird unausbleiblich alle Gegner selbst der unbeliebtesten Re gierungsmaßregeln bekehren und alle Parteien unter dem kaiserlichen Adler vereinigen! lZ Paris, 15. April. Aus Neapel wird berichtet, daß mit der Aus rüstung des Geschwaders, mit welchem man Piemont die Stirn bieten will, eifrig fortgefahren wird, und daß der König Ferdinand seinen Bruder, den Grafen von Aquila, zum Befehlshaber der kampflustigen Seemacht ernennen will. Waö von der Absicht der beiden Cabincte von Turin und Neapel ge meldet wird, einer dritten Macht, Rußland o^er Preußen, die Entscheidung iu dem Streit zu überlassen, erweist sich als unbegründet. Außerdem wird versichert, daß die russische Negierung in dieser Angelegenheit zu Sardinien zu halten geneigt ist. Man versichert, daß alle sich im AuSlande befind lichen sardinischen Offiziere von ihrer Regierung zur schleunigen Rückkehr aufgefordert worden sind und daß die öffentliche Meinung in Sardinien die Regierung zu Feindseligkeiten drängt. — Die Times hat sich in der letz ten Zeit so rücksichtlose Ausfälle gegen Frankreich erlaubt, daß die hiesigen Journale ersucht nwrden sein sollen, das Organ der City nicht mehr beim Namen zu nennen. — Der Herzog v. Malakow ist heute um 11 Uhr in Dover angekom men und wurde dort von den Generalen Mounsel und Crawford sowie drei Ehreogardisten empfangen. Der Gemeinderath überreichte ihni eine Adresse. Um 2 Uhr reiste der Herzog nach London ab, wo er gegen 5 Uhr eintraf. * Paris, 16. April. (Telegraphische Depesche.) Der Kaiser ist ge stern wieder in der Hauptstadt eingetroffen. Großbritannien. § London, 14. April. Das aufgeregte Interesse Londons an dem Staats- processe gegen Ur. Bernard hat sich heute abermals manifestirt. Lange vor 9 Uhr Morgens hatten zahlreiche Gruppen die Zugänge zum Gerichts höfe besetzt, und die Gcrichtsbeamten wurden um die Zulassung förmlich belagert. Aber die stritten Befehle der Sheriffs wurden pünktlich eingehal ten und nur jene Personen zugclassen, die mit Eintrittskarten versehen wa ren. Wir sahen Damen in eleganten Equipagen unverrichteter Sache vom Gerichtshöfe zurückfahrcn, trotzdem wir gleichfalls Gelegenheit hatten, bei einer EingangSthür zu sehen, wie in einem feinen Damenhandschub Gold stücke funkelten, um sich über den wachehaltenden Cerberus Bahn zu bre chen. Er refusirte, und der Wagen rollte mit der enttäuschten Dame davon. Im Gerichtssaale war übrigens die schönere Hälfte Englands zahlreich ge nug repräscntirt. Ur. Bernard erschien heute in weniger zuversichtlicher Hal tung, und eS scheint, daß ihm jetzt erst die ganze Bedeutung der Anklage auf Leben und Tod klar werde. Dazu mag auch die ernste Haltung der Geschworenen und die allerdings etwas ostensible Parteinahme Lord Camp bell's für den Staatsanwalt beigetragen haben. Wie wir vernehmen, ist die zu weit gehende Zuversicht der Vertheidiger Vernard's auf eine Freispre chung erschüttert worden. Die Jury, welche bisjetzt in strikter Gefangenschaft gehalten wurde, hat Erlaubniß erhalten, morgens und abends unter Bewa chung „Luft zu schöpfen", und die Vertheidiger Bernard's fürchten, daß die Ankunft des Marschalls Pelissier einen gewissen Einfluß auf die Geschwo renen ausüben könne. Unentschieden lassend, ob diese Besorgniß nicht zu weit geht, wird in den Clubs immer mehr darauf hingcwiesen, daß die Formfragen der protestirten Jurisdiction im Fall einer Verurtheilung für die Anklage entschieden werden, und ich höre vielfach die Meinung ausspre chen, daß Bernard's Transportarion als gewiß anzunehmen sei, weil ein „Nichtschuldig" von feiten der Jury nicht erfolgen werde. Viele strenge Urtheile lassen sich übrigens in Betreff der Belastungszeugen hören, und man verhehlt nicht, daß „auswärtige Hände" für ihre Gewinnung thätig waren. In einem Falle wurde einem der Zeugen vor kurzem der Ehrenle- gionsordcn angeboten; aber der praktische Sinn des Angehörigen der „Na tion von Krämern" verwarf das rothe Band im Knopfloche und machte andere, reelle Bedingungen. — Ein alarmirender Arbeiterkrawall hat diesen Morgen in den Ziegelbrcnnereien bei Walsall stattgefunden. Eine Bande Arbeiter, mit Gewehren und Pistolen bewaffnet, brach in die Bren nereien ein und wollte die Arbeiter zwingen, wegen Lohnherabsetzung die Arbeit etnzustellen. Dem widersetzten sich die Arbeiter, und als die Aufrüh rer dsx Maschinen zerstören wollten, kam es zum Handgemenge. Die An greifer machten Gebrauch von den Schußwaffen, und wir hören von einem tödtlich Verwundeten. Hierauf griffen sie eine zweite Brennerei an, wurden jedoch von den Arbeitenden in die Flucht geschlagen. '— Die Times veröffentlicht folgenden Brief: An den Redacteur der Times. Mein Herr! Zn der gestrigen Assisenpro- cedur gegen Simon Bernard soll dem Sitzungsbericht zufolge der Zeuge William Tozer in dem von Hrn. James ««gestellten Kreuzverhör geantwortet haben, „er wisse nicht, daß Granaten wie die vorgczeigte von den Ungarn gegen die Oesterrei cher gebraucht worden seien", und da aus dieser Antwort die Frage entspringen könnte, ob solches nicht doch wirklich der Fall gewesen, ,so erlaube ich mir zu er klären, daß eine solche Annahme durchaus grundlos ist und daß das ungarische Heer sich niemals anderer Waffen als der im' Kriege herkömmlichen bedient hat. Die Frage des Hrn. James ist derart, daß sie den Heldcnruhm des ehemaligen ungari schen HeerS beeinträchtigen könnte. Ich hoffe daher, mein Herr, daß Sie die Güte haben werden, diese Entgegnung zu veröffentlichen. Ich verbleibe, mein Herr, Ihr gehorsamer Diener S. Vukovich, ehemaliger ungarischer Justizminister. 33, Stan- hopcstrect, Hampstead-Road, 14. April. * London, 16. April. (Telegraphische Depesche.) Das Zeugenverhör in dem Processe Bernard ist gestern beendigt worden. * London > 16. April. (Telegraphische Depesche!) In der gestrigen Abend- fltzung de- Oberhauses erklärte auf eine Anfrage der Staatssekretär de» Auswärtigen, Lord Malmesbury, daß in Dover, Folkestone, Liverpool und Southampton Paßbureaur errichtet werden, und daß von Magistraten, Äerz- ten, Geistlichen empfohlene Personen Reisepässe erhalten. Belgien. Srüssel, 15. April. Der von Hrn. V. Hallaur, dem flüchtigen Re dakteur dcS «Crocodile», gegen seine Verweisung vor den Asflsenhof ein gelegte Appell ist gestern vom CaffationShof berathen und zurückgewiese» worden. DaS Tribunal hat die Entscheidung der Anklagekammer sowie da- vom Schwurgericht por oontunuioiam erlassene Urtheil bestätigt Und den Appellanten außerdem zu einer Geldstrafe von 150 Fr. und in die Koste» verurtheilt. Hr. Hallaur befindet sich gegenwärtig in London, woselbst er in einem Bankierhause ein Unterkommen als Commis gefunden hat. Die Berufung der beiden andern gefänglich eingezogenen Journalisten, der HH. Labarre und Coulon, wird gleichfalls dieser Tage vom CassationShofe in Betracht gezogen werden und voraussichtlich keines andern Resultat- sich ^u erfreuen haben. (Köln.Z.7 Norwegen. In Bezug auf die von den Hamburger Nachrichten mltgetheilte De pesche auS Christian ia vom 14. April über die dort stattgehabte FenerS- brunst geht ihr die Berichtigung zu, daß der durch den Brand verursachte Schaden auf Speciesthaler (nicht 1^ Gpec., wie irrthümlich gemeldet) geschätzt wurde. Tscherkessien. * Paris, 15. April. (Telegraphische Depesche.) Aus Konstantinopel vom 8. April wird von einem großen Complot berichtet, da- in Tscherkes sien entdeckt worden sein soll. Der Sohn Sefer-Pascha'S hätte sich einer Korrespondenz des (bekanntlich in die Dienste der Tscherkessen getretenen) ungarischen Flüchtlings Bangya bemächtigt uud dieser infolge davon alles gestanden. Derselbe sei nebst einem russischen Emissär, General Philippson, zum Tode verurtheilt worden. Die Pforte soll strenge gegen die durch Pässe zu Russen nationaliflrten Armenier zu verfahren gedenken. Amerika. Fenner !v. Fennebcrg, der in der revolutionären Bewegung von 1848 eine nicht unbedeutende Rolle spielte, ist, wie die Neuyorker Han- delS-ZeituNg vernimmt, geisteskrank und vor einigen Tagen ins dortige Ir renhaus gebracht worden. Er war seit drei Jahren Dolmetscher am Poli zeigericht von Neuyork und bekleidete außerdem die Stellung als öffentlicher Notar. Körperliche Leiden sollen die Ursache der Zerrüttung seines Geistes sein. Er hat Frau und zwei Kinder. Königreich Sachsen. L Dresden, 16. April. In heutiger Sitzung der I. Kammer ging ein Bericht der dritten Deputation über die Petition der erzgebirgischen KreiS- stände, Kreiskassenansprüche an den Staatsfiscus sowie Vorlegung der hier auf bezüglichen Acten betreffend, auf Antrag des Referenten v. Polenz we gen neuerhaltener Unterlagen wieder an die Deputation zurück. Der zweite Gegenstand der Tagesordnung war ein mündlicher Bericht der vierten De putation über die Petition des Schriftgießereibesitzers Schetter in Leipzig, Anlegung einer Staatsdruckerei -betreffend. Die Deputation (Referent Klauß) hat nach gründlicher Erörterung der Sachlage der Kammer vorgeschlagen5 die Petition zur Zeit auf sich beruhen zu lassen, und wurde dieses Votum von der Kammer genehmigt. — Unser Referat über die Abendsitzung der l. Kammer über das Jagdgesetz, von der wir aus angegebenem Grunde ent fernt blieben (Nr. 86), irrte sich, als es Hrn. v. Heynitz und Graf Stol berg unter den Sprechern für die Deputationsvorschläge aufführte. Ge nannte Herren haben gegen, jedoch Abg. Hennig, den wir nicht anführten, für den Entwurf gesprochen. Die 11 Neganten waren die HH. v. Friesen, v. Kalitsch, Graf Wilding, v. Heynitz, v. Lüttichau, Graf Riesch, v. Böh- lau, v. Welck, v. Schönberg-Bibran, v. Erdmannsdorf, Graf Stolberg. — Die vor dem Bezirksgericht zu Dresden am 15. April begonnene Hauptverhandlung gegen den des Mordes angeklagten ehemaligen Besitzer des Bades Kreischa Apotheker Fähndrich ist auf den. 16. April vertagt wor den. Friedrich Wilhelm Fähndrich, 47 Jahre alt, aus einem Orte bei Frankfurt a. d. O. gebürtig, studirte Pharmacie, kaufte dann die Apotheke zu Ronneburg, später das Bad zu Kreischa und ein Gut zu Sayda, und zog dann nach Dresden, nachdem das Bad zur Subhastation gekommen und das Gut zu Sayda abgebrannt war. Bereits in Ronneburg war Fähn drich wegen Fälschung und Betrug zu zwei Monaten Gcfängniß verurtheilt und wegen Verdachts der Brandstiftung in Untersuchung gekommen, welche letztere aber eingestellt wurde. Zn Betreff der neuesten Anklage auf Mord gesteht Fähndrich ein, daß er mit seinem Dienstmädchen verbotenen Umgang gehabt, und hat sich auch als Vater eines aus diesem Umgänge entsprosse nen Knaben bekannt, für den er Alimente zu zahlen sich verpflichtete. Der Knabe wurde, da sich seine Mutter bald nach seiner Geburt nach Dresden wendete, in Pflege der Verwandten derselben in Wilsdruf gegeben. Am 4. April kam Fähndrich nach Wilsdruf, entfernte die Pflegerin unter einem Vorwande und gab während deren Abwesenheit dem Kinde ein Pulver ein, worauf er sich entfernte. Bald darauf verfiel das Kind in einen lethargi schen Zustand und starb am folgenden Tage unter den Anzeichen narkoti scher Vergiftung. Fähndrich hatte sich noch im Jahre 1856 im Besitz einer Menge verschiedener Medicamente, darunter starke Gifte, befun den. Seine Angaben über die Anwendung eines krampfstillenden Mittels