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846 Stahl und Eisen. Berichte über Ver Sammlungen aus Fachvereinen. 22. Jahrg. Nr. 15. Gebirgsmächtigkeit zur bauwürdigen Kohle beträgt bei der Magerkohlenpartie 100 :1, bei der Efs- und Fett kohlenpartie 26,5:1. bei der Gaskohlenpartie 29,4:1, bei der Gasflammkohlenpartie 40:1. Die Gesammt- zahl der abbauwürdigen Flötze beträgt 96. Eine eigent liche Kohlennoth ist nach den Ausführungen des Vor tragenden auch nie vorhanden gewesen. Sie wurde nur von einigen Kreisen in Verfolgung einseitiger wirthschaftspolitischer Interessen an die Wand ge malt. Wenn es der Absatz erforderte, würde heute Westfalen, vorausgesetzt, dafs die nöthigen Kräfte zur Verfügung stehen, das Doppelte an Kohlen liefern können. Bergrath Schultz berechnete den Gehalt der Anfang 1900 bekannten bauwürdigen Flötze bis zu einer Tiefe von 1500 m auf 54,3 Milliarden Tonnen. In dem genannten Bezirk betrieben den Kohlenberg bau im Jahre 1901 117 Gesellschaften mit 236769 Ar beitern. Die reinen Löhne betrugen f. d. Tonne der gewonnenen Steinkohle 4,93 K, die gesummten Selbst kosten f. d. Tonne 8,20 . Die Jahresleistung eines Arbeiters bewegt sich zwischen 270 und 280 Tonnen. 85 Gesellschaften haben zur Vermeidung ungesunden Wettbewerbs und zum Vertriebe ihrer Erzeugnisse eine Actiengesellschaft, Rheinisch-westfälisches Kohlen- syndicat, gebildet mit einer Gesammtförderung von 57 Millionen Tonnen. Die Auffassung, dafs das Kohlen- syndicat mit seiner Erzeugung künstlich zurückhalte, um die Kohlenpreise hinaufzuschrauben, bezeichnet der Redner als irrig. Sie beruhe nur auf dem un geschickt gewählten Ausdruck „Einschränkung der Production“. Es handle sich dabei lediglich darum, dafs jede Gesellschaft mit ihrer Betheiligung contin- gentirt werden müsse. Jeder Betheiligte suche natür lich ein so hohes Contingent zu bekommen, wie mög lich. Nur einmal, im November 1900, habe der Ab satz thatsächlich die Betheilignng überschritten. Hierauf sprach Director Merz-Kassel über: „An lage und Betrieb von Gasöfen mit geneigten Retorten“; Director Hilgenstock-Dahlhausen über: „Destil lationskokerei“; Ingenieur Rofs-Wien über: „Betriebs ergebnisse der Elektricitätswerke und die Selbstkosten der Stromerzeugung“ und Drehschmidt-Berlin über : „Gasglühlicht und Starklichtbrenner“. Am zweiten Sitzungstage eröffnete Geh. Hofrath Dr. H. Bunte -Karlsruhe unter dem Titel „Bemer kungen über Gasreinigung“ die Reihe der Vorträge. Er behandelte seinen Gegenstand unter dem Gesichts punkt der Beseitigung der störenden Verunreinigungen des Gases, nicht unter' dem der Gewinnung verwerth- barer Nebenproducte, und verbreitete sich in eingehen der Weise-über die verschiedenen Methoden der Ent fernung jener störenden Bestandtheile, als welche er den Schwefelwasserstoff, die Kohlensäure, den Schwefel kohlenstoff und das Kohlenoxyd anführte. — Nach diesem Vortrag wurden die Berichte des Vorstandes und der Commissionen entgegengenommen und der übrige geschäftliche Theil erledigt. In der dritten Sitzung, am 27. Juni, sprachen: Geh. Rath Prof. Dr. Intze-Aachen über „Thaisperren für städtische Wasserversorgung“; Civilingenieur Halbertsma-s’Gravenhage über „das Wasserwerk Tilburg“ und Baurath Beer-Berlin über „die Wasser versorgung von Berlin durch Grundwasser“. Als Ort für die nächste Jahresversammlung wurde Zürich gewählt. British Iron Trade Association. Die diesjährige Generalversammlung genannter Gesellschaft fand am 4. Juni unter dem Vorsitz von Ebenezer Parkes in London statt. Von dem Geschäfts führer J. 8. Jeans wurde der Jahresbericht für 1901 erstattet, derselbe giebt zunächst die gewohnten stati stischen Uebersichten über die britische Eisen- und Stahlproduction, sowie den Aufsenhandel der britischen Eisenindustrie; das verflossene Jahr 1901 war für die britische Eisenindustrie nichts weniger als zufrieden stellend, vor allen Dingen war das Verhältnifs der Preise für die Rohproducte und Fertigfabricate ein für die letzteren überaus mifsliches. Die hohen Preise für Rohmaterialien machten es den weiter verarbeitenden Industrien in vielen Fällen unmöglich, gegen den mit äufserster Schärfe auftretenden deutschen Wett bewerb anzukämpfen, und herrschte dadurch zeitweise empfindlicher Arbeitsmangel. Der Bericht erwähnt sodann die im Februar v. J. beschlossene Aussendung einer Commission zum Studium der amerikanischen industriellen Verhältnisse; des von dieser Commission erstatteten Berichts ist an anderer Stelle der vor liegenden Nummer * ** eingehend Erwähnung gethan. Von gesetzgeberischen, die Eisen- und Stahl industrie betreffenden Mafsnahmen, welche seit dem letzten Jahresbericht das englische Parlament beschäftigt haben, erwähnt der Bericht u. A. zwei Nachtrags gesetze zum Unfallentschädigungsgesetz von 1897. Es handelt sich hierbei um Ausdehnung der Anwendung dieses Gesetzes auf alle Arbeiterkategorien, um Regelung des Beginnes der Zahlungspflicht (vom Tage des Un falles an); diese Vorlagen liegen den Parlament z. Zt. noch vor. Der hauptsächlich auf Betreiben der Leiter der Trade Unions eingebrachte Gesetzentwurf, dahin gehend, dafs die Trade Unions als solche für ungesetz liche Handlungen, welche durch irgend einen ihrer Vorstandsmitglieder, Angestellten, Agenten oder Mit glieder zur Beförderung oder in der Absicht der Be förderung von Streiks, Ausständen u. s. w. unternommen werden, nicht verantwortlich gemacht werden sollen, es sei denn, dafs diese Handlungen auf einem aus drücklichen Beschlufs des Vorstandes u. s. w. der betreffenden Union beruhen, wurde im März d. J. zurückgezogen. Die Commission zur Aufstellung von Normal profilen für Formeisen, deren Einsetzung im Frühjahr vorigen Jahres beschlossen wurde,* hat inzwischen unter Zuziehung von Delegirten der Institution of Civil Engineers ihre Arbeiten begonnen und besondere Gruppen gebildet für: 1. Brücken- und Baucon- struction; 2. Schienen; 3. Rollendes Eisenbahn- material; 4. Schiffsprofile. Die Arbeiten in den einzelnen Gruppen sind im Gange und versprechen ein günstiges Ergebnifs. Die wiederholt von der Asso ciation gegebenen Anregungen auf Verbesserung des Schemas der Ein- und Ausfuhr-Statistik sind nicht ohne Erfolg geblieben; u. a. wird jetzt die Schienen einfuhr besonders nachgewiesen und ebenso die Aus fuhr von Bandeisen, Feinblechen und Panzerplatten; der Vorstand will wegen weiterer Detaillirung der Nachweisungen demnächst erneut vorstellig werden. Gröfsere Aufmerksamkeit hat man, angeregt durch das Vorgehen anderer Länder, neuerdings dem briti schen Kanalsystem zugewendet; auch die Association hat bei der Regierung eine Denkschrift eingereicht, dieselbe ersuchend, geeignete Schritte zur Verbesserung sowie zur wirthschaftlicheren und ausgedehnteren Be nutzung der heimischen Wasserwege zu unternehmen. Im übrigen ist der Vorstand der Ansicht, dafs die thatsächliche Ausdehnung des Kanalsystems nach wie vor in der Hauptsache Gegenstand privater Unter nehmungen sein müsse, dafs jedoch die private Initia tive nicht wie jetzt vom Parlament durchkreuzt oder günstigsten Falls indifferent behandelt, sondern unter stützt werden müsse. In der von der Londoner Handelskammer berufe nen Commission in Sachen des neuen deutschen Zoll tarifs hat der Verein drei Vertreter delegirt; die Com mission ist bisher noch nicht zusammengetreten. * Siehe Seite 856 ff. ** Vergl. „Stahl und Eisen“ 1901 Seite 365.