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836 Stahl und Eisen. 22. Jahrg. Nr. 15. Zuschriften an die Redaction. Die Schwierigkeiten, besonders diejenigen, welche der Staub in den Gasen hervorruft, sind jetzt allerseits als vorhanden, und nicht von mir über trieben anerkannt. Meine Warnung, die Ver wendung der Hochofengase in Gasmaschinen nicht dadurch vollständig in Mifscredit zu bringen, dafs man die ungereinigten Gase verwendet, wird mir jetzt allseitig als ein grofses Verdienst angerechnet. Ich hatte deshalb durchaus keine Veranlassung, meine Meinung wesentlich zu ändern, wie Donkin behauptet, dafs ich das gethan habe. In dem Vor trage von Donkin ist — wie oben aufgeführt — auch die hohe Temperatur als eine von mir her vorgehobene Schwierigkeit aufgeführt. Die hohe Temperatur der Hochofengase habe ich aber nie mals als Schwierigkeit genannt. In dem Briefwechsel, welcher dem Vortrage von Donkin nachgedruckt ist, heifst es dann auf Seite 45: „Es konnte der Behauptung, dafs Herr Lürmann im Jahre 1886 den Werth der Hochofen gase erkannt hatte, nicht viel Gewicht beigelegt werden; wenigstens schien dieser Herr nicht viel Werth in seine eigene Meinung zu setzen, denn im Jahre 1898 hatte er sich der Idee ihrer Brauch barkeit als Krafterzeugungsquelle nachdrücklich widersetzt.“ Dafs ich mich dieser Idee „wider setzt“ hätte, das ist nach Obigem nicht zutreffend. Den Grund zu dieser unrichtigen Darstellung finde ich in dem Bestreben, einem Engländer, Herrn Thwaite, das Vordienst zu erhalten, dafs er die erste Anregung zu diesem Fortschritte gegeben habe. Das wird bewiesen durch den Satz, welcher dem vorstehenden nach wenigen Zeilen folgt und lautet: „Es war gewifs, dafs die erste Anerkennung der Hochofengase zur Krafterzeugung seitens des Hrn. Thwaite erfolgt war und welche bald nach her von ihm veröffentlicht und den Belgiern und Anderen bekannt geworden war.“ Die „Anderen“ das sind die Deutschen! Und warum alle diese Mühe und diese un richtigen Angaben? Nur weil ich mir erlaubt habe, daran zu erinnern, dafs ich schon einige Jahre vor Thwaite den Gedanken ausgesprochen habe, dafs es nützlich sei, Hochofengase in Gas maschinen zur Krafterzeugung zu verwenden. Auch Thwaite selber ist eifrig bemüht, sich die Priorität zu verschaffen; so sagte er u. a.:* „Der Verfasser dieses Aufsatzes (Thwaite) erkannte vor mehreren Jahren als Ergebnifs einer genauen Untersuchung über die Leistungen von Heiz materialien, welche in gewöhnlichen industriellen Operationen benutzt werden, dafs es möglich sein dürfte, den mit Schmelzprocessen verbundenen Wärmeverlust und, inter alia, mit Hochofenarbeit, noch weiter zu beschränken, und als Resultat erfand und patentirte er im Mai 1894 die Methode der directen Benutzung der-Hochofengase in Gas * „Iron and Coal Trades Review“ Nr. 1575 vom 6. Mai 1898 und „Stahl und Eisen“ 1898 S. 501. maschinen. In Verbindung mit Hrn. Frank L. Gardner und Anderen hat der Verfasser zahl reiche Erfindungen entwickelt und vervollkommnet, welche, in ihrem Zusammenhang, jeden Wärme verlust im Hochofenbetriebe angreifen.“ Wenn ich nun nachwies, dafs diese Erfindung keine Er findung mehr war, weil der Vorschlag nicht mehr neu, sondern von mir schon 1886 veröffentlicht war, so ist das ja allerdings nicht angenehm, aber doch nicht zu ändern. Diese vermeintliche Er findung ist nun mit der Bezeichnung „Thwaite- Gardner blast-furnace power System“ der Welt vorgeführt worden. Und nun klagt Thwaite:* „Wir mögen erfinden, Neuerungen machen, und unser Kapital in bahnbrechenden Arbeiten wagen, aber der intelligente, und manchmal mufs man mit Bedauern sagen, gänzlich gewissenlose Con current, immer auf dem qui vive, wird schleunigst die Erfindung der Neuerung adoptiren oder nach- ahmen, aber erst dann, nachdem die Erfindung durch den »Britisher« der Versuchsprobe unterworfen worden ist.“ Diese Klage ist auf die Anwendung der Hochofengase zur unmittelbaren Krafterzeugung in Gasmaschinen gemünzt, und als die Grofsthat der „Britisher“ mufs allein auch noch heute die kleine Versuchsmaschine in Wishaw gelten. Osnabrück, im Juni 1902. Fritz W. Lürmann, Hütteningenieur. * * * Im Anschlufs an vorstehende Zuschrift er hielten wir noch folgende: Some notes on the paper of Mr. Bryan „Motive Power from Blast-Furnace Gases“. Die interessante Schrift berücksichtigt in so ausführlicher Weise die bisher gemachten Er fahrungen an Hochofengasmotoren, dafs für den mit der Materie vertrauten Fachmann nur wenig hinzuzufügen bleibt. Was zunächst die Entwicklung der Gröfsen- Verhältnisse im Gasmotorenbau anbelangt, so möchte ich bemerken, dafs nicht die Jahre 1895 bis 1900 eine Vergröfserung des Gasmotors von 10 auf 1000 P.S. brachten, sondern dafs schon im Jahre 1891 in der Dessauer Centralstation ein 120 pferdiger Zwillingsmotor — allerdings mit Leuchtgasspeisung — zur Erzeugung von elek trischem Licht in Betrieb genommen wurde. Die Cylinder hatten 500 mm Durchmesser, 760 mm Hub, der Motor machte 140 Umdrehungen i. d. Minute. Dafs die Vergröfserung der Cylinder» dimension kein rascheres Tempo in dieser Zeit einschlug, hatte wohl seinen Grund darin, dafs sich schon bei dieser Cylinderdimension Früh zündungen zeigten, die den Gang des Motors plötz lich wesentlich verlangsamten und deren üble Wirkung nur durch Anspritzung des Auspuff ventiltellers mit Wasser im Innern des Ausström- * „Iron and Coal Trades Review“ Nr. 1575 vom 6. Mai 1898 und „Stahl und Eisen“ 1898 8. 501,