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806 Stahl und Eisen. Das Stahl- und Walzwerk Rendsburg. 22. Jahrg. Nr. 15. einen gediegenen Arbeiterstamm, sowie gute, nicht zu theuere Lebensmittel. Da das Ufergelände noch reichlich freien Raum bietet, so hat die Erkenntnifs dieser That- Sachen auch bereits andere industrielle Unter nehmungen zur Niederlassung am Audorfer See veranlafst, worunter eine Kokerei zu nennen ist, die die im Norden zahlreich vorhandenen Eisen- giefsereien und Metallschmelzen mit dem dort in Zeiten starken Bedarfs schwer zu beziehenden Brennmaterial zu versorgen hat, sowie eine Fabrik von Kalksandsteinen, welche den in ver schiedenen Qualitäten undKorngröfsen vorkommen den Sand verarbeitet und ein gutes Baumaterial liefert. (Siehe den Lageplan Abb. 1.) Die Aufgabe des Stahl- und Walzwerks Rends burg besteht in der Herstellung von Schiffs- und. Kesselblechen; als Erweiterung is't, wie aus dem Grundplan Tafel XV ersichtlich, eine Grobblech strecke, eine Profileisenstrafse, eine Mittelstrafse und eine Feineisenstrafse vorgesehen, während für den Fall, dafs später wider Erwarten der Bezug von Rohmaterial Schwierigkeiten er geben sollte, für die Anlage von Hochöfen ge nügend Baugrund erworben ist. Für die An- und Abfuhr wird in der ersten Zeit des Betriebes das vorläufig angenommene System von Lade bühnen dem Ufer des Sees entlang genügen, während für höhere Anforderungen des Trans portes der Bau von Molen mit entsprechenden mechanischen Ladevorrichtungen vorgesehen ist. Die Ausnutzung des Ufergeländes, der Bahn- anschlufs für den Transport und die aufsteigende Lage des Grundstückes verwies die Lagerung der Rohmaterialien hinter das Werk, und diejenige der Fabricate sowie deren Verladung an den See, wodurch sich gleichzeitig eine zweck- mäfsige Ausnutzung der Tiefe des Ufergeländes ergiebt, während für Beamten- und Arbeiter wohnungen verschiedene passende Grundstücke in geringer Entfernung erworben worden sind. Dieser Anordnung entsprechend ist die Längs richtung des Stahlwerks mit den Gaserzeugern parallel zur Tiefe und diejenige des Gebäudes für die Kesselanlage und Maschinen senkrecht dazu gelegt worden, um mit der Erweiterung des Werkes, wie gezeichnet, fortschreiten zu können. (Siehe Grundplan Tafel XV.) Das Stahlwerk (Tafel XVI) hat zwei Hallen von 19 und 11 m Spannweite. Die Oefen liegen, abweichend von der bisher üblichen Anordnung, in der grofsen Halle, weil diese für die ausschliefs- liehe Erzeugung von Blöcken genügend Raum hat und ein elektrisch angetriebener Laufkrahn in der selben die Bestreichung der Oefen ermöglicht. Für die Aufstellung der Coquillen und das Giefsen der Blöcke ist ein Graben mit darüber laufendem Pfannenwagen ausgeführt worden. Für die Blockbewegung im Gebäude und auf dem Hofe ist ein auf dem Normalgeleise laufender Dampf- krahn von 6 t Tragfähigkeit vorhanden; die Blöcke werden durch Locomotiven auf den Ge leisen von 750 mm Spur zum Walzwerk ge fahren. Zur Beschickung der Herdöfen (s. Tafel XVII, Einsetzmaschine) ist ein Laufkrahn A, System R. M. Daelen, ausgeführt von dem Neu fs er Eisen werk, in der kleinen Stahlwerkshalle angebracht, der die auf den Wagen B stehenden Mulden C von 1000 kg Fassung hebt, in den Ofen einführt, dreht und wieder zurückbringt, während für den Verkehr sowie das Heben und Senken der Wagen die Geleise, das Hebewerk und der Bremsthurm (Tafel XVI) dienen. Diese Einrichtung ist gegen über der sogenannten amerikanischen Einsetz maschine sehr vortheilhaft, weil letztere die ganze Oberfläche der Bühne bestreicht und von dieser eine grofse Tragfähigkeit verlangt, während als Bahn für den Laufkrahn auf der einen Seite der Träger der Haupthalle und auf der andern Seite ein Träger der Gebäudewand mit benutzt wird, so dafs die Bühne freibleibt und die Anlagekosten geringer werden. Die beiden Herdöfen (Tafel XVII) sind nach dem Siemensschen System für je 251 Einsatz und 3 bis 5 Schmelzungen in 24 Stunden, je nach dem Verhältnifs von Schrott und Roheisen, berechnet. Abweichend von der älteren Einrichtung ist das Mauerwerk des Herdes mit einer starken Wanne aus Flufseisenblech umgeben, auf der auch die Bekleidung und das Mauerwerk des darüber stehenden Ofenkörpers ruht und deren Gesammt- belastung durch die äufseren Säulen auf das Fundament übertragen wird. Auf diese Weise wird das Mauerwerk der darunter liegenden Wärmespeicher entlastet und durch den Zwischen raum gegen Eindringen von flüssigem Stahl ge schützt. Der ganze Ofen ist stark verankert und steht auf einer Betonschicht, so dafs jede nachtheilige Bewegung verhindert wird. Die Zuleitung des Gases von den Erzeugern erfolgt durch unterirdische Kanäle, die mit verschliefs- baren Reinigungs- und Sicherheitsöffnungen reich lich versehen sind. Zur Ableitung der verbrannten Gase ist jeder Ofen mit einem rund gemauerten Schornstein von 1,25 m oberem Durchmesser (im Lichten) und 35 m Höhe versehen. Da die übliche lange Abstichrinne der Herdöfen die Instand setzung der Oeffnung erschwert, so ist an dieser eine kurze Rinne und darunter eine fahrbare Rinne B befestigt, durch welche das flüssige Metall in die Pfanne geleitet wird. Tafel XVII zeigt auch die Anlage der Gas erzeuger und der Fabrik von feuerfesten Materia lien. Die Einrichtung der ersteren weicht nur dadurch von der bekannten ab, dafs die Bühne so hoch liegt, dafs die Kohlen in das Gehäuse der Doppelklappe ohne Heben eingeschaufelt werden können, wodurch die Handarbeit er leichtert wird.