Volltext Seite (XML)
beim sauren Ofen der Betrieb dadurch, dal’s die Anlagen für die Bereitung des basischen Futters u. s. w. in Wegfall kommen. Aufserdem wird es darauf ankommen, welche Producte verlangt werden. Dort, wo man darauf angewiesen ist, einen Theil der Erzeugung an Rohblöcken, in sonderheit Schmiedestücke abzusetzen (weiches Material), wird man überall basischen Betrieb finden; dagegen wird man dort, wo zumeist Stahlformgufsstücke von mittlerer Härte verlangt werden, und die Vorbedingung der Erhältlich keit eines reinen Schrotts erfüllt wird, auch saure Zustellung nehmen. Es wird von ersten Fachautoritäten behauptet, dafs es einer guten Betriebsleitung gelingt, auch im sauren Ofen ohne Schwierigkeit für ganz weiches Material dieselben Qualitätsziffern wie beim basischen Material zu erreichen.* Entwicklung der Panzerplatten-Fabri- cation. Die Herstellung von Panzerplatten im Inlande wurde im Jahre 1876 begonnen, nach dem die deutsche Marine schon seit einiger Zeit auf den eigenen Werften in den Bau von Panzer schiffen eingetreten war und sich die Admiralität dafür interessirte, dafs der Bau derselben mög lichst nur aus deutschem Material auf einheimi schen Werften hergestellt werde. Besonders war es, wie schon eingangs meines Vortrags erwähnt, General von Stosch, der dieses Bestreben thatkräftig unterstützte und förderte, und seiner Anregung ist es in erster Linie zu verdanken, dafs die für den Kriegsschiffbau so wichtige Frage der Panzerbeschaffung schon im Anfangsstadium unserer Marine-Entwicklung von einem deutschen Werke aufgenommen und durch Neuanschaffung grofser, nur für den speciellen Zweck verwendbarer Anlagen zur Durchführung gebracht ist. Das Werk, welches die ersten Schiffspanzer platten in Deutschland herstellte, sind die Dil linger Hüttenwerke gewesen, und zwar lieferte dieses Werk zunächst die Panzerungen für die Kanonenboote der Wespeklasse, welche eine 8" starke Panzerung aus Schweifseisen erhielten. Hieran anschliefsend kam dann die 6- bezw. 12 zöllige Panzerung der beiden Ausfall-Corvetten „Württemberg“ und „Baden“ zur Ausführung und als letztes deutsches Schiff mit schmied eisernem Panzer folgte im Jahre 1880 das Panzerschiff „König Wilhelm“, welches mit einem 12'' Schweifseisenpanzer versehen wurde. Es kommen in dieser Specification Platten bis zu 12 000 kg Einzelgewicht vor. Die Jahres- production des Werkes betrug an Panzer platten im Geschäftsjahr 1880/81 2300 t. Die schweifseisernen Platten, welche für die * Es wird dies u. a. auch bewiesen durch eine Reihe von Zerreifs- und Biegeproben von Material von 39 bis 60 kg Festigkeit, welche das Stahlwerk Krieger auf der Düsseldorfer Ausstellung zeigt. vorgenannten Schiffe zur Verwendung kamen, entsprachen in Bezug auf ihre Widerstandsfähig keit vollkommen dem, was zu jener Zeit von englischen Werken geleistet wurde. Mit der fortschreitenden Vervollkommnung des Geschütz- und Geschofsmaterials konnte die Widerstands fähigkeit des schmiedeisernen Panzers auf die Dauer nicht gleichen Schritt halten, und es stellte sich daher das Bedürfnifs heraus, das weiche Schweifseisen durch ein härteres und gegen Geschosse widerstandsfähigeres Material zu ersetzen. Seit dem Jahre 1877 war in England ein Verbundpanzer aufgekommen (Steel faced armour plates, System Wilson), welcher zu 2/3 seiner Gesammtstärke aus Schmiedeisen, an der Vorder seite aber aus hartem Stahl bestand. Die Idee dieses Panzers war, dem auftreffenden Geschofs durch die harte Stahlvorderseite einen grofsen Widerstand zu bieten, während die weiche und zähe Eisenhinterlage das Zerbrechen der Platte verhindern sollte. Platten dieser Art wiesen bei den Beschiefsungsproben eine wesentlich erhöhte Widerstandsfähigkeit gegen die Wirkung der Geschosse auf. Das Herstellungsverfahren war auch in Deutschland durch Patente geschützt, die dann im Jahre 1880 mit dem Recht der ausschliefslichen Ausübung in Deutschland von den Dillinger Hüttenwerken erworben wurden. Noch in demselben Jahre wurde mit dem Bau der für die. Fabrication erforderlichen umfang reichen Neueinrichtungen begonnen, und noch im December des Jahres 1881 konnten die ersten Verbundplatten zur ballistischen Erprobunggestellt werden.* Nachdem das Ergebnifs dieser Be schielsung der deutschen Marine die Ueberzeugung gegeben hatte, dafs die Dillinger Hüttenwerke den englischen vollständig gleichwerthige Ver bundpanzerplatten zu fabriciren in der Lage waren, erfolgte als erste Bestellung die Deck panzerung für die Kanonenboote „Brummer“ und „Bremse“, sowie die 10—12" starke Panzerung für drei chinesische Panzercorvetten, welche auf der Werft des „Vulcan“ in Stettin gebaut wurden. Als erstes deutsches Panzerschiff erhielt S. M. S. „Oldenburg“ einen Verbundpanzer von 10—12“ Stärke, welcher in den Jahren 1884/85 geliefert wurde. Dieser Lieferung sind dann noch bis zum Jahre 1892, abgesehen von einer etwa zweijährigen Unterbrechung, in welcher Zeit die deutsche Marine überhaupt keine Platten für Neubauten gebraucht hat, verschiedene weitere Ausführungen in Verbundmaterial gefolgt, wobei es sich bei den Schiffen der Brandenburg-Klasse um Platten bis zu 400 mm Stärke und bis zu etwa 30 t Einzelgewicht gehandelt hat. Die Höchst - Jahreserzeugung an Verbund - Panzer platten hat 2000 t nicht überschritten. * Vergl. „Stahl und Eisen“ 1882 Heft 2 S. 63.