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ersten Schraubenwellenlagerböcke für den Schiff bau geliefert, im Jahre 1882 begannen schon Lieferungen nach dem Auslande, namentlich nach England, der Heimstätte des Schiffbaues. Im Jahre 1886 lieferte dasselbe Werk die ersten gröfseren Steven von je etwa 5000 kg Gewicht für die Vulcanwerft in Stettin zum Bau von zwei chinesischen Kriegsschiffen, für welche Schiffe auch gleichzeitig Kreuzköpfe nebst Gerad führungen, Kurbelwellenlagerböcke, sowie 13 Stück hohl gegossene Pleuelstangen mitgeliefert wurden. Auch wurde zur Herstellung blank bearbeiteter Kurbelwellen complicirter Form geschritten und Fagontheile für den Geschützbau geliefert. Nach dem im Jahre 1888 in Essen eine zweite Form- stahlgiefserei in Betrieb genommen worden und damit die Möglichkeit gegeben war, weichsten und zähesten Formstahl von etwa 40 kg Bruch festigkeit und 20 °/o Mindestdehnung bei gröfster Biegefähigkeit herzustellen, wurden die Steven und Maschinentheile, wie Rahmen, Ständer, Kolben, Cylinder und Schieberkastendeckel für zahlreiche Handels- und Kriegsschiffe sowohl Deutschlands wie Hollands, Rufslands und anderer Länder geliefert. Von Mitte der 90er Jahre ab stellten die Schiffsmaschinenconstructeure aufser- ordentliche Anforderungen an den Gufs bezüg lich dünner Wandstärken bei sehr grofsen Ab messungen, und man kann deshalb wohl mit Recht behaupten, dafs die Schiffsmaschinenbauer in hervorragender Weise dazu beigetragen haben, dafs die heutigen grofsartigen Leistungen unserer Stahlgiefsereien angestrebt und erreicht wurden. Unsere Düsseldorfer Ausstellung zeigt von dem hohen Stande dieses verhältnifsmäfsig jugend lichen Betriebszweiges unserer Hütten zahl reiche schöne Beweisstücke. Die Bochumer und Kruppschen Werke, welche als die Mutterwerke des Stahlformgusses anzusehen sind, zeichnen sich durch besonders schöne Stücke aus. Der Bochumer Verein zeigt einen Steven iin Ge- sammtgewicht von 89 000 kg; derselbe ist für einen der gröfsten Schnelldampfer des Nord deutschen Lloyd bestimmt und aus mehreren Stücken zusammengesetzt, von welchen das schwerste 25 t wiegt. Das Annener Werk bringt eine ganze Reihe von Stücken für den Schiff bau, an denen insbesondere auffällt, dafs sie alle die rohe Gufshaut zeigen; dafs gröfste Ge wicht des von diesem Werke ausgeführten Gufsstückes beträgt ebenfalls 25 t. Dafs hier auch die Leistungsfähigkeit der Stahlgiefsereien dem Bediirfnifs vorausgeeilt ist, mag der Hinweis bekräftigen, dafs bedeutend gröfsere Stahlgufstheile für andere Zwecke von dort geliefert wurden, z. B. Prefscylinder, Führungsstücke und andere Constructionstheile für Schmiedepressen, die bis zu einem Rohgewicht von 130 t gegossen werden. Ebenso schreckt man vor den schwierigsten Aufgaben nicht zu rück, denn man lieferte Kolben mit 2700 mm Durchmesser und einer von 90 auf 35 mm sich verjüngenden Wandstärke, Cylinderdeckel mit 3000 mm Durchmesser und 25 mm Wandstärke, Schieberkasten deckel von 1850 X 1830 mm bei 18 mm Wandstärke und Fundamentrahmen von 7000 X 3200 mm bei 25 mm Wandstärke. An zahlreichen Orten in Deutschland ist mittlerweile der Stahlformgufs aufgenommen und sind auch von diesen Werken vorzügliche Leistungen zu verzeichnen. Sie sind geographisch fast auf das ganze Deutsche Reich vertheilt; nicht nur in Oberschlesien, im Saargebiet liegen jetzt Stahlformgufswerke, sondern es haben auch mehrere Werften eigene Stahlgiefsereien sich eingerichtet. Im ganzen zählen wir in Deutschland 40 Stahlformgufswerke; ihre Er zeugung betrug im Jahre 1901 zusammen 107 210 t, darunter 39 634 t sauren und 67 576 t basischen Stahles.* Was die Vorschriften der Klassifications- Gesellschaften anlangt, so sind dieselben folgende: Germ. Lloyd Engi. Lloyd Veritas Deutsche Kriegsm. Festigkeit Dehnung 40—55 kg 15 % 44—47 „ 10% 48-60 „ 14—6% (- -- (f. Fundament- 45-55 „ 12°/°rahm.u.ständ. 40-50 „ 18%f f - and A r . eS u lh1 ' ' l gufstheile. Die Vorschriften von Veritas sind im einzelnen für Stahlgufs: Fundamentrahmen bis 60 kg Festigkeit, Steven 55 „ „ Kurbel wellen 48 „ „ bei Festigkeit kg 60, 55, 48, 44, 40 mufs die Dehnung % sein 6, 8, 10, 12, 14. Der Englische Lloyd hat für Stahlgufssteven noch eine besondere Klasse mit 44—55 kg Festigkeit bei 8 °/o Dehnung. Wir sehen, dafs diese Vorschriften leidlich gut miteinander übereinstimmen, und es läfst sich dazu sagen, dafs sie von einem gut ge leiteten Betriebe auch gut und sicher zu er füllen sind. Es wird dies auch bestätigt durch die zahlreichen Prüflings- und Abnahmeergebnisse von Stahlstücken, die auf der Düsseldorfer Aus stellung zu sehen sind. Die grofse Mehrheit der deutschen Stahl formgufswerke hat Schmelzöfen mit basischer Zustellung. Die Frage, ob basische oder saure Zustellung vorzuziehen ist, ist eine praktische Frage des Betriebs. Im allgemeinen kann man sagen, dafs bei der sauren Zustellung die Schmelzmaterialien theurer sind als bei der basischen, weil auf eine sorgfältige Auswahl, insbesondere auf geringen Phosphorgehalt ge sehen werden mufs. Dagegen vereinfacht sich * Nach Dr. Rentzsch, vergl. „Stahl und Eisen“ 1902 Seite 342.