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15. März 1905. Verwendung von kalt erblasenem Roheisen xur Flußeisendarstellun</. Stahl und Eisen. 329 Betriebsmittel des Hochofenprozesses sind in erster Linie anzusehen die trotz des in dem letzten Jahrzehnt enorm gestiegenen Anwendungs gebiets noch immer im Überschuß vorhandenen Hochofengase, sowie der Hochofengebläsewind, speziell auch der erhitzte. Frischanlagen, die die Verwendung dieser Hilfsmittel voraussetzen, widersprechen also damit auch nicht dem all gemeinen hüttenmännischen Grundsatz, daß jeder Betrieb für sich und unabhängig von andern durchgeführt werden soll. I. Kalt erblasenes Roheisen beim Wind- frischen. Bei den Windfrischprozessen dienen die Nebenbestandteile des Roheisens als Wärme erzeuger, und zwar speziell Silizium und Mangan beim sauren, und Phosphor und Mangan beim basischen Prozeß. Die Verwendung von kalt erblasenem Roheisen würde also eine Ver ringerung der für die Durchführung des Ver fahrens erforderlichen Wärmequellen bedeuten und infolgedessen hier nicht möglich sein, ohne daß dem Konverter noch auf irgend eine Art und Weise eine andere Wärmequelle erschlossen würde. Da nun wohl kaum eine direkte Heizung des Konverters in Frage kommen könnte, so wäre der Ersatz an Wärme nur zu beschaffen, indem durch eines der in demselben aufeinander einwirkenden Elemente dem Frischprozeß ein Wärmeüberschuß zugeführt würde. DieseElemente sind der Gebläsewind einerseits und das zu frischende Roheisen anderseits. Der Ersatz der fehlenden Wärme könnte also geliefert werden: 1. durch Erhitzung des Gebläsewinds; 2. durch Überhitzung des flüssigen Roheisens. 1. Erhitzter Gebläsewind beim Konvertieren. Obwohl es nahe liegen dürfte, dem Prinzip der Vorwärmung der Verbrennungsluft auch im Windfrischverfahren Eingang zu verschaffen, ist man in der Praxis dem Gedanken doch kaum nähergetreten. In „Stahl und Eisen“ 1899 S. 1175 wird allerdings berichtet, man habe auf einem steirischen Hüttenwerk versucht, ein kaltes Roheisen mit Hilfe von auf etwa 400 0 erhitztem Wind zu frischen; die Chargen hätten aber alle Nachteile zu kalter Chargen gezeigt, und man habe infolgedessen die Versuche wieder aufgegeben. Anderseits wird dem erhitzten Winde eine zu schnelle Zerstörung der Kon verterböden • zugeschrieben.* Beide Vorwürfe sind aber unberechtigt, wenn die Windtemperatur entsprechend der jeweiligen Zusammensetzung des Roheisens so geregelt wird, daß in jedem Fall die im Konverter wirklich vorhandene Wärmemenge, d. h. die Summe der - latenten * Z. B. Ledebur: Handbuch der Eisenhütten kunde, 4. Aufl. S. 998. Wärmen der beiden Reagenzien und der Ver- brennungswärmen der oxydierbaren Nebenbestand teile, die gleiche ist bei der Verarbeitung eines heiß erblasenen Roheisens mit kaltem oder eines kalt erblasenen Roheisens mit erhitztem Wind. Was die Haltbarkeit der Böden anbetrifft, so kann wohl nicht eingesehen werden, inwiefern ein mäßig warmer Wind bei übrigens gleichen Verhältnissen ungünstig darauf einwirken soll; Prof. Wiborgh* meint sogar, namentlich beim basischen Betrieb sei infolge der Möglichkeit, ein phosphor- und siliziumarmes Roheisen zu verarbeiten, eine längere Betriebsdauer der Konverterböden' und -Wandungen zu erzielen. Es kommt also zunächst darauf an, zu be stimmen, bis zu welcher Temperatur der Gebläse wind erhitzt werden muß. Um hier praktisch brauchbare Resultate zu erzielen, gehe man von mit kaltem Winde erblasenen Chargen aus und berechne zunächst den Minderbetrag an Wärme, welcher vorliegt bei Anwendung eines kalt erblasenen Roheisens. 1 kg Si entwickelt bei der Verbrennung zu SiO, 7830 Wärmeeinheiten und verbraucht dabei 22=1,143 kg 0 oder 1,143100_ 4,847 kg Zö 20,00 atmosphärischer Luft. Die entsprechenden Zahlen sind für die anderen in Betracht kommenden Elemente: C Mn P Fe CO —2473 Kal. und 5,654 kg Luft Mn 0 — 1730 „ „ 1,234 „ „ P> Os—5965 „ „ 5,471 „ „ Fe 0 —1352 „ » 1,212 „ „ Bezeichnen nun C, Mn, P, Si die Prozent gehalte des Roheisens an den betreffenden Elementen, so beträgt die bei der Durchführung des Prozesses entwickelte Wärmemenge f. d. 100 kg Einsatzroheisen C . 2473 + Mn . 1730 — P . 5965 + Si. 7830 Kalorien und die hierzu theoretisch erforderliche Ver brennungsluft C . 5,654 + Mn . 1,234 + P . 5,471 + Si . 4,847 kg. Wird der Prozentgehalt an C, Mn, P, Si bezüg lich um a, b, c, d % verringert, so beträgt der Wärmeausfall f. d. 100 kg a . 2473 + b . 1730 + c . 5965 + d . 7830 Kal. Da das kalt erblasene Roheisen gewöhnlich mit einer geringeren Anfangstemperatur verarbeitet werden muß, so vergrößert sich der Ausfall um 0,25 t Kal. f. d. kg, worin t die Temperatur differenz bedeutet; 0,25 ist die spezifische Wärme des flüssigen Roheisens. Die erforderliche Ver brennungsluft verringert sich auf (C-a). 5,654 + (Mn-b). 1,234 + (P-c). 5,471 ++ (Si-d). 4,847 kg. * Über Anwendung von warmem Wind beim Bessemern „Jernkontorets Annaler" 1898 Heft 5, deutsch „Stahl und Eisen“ 1899 S. 13.