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15. Februar 1905. Referate und kleinere Mitteilungen. Stahl und Eisen. 245 Eine der nächsten großen Stahlwerksunternehmungen war die Dominion Company in Sydney, deren auf fallende Mißerfolge nach Jeans auf Überkapitalisierung und Fehler in der technischen und kaufmännischen Leitung zurückzuführen sind. Noch schlechter als der Dominion Company erging es der von Clergue gegründeten Consolidated Lake Superior Company in Sault St. Marie, welche nach Erschöpfung ihrer geld lichen Mittel einer Reorganisation unterzogen werden mußte. Bekanntlich bilden die von der Algoma Steel Co. betriebenen Eisen- und Stahlwerke nur einen Teil des ausgedehnten Clergueschen Unternehmens, welches außerdem noch Eisenerzgruben, elektrische Kraft- und Lichtanlagen, eine Holzstoffabrik u. a. umfaßte. Die Eisenerze sollten von der Helen-Grube im Michi- picoten-Revier bezogen werden, deren Erzvorrat auf etwa 100 Millionen Tonnen veranschlagt wurde, wäh rend er in Wirklichkeit nicht viel mehr als 1 Million Tonnen zu betragen scheint. Zwei andere Eisenerz lager, aus welchen man Bessemererz gewinnen zu können hoffte, sind nicht so weit aufgeschlossen worden, um ein Urteil über ihre Ausdehnung und die Beschaffenheit der Erze zu gestatten. Von den vier in Aussicht genommenen Hochöfen sind nur zwei vollendet worden, und allem Anschein nach hat auch hier eine Verschwendung von Kapital stattgefunden. Auch die Cramp Steel Company hat reorganisiert werden müssen.* Dieselbe war im Jahre 1901 zwecks Erbauung eines Hochofens von 250 t Leistungsfähig keit und eines Stahlwerks bei Collingwood, Ontario, gegründet worden. Es wurden aber nur zwei Martin öfen für 20 t Einsatz gebaut, während der Bau des Hochofens zwar begonnen, aber wieder eingestellt wurde; im Jahre 1904 wurde das ganze Eigentum der Cramp Company von der zu diesem Zweck neu gegründeten Northern Iron and Steel Company über nommen, welche nur die Martinanlage betreibt. Die Anlagen der Dominion Iron and Steel Com pany sind von Fritz Lürmann jr. in „Stahl und Eisen“ 1901 S. 55 u. ff. beschrieben worden. Die Gesellschaft verfügt gegenwärtig über vier Hochöfen von 25,9 X 6,1 m sowie eine Verkokungsanlage von 400 Otto Hoffmann-Ofen und 50 Ofen ohne Gewinnung der Nebenerzeugnisse. Die Hochöfen verarbeiten Wabana-Roteisenstein aus den eigenen Gruben auf Belle Island, und amerikanisches Erz vom Oberen See; ihre jährliche Leistungsfähigkeit beträgt 400000 t. Ferner umfassen die Anlagen zehn kippbare basische Martinöfen, eine 889 mm - Block- und Knüppelstraße, eine Morgansche kontinuierliche Knüppelstraße mit sechs Gerüsten, und eine Morgansche kontinuierliche Drahtstraße. Die Leistungsfähigkeit stellt sich nach den Angaben der American Iron and Steel Associa tion auf 250 000 t Blöcke, 225 000 t Blooms, Knüppel und Brammen und 60000 t Walzdraht; außerdem ist noch eine 711 mm-Schienenstraße im Bau, welche in diesem Jahre fertig werden und eine Erzeugung von 500 t in der Schicht liefern soll. Die zweitgrößte Gese 11 s ch aft Kanadas, die Algoma Steel Company in Sault Ste. Marie, Ontario, ist, wie oben erwähnt, ein Zweigwerk der Consolidated Lake Superior Company. Die Gesellschaft hat zwei Hochöfen, der eine derselben von 21,3 X 4,1 m ist für den Holzkohlenbetrieb bestimmt, war aber bis zum 1. Dezember 1904 noch nicht angeblasen. Ein Kokshochofen von 24,4 X 4,7 m wurde in den Jahren 1901/03 erbaut und im Oktober 1904 in Betrieb ge nommen; seine jährliche Leistungsfähigkeit wird auf 90 000 t geschätzt, während der Holzkohlenofen 50 000 t jährlich liefern soll. Die verschmolzenen Erze sind vorwiegend amerikanischer Herkunft, doch wird möglicherweise auch ein gewisser Prozentsatz Roteisenstein aus dem Michipicoten-Revier verarbeitet. * „Iron Trade Review“ vom 19. Januar 1905. Ferner werden von der genannten Gesellschaft 20 Holz verkohlungsretorten mit einer täglichen Leistung von 160 Cords Holz,* 56 Bienenkorböfen mit einer täg lichen Erzeugung von 180 Cords, sowie Anlagen für die Herstellung von Holzgeist und essigsaurem Kalk betrieben. Die Stahlwerke der Algoma Steel Com pany umfassen zwei 6 t-Bessemerkonverter und eine 584 mm kombinierte Schienen- und Konstruktions eisenstraße mit Zubehör und sollen angeblich 200 000 t Blöcke und 180 0001 Schienen und andere fertige Walzerzeugnisse liefern können. Zu den größeren Werken Kanadas gehört auch noch die Nova Scotia Steel and Coal Company, welche Werke bei Ferrona, Pictou County und bei den Sydney gruben, Cape Breton County, besitzt. In Ferrona steht ein Hochofen von den Abmessungen 19,8 X 4,6 m, welcher 1892 angeblasen wurde; der zweite Hochofen (25,9 X 5,2 m) kam im August 1904 in Betrieb. Als Brennmaterial dient Koks, der aus in der Nähe der Öfen gewonnener Kohle erzeugt wird; an Erzen werden lokale Braun- und Roteisensteine sowie Wa- banaerze aus Neufundland verhüttet. Die jährliche Leistungsfähigkeit der Öfen wird auf 90 000 t Gießerei- und basisches Roheisen veranschlagt. Die Nova Scotia Steel and Coal Company besitzt zwei Stahl werke ; das eine, welches sich in Neu-Glasgow be findet, besteht aus einer Herdfrischanlage von zwölf Feuern, vier basischen Martinöfen, sechs Walzenstraßen und fünf Hämmern. Von den Martinöfen sind drei feststehend und für 40 t Einsatz gebaut, während der vierte von 50 t Einsatz ein Kippofen ist. Die Leistungs fähigkeit der Anlage soll 60 000 t Martinstahlblöcke und 50 000 t fertige Schweißeisen- uud Stahlerzeug nisse betragen. Ein zweites Stahlwerk zu Sydney, welches im Bau begriffen ist, wird vier 40 t basische Martinöfen (drei feststehende Wellmanöfen und einen Kippofen) umfassen. Die jährliche Leistungsfähigkeit soll 60 000 t betragen. Weiterhin ist unter den wich tigeren Gesellschaften noch die Londonderry Iron and Mining Company zu Londonderry, Neuschottland, mit zwei Hochöfen von zusammen 60 000 t jährlicher Leistungsfähigkeit, und die Hamilton Steel and Iron Company zu erwähnen. Letztere besitzt einen Hoch ofen von angeblich 70 000 t Leistung. Von den Eisenerzfeldern Kanadas ist ein nicht unbeträchtlicher Teil in den Händen der United States Steel Corporation, die in der Provinz Ontario be deutende Konzessionen erworben hat. Da nach dem in dieser Provinz geltenden Bergrecht eine Mindest forderung von 2000 t jährlich auf 1,6 ha Grubenfelder gefordert werden kann, so ist eine Aufschließung dieser Felder zu erwarten. Wie verlautet, soll die Steel Corporation die Absicht haben, in einem der kanadischen Häfen am Eriesee eine große Anlage zu errichten, woselbst auch Eisenerze aus dem Michigan- und Minnesota-Revier verhüttet werden sollen. Im allgemeinen wird aber der Eisenerzbergbau in der Provinz Ontario durch den Umstand behindert, daß die kanadischen Erzverbraucher billige Erze aus den Vereinigten Staaten zollfrei beziehen können, während auf kanadisches Erz in den Vereinigten Staaten ein Zoll von 40 Cents auf die Tonne erhoben wird. Wenn man demnach die Prämien auf aus einheimischen Erzen erblasenes Roheisen nicht über das Jahr 1907 verlängert oder auf andere Weise ein Gleichgewicht herstellt, ist auf eine Entwicklung des Eisensteinberg baues in der Provinz Ontario nicht zu rechnen. Nach dem Urteil von Jeans wird sich die Eisenindustrie Kanadas besonders im äußersten Osten und im äußersten Westen, d. h. in Neuschottland und Van couver entwickeln. Die Zukunft Neuschottlands hängt in erster Linie von der Dauer und Beschaffenheit der * 1 Cord = 128 englische Kubikfuß oder rund 3,6 obm.