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56 Stahl und Eisen. Referate und kleinere Mitteilungen. 25. Jahrg. Nr. 1. erste diesbezügliche Mitteilung wurde in der Sitzung vom 21. November durch A. Picard und Ch. E. Heurteau gemacht, während in der am 28. November abgehaltenen Sitzung zwei weitere Arbeiten von A. Lodin und H. Le Chatelier vorlagen. A. Lodin, Professor an der Ecole superieure des Mines, stellte auf Grund der von Gayley gemachten Angaben folgende Wärmebilanzen auf, die sich auf ein Kilogramm er zeugtes Roheisen beziehen: Wärme ausgabe Feuch ter Wind W.-E. Trock ner Wind W.-E. Verdampfung des in der Beschickung enthaltenen Wassers . . . 100 100 Durch die Gichtgase mitgenommene Wärme 341 201 Zerlegung des Kalksteins 198 198 Reduktion des Eisens 1660 1660 Reduktion der von dem Eisen auf- genommenen Metalloide . . 78 78 Schmelzung des Roheisens 300 300 Schmelzung der Schlacke 270 270 Zersetzung des im Gebläsewind ent- haltenen Wassers 134 34 Wärmeverlust durch Strahlung . . . 760 504 3841 3345 Wärmeeinnahme Verbrennung von Kohle 3444 2988 Durch den erhitzten Wind eingeführt 397 357 3841 3345 Wie Lod in ausführt, macht nach dieser Berechnung der Unterschied zwischen den in beiden Fällen zur W asserzersetzung verbrauchten W ärmemengen nur 2,8 °/o der erzeugten Gesamtwärme aus; man müsse aber be rücksichtigen, daß die Zersetzung des mit dem Gebläsewind eingeführten Wassers in unmittelbarer Nähe der Formen erfolgt, demnach in einer Ofenzone, in welcher sich chemische und physikalische Vorgänge vollziehen, die eine hohe Temperatur erfordern, wie die Reduktion des Siliziums, die Sehmelzung des Roheisens, der Schlacke usw. Zur Schmelzung der Schlacke sind beispielsweise gewisse Wärmemengen nötig, welche über den zur Erreichung der Minimal temperatur (Schmelzpunkt der Schlacke) erforder lichen Betrag hinaus durch den Verbrennungsprozeß geliefert werden müssen. Diese Wärmemengen werden den Verbrennungserzeugnissen entzogen, und zwar steht für diesen Zweck nur derjenige Teil der erzeugten Gesamtwärme zur Verfügung, welcher dem Temperatur abfall von der Verbrennungstemperatur bis zum Schmelz punkt der Schlacke entspricht. Dieser Teil wird ver hältnismäßig um so bedeutender sein, je höher die Windtemperatur und folglich auch die Verbrennungs temperatur liegt, aber er wird niemals einen großen absoluten Wert haben, weil der Kohlenstoff in einem mit heißem Wind gehenden Hochofen ausschließlich zu Kohlenoxyd verbrennt. Der Umstand, daß sich der für die obengenannten Reaktionen verfügbare Bruchteil der Gesamtwärme zwischen engen Grenzen bewegt, erklärt auch, daß in der Formengegend ent zogene oder zugeführte kleinere Wärmemengen auf den Koksverbrauch einen bedeutenden Einfluß aus üben. Dieser Einfluß ist um so stärker, je geringer die im Gestell erzeugte Gesamtwärme ist. Lodin glaubt daher aus den von Gayley gemachten Angaben schließen zu müssen, daß die Winderhitzung in dem Isabella-Hochofen ungenügend war und die erzielten Betriebsergebnisse der Erhöhung der Windtemperatur zuzuschreiben sind. Durch eine Steigerung der Wind temperatur auf 500" oder etwas darüber (durch Umbau der Winderhitzeranlage) würde man dasselbe Ergebnis mit geringeren Kosten erreicht haben. In Europa, wo der Wind gewöhnlich auf Temperaturen von 700 bis 800° erhitzt wird, würde daher die durch die Wind trocknung erzielte Ersparnis zu gering sein, um die Errichtung einer Kältemaschinenanlage für die Wind trocknung zu rechtfertigen. Die Ausführungen Le Chateliers decken sich im wesentlichen mit dem Inhalt seines in der „Revue de Metallurgie“ veröffentlichten Aufsatzes,* in welchem die Ursache für die von Gayley erzielte Betriebs ersparnis auf die Erzeugung eines reineren, insbesondere schwefelärmeren Roheisens zurückgeführt wird, welches wiederum einen kälteren Ofengang gestatte. Le Chatelier fügt aber noch hinzu, daß die Schlußfolgerung Gayleys, das Verfahren ließe sich auch auf die Stahlerzeugung durch den Bessemerprozeß und die Kupfergewinnung anwenden, unberechtigt sei, da bei diesen metallurgischen Prozessen die Verhältnisse ganz anders liegen. Zu den beiden Aufsätzen von Lodin und Le Cha telier macht schließlich noch A. Pourcel in der französischen Zeitschrift „Le Gnie Civil“ unter dem 10. Dezember einige Bemerkungen, in denen er auf die bekannte Tatsache hinweist, daß es auf dem Kon tinent — u. a. auch in Frankreich — Hochöfen gibt, die auf die Tonne Roheisen nur 950 kg Koks ver brauchen. Bei den französischen Hochöfen werden diese Ergebnisse mit einem Möller von 33 bis 34 °/o Ausbringen erzielt, während die von Gayley ver schmolzene Beschickung ein Ausbringen von 43,50 °/o ergibt; ferner ist zu berücksichtigen, daß in ersterem Fall ein Brennmaterial mit 15 °/o Asche und 5 °/o Wasser, in letzterem Fall ein solches mit ll,5°/o Asche verwendet wird. Wenn die erwähnten Hochöfen mit einem Möller von 43,50 °/o arbeiten könnten, so würde der Koksver brauch derselben auf 850 oder selbst 820 kg herab gehen, wobei indessen vorausgesetzt ist, daß Roheisen für das basische Martinverfahren mit weniger als 1 ’/o Sili zium, mit 2 °/o Mangan, 0,05 bis 0,06 °/o Schwefel und 1,80 % Phosphor erblasen werden soll. Dagegen wird der Wind dieser Hochöfen auf 700° und höher erhitzt, gegenüber einer Windtemperatur von 390 bis 400" im Isabella-Hochofen; ferner beträgt das Verhältnis des Rauminhalts zu der täglichen Roheisenerzeugung 2,5 bis 3 cbm a. d. Tonne Roheisen, während der Isa- bellaofen bei einem Rauminhalt von 512 cbm bei feuchtem Wind eine tägliche Erzeugung von 358 t und bei trockenem Wind eine solche von 447 t lieferte. Pourcel erinnert daran, daß Gayley der Hauptvor kämpfer für große Ofenerzeugungen gewesen ist, wie dies auch aus seinem auf dem New York Meeting des Iron and Steel Institute gehaltenen Vortrage hervor gehe.** Mit reichen und sehr leicht reduzierbaren Erzen wie denjenigen vom Oberen See, insbesondere mit den reichen Roteisensteinen aus Micbigan, biete ein rascher Ofengang allerdings keine Schwierigkeiten, bei den Erzen aus den östlichen Revieren Frankreichs und aus Luxemburg lägen aber die Verhältnisse anders, wie auch die Erfahrung gezeigt habe. Die Zunahme der Erzeugung sei bei verminderter Windmenge (960 anstatt 1133 cbm i.d. Minute)*** erreicht worden. Die Möglichkeit, die Windtemperatur zu steigern, sei auf drei verschiedene Ursachen zurückzuführen: 1. das geringere Gewicht des eingeblasenen Windes; 2. den geringen Feuchtigkeitsgehalt desselben, und 3. die entsprechende Verminderung des Feuchtigkeitsgehalts der Gichtgase. Die letzteren würden bei Betrieb mit trockenem Wind wegen des verminderten Wasser gehalts, trotzdem sie ärmer an Kohlenoxyd sind, eine höhere Verbrennungstemperatur besitzen. Endlich sei * „Stahl und Eisen“ 1904 Heft 24 S. 1457. * * „Stahl und Eisen“ 1890 S. 1004. * ** In Wirklichkeit ist die Differenz geringer, da die Luft infolge der Abkühlung dichter ist.