198 Stahl und Eisen. L. von Tetmajer f. 25. Jahrg. Nr. 4. L. von Tetmajer . Durch den in der Nacht vorn 30. zum 31. Januar erfolgten Tod des Rektors der Tech nischen Hochschule, Hofrat Professor L. v o n Tetmajer in Wien, hat die deutsche tech nische Wissenschaft von neuem einen schweren Verlust erlitten. In ihm ist ein hervorragender Lehrer und Forscher dahingegangen; seine bahnbrechenden Untersuchungen, durch die er zur Hebung ganzer Industriezweige in hervor ragendem Maße beigetragen hat, haben ihm nicht nur den Dank und die Anerkennung der mitlebenden Fachgenos sen eingetragen, sondern sichern seinem Namen auch für kommende Zeiten ein dauerndes Andenken. Der Dahingeschiedene trat bald nach Been digung seiner Studien am Eidgenössischen Polytechnikum zu Zü rich als Assistent an der Ingenieurschule in die Lehrtätigkeit ein. Als Privatdozent habilitierte er sich im Jahre 1873, und 1878 wurde er zum Honorarprofessor er nannt; seine Ernennung zum ordentlichen Pro fessor erhielt er im Jahre 1881. Schon früh wandte er seine Tätig keit dem Studium des Baumaterialwesens zu; Ende der 70er Jahre las er über Technologie des Eisens. Seine Ar beiten auf dem Gebiet des Materialprüfungs wesens haben seinen Weltruf begründet. Zu großem Dank ist ihm die Eisenindustrie verpflich tet, der er durch seine wichtigen Untersuchungen über den relativen Wert des basischen Kon vertereisens in Form von gewalzten Trägern sehr wesentliche Dienste geleistet hat. Auch seine Arbeiten über die Frage der Verwendung von Thomasstahlschienen haben durch Wider legung althergebrachter Vorurteile aufklärend gewirkt und dadurch die Entwicklung der deut schen Eisenindustrie wesentlich gefördert. Doch nicht nur eine direkte Förderung des Eisen verbrauchs haben wir dem Dahingeschiedenen zu danken, sondern er hat sich auch indirekt Verdienste um die Hebung des Eisenhütten wesens erworben, indem er durch seine Arbeiten über Schlacken und Schlackenzemente in hervor ragender Weise dazu beigetragen hat, diese Abfallprodukte des Hochofenbetriebs auszunutzen. Für die Wertschätzung, welche sich Tetmajer weit über die Grenzen seines Heimatlandes hinaus in technischen und wissenschaftlichen Kreisen erworben hat, ist der Umstand charak teristisch, daß er bei dem ersten Kongreß für die Vereinheitlichung der Prüfungsmethoden der Baumaterialien in Zürich (1895) einstimmig zum Präsidenten des neuge gründeten internationalen Verbandes gewählt und seither in Stockholm (1897) und in Budapest 11901) in diesem Amte bestätigt wurde. Bezüglich seiner schrift stellerischen Tätigkeit sei hier besonders auf die Herausgabe der „Mitteilungen“ der auf seineAnregunggegründe- ten eidgenössischen Mate- rialprüfungsanstalt in Zü rich verwiesen, in denen er über die zahlreichen Untersuchungen berichtet hat, die während seiner mehr als 20jähr. Tätig keit von ihm oder unter seiner Leitung durch geführt wurden. Ferner seien noch seine Werke über „Äußere und innere Kräfte an statisch bestimmten Trägern“, „An gewandte Elastizitäts- und Festigkeitslehre“, „Die Gesetze der Knickungs- und der zusammen gesetzten Druckfestigkeit der technisch wichtig sten Baustoffe“ genannt. Von den in „Stahl und Eisen“ wiedergegebenen Arbeiten seien die nachfolgenden hervorgehoben: „Das basische Konvertereisen als Baumaterial“ (1890); „Ver halten der Thomasstahlschienen im Betriebe“ (1895); „Einfluß der Lochung auf die Festig keitsverhältnisse des Schweißeisens“ (1886); „Der Schlackenzement“ (1886). Die letzten drei Jahre seines Lebens ver brachte Tetmajer in Wien, wo er als Rektor und Lehrer an der Technischen Hochschule wirkte, bis der Tod seinem an Arbeit und wohlverdienten Erfolgen so reichen Leben ein plötzliches Ziel setzte. Er ruhe in Frieden!