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1. Februar 1905. Besprechung des Vortrags. Stahl und Eisen. 145 noch nach unten. Die Kolben dieser beiden Zylinder liefen mit ihren Gußflächen auf der gußeisernen Zylinderwand. Seitdem haben wir — ohne daß dafür übrigens eine besondere Veranlassung vor gelegen hätte — die Konstruktion noch dahin verbessert, daß der Kolben an der Lauffläche mit Weißmetall armiert wird. Sie sehen also, m. H., wir brauchen das Durchbiegen der Kolbenstangen nicht. Nun kann man ja immerhin aus äußeren Gründen, zum Beispiel Renommierens halber, etwas machen, voraus gesetzt, daß es nicht irgendwie schaden kann. Und das mußten wir von einem Durchbiegen der Kolbenstangen befürchten. Eine solche Stange, die übrigens, wie ich schon andeutete, nicht nach dem meist der Billigkeit wegen befolgten Rezept aus drei aneinanderstoßenden geraden Stücken (Abbild. 20) bestehen, sondern nach der elastischen Linie gekrümmt sein soll (Abbild. 21) — denn wenn sich die Stange unter der Last des Kolbens so viel durchbiegt, daß der Kolben und die beiden Auflagerpunkte in eine Gerade fallen, so sind die beiden Schenkel einer in drei geraden Teilen gedrehten Stange nach unten durchgedrückt, denn die Pfeilhöhe zwischen der elastischen Linie und der Geraden, durch die sie ersetzt wird, bleibt bestehen (Abbild. 22) —, also eine solche Stange erleidet durch das Geradebiegen unter der Last des Kolbens ziemlich starke Beanspruchungen, und zwar in der oberen Hälfte auf Druck, in der unteren auf Zug, die zu den Arbeitsbeanspruchungen hinzutreten. Jedenfalls haben wir dann also eine Stange, die in ihren verschiedenen Querschnitten ganz verschieden beansprucht ist. Nun kennen Sie alle die fatale Neigung dicker Kolbenstangen, bei auch ganz unbedeutend einseitiger Er wärmung — die bei jeder Konstruktion gelegentlich durch Unachtsamkeit eintreten kann — krumm zu werden. Wir mußten uns nun fragen, ob die verschiedenartige Beanspruchung der einzelnen Stangenquerschnitte auf diese Neigung zum Krumm werden fördernd einwirken werde oder nicht. Wir wußten es nicht, und weil wir es nicht wußten, so kamen wir zu dem Entschluß, daß es nicht zu verantworten sei, lediglich aus äußeren Gründen etwas in die Ma schine hineinzubringen, was ihr vielleicht von Nachteil sein könnte. So war es zu verstehen, wenn Hr. Prof. Meyer gesagt hat, wir hätten das Durchbiegen der Stangen bisher nicht gewagt. Gekonnt hätten wir es schon, und Einzelne sind ja auch neuerdings dazu übergegangen. Jedenfalls ist es also nicht richtig, wenn uns vorgeworfen wird, wir könnten das nicht wegen des gar zu großen Gewichts der langen Kolben. Diese mögen ja früher wohl reichlich schwer gewesen sein — heute gilt das aber nicht mehr.* Hr. Prof. Meyer hat ferner erwähnt, daß bei den anfänglich aus einem Stück gegossenen Körting-Zylindern die zwischen den Auspuff schlitzen befindlichen Stege sich geworfen hätten. Das ist zwar dagewesen, aber schädlich ist es weiter nicht. Wir haben an einigen Zylindern diese Stege durchgesägt und dadurch das Werfen vollständig verhindert; an anderen, z. B. an dem er wähnten um 7 mm verschlissenen Zylinder, bei dem die Stege tatsächlich ziemlich stark geworfen, oder, vielleicht wahrscheinlicher, stärker verschlissen waren als die übrige Wand, haben wir das Durch sägen unterlassen, ohne daß irgend ein Nachteil daraus entsprungen wäre. Die Hauptsache ist aber, daß dieses Werfen der Stege jetzt überhaupt nicht mehr vorkommen kann. Schließlich möchte ich noch Einiges über die vielberufenen Ladepumpen sagen. Hr. Professor Meyer hat erwähnt (wenn ich ihn richtig verstanden habe), es sei anzunehmen, daß die gesonderten Ladepumpen der Zweitakter immer etwa 5 % mehr von der gesamten in dizierten Arbeit der Maschine absorbieren würden, als wenn der Kraftzylinder abwechselnd selbst als Ladepumpe fungiere. Das kann für einen bestimmten Fall ja wohl zutreffen, aber verallgemeinern darf man es doch nicht. Der Unterschied zwischen dem Zweitakter und dem Viertakter ist, wie Sie wissen, der, daß bei diesem der Kraftzylinder abwechselnd, während zweier Hübe, als solcher und dann während der folgenden beiden Hübe als Ladepumpe dient, während beim Zweitakter der Kraftzylinder stets als solcher dient und das Laden mittels besonderer, von der Hauptwelle aus an getriebener Ladepumpen geschieht. Denke ich mir nun zwei zunächst einzylindrige doppeltwirkende Viertakter nebeneinanderliegend, so habe ich die gleiche Gesamtwirkung, wenn ich einen der Zylinder nur Arbeitshübe, den andern nur Ladehübe machen lasse; beide zusammen stellen dann aber einen doppeltwirkenden Zweitakter dar. Nun ist ohne weiteres klar, daß die Leerreibung der Ladevorrichtung * Ich konnte hier natürlich nur von den Erfahrungen sprechen, die wir an den von uns ausgeführten Maschinen gemacht haben; seitdem sind bei gegebenen Gelegenheiten wieder mehrere Zylinder nachgesehen worden, die das Obige vollauf bestätigt haben. Durch einen etwaigen Hinweis darauf, daß bei von anderen gebauten Zweitaktmaschinen ein Verschleiß auch nach untenhin beobachtet wäre, könnte ich mich nicht wider legt erachten, da ich nicht weiß, unter welchen Einwirkungen diese Maschinen gearbeitet haben. III.es Majert. 2