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130 Stahl und Eisen. Der Bergarbeiterstreik im Ruhrbecken. 25. Jahrg. Nr. 3. Hochöfen oft bis unter die Hälfte der Normal produktion einzuschränken, in dem Glauben, sich durch langsames Blasen am besten über die „Kalamität“ hinwegzuhelfen; während doch ein Dämpfen noch lange nicht die Mühe und Arbeit eines längeren eingeschränkten Betriebs mit seinen üblen Folgen erheischt, und auch vom wirtschaftlichen Standpunkt aus betrachtet ein Dämpfen einem reduzierten Ofengang ent schieden vorzuziehen ist, wenn der Brennstoff nur sehr spärlich zufließt und man nicht, aus Rücksicht auf andere Betriebe, gezwungen ist, zu produzieren. In der Tat haben sich alle Werke bis zum äußersten dadurch beholfen, daß sie den Betrieb ihrer Öfen mehr oder minder beschränkten. Ein Hochofenwerk will sogar bei einem verlang samten Ofengang „nur der Koksersparnis wegen“ mit höheren Erzsätzen sich durchgearbeitet haben und meldet dies offenbar sehr erfreut! Eine auch nur oberflächlich ausgeführte Betriebsbilanz wird jeden Hochofenmann von der Tatsache überzeugen müssen, daß es ratio neller ist, stillzusetzen, als durch langsames Blasen sich durchzuschlängeln. Übrigens erwähnt dies bereits Lürmann am Schluß seiner Abhand lung. Wie hervorgehoben, wurden die verschie densten Mittel und Wege zur Erreichung eines und desselben Zieles 1889 eingeschlagen. Der eine hat auf möglichst einfache und dadurch vielleicht billigste Weise seinen Ofen in den vorübergehenden Schlafzustand versetzt; dem andern hat es viele Mühe, große Sorgen und erhebliche Kosten verursacht, um dasselbe zu erlangen. Würde es sich bei einem Streik nur um vielleicht eine Woche handeln, so ist natür lich von einem Dämpfen abzusehen und wird man nur die Produktion nach dem Brennstoff vorrat und Brennstoffeinlauf regeln. Da aber die Dauer eines Ausstandes der Arbeiter bei Beginn kaum jemals mit Gewißheit voraus zusehen ist, so tut man besser, mit dem Still legen nicht lange zu zögern. Gehen wir auf die Antworten der Frage bogen und Mitteilungen des Jahres 1889 näher ein, so ersehen wir, daß alle Hochöfner eine lange leichtflüssige Schlacke unmittelbar vor dem Dämpfen als notwendig erachteten, um der Ansatzbildung im Gestell so viel wie möglich vorzubeugen. Besonders wird betont, durch langsames Blasen oder auf irgend eine andere Weise die Öfen vor dem Stillsetzen möglichst warm zu führen. In allen Fällen wurde beim letzten Abstich vor dem Dämpfen der Ofen tüchtig ausgeblasen. Der Eisen- ebenso wie der Schlackenstich, bei herausgenommener Schlackenform, wurden mit Kokslösche oder mit Holzkohlen usw. mehr oder weniger weit in den Ofen hineingetrieben. Auf einigen Werken stopfte man bei zurückgezogenen Düsen die Formen einfach mit Masse zu, andere wieder fanden es vorteilhafter, auch die Formen und die übrigen gekühlten Schutzkästen zu entfernen. Zur Kontrolle der Vorgänge im Ofen führte ein Wißbegieriger dreizöllige, auf der Außenseite mit Fensterglas zugekittete Gasrohre durch die Stopfmasse der Formen. Im allgemeinen aber wurde von Zeit zu Zeit eine oder die andere Form leicht aufgebrochen und nach Einsicht nahme der Beschaffenheit des Ofeninneren sofort wieder verschlossen. Von der Notwendigkeit, daß die Fugen im Mauerwerk des ganzen Ofens oder doch wenigstens im unteren Teile desselben mit Lehm- oder Zementwasser bestrichen werden müssen, um alle Luft vom Ofeninnern fernzu halten, waren alle überzeugt. Der Kühlwasser zufluß zu den Formen und anderen Kühlvor richtungen, soweit solche nicht ganz entfernt wurden, wurde nach und nach bedeutend ver mindert, so daß das abfließende Wasser eine Temperatur von etwa 60 0 hatte. Bei einigen Öfen wurde die Menge des Kühlwassers noch weiter vermindert. Die ganzen Arbeiten am Ofengestell zwecks Stillsetzens dauerten eine halbe bis zwei Stunden. Am interessantesten sind die Vorschläge über die Art der Beschickung des Ofens un mittelbar vor dem Dämpfen, also über die Be schickung, welche der Ofen während des Still standes enthalten muß, und gerade in diesem Punkte weichen die Ansichten der verschiedenen Fachleute ganz bedeutend voneinander ab. In einer Mitteilung wird gesagt, daß man bei einer plötzlichen Überraschung durch den Ausstand oder durch Koksmangel einen Ofen ruhig in dem jeweilig herrschenden Zustande stillsetzen könne, und daß man sich eben beim Wieder anblasen naturgemäß auf einen mehr oder weni ger schweren Rohgang gefaßt machen müsse. Würde aber der Streik in einem solchen Falle voraussichtlich längere Zeit dauern, so würde es angezeigt sein, den Ofen auszublasen, um ihn nach vorgenommenen Reparaturen während des Streiks später wieder von neuem anzublasen. Vorsichtige Betriebsleute aber füllten ihren Ofen vor dem Dämpfen bis zu 2is oder 3/4 seiner Höhe mit leeren Koksgichten, nur mit dem nötigen Kalksteinzusatz versehen, um die Asche zu verschlacken. Auf diese Gichten folgten dann einige Ladungen mit ganz be scheidenen Eisensteinsätzen. Solche Öfen zeigten natürlich nach dem Wiederanblasen nicht nur keinen Rohgang, sondern es resultierte sogar, — wie in jenem Bericht „hauptsächlich“ darauf hingewiesen wird —, allerdings nach erst 15 Stunden, ein hochgares Gießereiroheisen mit bis 3 o/0 Silizium. In allen diesen Fällen aber machte sich ein starkes Hängen der Gichten schon nach kurzem Blasen bemerkbar. Sorg losere Ingenieure schlugen den Mittelweg ein. Sie setzten 6 bis 10 Gichten mit um 1/4 bis 1/s