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28 Stahl und Eisen. Zutchriften an die Redaktion. 25. Jahrg. Nr. 1. welches darin besteht, daß man ein Stück eine begrenzte Zeit in Wasser eintaucht. Ich habe dieses Verfahren durchaus nicht empfohlen, ich habe es nur als in den Werkstätten gebräuchlich bezeichnet und habe seine Anwendung kritisiert in Anbetracht der Schwierigkeit, welche es bietet, sehr kurze, nach Sekunden und Bruchteilen von Sekunden zu beziffernde Zeiträume genau ab zuschätzen. Ich stimme daher mit dem Verfasser in diesem Punkt genau überein. Ich stimme aber gar nicht mit ihm überein bezüglich des Vertrauens, welches er auf die Geschicklichkeit des Härters setzt. Es gibt kein industrielles Ver fahren, bei welchem die Geschicklichkeit des Arbeiters so oft versagt. Das Verfahren, welches ich empfohlen habe, das Stück in ein gemessenes Wasservolumen einzutauchen und in demselben bis zur vollständigen Akkühlung zu belassen, ist nicht notwendigerweise auf die Massenfabrikation beschränkt. Man hat dasselbe tatsächlich nach dem Erscheinen meines Artikels in den Werk stätten für Konstruktionsarbeiten angewandt und hat sich dabei sehr gut gestanden. Das Verfahren ist besonders vorteilhaft für das Härten von Stücken von großen Abmessungen, beispielsweise von Fräsern, deren Handhabung bei zu großem Gewicht ziemlich schwierig wird. Das wechsel weise Eintauchen in Wasser und in Öl während abgemessener Zeiträume, wozu man gewöhnlich seine Zuflucht nimmt, ist in diesem Fall in der Tat mühsam durchzuführen. Ich stimme mit Hrn.Haedicke darin überein, daß schärfere Wasser ströme, als ich angewandt habe, eine wirkliche Beschleunigung der Abkühlung herbeiführen, und ich habe Sorge getragen, dies zur Kenntnis des Lesers zu bringen. In bezug auf die Quecksilberhärtung halte ich dagegen in aller Form meine ersten Schluß folgerungen aufrecht. Das Quecksilber gibt ein Bad von geringerer Härtefähigkeit als das Wasser. Neuere Erfahrungen haben dieses Ergebnis voll ständig bestätigt. Der von Hm. Haedicke be gangene Irrtum ist offenbar. Bei 100° allerdings härtet das Quecksilber stärker als das Wasser, aber dies beweist nichts für die gewöhnlichen Temperaturen. Diese stärkere Härtung durch das Quecksilber bei 100° ließ sich übrigens unmittel bar aus den von mir erhaltenen Ergebnissen ab leiten. Ich habe gezeigt, daß, wenn man die Temperatur des Wassers stufenweise steigert, die Schnelligkeit der Abkühlung sich vermindert, zu Anfang sehr langsam, dann aber, wenn man sich dem Siedepunkt nähert, sehr schnell. Wasser von 50° härtet ungefähr wie kaltes Wasser, Wasser von 100° härtet gar nicht. Es muß natürlich bei dem Quecksilber ebenso sein, es härtet bei 200° und um so mehr bei 100° wie das kalte Queck silber. Man muß dasselbe auf 360° erhitzen, um die damit erhaltenen Ergebnisse mit dem mit Wasser von 100° erzielten zu vergleichen. Es ist das übrigens eine sehr einfache Erfahrungssache, von der sich jedermann leicht überzeugen kann. Die gemachte Annahme, daß ich meine Proben auf der Oberfläche des Quecksilbers hätte schwim men lassen, entbehrt jeder Begründung; sie waren an einer Stange befestigt und wurden vollständig in dem Bad eingetaucht erhalten. Die zu Anfang der Härtung beobachtete lang samere Abkühlung, welche Hrn. Haedicke über rascht hat, erklärt sich aus der offenbaren Tat sache, daß die Abkühlung nicht augenblicklich bis in die Mitte der Probe vordringen kann. Die Oberfläche beginnt sich plötzlich abzukühlen, aber auf das in der Mitte der Probe angebrachte Thermo- Element erfolgt die Wirkung erst nach einer ge wissen Zeit und man begreift ohne Mühe, daß sich der Beginn dieser Abkühlung nach und nach vollzieht. Le Chatelier. * * ♦ Die obigen Ausführungen des Hrn. Le Cha telier sind mit Freuden zu begrüßen, denn sie können nur dazu beitragen, die ebenso inter essanten wie wichtigen Härtefragen zu klären. Dabei werden auch die kleinen Differenzen in den Anschauungen leicht auszugleichen sein. Wenn z. B. in die Geschicklichkeit der Härter wenig Vertrauen gesetzt und dahin gestrebt wird, dieselbe durch genaue Vorschriften zu ersetzen, so ist dies gewiß im allgemeinen gerechtfertigt. Denn man findet recht wenig Schlosser, welche eine besonders große Übung im Härten besitzen. Aber gerade da, wo doch nur die theoretische Kegel einsetzen kann, nämlich bei der Massenfabrikation, verfügt die Praxis doch über eine große Gewandtheit, wobei ich an die Fachleute, u. a. der Bergischen Stahlwaren- und Kleineisenindustrie, erinnern möchte. In Solingen und Remscheid sind gewiß Härter zu finden, welche sich sicherer den Ver schiedenheiten, welche selbst die Massenfabrikation bietet, anzupassen vermögen, als es mit Hilfe von Maßen und Rezepten vielfach möglich ist. Es freut mich ferner, daß nunmehr bestätigt wird, daß das Quecksilber unter 100° stärker härtet als Wasser, ebenso, zu erfahren, daß sich dies Verhältnis bei höheren Temperaturen umkehrt, eine Entdeckung des Hrn. Le Chatelier, welche besonders dankenswert erscheint. Dagegen muß ich aufrechterhalten, daß der Anfangsverlauf der Kurven der Trägheit der zu bewegenden Massen des Instrumentes mit zuzuschreiben ist, wennschon ich sehr gern zugeben will, daß auch die Zeit eine Rolle spielen muß, welche die Wärme braucht, um bis zum Element vorzudringen. Es erschien mir indessen wichtig, darauf aufmerksam zu machen, daß der Verlauf der Kurven zu Anfang — und auch zu Ende — nicht ganz der wirklichen Härtewirkung entspricht, sondern durch die an gegebenen und nunmehr durch Hrn. Le Chatelier vervollständigten Faktoren in der bewußten Weise beeinflußt wird. Haedicke-Siegen.