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15. März 1905. Berichte über Versammlungen aus Fachvereinen. Stahl und Eisen. 369 Bedienung. Die Anordnung solcher Tische hat den Vorteil, daß das Schleppen des Walzgutes vor ein neues Kaliber bezw. vor einen neuen Ständer unnötig wird. Außerdem können durch dieselben sehr viel Arbeitskräfte gespart werden: einschließlich Maschinisten genügen 5 bis 6 Mann für eine große Straße; jedoch halte ich es für nachteilig, daß, wenn eine Walze aus irgend einem Grunde nicht fassen will, man kaum Gelegenheit hat, den Stab zum Hineingehen in das Kaliber zu zwingen. So sehr uns die Amerikaner in dem Bau Arbeiter sparender — nicht Arbeit sparender — Maschinen voraus sind, so sehr stehen sie gegen uns zurück, wenn es heißt, durch Neuerungen und Ver besserungen Kohlen zu ersparen. Schon früher be merkte ich, daß Hochofengasmaschinen bisher noch nicht in Betrieb gekommen sind, und in ähnlicher Weise ist die Einführung von Verbundmaschinen vernachlässigt worden. Fragt man nach dem Grunde dieser Rückständigkeit, so erhält man stets die Ant wort, ihre Betriebssicherheit bei der rauhen Behand lung in Walzwerken sei zu gering, und die gehe vor allem. Den deutschen Walzwerksleiter würde man lange suchen müssen, welcher vor unseren laug erprobten Verbund-Tandems Angst hätte, den, der sich deren Einbau widersetzen würde! Aber drüben ist es faktisch so, und findet man nur äußerst selten Com pound-W alzen Zugmaschinen. Im Anschluß an ein Formeisenwalzwerk findet sich zuweilen eine Werkstätte für einfachere Kon struktionen, wie solche in Amerika besonders für Fabrikbau in großen Mengen gebraucht werden. Es wird darin möglichst nach Schema gearbeitet, für die Verbindung der einzelnen Teile sind Normalien vor handen, so daß mit Hilfe von Schablonen schnell und sicher gearbeitet werden kann. Alles wird mit Loch maschinen gelocht, und an Bohren denkt kein Mensch. Die Lagerplätze für Formeisen brauchen nicht sehr groß zu sein, da man nur wenige Profile hat. Man walzt seine 500 bis 1000 t von einem Profil herunter und läßt den zerschnittenen oder noch ganzen Stab auf einem Rollgange bis zum Lager durchlaufen. Dieses wird durch Gerüst-Konstruktionen beherrscht, auf denen schnellarbeitende Laufkrane laufen, ähn lich, wie es von der Rheinischen Bahn aus auf dem Formeisenlagerplatz zu Rote Erde zu sehen ist. Knüppel und Platinen walzt man bei uns auf gewöhnlichen Straßen. Ich wüßte mich keines Falles zu entsinnen, wo ich das in den Vereinigten Staaten gesehen hätte. Man benutzt dazu stets Walz werksanlagen, bei denen der Stab geradeaus durch gehen kann, wo also ein Ständer hinter dem andern steht, und zwar ordnet man die Ständer entweder so weit voneinander entfernt an, daß der Stab das vor hergehende Kaliber bereits verlassen hat, bevor er in das neue eintritt, oder man stellt sie kurz hinter einander auf, so daß der Stab in 8 bis 12 Kalibern zugleich steckt. Erstere Konstruktion wird für Pla tinen mehr beliebt, zum Walzen von Knüppeln scheint man aber die kontinuierlichen Walzwerke vorzuziehen, wie sie besonders von der Morgan Construction Co. gebaut werden. Diese Walzwerke arbeiten im ganzen verhältnismäßig nicht schnell und haben nur dadurch hohe Erzeugungsziffern, weil das fertige Material in anhaltendem gleichmäßigem Strome aus dem Walz werk herauskommt. Sie bestehen aus 8 bis 12 Walzen ständern, kurz hintereinander aufgestellt und mit Führungen versehen, so daß der Stab nach jedem Kaliber um 90° gedreht wird. Das folgende Walzen duo geht faktisch und relativ schneller als das vorher gehende, so daß die Verlängerung des Stabes durch den zuletzt passierten Stich aufgenommen wird und der Stab noch anhaltend vorwärts gezogen und nicht vorwärts gedrückt wird. Der Walzendurchmesser ist stets sehr klein, er beträgt 360 bis 420 mm; der An trieb geschieht durch Zahnradübersetzung von einer VI.» 2000 P. S.-Maschine aus. Ein Bloom 120 X 120 mm geht, nachdem er auf der Blockstraße aus einem 21/2 t- Block so weit heruntergewalzt war, in seiner ganzen Länge langsam in das kontinuierliche Walzwerk und verläßt es dann als 4 cm-Knüppel in einer Länge von 200 bis 300 m mit einer Geschwindigkeit von 3 m i. d. Sekunde. Eine fliegende Schere schneidet die Knüppel, während sie in Bewegung sind, in Stücke von vielleicht 6 bis 10 m Länge, diese gelangen dann auf Warmbetten und von diesen aus durch Paternoster werke gleich auf Eisenbahnwaggons. Für letztere Arbeit sind etwa 3 bis 4 Mann nötig, während die eigentliche Walzarbeit, abgesehen von Maschinisten, überhaupt keinen Arbeiter verlangt. Ein Mann pflegt zur Aufsicht dabei zu stehen, das ist alles. Die Pro duktion einer solchen Straße beträgt über 1000 t 5 cm-Knüppel in 24 Stunden, und sollen die Um wandlungskosten von einem 12 cm-Bloom aus nicht über 2 - betragen. Stab- und Drahtstraßen pflegen nicht in direktem Zusammenhang mit den Knüppel-Walzwerken zu stehen, sondern erhalten ihr Halbzeug erst nach Erhitzung desselben in besonders konstruierten Ofen. Diese sind so gebaut, daß ein Junge seitlich mit Hilfe eines Rollganges einen Knüppel nach dem andern ein steckt, diese dann durch mechanisch bewegte Finger die schräge Herdfläche heruntergedrückt werden, um unten durch einen Mann einer nach dem andern aus dem Ofen sofort in das erste Kaliber des Walzwerks gestoßen zu werden. Die ersten Ständer einer Stab oder Drahtstraße werden jetzt mit Vorliebe als kon tinuierliche ausgebildet, ganz kontinuierliche Walz werke für diese Zwecke sind auch im Gebrauch, doch ist bei ihnen die Walzarbeit nicht so exakt, und dann ist es auch eine bedenkliche Sache, wenn einmal ein Kaliber nicht gleich faßt und bei der großen Schnellig keit nun z. B. der Draht in die Luft geht. Daher zieht man es vor, im Anschluß an die ersten kon tinuierlichen Ständer ein gewöhnliches Walzwerk zu bauen. Soweit möglich, sind hier natürlich auch Führungen in Anwendung, und die gesamte Anlage ist auf höchstmögliche Produktion bei möglichster Beschränkung des Gebrauches menschlicher Arbeits kräfte gebaut. Unzerteilt gehen die Stäbe in Schlangen linien durch die verschiedenen Gerüste, ganz gleich, ob es sich um Stabeisen oder Draht handelt, und hinter dem letzten Gerüst befindet sich ein Rohr, welches dem fertigen Stab als Weg dient. In wie großartiger Weise solche Straßen angelegt sind, kann am besten daraus ersehen werden, daß die Halle für 2 Stabstraßen der Carnegie Company in Duquesne 260 m lang ist bei einer von Säulen freien Hallen breite von fast 65 m. Ein Drahtwalzwerk, welches für äußerst große Produktion eingerichtet ist, ist das zu Joliet. Hier benutzt man etwa 10 X 10 cm-Knüppel, welche zuerst in 4 Öfen gewärmt werden. Dieselben sind in Gegenstromprinzip gebaut, und fällt auf der Eintritts seite des Gases immer ein Knüppel mechanisch auf einen Rollgang. Durch eine einfache Vorrichtung wird dasselbe in eine von 5 nebeneinanderliegenden Rillen gebracht, und bleibt der Stab nun für die ganze Weiterverarbeitung in dieser Rille. Jedes der folgenden Walzgerüste hat demnach auch 5 gleiche Kaliber nebeneinander. Zuerst gelangt der Stab in 6 hintereinander stehende Gerüste, welche jedoch nicht als kontinuierliches Walzwerk angeordnet worden sind. Hinter dem letzten Gerüst gehen 3 Stäbe in 3 Führun gen zur rechten, 2 Stäbe in 2 Führungen zur linken Seite ab, erhalten dann noch einen Stich in einem Gerüst, worauf jeder der Stäbe in der Mitte zerteilt wird. Wir haben also jetzt 6 bezw. 4 nebeneinander laufende Stäbe. Diese gehen nun je durch eine mit 8 Gerüsten versehene Drahtstraße, um hinter dem letzten Ständer als fertiger Draht auf je 6 Aufwickel- 4