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1. April 1902. Knippsche Panzerplatten in gleichen noch nirgends gefunden hat. Man ent deckte dabei mit Staunen, dafs das französische Geschofs die für unverwundbar gehaltenen Krupp- Platten mit der gröfsten Leichtigkeit durchschlug, leichter sogar als die guten gleichdicken Platten, welche nach dem Verfahren von französischen Werken hergestellt waren. Daraufhin wandte sich eine dieser Fabriken, welche die deutsche Licenz theuer gekauft und ihre Einrichtungen umgewandelt hatte, an die Firma Krupp mit der Frage: Wie kommt es, dafs Ihr uns ein Verfahren verkauft habt, welches dem unsrigen unterlegen ist? Man antwortete aus Essen: Ihr habt Euch die Gewandtheit, wie wir sie besitzen, noch nicht anzueignen vermocht und Eure Fabrication von Krupp-Metall in Frank reich kommt der unsrigen nicht gleich. Man hat diese Erwiderung wörtlich aufgefafst und hat Herrn Krupp gesagt: Gut, dann schickt uns doch aus Essen Krupp-Platten mit Eurem Stempel, Platten, die Ihr selbst in Euren Werk stätten in Essen ausgewählt habt; wir wollen sie aber auf dem französischen Schiefsplatz mit unserm eigenen Halbpanzergeschofs erproben. Herr Krupp ging jedoch darauf nicht ein und diese Weigerung genügt, glaube ich, der Kammer, ohne dafs ich meine Ausführungen weiter ent wickle, als Beweis, dafs der Vorwurf, welchen man unserer französischen Industrie gemacht hat, sie fabricire gegenwärtig Producte von geringerer Qualität, ungerechtfertigt ist.“ Angesichts einer solchen Verkennung der Sachlage scheint es doch nothwendig, darzu legen, wie das Verhältnifs in Wirklichkeit ist. Im Jahre 1896, nachdem das neue Kruppsche Verfahren durchprobirt und die gewonnenen Resultate in der Marinerundschau veröffent licht worden waren, wünschten die englischen Werke Brown, Cammell und Vickers, sowie die französischen Werke Schneider, Chatilion & Com- mentry und St. Chamond eine Licenz auf Aus übung der Kruppschen Patente zu erhalten. Vorher aber sollte die Ueberlegenheit des Krupp schen Verfahrens über die bis dahin bekannten Platten-Herstellungsprocesse durch einen Schiefs- versuch erprobt werden, und zwar sollte eine Platte der gröfsten damals gebräuchlichen Dicke (es wurde etwa 35 cm angenommen) mit Panzer granaten bester Qualität und unter Anwendung einer sehr hohen Geschofsenergie zur Erprobung gelangen. Es wurde ausbedungen, dafs bei dieser Erprobung das Ziel weder durchschlagen werden, noch die Platte Risse erhalten solle. Die Firma Krupp erklärte sich hierzu bereit, und es fand nunmehr im August 1896 die Er probung einer 35 und einer 37 cm dicken Probe platte statt. Die verwendeten Geschosse waren nicht von Krupp hergestellt, sondern es waren gerade Geschosse französischer Fertigung, welche von dem renommirtesten französischen Hütten der französischen Kammer. Stahl und Eisen. 385 werke speciell für diesen Versuch angefertigt worden waren. Die Erprobung der Platten fand unter Controle der anwesenden englischen und französischen Ingenieure statt, und es wurden speciell alle Messungen genau von diesen Herren controlirt. Die Beanspruchung der Platten war eine so hohe, wie sie wohl seither kaum von einem Hüttenwerke bei Lieferungen garantirt worden ist. Das Beschiefsungsresultat war gut und bewies, dafs durch die Anwendung des Kruppschen Verfahrens thatsächlich ein gewaltiger Fortschritt in der Herstellung der Panzerplatten gemacht worden war. Auf Grund dieses Be- schiefsungsresultats kam die Licenzertheilung an die genannten Werke zum Abschlufs, wobei die Licenzgebühr in Form einer Tonnenabgabe für das nach Kruppschem Verfahren hergestellte Platten quantum festgesetzt und worauf den englischen und französischen Ingenieuren Gelegenheit gegeben wurde, das Kruppsche Verfahren in Essen bis ins kleinste Detail zu studiren. Der Zuwachs an Widerstandsfähigkeit, wel cher den Platten durch Anwendung des Krupp schen Verfahrens gegeben werden konnte, war ein so grofser, dafs die Einführung des Ver fahrens in den genannten englischen Werken mit einer bemerkenswerthen Raschheit sich voll zog. Aber auch andere Staaten erkannten die Vorzüge der Kruppschen Platten. So wurde mit der russischen Marine ein Vertrag geschlossen, der den russischen Staatswerken die Anfertigung Kruppscher Platten ermöglichte. Die beiden grofsen amerikanischen Werke, die Carnegie- und die Bethlehem Steel Company, erwarben später gleichfalls eine Licenz auf Ausführung der Kruppschen Patente. In Oesterreich war es Witkowitz, welches eine Licenz erwarb, und es kann gesagt werden, dafs auf keinem dieser Werke andere als Kruppsche Platten in irgend wie erheblichen Mengen mehr hergestellt werden. In neuester Zeit hat auch Terni in Italien eine Licenz erworben. Auch in denjenigen Staaten, in welchen keine panzerfabricirende Werke bestehen, und die seit Einführung der Krupp schen Platten Bedarf hatten, ist die Superiorität dieses Systems unzweifelhaft festgestellt worden. Es kann wohl kaum angenommen werden, dafs alle diese grofsen Werke, welche die Krupp schen Patente erworben haben, und jene Staaten, welche die Lieferung von Kruppschen Panzer platten vorschreiben, sich einer Täuschung in Bezug auf die Qualität dieser Panzerung hin gegeben haben. Die Zeit seit Einführung des Kruppschen Systems ist lange genug, um nun mehr ganz genau zu wissen, welche Vortheile die Anwendung desselben bietet. Thatsächlich ist auch nicht in einem einzigen Falle unter den Hunderten von Plattenerprobungen, welche auf dem Kruppschen Werke stattgefunden haben, ein Mifserfolg zu verzeichnen gewesen,