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1454 Stahl und Eisen. Berichte über Versammlungen aus Fachvereinen. 24. Jahrg. Nr. 24. Berichte über Versammlungen aus Fachvereinen. Zentralverband deutscher Industrieller. In der am 2. Dezember d. J. zu Berlin abge haltenen und vom Herrenhausmitglied Vopelius ge leiteten Ausschußsitzung erstattete Generalsekretär Bueck-Berlin einen Geschäftsbericht, in dem er zu nächst die erfreuliche Zunahme der Mitgliederzahl des Zentralverbandes namentlich aus der Fertigindustiie feststellte, die einen Beweis dafür biete, wie ungerecht fertigt die Behauptung der Gegner sei, daß der Zentral verband nur die sogenannte schwere Industrie umfasse. Der Redner gab sodann einen Überblick über die wirt schaftliche und sozialpolitische Gesetzgebung und be sprach dabei u. a. den Plan der Verstaatlichung der Hibernia, den das Direktorium lediglich aus sozialen und wirtschaftspolitischen Gründen bekämpft habe, da eine fortschreitende Verstaatlichung privatwirtschaft licher Unternehmungen unser Nationalvermögen und unsere Nationalwirtschaft auf das schwerste zu schädi gen geeignet sei. Was die Hauptstelle deutscher Arbeitgeberverbände angehe, die der Zentralver- band begründet hat, sei Aussicht vorhanden, daß zwischen ihr und dem Verein deutscher Arbeitgeber verbände ein Kartellverhältnis zustande kommen werde. (Lebhaftes Bravo!) Im übrigen bedeute die genannte Hauptstelle schon jetzt eine große, ausschlaggebende Macht, die ihre gute Wirkung bereits in umfassendem Maße an den Tag gelegt habe. In der Besprechung des mit allseitigem Beifall aufgenommenen Geschäfts berichts wandte sich Geheimrat Kirdorf-Gelsenkirchen gegen die Ausführungen des Handelsministers Möller im Abgeordnetenhause über die Fusionen in der Eisen- und Kohlenindustrie. Die Verschmelzung Harpen- Kannengießer sei als kommend jahrelang bekannt ge wesen. Die Verschmelzung Gelsenkirchen-Schalke-Rote Erde sei ebenfalls nicht neuen Datums. Schalke habe seit Jahren den Wunsch gehabt, mit Gelsenkirchen fusioniert zu werden, schon weil Gelsenkirchen unter dem Boden der Schalker Werke Bergbau treibe. Unter den früheren Verhältnissen des Kohlensyndikats habe Gelsenkirchen dieser Fusion widerstrebt; die neueren Verhältnisse hätten aber die Fusion wünschenswert gemacht. Hinzugetreten sei Rote Erde, weil dieses Werk nicht allein Hochöfen, sondern auch Stahlwerke und Erzkonzessionen besitze. Daß diese Fusion irgend wie gegen die allgemeinen Interessen verstoße, vermöge er nicht einzusehen. Die Verstaatlichung der Hibernia sei dem Staatsministerium erst deshalb wünschenswert erschienen, weil es seinerzeit den Besitz von Gladbeck usw. viel zu sanguinisch beurteilt habe, weil es Gelsen kirchen nicht mehr habe bekommen können und weil ihm Harpen-Kannengießer aus anderen Gründen viel leicht nicht gepaßt habe. Die Versammlung nimmt mit bestem Dank von diesen Mitteilungen Kenntnis. Dr. Tille legt u. a. dar, daß der Fiskus seine Saar kohlen um 17 °/o, die Kokskohlen um 34 °/o höher stehen und den Koks um 49 °/o teurer verkauft habe, als das Rheinisch-Westfälische Kohlensyndikat. Nachdem so dann Kommerzienrat Abg. Vo r s t e r-Köln im Anschluß an den Geschäftsbericht den Erlaß des Handelsministers über die Verlegung des Fortbildungsschul-Unter richts auf die Tagesstunden besprochen hatte, kommt man zum folgenden Punkt der Tagesordnung: Die Zulässigkeit des Schleppmonopols auf Kanälen. Generalsekretär Bueck leitet diese Frage mit einem umfassenden Vortrage ein und stellt namens des Direktoriums folgende Beschlußanträge: 1. Der von dem Abgeordneten am Zehnhof in der Kanalkommission gestellte Antrag, „die Verstaatlichung des mechanischen Betriebes auf dem Kanal im Wasserstraßengesetze aus zusprechen“, ist von der Kommission angenommen worden. Die Äußerungen des Herrn Finanzministers und des Herrn Ministers für die öffentlichen Arbeiten in und außerhalb der Kommission stellen fest, daß auch die Königl. Staatsregierung dem Anträge ihre Zustimmung erteilt. Damit hat die Königl. Staats regierung nicht nur ihre unlängst gegen diesen Antrag angeführten Gründe, sondern auch ihre in der Begrün dung der Kanalvorlage niedergelegte Ansicht, betreffend den Zweck und die Wirksamkeit der binnenländischen Wasserstraßen aufgegeben. 2. Diese Tatsachen haben den Ausschuß des Zentralverbandes auf Grund der in seiner Sitzung vom 2. Dezember 1904 gepflogenen Verhandlungen zu folgenden Erwägungen geführt: 3. Die in dem Anträge bezeichneten „Hauptvorzüge“ des sogenannten staatlichen Schleppmonopols und die von dem Antragsteller selbst sowie von einflußreichen Politikern bezeichneten weiteren Zwecke dieses Systems sind nur erreichbar durch Hochhaltung der Beförderungs kosten auf dem Kanal weit über das bisher voraus gesetzte Maß und durch Ausgestaltung des Schlepp monopols in ein staatliches Betriebsmonopol. Beides ist von maßgebenden Vertretern des Antrages bereits zugegeben worden. Damit würden die Kanäle ihrer Aufgabe, die Gütererzeugung und den Absatz zu erleichtern, den wirtschaftlichen Erwerb zu fördern, der Industrie sowie der Landwirtschaft, dem Handel und dem Gewerbe zu nützen, entzogen werden. 4. Es ist zu befürchten, daß diese nachteiligen Folgen noch in weit größerem Umfange schwerwiegend eintreten werden, weil der Verkehr auf den Kanälen in natürlicher Verbindung mit den kanalisierten und den bisher noch freien Flüssen und Strömen steht und daher das Über greifen des staatlichen Betriebsmonopols auf diese in Aussicht genommen werden muß. 5. Die mit dem staatlichen Schleppmonopol und dessen weiterer Aus gestaltung zum Betriebsmpnopol bezweckte Verkehrs einschränkung müßte die Übernahme der als notwendig erachteten Garantien seitens der Interessenten ernst lich in Frage stellen. Deren ganze oder auch nur teilweise Ablehnung würde, trotz der eventuellen Annahme der Kanalvorlagen in den beiden Häusern des Landtags, die Ausführung des Gesetzes unmöglich machen. 6. Endlich wurde erwogen, daß es sich bei dieser Frage um eine weitere Etappe in dem schweren Kampfe handle, den die individuelle, privatwirtschaft liche Tätigkeit gegen den von höchst einflußreichen Kreisen in unserm Staatswesen und öffentlichen Leben geförderten Staatssozialismus zu führen hat. 7. Diese Erwägungen und die Rücksicht auf das Interesse der Gesamtheit an der Möglichkeit, die Kosten der Her stellung und des Absatzes der Güter möglichst zu ermäßigen, haben den Ausschuß des Zentralverbandes veranlaßt, sich mit aller Entschiedenheit gegen die Aufnahme des staatlichen Schleppmonopols in das betreffende Gesetz auszusprechen. In der sich an den Vortrag Buecks anschließenden Erörterung beleuchtet Abg. Dr. Beumer den ungeheuren Rückschritt, den es in technischer Beziehung bedeuten werde, wenn man die Schiffe mit eigener Betriebskraft vom Kanal ausschließen wollte, wie es ja der Abg. am Zehnhoff als notwendig hingestellt habe. Man brauche in dieser Beziehung nur an die Dampfturbine und ihre voraussichtliche Bedeutung für die Schiffahrt zu denken. (Lebhafte Zustimmung.) Geheimrat Kir dorf-Gelsenkirchen erklärt, daß der bei weitem über wiegende Teil des niederrheinisch-westfälischen Berg-