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15. Dezember 1904. Mitteilungen über die flußeisendarstellung usw. Stahl und Eisen. 1425 und den ich noch nicht gesehen habe, soll eigentlich ein kippbarer Martinofen sein. • Jedenfalls dürfte das Jahr 1905 über den Roheisen-Erzprozeß weitere wichtige Aufschlüsse geben. Über einige sonstige Neuerungen, die in den letzten Jahren im Herdschmelzverfahren gemacht worden sind, kann ich wegen Zeitmangels nur kurz berichten. Während an der Ofen konstruktion Wesentliches nicht geändert ist, wird der Fassungsraum von Jahr zu Jahr ver größert. Als normal wird bei Neubauten heute eine Chargengröße von 25 bis 30 t gewählt, bei ungefähr 8 m Herdlänge und 3 bis 3 1/2 m Breite. Eine Ausnahmestellung nimmt nur Thale ein, welches nach amerikanischem Vorbilde Öfen von 50 t besitzt und damit vorteilhaft arbeiten und auch den in Deutschland geringsten Kohlenverbrauch haben soll. Die Chargiermaschinen, welche sich auch bei uns, soweit es die Platzverhältnisse gestatten, allmählich eingebürgert haben, baut man neuerdings hängend. Dies hat den großen Vorteil, daß die Arbeitsbühne freibleibt und daß man die obere Laufbahn als Kran benutzen und mit einer Hilfskatze den Ofen bestreichen kann. Daß aber durch eine Chargiermaschine die Produktion gesteigert wird, hat sich meiner Ansicht nach als irrig herausgestellt. Der Haupt vorteil beruht vielmehr darin, daß man Leute spart, die beim Einsetzen immer sehr durch die Ofenhitze zu leiden hatten. Besonders viel hat man sich in letzter Zeit mit den Gasventilen beschäftigt, speziell im Hinblick auf die Gasersparnisse, welche beim Umsteuern gemacht werden.* Dieselben sind doch erheblicher, als man früher glaubte, und da man heutzutage bei den Selbstkosten mehr denn je mit dem Pfennig rechnen muß, ist es nur erklärlich, daß man diese effektiven Verluste vermeiden will. Diese letzten, durch das Umsteuern allein hervorgerufenen, waren am niedrigsten bei den alten Siemensschen Kreuzreversierklappen, da die Umsteuerung hiermit außerordentlich schnell vor sich geht. Anderseits sind bei diesen Klappen diejenigen Gasverluste, welche per manent durch undichten Verschluß entstehen, ziemlich groß. Denn die Klappen verziehen sich stets in der Hitze, so daß es unmöglich ist, sie völlig dicht zu halten; dazu kommen dann noch die vielen Reparaturkosten. Für Generatorenanlagen wählt man heute meist freistehende zylindrische Generatoren mit dazwischenliegenden großen Staubsammlern und bläst mit Ventilatoren unter Hinzufügung von etwas Dampf. Allein mit Körtings zu blasen, ist teuer, denn dieselben sind bekanntlich große Dampffresser. Um Arbeitskräfte zu sparen, wird bei größeren Anlagen die Beschickung gewöhnlich mechanisch eingerichtet. Einen großen Gassammelkanal halte ich bei unseren Kohlen qualitäten für nicht vorteilhaft, vielmehr scheint es mir richtiger zu sein, für jeden Ofen eigene Generatoren in möglichster Nähe der Öfen anzulegen. Es wird durch eine solche Anordnung erzielt, daß keine Stillstände entstehen, welche für die Reinigung eines großen Gaskanals zeit weise unvermeidlich sind. Dagegen kann die Reinigung der zu einem Ofen gehörigen Generatoren bequem zu einer Zeit erfolgen, in welcher der betreffende Ofen in Reparatur ist. Außerdem hat man den Vorteil, daß der Schmelzer des Ofens auch zugleich die Aufsicht über seine Generatoren übernehmen muß. Hat er also nicht gutes Gas, so hat er die Verantwortung, und die Schuld kann nicht, wie es jetzt geschieht, auf den Generatorenmann geschoben werden. Endlich hat man auch so eine genaue Kontrolle über den Kohlenverbrauch des einzelnen Ofens. Für die feuerfeste Ausmauerung der Öfen hat man sich in Oberschlesien fast ganz von auswärtigen Bezügen freigemacht. Die Zeiten sind lange vorbei, als man englische Marken für 70 bis 80 •6 f. d. Tonne hier einmauerte. Die Haltbarkeit der Öfen in Oberschlesien ist sogar besser als sonstwo, und es ist keine Seltenheit, daß die größeren modernen Öfen im Revier bis 1000 Chargen und darüber ohne wesentliche Reparaturen aushalten, was mir aus dem Westen nicht bekannt ist. Diejenigen Werke allerdings, welche hier kleinere Öfen mit kurzen Herden haben, müssen sich schon mit einer erheblich geringeren Haltbarkeit begnügen. Schließlich möchte ich Ihnen noch einige statistische Zahlen angeben, aus welchen ersichtlich ist, wie die Flußeisenerzeugung im Herdofen während der letzten Jahre in England und Amerika, unseren Hauptkonkurrenten in der Eisendarstellung, zugenommen hat. Diese und einiges andere habe ich einem Artikel des »Moniteur des Intrts materiels« „Zur Frage der Martinstahlerzeugung“ von Fr. Lürmann jr. entnommen. England stellte im Konverter dar: 1896 1815000 t, 1902 1825 000 t; an Martinstahl dagegen: 1896 2317000 t, 1902 3083000 t. Während also die Erzeugung des Konverterstahls in demjenigen Lande, für welches der Prozeß erfunden ist, sich in den sechs Jahren fast gar nicht verändert hat, ist diejenige des Martinstahls um 766 000 t oder um rund 33 °/o gestiegen. Amerika erzeugte im Konverter: 1897 5 475 000 t, 1902 9 306 000 t; im Herdofen: 1897 1 608 000 t, 1902 5 687 000 t. Die Produktion in der Birne erhöhte sich demnach in fünf Jahren um umgefähr 70 °/°» die im Herdofen dagegen um 253 °/o. * Siehe „Stahl und Eisen“ 1904 Nr. 6 S. 338 ff.; Nr. 11 S. 619; Nr. 16 S. 937 ff.; Nr. 22 S. 1311 ff. XXIV.24 2