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1834 Stahl und Eisen. Berichte über Versammlungen aus Fachvereinen. 24. Jahrg. Nr. 22. haben die alten Gegner des Zentralverbandes und die unter freihändlerischer Leitung stehenden Vereine | eine Gegenbewegung hervorgerufen und den Verein deutscher Arbeitgeberverbände gegründet, während der • Zentral verband die von Anfang an vorgesehene Haupt- | stelle deutscher Arbeitgeberverbände gebildet hat. | Unzweifelhaft steht der übergroße Teil der machtvollen Industrie, die auch das Vermögen und den Willen hat, im gegebenen Falle große Mittel aufzubringen, auf der Seite des Zentralverbandes. Bei der Haupt stelle deutscher Arbeitgeberverbände sei ein Arbeits nachweis für technische und kaufmännische Beamte der Industrie eingerichtet worden. Der Geschäfts führer empfahl den Mitgliedern des Vereins warm die Benutzung dieses Arbeitsnachweises, durch den ihnen viel Mühe und Arbeit erspart werden könne, denn in der Hauptstelle würden, abgesehen von der Prüfung der Zeugnisse, noch außerdem die genauesten Er- kundigungen über die Bewerber eingezogen. Die im Reichstag eingebrachten sozialpolitischen Anträge seien hauptsächlich auf die Verkürzung der Arbeitszeit, die Erweiterung des Arbeiterschutzes und die Begünstigung der Arbeiterorganisationen gerichtet. In der Industrie habe man sich allmählich gewöhnt, diese Anträge als dem agitatorischen Bedürfnis ent sprungen anzusehen. Jetzt aber seien sie dadurch zu einer großen Bedeutung gelangt, daß die Regierung sich mit den wichtigsten derselben einverstanden er klärt und sie aufgenommen habe. Eine Vorlage, be treffend die Festsetzung des zehnstündigen Arbeits tages für Frauen, sei mit ziemlicher Bestimmtheit zu erwarten. Dabei werde man aber nicht stehen bleiben, sondern es werde die Feststellung des Höchstarbeits tages von zehn Stunden für alle Arbeiter gefordert werden. Die Festsetzung des zehnstündigen Arbeits tages für die Frauen bedeute für die Webstoffindustrie schon eine derartige allgemeine Regelung. Der Ge schäftsführer hob hervor, daß in der Webstoffindustrie und auch in anderen Industrien der allgemeine zehn stündige Arbeitstag vielfach bereits bestehe. Wie sich dieser aber allmählich, infolge des Zuges der Zeit, aus einer viel längeren Arbeitszeit entwickelt habe, so sollte, im Vertrauen auf diese Bewegung, auch die weitere Entwicklung abgewartet werden. Das Ein greifen der Gesetzgebung sei entschieden zu verwerfen, denn der Industrie müsse für besondere Zeiten der Geschäftsbewegung freie Hand gelassen werden. Ver hängnisvoll werde die Feststellung eines zehnstündigen Höchstarbeitstages für die Industrien mit permanenter Feuerung sein. Es würde nichts übrig bleiben, als die Einführung von drei Schichten, das Ideal der So zialdemokratie. Der Geschäftsführer wandte sich weiter gegen eine Reihe übertriebener Forderungen auf dem Gebiete des Arbeiterschutzes, und verlangte als Gegengewicht gegen die für die Berufsvereine der Arbeiter geforderte Rechtsfähigkeit deren gesetzliche Haftbarmachung für den von ihnen verursachten Scha den. Der Geschäftsführer schloß seinen Vortrag mit dem Wunsche, daß die von ihm berührten widrigen Verhältnisse das weitere Gedeihen der deutschen Eisen- und Stahlindustrie nicht behindern möchten, daß sie vielmehr erfolgreich auch weiter fortschreiten und ihre Bedeutung im Weltverkehr festigen und steigern möchte. Der anziehende Vortrag wurde mit lebhaftem Beifall aufgenommen. An den Vortrag Buecks schloß sich eine ein gehende Erörterung, in der die Verhältnisse des Kohlenkontors von Kommerzienrat Engelhardt-Offen bach und Abg. Dr. Beumer-Düsseldorf, die Verhält nisse des Stahlwerks-Verbandes von Regierungsrat a. D. Völcker - Düsseldorf besprochen wurden. Geheimrat Gerh. L. Meyer-Hannover schloß darauf die Verhand lungen mit dem Wunsche einer Zunahme der Einig keit in der deutschen Industrie, insonderheit der deut schen Eisen- und Stahlindustrie. Iron and Steel Institute. In diesem Herbst tagt zum zweitenmal diese angesehene britische Gesellschaft, der auch mit Recht ein internationaler Charakter zugesprochen wird, in den Vereinigten Staaten von Nordamerika. Im Jahre 1890 war die erste amerikanische Versammlung, an welcher gleichzeitig der Verein deutscher Eisenhütten leute als selbständige Korporation damals mit etwa 120 Mitgliedern teilnahm. Die Zahl der Mitglieder, die an der diesmaligen Veranstaltung sich beteiligen, beträgt etwa 200; die Mehrzahl der Teilnehmer landete am Sonntag den 23. Oktober vormittags mit dem Dampfer „Celtic“, aber auch die deutschen Dampfer trugen eine große Anzahl von englischen Teilnehmern hinüber. Die Ankömmlinge wurden von dem Empfangs komitee schon an der Landungsbrücke bewillkommnet; die amerikanische Gastfreundschaft soll sich bis zur Mitte des Monats November erstrecken. Am 24. Oktober morgens fand eine Besichtigung der neuesten Errungenschaften der Stadt New York statt, man besichtigte die neuen Verkehrsmittel, die Schnell bahnen, wie die unterirdischen Bahnen, weiter wurde die Nichols Chemical Co. besucht, in der man dem Schmelzen, Bessemern und Reinigen von Kupfer bei wohnte. Am Nachmittag stattete man, wie auch vor 14 Jahren, der Edison Company einen Besuch ab, während ein anderer Teil der Versammlung sich die Arbeiten an dem Hudson-Tnnnel und ein weiterer Teil sich die neue im Bau begriffene Hängebrücke in Brooklyn ansah. Am Abend fand die Eröffnungs-Sitzung statt, bei welcher Begrüßungsansprachen vom Bürgermeister der Stadt New York, Fornes, von John Fritz, dem Präsidenten des amerikanischen Empfangskomitees, und James Gayley, dem Präsidenten des American Institute of Mining Engineers, gehalten wurden; die Redner wurden durch den in Deutschland äußerst vor teilhaft bekannten Redakteur des „Iron Age“ Charles Kirchhoff, den Vorsitzenden des amerikanischen Ausführungskomitees, in trefflicher Weise eingeführt. Im Namen des Vorstandes des Iron and Steel Institute überreicht Sir James Ki tson dem scheiden den Präsidenten Andrew Carnegie die goldene Bessemer-Denkmünze. Die Antwort Carnegies auf die Ansprache von Fornes lautete wie folgt: „Im Namen der Eisen- und Stahlindustrie danke ich verbindlichst für die außerordentlich herzliche Begrüßung, die Sie uns erweisen. Ihre Wärme über rascht uns nicht, dem Institute ist die amerikanische Gastfreundschaft nicht fremd; vor 14 Jahren waren wir um dieselbe Jahreszeit zum erstenmal Ihre Gäste. Viele der damaligen Teilnehmer sind auch heute Ihre Gäste; unter ihnen sind namentlich die früheren Präsidenten Sir James Kitson und Martin, Richards und Whitwell. Der Erstgenannte, der die damalige Präsidentenstelle inne hatte, ist zur allgemeinen Freude wiederum hier, denn er ist ein wichtiges Bindeglied zwischen den zwei Zweigen unserer englisch sprechenden Rasse geworden. Bei unserm letzten Be suche war das Institut erstaunt über die außerordent liche Entwicklung, die es damals vorfand, aber es wird heute sehen, daß die Entwicklung in einem noch reißen deren Tempo vor sich gegangen ist, als damals. Die Zahlen sind staunenerregend; die amerikanische Roh eisen-Produktion betrug im Jahre 1890 9200000 t, im Jahre 1903 war sie 18000000 t, sie hat sich also in 13 Jahren verdoppelt. Die Bessemerstahl-Produktion hat sich mehr als verdoppelt, und die Martinstahl- Fabrikation ist von 1/2 Million Tonnen im Jahre 1890 auf 60000001 im Jahre 1903 gestiegen, hat sich also um mehr als verelffacht. Die amerikanische Ausfuhr an Fertigfabrikaten hat sich verdreifacht. In dem Jahr zehnt von 1890 bis 1900 wuchs die Bevölkerung um