1316 Stahl und Eisen. Aus Praxis und Wissenschaft des Gießereiwesens. 24. Jahrg. Nr. 22. Unter Mitwirkung von Professor Dr. Wüst in Aachen. Über die Verwendung von Manganerzen als Entschweflungsmittel beim Schmelzen von Gusseisen. Von Dr. ing. I m Jahre 1902* veröffentlichte Direktor Reusch von ihm in Witkowitz ausgeführte Versuche mit Manganerzen beim Schmelzen von Gußeisen, bei denen er schon mit ganz geringen Zusätzen (1 °/o vom Eisengewicht) selbst bei einem Koks verbrauch von 13 °/o mit 0,8 °/o Schwefel den Übertritt des letzteren ins Eisen vollständig ver hinderte, während bei etwas höheren Zusätzen (2 °/° vom Eisengewicht) der im Einsatz bereits vorhandene Schwefel bis auf Spuren aus dem Eisen entfernt wurde. Über ähnliche Versuche mit Zusatz von 0,8 beziehungsweise 0,4 % Manganerz berichtete Professor Dr. Wüst in „Stahl und Eisen“ 1903 S. 1134 und folgerte aus diesen Versuchen, denen er solche ohne Zu satz von Erzen gegenüberstellte, einen großen Vorteil des Manganerzzusatzes. Da diese Schluß folgerungen meiner Ansicht nach zu optimistisch sind und meine eigenen Versuche von denen des Direktors Reusch ganz bedeutend abweichen, so folge ich gern einer an mich ergangenen Auf forderung, die von mir bereits in meiner Disser tationsschrift besprochenen Versuche auch an dieser Stelle im Auszuge zu veröffentlichen, um so mehr, als in der Zwischenzeit in Fachzeitschriften bereits mehrfach auf obige Aufsätze von Reusch und Dr. Wüst Bezug genommen worden ist.** * Vergl. „Stahl und Eisen“ 1902 S. 415. ** „Stahl und Eisen“ 1904 S. 161 (Simmersbach); „Stahl und Eisen“ 1904 S. 528 (Dr. Moldenke); „Gießereizeitung“ 1904 S. 225 (E. Schoemann). Wedemeyer. (Nachdruck verboten.) Erwähnen will ich noch, daß der Gedanke ’ der Anwendung von Manganerzen zur Verhinde- i rung des Übertritts des Koksschwefels ins Eisen beim Umschmelzen von Gußeisen im Kupolofen : durchaus nicht neu ist. Schon im Jahre 1884 I nahm die Socit des Aciries de Longwy ein Patent (Frankreich Nr. 30545)* auf die Ver wendung manganhaltigen Kokses für Kupolofen- I Schmelzungen. Es wurden die Kohlen mit Manganerz gemischt, alsdann verkokt, und die | bei der Verbrennung des Koks im Kupolofen sich ergebende Schlacke sollte dadurch basisch genug j werden, um einen Übergang des Schwefels ins Eisen vollständig zu verhüten. Wie mir die 1 Firma jedoch auf eine dahingehende Anfrage raitteilte, hat man schon seit einer Reihe von Jahren von der Anwendung dieses Verfahrens Abstand genommen, es scheint der Erfolg also wohl nicht so ganz den Erwartungen entsprochen zu haben. Als nun Direktor Reusch die von ihm erreichten staunenswerten Resultate ver öffentlichte, wurden in der Eisengießerei der I Gutehoffnungshütte zu Sterkrade die Versuche mit Manganerzen, die bereits im Jahre vorher | begonnen waren, wieder aufgenommen, und zwar I mit sehr reichen Erzen. Während die in Witko witz verwendeten nur 27,72 % Mangan neben 21,25 °/o Kieselsäure enthielten, hatten die auf der Gutehoffnungshütte zur Verfügung stehen- * Siehe „Stahl und Eisen“ 1885 S. 322.