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(Berufsverein) anderseits umfaßt. Zwar sind auch Fälle denkbar und tatsächlich gegeben, in denen ein Unternehmer nur mit seinen eignen Arbeitern Tarifverträge abschließt, ohne mit irgend einer Arbeiterorganisation in Verbindung zu treten; sie bleiben indessen wegen ihrer ver hältnismäßigen Bedeutungslosigkeit im Interesse der Vereinfachung und Klarheit der Darstellung hier besser außer Betracht. Ist nun der Tarifvertrag in seiner hier an gegebenen Begrenzung wirtschaftlich überwiegend vorteilhaft oder überwiegend schädlich ? Die Frage ist u. E. nicht einheitlich zu be antworten, sondern es muß unterschieden werden. Auszugehen ist unter allen Umständen von der Ertragsfähigkeit der Unternehmung. Sie allein bildet, ganz abgesehen von dem finan ziellen Privatinteresse des Unternehmers, die Grundlage für ein volkswirtschaftliches Voran- schreiten des Staates, aber auch für eine auskömm liche Daseinshaltung des Arbeitnehmers. Wird die Unternehmung auf irgend eine Weise geschädigt, so fehlt einem Teile der Arbeitnehmer die Arbeits gelegenheit und damit die erste Vorbedingung für die Verwertung seines „Kapitals“ — näm lich der Arbeit — und für den andern Teil werden die Bedingungen der Entlohnung wesent lich herabgesetzt werden müssen; der Arbeit nehmer schneidet sich also ins eigene Fleisch, wenn er dazu beiträgt, die Ertragsfähigkeit der Unternehmung zu untergraben oder auch nur zu mindern, und die Tarifverträge werden sowohl volkswirtschaftlich als privatwirtschaft lich, und zwar auch vom Standpunkt des Ar beitnehmers, als verwerflich und in Wirklich keit nicht mehr geeignet zur Erörterung an gesehen werden müssen, sobald durch den Ab schluß von Tarifverträgen die Ertragsfähigkeit der Unternehmung beeinträchtigt oder auch nur ernstlich bedroht wird. Nach den nicht wegzuleugnenden bisher ge machten Erfahrungen gibt es nun zweifellos eine Reihe von Fällen, in denen der Abschluß von Tarifverträgen zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden nicht allein ein gutes oder wenigstens leidliches Einvernehmen zwischen beiden Bevölkerungsklassen hergestellt oder doch gefördert und aufrecht erhalten, sondern auch zur Hebung eines ganzen Gewerbszweiges in dem Sinne beigetragen hat, daß die infolge des gegenseitigen Zusammenhaltens beider Klassen untereinander herbeigeführte Preiserhöhung der Fertigware sowohl Arbeitgebern wie Arbeit nehmern zugute kam, also in ihrer unangenehmen Endwirkung lediglich auf die Verbraucher ab gewälzt wurde.* Es sei nur auf die Tarif * Daß aber diese Tarifverträge manche sonstigen Unzuträglichkeiten mit sich gebracht haben, ist im Laufe der jüngsten Zeit immer mehr hervorgetreten. Die Itedaktion. vertrüge im Buchdrucker-, im Bau- und im Schneidergewerbe verwiesen, die im ganzen eine wesentliche Verteuerung der Bücher, der Bauten und Anzüge bewirkt haben. Wenn wir aber näher zusehen, so stellt sich heraus, daß hier nur solche Gewerbszweige in Frage kommen, bei denen ein internationaler Wettbewerb aus geschlossen erscheint, die also im Inlande nach Belieben schalten und walten können, ohne daß uns das Ausland einen Strich durch die Rech nung macht. Wenn ich als Verfasser oder Ver leger ein Buch drucken lassen will, so bin ich, schon wegen der Sprache, im großen und ganzen auf den inländischen Drucker angewiesen, dieser kann mir also in seiner Gesamtheit seine Be dingungen mehr oder weniger vorschreiben, und auch die durch den Tarifvertrag der Arbeit nehmer und Arbeitgeber im Druckereigewerbe herbeigeführte Preiserhöhung vermag mich nicht abzuschrecken, weil ich das Buch eben im Aus lande nicht drucken lassen kann; ich m u ß also im Inlande zu höherem Preise drucken lassen, selbst wenn im Auslände keine Tarifverträge bestehen und daher dort der Druck an sich bedeutend billiger ist. Noch viel weniger kann natürlich der Bauherr oder Baumeister seinen Bau im Auslande ausführen lassen, er ist viel mehr auf den Baumarkt des Inlandes angewiesen und muß in den sauren Apfel der durch die Tarifverträge herbeigeführten höheren Preise der Bauarbeit auch dann beißen, wenn sein aus ländischer Fachgenosse weit billigere Arbeits kräfte zur Verfügung hat und daher im Aus lande wohlfeiler bauen lassen kann. In ähnlicher Weise läßt natürlich der Deutsche auch seine Kleider im allgemeinen im Inlande, nicht im Auslande, anfertigen, und ist alsdann an und durch die Preiserhöhungen der Tarifverträge gebunden. Ganz anders und gerade umgekehrt liegen aber die Verhältnisse bei den versandfähigen Erzeugnissen unserer heimischen Großindustrie, aus denen nur Kohle, Eisen- und chemische Er zeugnisse hervorgehoben sein mögen. Eine jede durch Tarifverträge notwendigerweise bewirkte Preiserhöhung der Ware wird vom ausländischen Mitbewerber, der mit Tarifverträgen nichts zu schaffen hat oder sonst unter günstigeren Be dingungen arbeitet, sofort ausgenutzt. Nicht allein wird uns der Absatz unseres Ueberschusses an Erzeugnissen ins Ausland im Falle einer Preiserhöhung unsererseits durch den internatio nalen Wettbewerb einfach unterbunden, sondern das Ausland tritt auch auf dem deutschen In landsmarkte als Wettbewerber auf und unter bietet unsere infolge der Tarifvereinbarung not gedrungen höheren Preise. Hierdurch aber wird die Ertragsmöglichkit unserer Unternehmungen und damit unsere privat- und volkswirtschaft liche Kraft natürlich geschwächt und unterbunden.