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12. August 1908. Tarifverträge und Großindustrie. Stahl und Eisen. 1181 jedoch dieser Winderhitzer nur noch einige Mo nate betrieben worden, hatten auch die Steine des Wärmespeichers ihre Druckfestigkeitsgrenze erreicht und zerfielen dann ihrerseits zu Staub. Die Wichtigkeit der Bestimmungen dürfte mit Vorstehendem begründet sein. Wir verlangen seitdem Verwendung der besten feuerfesten Steine und Feststellung der: 1. Feuerfestigkeit, 2. Druck festigkeit, und 3. Volumbeständigkeit derselben vor deren Verwendung.“ Darauf erhielt ich von der Königlichen Me chanisch-Technischen Versuchsanstalt folgende Antwort vom 12. Februar 1904: „Die Versuchsanstalt dankt Ihnen für die gefälligen Auskünfte und Anregungen, die sie gern weiter verfolgen wird, und teilt ergebenst mit, daß Versuche zur Ermittelung der Raum beständigkeit bei wiederholtem Erhitzen bis zu 1400 0 G. bereits in Angriff genommen sind, um ein geeignetes Verfahren auszubilden. Weitere Versuche zur Feststellung der Druckfestigkeit bei höheren Wärmegraden sind in Aussicht genommen, indessen bedarf es hierzu besonderer Einrich tungen, auf deren Beschaffung die Anstalt be dacht sein wird, nachdem sie aus Ihren Mit teilungen ersehen hat, daß die Versuche für die Industrie von Wichtigkeit sind.“ Die eingangs angeführte Frage und Zuschrift veranlaßten mich zu folgender Anfrage vom 22. Juni d. J. bei der Königlichen Mechanisch- Technischen Versuchsanstalt in Groß - Lichter felde: „Bezugnehmend auf den Inhalt des gefälligen Schreibens No. 1296 B. vom 12. Februar 1904, bitten wir ergebenst um Mitteilung der Ergeb nisse der darin in Aussicht genommenen Bestim mungen der Volumbeständigkeit feuerfester Steine. Bei dieser Gelegenheit erlauben wir uns die er gebene Anfrage, ob die Königliche Mechanisch- Technische Versuchsanstalt nicht auch schon Bestimmungen über die Wärmeleitungsfähigkeit feuerfester Steine anstellen ließ. Im bejahenden Falle erbitten wir auch Mitteilung der hierbei erlangten Ergebnisse.“ Leider erhielt ich darauf die Antwort vom 30. Juni d. J., welche lautet: „Das Amt bedauert, Ihnen die gewünschten Ergebnisse nicht übermitteln zu können, da die nach beiden Richtungen eingeleiteten Versuche aus Mangel an Mitteln und geeigneten Hilfs kräften bisher noch nicht zu Ende geführt werden konnten. Bei der vorgesetzten Behörde ist der An trag gestellt, die Mittel für die erforderlichen Ein richtungen zu bewilligen. Sobald das geschehen ist, wird der Frage näher getreten werden.“ Es ist also doch Aussicht vorhanden, über diese für die Praxis so wichtige Frage Aufklärung zu erhalten. Berlin, im Juli 1908. Dr.-Ing. h. e. Fritz W. Lürmann. Tarifverträge und Großindustrie.* Von Dr. Leo Vossen, Rechtsanwalt am Oberlandesgericht in Düsseldorf. W ir befinden uns auf dem Gebiete der Ver einigung von Kapital und Arbeit in einer Zeit der Gärung. Es schwirrt nur so in der Luft herum von nichtrechtsfähigen oder rechtsfähigen Berufsvereinen, Arbeits- oder Arbeiter kammern, Ausstand und Aussperrung, Stücklohn- und Tarifverträgen. Die für unsern Zweck inter essanteste und wichtigste Frage auf diesem Gebiete ist für absehbare Zeit diejenige der Tarifverträge, da sie nicht allein die öffentliche Meinung fortgesetzt beschäftigt und in Atem hält, sondern auch allem Anscheine nach dazu berufen ist, in naher Zukunft wirtschaftlich eine große, wenn auch vielleicht nicht sonderlich be neidenswerte Rolle zu spielen. Diese grund legende, stets wieder auftauchende Frage spitzt sich hier dahin zu: „Sind Tarifverträge für die Arbeitnehmer, für die Unternehmungen und für unsere gesamte volkswirtschaftliche Entwicklung überhaupt wesentlich vorteilhaft, oder ist im Gegenteil zu befürchten, daß sie in der Haupt sache die gedachten Beziehungen nachteilig beeinflussen können?“ Da wir, im Gegensatz zu * Aus dem im Herbst erscheinenden Buche „Reichsvereinigungsrecht" des gleichen Verfassers. der u. E. etwas voreiligen Auffassung des Deut schen Juristentages — der den Gegenstand in diesem Jahre schon vom rein juristischen Standpunkte aus zu behandeln gedenkt, bevor er wirtschaftlich auch nur annähernd spruchreif ist — der Meinung sind, daß es für die rein juristische Erörterung der Rechtsformen der Tarifverträge noch viel zu früh, und daß vor läufig nur die privat- und volkswirtschaftliche Frage: „Tarifverträge oder keine Tarifverträge“ ? zu erörtern ist, so werden wir im Nachstehen den lediglich diese für unsere wichtigsten Ge- werb- und Industriezweige vom praktischen Ge sichtspunkte möglichst zutreffend und einwand frei zu beantworten versuchen. Auszugehen ist von einer Begriffsbestimmung des Tarifvertrages; denn auch sie ist keines wegs selbstverständlich und unbestritten. Am richtigsten dürfte der Tarifvertrag etwa dahin zu definieren sein, daß er alle auf eine dauernde einheitliche Regelung der Arbeitsbedingungen gerichteten gegenseitig bindenden Vereinbarungen zwischen einem Arbeitgeber oder einer organi sierten Arbeitgeber Vereinigung einerseits und einer organisierten Arbeitnehmervereinigung