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gewöhnlich sehr klein sind und sich in ein und der selben Probe in inniger Mischung befinden, wodurch es in den meisten Fällen unmöglich ist, sie zu iso lieren und getrennt zu untersuchen; die bei weitem größte Schwierigkeit liegt jedoch darin, daß von einem Teil der Forscher eine heillose Verwirrung angerichtet worden ist dadurch, daß sie einmal angenommene Benennungen änderten, so daß mit demselben Wort bei verschiedenen Autoren oft ganz verschiedene Dinge bezeichnet werden. Einteilung der Gefügebestandteile. Man kann wenigstens vier verschiedene Arten von Gefüge bestandteilen in den Eisenkohlenstoff - Legierungen unterscheiden: 1. Chemische Elemente. 2. Chemische Verbindungen. 3. Feste Lösungen, auch Mischkristalle oder isomorphe Mischungen genannt; dieselben sind homo gene Gemische wechselnder Zusammensetzung von zwei oder mehr verschiedenen Körpern, den Gläsern und Alaunen vergleichbar. 4. Aggregate; hierunter versteht man hetero gene Gemenge, gebildet aus den Nebeneinanderlage rungen zweier oder mehrerer der unter 1 bis 3 ge nannten Arten. Die Aggregate sind den Graniten vergleichbar, welche bekanntlich ein inniges Gemenge von Feldspat, Quarz und Glimmer darstellen. Endlich nimmt eine Anzahl Chemiker noch eine besondere Art an, welche zwischen den festen Lösun gen und den Aggregaten liegt, die Emulsionen oder kolloidalen Lösungen. Chemische Elemente. In den Eisenkohlen- stoft'-Legiorungen finden sich zwei elementare Gefüge bestandteile, der Graphit und der Ferrit. Ersterer ist reiner Kohlenstoff, letzterer reines (oder nahezu reines) Eisen. Freier Kohlenstoff kommt nur als Graphit vor; die sogenannte Temperkohle ist mit dem Graphit in chemischer Beziehung identisch und unter scheidet sich von diesem nur in der Form. Die Be zeichnung Ferrit wendet man nicht nur für chemisch reines Eisen an, sondern auch für Eisen, welches Fremdkörper in fester Lösung enthält, sofern deren Gehalt eine gewisse Grenze nicht übersteigt, mit anderen Worten, sofern sie keinen wesentlichen Be standteil des Ferrits ausmachen. Chemische Verbindungen. Als einzige chemische Verbindung zwischen Eisen und Kohlenstoff kommt das Eisenkarbid, FesC, als Gefügebestandteil Zementit genannt, in Betracht. Wie der Ferrit kann auch der Zementit geringe Mengen anderer Körper in fester Lösung enthalten. So enthält der Zementit der Handelsstahlsorten immer Mangan; ob auch andere Verunreinigungen darin vorkommen, ist nicht bekannt. Die allotropen Modifikationen des Eisens. Zum Verständnis der festen Lösungen muß man zunächst der von Osmond entdeckten Allotropie des Eisens Erwähnung tun. Man kennt wenigstens zwei allotrope Modifikationen des Eisens, das a- und das Y-Eisen. Die »-Modifikation ist bei ge wöhnlicher Temperatur stabil und wird namentlich durch seine magnetischen Eigenschaften charakterisiert. Die y-Modifikation ist stabil bei Temperaturen über 900 °, besitzt keine magnetischen Eigenschaften und hat einen etwa zehnmal größeren elektrischen Leitungs- widerstand als a-Eisen. Die Umwandlung von Y- in »-Eisen ist mit einer schroffen Volumenänderung und mit Wärmeentwicklung verknüpft. Osmond nimmt außerdem noch eine dritte, die ß-Modifikation, an, welche eich von a-Eisen nur durch das Fehlen der magnetischen Eigenschaften unterscheidet. Feste Lösungen. Keine der als Gefügebestand teile des Stahles in Betracht kommenden festen Lö sungen ist bei gewöhnlicher Temperatur stabil, wo durch deren Studium sehr erschwert wird. Es be stehen mindestens zwei, der Austenit und der Mar tensit. Der Austenit ist eine feste Lösung von Kohlenstoff bezw. Eisenkarbid in y-Eisen. Der Kohlen stoffgehalt kann schwanken bis zu einem Höchstgehalt von 2 o/o. Diese Lösung ist stabil zwischen dem Er starrungspunkt des geschmolzenen Metalles und einem tiefer gelegenen Umwandlungspunkt, welcher je nach dem Kohlenstoffgehalt zwischen 700 und 1200° schwankt. Nur durch sehr schroffes Abschrecken ist es möglich, den Austenit bei gewöhnlicher Tempe ratur festzuhalten, und selbst dann gelingt es nur unvollkommen. Reiner Austenit ist bis jetzt bei ge wöhnlicher Temperatur überhaupt noch nicht gesehen worden. Er ist stets vermengt mit Martensit, Troostit, Zementit usw. Dagegen ist die dem Austenit ent sprechende feste Lösung, selbst ohne Abschrecken, bis zu gewöhnlicher Temperatur stabil, wenn ein gewisser Gehalt an Nickel oder Mangan vorhanden ist (25 ’/o Nickel oder 13 °/o Mangan). Gleich dem r-Eisen sind diese Legierungen unmagnetisch und haben einen sehr hohen elektrischen Widerstand. Der Martensit ist gleichfalls eine feste Lösung von Kohlenstoff bezw. Eisenkarbid in Eisen; er unter scheidet sich vom Austenit namentlich dadurch, daß er magnetisch ist. Man kann daher annehmen, daß sich das Eisen des Martensits im a-Zustand befindet. Der Martensit ist das normale Abschreckprodukt aller Stähle von Temperaturen über 800°. Die schroffe Abkühlung unterbindet den vollständigen Zerfall der austenitischen Lösung, doch kann sie nicht verhindern, daß — abgesehen von einigen besonderen Fällen — das in Lösung befindliche Y-Eisen in den a-Zustand übergeht. Gefügebestandteil x. Es existiert außerdem ein gewisser Gefügebestandteil x, dessen Natur noch unaufgeklärt ist; man weiß nicht, ob er eine feste Lösung oder ein Aggregat aus sehr feinen, mit unseren Hilfsmitteln nicht unterscheidbaren Bestandteilen ist. Er ist in allen Fällen dadurch charakterisiert, daß er durch saure Aetzmittel intensiv dunkel gefärbt wird. Diesem Bestandteil wurden die Namen Troostit, Osmondit, Troosto-Sorbit und selbst Sorbit (Stead) beigelegt, je nach den Bedingungen, unter welchen er erhalten wurde. Der Name Troostit stammt von Osmond und ist allgemein gebräuchlich für die durch Aetzung dunkel gefärbte Masse, welche man beim Abschrecken eutektischen Stahles während des Umwandlungspunktes erhält. Osmondit nennt man den Bestandteil, der erhalten wird, wenn man martensitischen Stahl bei einer Temperatur von 300 " anläßt. Die Bezeichnung Troosto - Sorbit ist einem durch Aetzen dunkel gefärbten Gefügebestandteil bei gelegt worden, welcher sieh neben Martensit und Austenit in bei Temperaturen über 1000 " abgeschreck ten hypereutektischen Stählen findet. Endlich ist der Sorbit von Stead der Hauptbestandteil von Stählen, welche nicht schroff, z. B. in Oel oder dergl., abge schreckt wurden. Aggregate. In langsam erkalteten Eisen kohlenstoff-Legierungen findet man ein wohlausgebil detes Aggregat, den Perlit, welcher sich aus ab wechselnden Lamellen von Ferrit und Zementit zu sammensetzt. Er bildet sich bei langsamer Erkaltung aus der austenitischen Lösung dadurch, daß deren Bestandteile, Ferrit und Zementit, auskristallisieren. Der Sorbit Osmonds ist Perlit, welcher schlecht ausgebildet ist oder dessen Struktur zu fein ist, um seine Bestandteile unter dem Mikroskop unterscheiden zu können. Normalerweise bildet sich dieser Sorbit, wenn man martensitischen Stahl bei einer Temperatur über 300° anläßt. Je höher die Anlaßtemperatur, um so heller wird beim Aetzen der Sorbit, bis mau schließlich bei Ueberschreitung des Umwandlungs- punktes und darauffolgender langsamer Abkühlung wieder normalen, d. h. lamellaren Perlit erhält. Der Sorbit Osmonds unterscheidet sich also vom Perlit