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1908. Materialeigenschaften im Zerreiß-, Kerbreiß- u. Kerbschlagvtrsuch. Stahl und Eisen. 1087 stant. Unterhalb dieser Zerreißlänge setzt sich ein um so größerer Teil des Gleitvermögens in elastisches Widerstandsvermögen um, je kleiner sie ist. Bei irgend einer weiterhin verringerten Zerreißlänge wird auch das Arbeitsvermögen zwischen B- und Z-Grenze nicht mehr verringert chemisch unveränderten Zuständen dennoch ver änderliche physikalische Eigenschaften besitzen, so findet sich in vorstehendem eine begründete Erklärung hierfür und sie lautet, daß alle Ein wirkungen auf den physikalischen (hier kristal linischen) Aufbau, welche den Gleitwiderstand erhöhen, auch die Festigkeitsgrenzen er höhen müssen. Das Maximum der Bruchfestigkeit er scheint in jenem Zustande vorhanden, in welchem der Gleitwiderstand sein Maximum erlangt hat, also das Gleitvermögen völlig aufgehoben ist, in welchem aber ein, die Kohäsion mindernder Spannungszustand noch nicht eingesetzt hat. Der Reißversuch an in verschiedenen Abstufungen gekerbten Stäben vermag uns so die Kenntnis neuer Materialeigenschaften tatsächlich zu er schließen, indessen müssen diese mit großer Vorsicht geprüft werden. Wie insbesondere die Schaubilder 21 bis 25 in Abbildung 6 erkennen lassen, findet sich keine getrennte B- und Z-Grenze mehr vor, trotz noch recht erheblicher Einschnürung und sehr starker Trichter bildung. Dagegen findet sich mit abnehmen der Stablänge eine deutlich ausgesprochene Erhöhung der Bruchfestigkeit. Daher kann man nicht sagen, daß es sich hier um eine Umformung des im normalen Reißversuche zwischen B- und Z-Grenze vorhandenen Arbeitsvermögens ohne weitere Umsetzung in elastisches Wider standsvermögen bei gleichzeitiger Erhöhung der B-Grenze, also auch Erhöhung der Kohäsion. Betrachtet man dieses allgemeine Bild, so er scheint alles als natürliche Folge der Form und ihres Einflusses auf die Entwicklung der Gleit vorgänge, nur die letzterwähnte Tatsache nicht. An eine Einwirkung der Form, welche an sich viel mehr geeignet erscheint, die zum Bruch erforderliche Last herab zusetzen, diese als größer erscheinen zu lassen, kann der nüchterne Verstand nicht glauben. Es muß daher angenom men werden, daß wir im normalen Reiß versuch in der Bruchfestigkeit niemals das Maß der wahren Kohäsion zwischen handelt, es muß vielmehr angenommen werden, daß im normalen Reißversuche infolge der unbehinderten bezw. ungehemmten Gleit flächenbildung an der Z-Grenze das ganze Widerstandsvermögen der Moleküle gegen ihre Trennung gar nicht zur Geltung gelangt. In bezug auf diesen Umstand sehen wir indessen viel zu wenig klar, um die Ergebnisse im Kerb- nL Zerreißdiagramm bei verkürzten Stablängen. 70000 ‘6 Aer8 n -S Abbildung 8. den Massenelementen gewinnen, sondern nur jene Last, von welcher angefangen die Quer schnittsverminderung rascher erfolgt, als der Spannungszuwachs.* Im Augenblicke, wo kein neuer Gleitwiderstand erwächst, entsteht Trennung im Gleitvorgang. Hält man dieser Anschauung die Tatsache entgegen, daß Stahl und Eisen in * Es ist daher anzunehmen, ja als sicher zu er achten, daß zwischen B- und Z-Grenze das Gleiten bei Spannungszuwachs erfolgt. (Martens: „Mate- rialienkunde" Abs. 113 S. 74, läßt die Frage offen.) reißversuche exakt formen und mit Nutzen prak tisch verwerten zu können. Es müßten erst Tausende wissenschaftlich einwandfrei durch geführter Versuche bezw. Versuchsreihen die Grundlage hierzu bieten. Ihr Nutzen würde in dessen ein unbedingter sein im Hinblick auf die Erkenntnis jener Materialeigenschaften, welche im Kerbschlagversuche zur Geltung gelangen, denn man darf sich darüber keinem Zweifel hin geben, daß in beiden Versuchsarten dieselben Eigenschaften für das Ergebnis bestimmend sind.