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1046 Stahl und Eisen. Nachrichten vom Eisenmarkte. 28. Jahrg. Nr. 29. außerordentlich matt eingesetzt hatte, erfuhr in der Berichtszeit keine wesentliche Besserung, und auch die Hoffnungen auf eine Belebung des Baugewerbes, die man an die Erleichterung des Geldmarktes geknüpft hatte, erfüllten sich keineswegs. Die Werke sahen sich daher genötigt, ihre Formeiseherzeugung be trächtlich einzuschränken. — Auch die Versorgung der Werke mit Arbeit in Eisenbahnmaterial ließ merklich nach, da die Eisenbahnverwaltung ihre Aus führungsaufträge erheblich verringerte. Grob- und Feinbleche. In Grobblechen war der Wettbewerb nach wie vor sehr stark; die Preise wichen infolgedessen noch weiter und liegen jetzt unter den Gestehungskosten. Jedoch war die Beschäftigung, wenn auch zeitweise die Bestellungen, namentlich in Schiffsblechen, etwas spärlich eingingen, immer noch ausreichend, so daß Feierschichten nicht eingelegt zu werden brauchten. — Dagegen ließ der Beschäftigungsstand in Feinblechen viel zu wünschen übrig; besonders die Ausfuhr lag vollständig danieder und der Ueberschuß der Erzeugung über den inlän dischen Verbrauch drückte um so mehr auf den Markt, als diejenigen Werke, die bisher in der ersten Reihe an der Ausfuhr beteiligt gewesen waren, nunmehr ihre Feinbleche ebenfalls im Inlande abzusetzen suchten. Demzufolge verschlechterten sich die Erlöse noch mehr und brachten den Werken große Verluste. Draht. Obgleich der Walzdrahtpreis im Ein klänge mit den unverändert gebliebenen Halbzeug preisen im Inlande aut seinem bisherigen Stande be- harrte, mußten im Auslandsgeschäfte wegen der bil ligeren Angebote, besonders des belgischen und fran zösischen Wettbewerbes, weitere Preisermäßigungen eingeräumt werden. In Drahtwaren floß den Werken, da das Frühjahr regelmäßig größere Anforderungen stellt und die Kundschaft über keine Lagerbestände verfügte, eine recht befriedigende Arbeitsmenge zu, die stellenweise nicht rasch genug erledigt werden konnte. Leider verschlechterten sich die Erlöse unter dem ungeregelten Wettbewerbe von Monat zu Monat, während die Rohstoff - Vereinigungen, insbesondere auch für Kohle, ihre bisherigen hohen Preise auf recht hielten. Dadurch verschärfte sich das Mißver hältnis zwischen Erlösen und Selbstkosten immer mehr. Eisengießereien und Maschinenfabriken. Die Beschäftigung der Eisengießereien ließ in der Be richtszeit zwar etwas nach, war aber im allgemeinen noch zufriedenstellend. Die Preise wurden stellen weise von den kleineren Gießereien in ihrer Angst um Arbeit unnötigerweise geworfen und waren wenig befriedigend. Die Röhren- und Stahlgießereien hatten bei festen Preisen noch einen guten Auftragsbestand; die Preise für Stahlguß brauchten daher vom Stahl- formgußverbande bislang nicht herabgesetzt zu werden. Auch die meisten Eisenkonstruktionswerkstätten waren noch gut besetzt; dagegen klagten fast sämtliche Ma schinenfabriken über Arbeitsmangel. Der übermäßige Wettbewerb des Westens verursachte auch hier in letzter Zeit einen erheblichen Preissturz. Preise: a) Roheisen: Gießereiroheisen Hämatit Siemens-Martinroheisen f. d. t ab Werk .% 70 — 73 77 —80 64 — 67 66 — 69 b) Gewalztes Eisen: durchschnittlicher Grundpreis f. d. t ab Werk % Stabeisen 105 — 120 Kesselbleche 130 135 Flußeisenbleche 115 125 Dünne Bleche 130 Stahldraht, 5,3 mm 1321/2 III. Großbritannien. — Der Roheisen markt blieb im verflossenen Vierteljahre verhältnis mäßig fest. Die Hütten konnten nicht genug her stellen, und große Ansprüche wurden daher an die Warrantslager gemacht. Die Verschiffungen waren sehr stark, wenn man sie mit denen der früheren Jahre vergleicht, gegen die vorjährigen bleiben sie freilich bedeutend zurück. Ueber See wurden im ersten Halb jahre 1908 750 300 tons verschifft, davon wurden 443 700 tons ausgeführt, während 261 600 tons nach englischen Häfen gingen. Die Zahlen für 1907 be liefen sich auf 926500 tons, 674500 tons und 252 000 tons. Die Vorräte bei den Hütten sind selten so ge ring gewesen wie Ende Juni dieses Jahres. Da genaue Ausweise über die Erzeugung nicht zugänglich sind, so lassen sich nur lückenhafte Vergleiche anstellen. Wenn man von den verschifften Mengen die Abnahme der Warrantslager abzieht, so ergibt sich, daß durch schnittlich 110 000 tons monatlich von den Hütten abgegeben wurden, und zwar sowohl im ersten Halb jahre 1907 als auch 1908. Hieraus könnte man schließen, daß, wenn die Abladungen 110 000 tons monatlich übersteigen, das Mehr aus Warrants lagern genommen werden muß. Ungenau ist dieser Vergleich natürlich, denn es fehlen Angaben über den Bahnversand und Selbstverbrauch der mit Gießereien oder mit Walzwerken verbundenen Hochöfen. Auch wurde mehr Hämatiteisen ausgeführt als früher.* — Die Lage in Nord-England bleibt günstiger als sonst irgendwo. Die Preise wurden nicht allein durch die großen Lieferungen gehalten, sondern auch die War rantsspekulation brachte durch große Verkäufe in der Hoffnung auf starke Abflauung des allgemeinen Ge schäftes schließlich eine Besserung zustande, denn die Haussiers hatten sich die Kontrolle über die geringen Warrantslager verschafft und machten so die Gegen partei von sich abhängig, indem die Hochöfen bei den starken Lieferungen nichts für Connals Warrants lager übrig hatten. Es kam zu einer Art Warrants- „Schwänze“, die Mitte Mai zur Abwicklung der Diffe renzen führte. Seitdem sind die Baissiers, wenn auch nicht mit gleicher Zuversicht, im alten Geleise weiter gefahren. Sie fanden es häufig sehr schwer, die ! Warrants am Fälligkeitstage zu beschaffen. Die Preis spannung zwischen Käufern und Abgebern betrug da her oft sh 1/— f. d. t. Der Umsatz ist äußerst ge- I ring. In der vorigen Woche z. B. wurden offiziell nur 3500 tons in Glasgow gehandelt. Da, wie ge sagt, die Hochöfen dem tatsächlichen Bedarfe nicht genügen, man also auf Warrants angewiesen ist, so üben die Warrantspreise anhaltend einen erheblichen Einfluß auf den Markt aus. Für Roheisen Nr. 1 G. M. B. be trägt der Aufschlag sh 2/6 d gegenüber Nr. 3. — In Hämatitqualitäten, in denen hier keine Warrants vor handen sind, blieb der Markt nur den natürlichen Einflüssen ausgesetzt, und die Preise gingen sehr langsam zurück, weil die Stahlwerke infolge des Stillstandes der Schiffswerften und allgemeiner Ab nahme des Begehrs nach anderer Richtung fast nichts zu tun hatten. — Die Anzahl der Hochöfen, die in Betrieb sind, beträgt 79; von diesen verarbeiten 42 hiesiges Erz, 37 gehen auf Ferrosilizium, Ferro mangan usw. — Connals hiesige Warrants- lager enthielten Ende Dezember 1907 88203 tons * Nachträglich bekannt gewordenen Ausweisen zu folge wurden in Middlesbrough im zweiten Viertel dieses Jahres 570 000 tons Roheisen hergestellt, dar unter 360 000 tons aus Cleveland-Eisenerz; der Rest besteht aus Hämatit, Spiegeleisen usw.; für das erste Quartal war die Zahl 565 000 tons und für das zweite Vierteljahr 1907 581 000 tons. An Eisenerz wurden nach Middlesbrough im letzten Vierteljahre 466 696 tons eingeführt gegen 389 716 tons im zweiten Viertel jahre 1907.