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wohnliche Tonarten tragen zu diesem Eindruck bei. — Das folgende Andante in C-Dur nimmt nach besinnlichem, zögerndem Beginn ernste und leidenschaft liche Züge an und überrascht durch unerwartete Kontraste und kraftvolle Farb wirkungen. — Im letzten, spürbar von Haydn beeinflußten Satz (Allegretto) wurden die Bläser besonders reich bedacht. Formal als eine Art Mischung zwischen Rondoform und freiem Variationensatz angelegt, sprüht dieser Schluß satz mit seinem naiv-fröhlichem Hauptthema vor Heiterkeit und guter Laune. Den wirkungsvollen Abschluß bildet eine mit Finale überschriebene Sire'.ta im Presto-Tempo. Nikolai Rimski-Korsakow war das vielseitigste Mitglied des so genannten „Mächtigen Häufleins", jener russischen Musikergruppe in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die sich für die Entwicklung einer national russischen Musiksprache auf der Grundlage der russischen Volksmusiktradition einsetzte. Sein beliebtestes und wirkungsvollstes, weil überaus glänzend in strumentiertes Orchesterwerk ist die 1885 komponierte sinfonische Suite „S c h e h e r a z a d e", „ein Kaleidoskop von Märchenbildern orientalischer Prägung”, wie der Komponist seine Partitur nannte, die von der berühmten arabischen Märchensammlung „Tausendundeine Nacht" inspiriert wurde. „Zwei Themen (die in der Einleitung nacheinander erklingen) ziehen sich wie ein roter Faden durch alle Sätze. Zwar ändert sich der Charakter der Themen, doch bleiben sie untereinander verwoben, jedesmal, wenn sie in immer wieder abgewandelter Form auftauchen, werden sie mit anderen Bildern, Gescheh nissen und Erlebnissen in Zusammenhang gebracht." Das erste Thema charak terisiert den über die Untreue einer Geliebten erbitterten Sultan Schahriar, der sich geschworen hatte, jede seiner Frauen nach der Brautnacht umzubringen. Dieser Tyrann wird vom Komponisten mit einem düsteren, despotischen Baß thema in unisono vorgestellt. Eine in Trioien dahinfließende, von Harfenak korden begleitete Melodie der Solovioline symbolisiert sodann die kluge und liebreizende Scheherazade, der es gelingt, ihr Leben zu retten, indem sie dem Sultan tausendundeine Nacht lang Märchen erzählt und es ve-steht, dessen Neugierde zu erwecken, so daß die Hinrichtung immer wieder aufgeschoben wird. Durch ihre menschlich ergreifenden Schilderungen vermag es Schehera zade sogar, in dem Tyrannen echte Liebe zu erwecken. Nun soll sie seine Gattin werden. Einzigartig hat Rimski-Korsakow den orientalischen Märchenzauber in farben prächtigen, sinnbetörenden Klängen und faszinierenden Rhythmen eingefan gen und dem Sieg des Humanismus über antihumane Kräfte bildhaft-musi kalischen Ausdruck verliehen. Die einzelnen Sätze der sinfonischen Dichtung, die der Exposition, der Einleitung, folgen, schildern vier Märchen aus „Tausend undeine Nacht". Jedem Märchen, das durch eigene Motive und Themen gekennzeichnet wird, ist ein Satz gewidmet. Die Zustimmung oder Ablehnung des Sultans ist an seinem Thema zu erkennen, das entweder „geschmeidig oder schroff" die Erzählungen unterbricht. Im ersten Satz erzählt Scheherazade von den abenteuerlichen Reisen des küh nen Seefahrers Sindbad und vom romantischen Meeresrauschen. Mehrfach wird sie von dem ungeduldigen Sultan unterbrochen. Doch gelingt es ihr immer wieder, ihn zu beschwichtigen. Zweiter Satz. Die Erzählung vom Prinzen Kalender. Reizend plaudert Schehe razade von diesem Tausendsassa und Spaßvogel, von seinen lustigen Eulen spiegeleien, so daß der Sultan herzlich lachen muß und nicht weiß, was ihm mehr gefällt, der Prinz Kalender (der vom Solofagott und anderen Instrumenten rhythmisch-kapriziös symbolisiert wird) oder die anmutige Erzählerin. Dritter Satz. Scheherazade fesselt den Sultan mit der Liebesgeschichte vom jungen Prinzen und von der jungen Prinzessin (charakterisiert von zwei lied haften Themen, die zuerst in den Streichern erklingen, dann mannigfaltig abgewandelt und - instrumentiert erscheinen). Zunächst ist der Herrscher von der poetischen Geschichte wie verzaubert, doch plötzlich braust er wieder auf Eine neue Erzählung (Kadenz der Solovioline) besänftigt ihn dann endgül tig. Vierter Satz. Die dramatische Erzählung vom rauschenden Fest in Bagdad, vom sturmgepeitschten Meer und dem Schiff, das gegen den Magnetberg treibt und zerschellt. In realistischen Klangbildern erlebt der Hörer das Geschehen: das festliche Volkstreiben in den sonnendurchfluteten Straßen Bagdads, das Unwet ter, den Schiffbruch, das allmähliche Nachlassen des Sturmes. Scheherazade hatte den grausamen Sultan bisher interessiert, zum Lachen veranlaßt und milde, träumerisch gestimmt. Nun aber gewinnt sie sein Herz, hat sie ihm doch gleichnishaft sein eigenes bisheriges Leben vor Augen geführt, das einsam dem Untergang zustrebt. Er ist bezwungen. Mit Scheherazade vereint, will er ein neues Leben beginnen, das nicht mehr von der Grausamkeit, Tyrannei, sondern von der Liebe beherrscht wird. Diese Wandlung schildert der Epilog, in dem die beiden Themen des Sultans Schahriar und Scheherazades (Solovio line) versöhnt miteinander verschmelzen. Dr. habil. Dieter Hartwig VORANKÜNDIGUNGEN: Sonnabend, den 10. September 1977, 20.00 Uhr (Freier Kartenverkauf) Sonntag, den 11. September 1977, 20.00 Uhr (AK/J) Festsaal des Kulturpalastes Dresden 1. AUSSERORDENTLICHES KONZERT Dirigent: Martin Flämig Solisten: Inge Uibel, Berlin, Sopran Gisela Pohl, Leipzig, Alt Albrecht Lepetit, Halle, Tenor Siegfried Lorenz, Berlin/Leipzig, Baß Chöre: Dresdner Kreuzchor Beethoven-Chor Dresden Hans Pfitzner: „Von deutscher Seele" — Romantische Kantate nach Eichendorff op. 28 Sonnabend, den 1. Oktober 1977, 20.00 Uhr (Anrecht B) Sonntag, den 2. Oktober 1977, 20.00 Uhr (Anrecht C 2) Festsaal des Kulturpalastes Dresden Einführungsvorträge jeweils 19 Uhr, Dr. habil. Dieter Härtwig 2. ZYKLUS-KONZERT UND 2. KONZERT IM ANRECHT C Dirigent: Johannes Winkler Solist: Ludwig Güttler, Dresden, Trompete Werke von Griesbach, Hertel, Dukas, Debussy und R. Strauss