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Dessau zu seinem 80. Geburtstag gewidmet. Des Stück entstand im Frühjahr 1974. Es ist einsätzig, weist aber eine deutliche Dreiteilung auf. Auf einem crgelpunktartigen Flageoletten der Violoncelli und Kontrabässe beginnen acht Solostreicher eine melodisch-harmonische Struktur aufzubauen. Diese mündet in eine weit ausgesponnene melodisch-thematische Linie, die den vielfach ge teilten und differenziert behandelten Streichern übertragen ist. Daran schließt sich ein schnellerer, scherzohafter Mittelteil an. Eine bewegte Sechzentelfigur wandert nacheinander durch die verschiedenen Streichinstrumente. Darüber entwickeln sich neue thematische Strukturen in den Holz- und Blechbläsern. Dadurch bekommt dieser Teil eine passacagliaartige Form. Nach einem strukturell-dynamischen Höhepunkt, der im wesentlichen von dem Schlagzeug getragen wird, leitet der orgelpunktartige Flageoletten des Anfangs den dritten Abschnitt ein, der in seiner formalen Anlage dem ersten Abschnitt ähnlich ist. Die melodisch-thematische Linie ist jetzt den Holz- und Blechbläsern übertragen, während die Streicher in einer variierten Form die Sechzehntelfigur des zweiten Teiles als Kontrapunkt hinzufügen. Der Schluß ähnelt dem Anfang, nur, daß der Flageoletten in die hohen Lagen der Violinen gelegt ist und mit einem großen Crescendo das Stück beschließt. Meine Komposition ist durchaus sinfonisch gearbeitet, da sie aber in ihrer musikalischen Gundhaltur g heiter und unbeschwert ist, habe ich den Titel .Orchester-Serenade' gewählt." Das im Januar 1776 in Salzburg komponierte Klavierkonzert B-Dur KV 238 ist Wolfgang Amadeus Mozarts zweites Werk dieser Gattung, die er vornehmlich später zu höchster Vollendung geführt hat. Das für sich selbst oder für die Schwester geschriebene Konzert wirkt wesentlich reifer als das eiste in D-Dur KV 175 vom Jahre 1773. Zwischen beiden Konzerten lagen Concertone für zwei Violinen KV 190 und fünf Violinenkonzerte KV 207, 211, 216, 218 und 219. Der Geist dieser Kompositionen wirkt im Klavierkonzert KV 238 spürbar nach, die dreisätzige Form mit vergnüglichem Schlußrondo ist dieselbe wie bei den Violinkonzerten. Vor allem entspricht die Orchestrierung der Ecksätze (mit zwei Oboen, zwei Hörnern und Streichern) der der Violinkonzerte. In dem gefühl vollen Mittelsatz in Es-Dur, in dem die Violinen con Sordino das Hauptthema anstimmen, schlägt Mozart den Weg ein, der zu den farbenreichen Konzerten cier Jahre 1784 bis 1791 führen sollte: Er ersetzt die beiden Oboen durch Flöten und erreicht damit denselben koloristischen Effekt wie im Violinkonzert KV 216. Tatsächlich läßt der melodische Reichtum des Mittelsotzes von KV 238 die Mittel sätze der späteren Konzerte vorausahnen. Hinzuweisen ist auch auf den teils phantastischen, teils leidenschaftlichen Charakter der Harmonik in diesem Kon zert, die mit Vorliebe durch Molltonarten dahingleitet. Mozart hat das Werk offenbar noch später geschätzt, nahm er es doch auf seine große Reise von 1777/1778 mit. Das Klavierkonzert Nr. 1 d-Moll op. 15 von Johannes Brahms gehört zu den Jugendwerken des Meisters. Es wurde in seiner Urform als Sonate für zwei Klaviere entworfen (1854), auch Pläne für eine Sinfonie hatte der Komponist ursprünglich damit verbunden. Die ersten Aufführungen des dann endgültig zum Klavierkonzert umgestalteten Werkes fanden mit Brahms als Solisten kurz nacheinander Anfang 1859 in Hannover und im Leipziger Gewandhaus statt, wobei es allerdings besonders in Leipzig zu einem völligen Durchfall des Kon zertes kam. Die Gründe für diese überaus schlechte Aufnahme der ersten bedeutenden Orchesterschöpfung des jungen Brahms bei seinen Zeitgenossen mögen beson ders darin zu suchen sein, daß es sich hier nicht um eines der üblichen Virtuo senkonzerte, sondern um ein rein sinfonisch angelegtes Werk handelte, bei dem das Klavier — kein virtuos konzertierendes Soloinstrument mehr — ebenso wie die anderen Orchesterinstrumente der sinfonischen Entwicklung nutzbar ge macht wird. Daneben mögen auch die Monumentalität und die dramatische Schroffheit besonders des ersten Satzes, der unter dem Eindruck des Selbst mordversuches des verehrten Robert Schumann geschrieben sein soll, zunächst befremdet haben. Und doch müssen wir in diesem Werk eines der großartigsten Beispiele seiner Gattung erblicken, das uns durch seine Einheitlichkeit und Intensität, durch seine düstere Größe und seinen starken Gefühlsreichtum aufs tiefste zu fesseln vermag. Der erste Satz (Maestoso) wird mit dem großartigen Hauptthema des Orche sterseröffnet. Nach einem Zwischenspiel und einer kontrapunktischen Steigerung setzt das Klavier piano espressivo mit klagenden Terzen - und Sextengängen ein. Sparsam begleitet das Orchester. Die ernste, schmerzliche Stimmung kon zentriert sich. Dann erklingt — im Klavier allein — das edle zweite Thema, das zu Brahms’ schönsten Einfällen gehört. Das Orchester greift die Melodie auf, dos Klavier umspielt sie figurativ. Die Durchführung bemächtigt sich dieses Materials und mündet in einer Verarbeitung des Hauptthemas. Düster klingt die Reprise aus. Wie faszinierend die melodischen Entfaltungen, der groß flächige Aufbau, der herbe Mollklang des Satzes wirken, läßt sich kaum mit Worten sagen. Der Einsatz des Soloklaviers erfolgt sinfonisch-konzertant und stellt an den Solisten höchste physische Anforderungen. Andere Gefühlsbereiche eröffnen sich schon mit dem zweiten Satz (Adagio), den Brahms ursprünglich — wohl im Gedenken an Schumann - mit „Benedictus, qui venit in nomine Domini" überschrieben hat. Ein innig-gesangvolles Geigen thema steht im Vordergrund des Satzes. Einen weiteren edlen Gedanken bringt des Klavier. Die Anlage des Adagios ist dreiteilig. Der mittlere Teil wird von elegischen und schmerzlich-trotzigen Stimmungen beherrscht. Die variierte Wie derholung des ersten Teiles — mit einer-"'Kadenz des Klavieres — schließt im Pianissimo.